Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindererziehungszeit
Leitsatz (amtlich)
Kindererziehungszeiten im Ausland sind nach § 1227a Abs 5 S 2 Nr 2 RVO nur dann anrechenbar, wenn das Beschäftigungsverhältnis dem Grunde nach versicherungspflichtig war.
Normenkette
RVO § 1227a Abs. 5 S. 2 Nr. 2; SGB IV § 4; AVG § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 5; RVO § 1251a Abs. 3; AVG § 2a Abs. 5 S. 2 Nr. 2, § 28a Abs. 3; RVO § 1227a Abs. 5 S. 1, § 1251a Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Feststellung von Zeiten der Kindererziehung.
Die 1929 geborene Klägerin war nur von 1944 bis 1948 versicherungspflichtig beschäftigt. Nach ihrer Heirat ließ sie sich gemäß § 1309 a Reichsversicherungsordnung (RVO) in der damals geltenden Fassung ihren Versichertenanteil für die Vergangenheit erstatten (Bescheid der Beklagten vom 23. April 1951). Der Ehemann der Klägerin, kaufmännischer Angestellter bei der Bekanntmachung (B.) A. und S. Aktiengesellschaft (B. AG) war vom 1. Januar 1957 bis 30. Juni 1960 als Exportkaufmann bei der N. Q. Limitada, (N.Q. Limitada), einem Tochterunternehmen der Bekanntmachung (B.) AG, in Chile beschäftigt. Gemäß Vereinbarung vom 23. November 1956 mit der Bekanntmachung (B.) AG verpflichtete sich der Ehemann der Klägerin für die Zeit der Tätigkeit in Chile, den Wohnsitz nach S. zu verlegen, in ein unmittelbares Dienstverhältnis zu der N.Q. Limitada zu treten, keine ungünstigere Kündigungsmöglichkeit als sechs Wochen zum Quartalsende zu vereinbaren und dieses Dienstverhältnis auf Wunsch der Bekanntmachung (B.) AG jederzeit zum nächstmöglichen Termin zu kündigen. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses in Chile trete das für die Zeit der Tätigkeit in Chile ruhende Dienstverhältnis mit der Bekanntmachung (B.) AG nach Rückkehr wieder in Kraft. Die Bekanntmachung (B.) AG verpflichtete sich unabhängig von den mit der Firma in Chile zu vereinbarenden Bezügen zur Zahlung einer Aufwandsentschädigung, zur Zahlung von Beiträgen zur Begleichung von Pensionskassenbeiträgen und zur Zahlung von Reisekosten, u.a. für die endgültige Rückreise nach Deutschland, sofern der Ehemann der Klägerin nach mindestens dreijähriger Tätigkeit nicht länger in Chile bleiben wolle oder von der Bekanntmachung (B.) AG zurückberufen werde, außerdem für den Fall der Rückkehr aus gesundheitlichen oder sonstigen triftigen Gründen.
Während des Aufenthaltes in Chile kamen am 9. April 1958 der Sohn Bekanntmachung (B.) und am 25. März 1959 die Tochter Bekanntmachung (B.) zur Welt, die dort auch von der Klägerin und ihrem Ehemann erzogen wurden.
Auf den Antrag der Klägerin erkannte die Beklagte für den am 13. April 1954 geborenen Sohn P. die Zeit der Kindererziehung vom 1. Mai 1954 bis 30. April 1955 als Versicherungszeit an, für den Sohn Bekanntmachung (B.) und die Tochter Bekanntmachung (B.) wurde die Anerkennung von Kindererziehungszeiten abgelehnt, weil weder die Klägerin noch deren Ehegatte im Ausland eine Beschäftigung ausgeübt hätten, für die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung bestanden habe (Bescheid vom 19. August 1986). Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen.
Die dagegen erhobene Klage wurde vom Sozialgericht (SG) abgewiesen (Urteil vom 12. Januar 1989). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Eine Anerkennung der geltend gemachten Erziehungszeiten nach § 1251 a Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. § 1227 a Abs. 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) komme nicht in Betracht. Weder die Klägerin noch der Ehemann der Klägerin erfüllten das Erfordernis der Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung während der Erziehung der Kinder Bekanntmachung (B.) und Bekanntmachung (B.) unmittelbar vor der Geburt der Kinder oder während der Kindererziehungszeit. Der Ehemann der Klägerin nicht, weil er gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der bis zum 31. Dezember 1967 geltenden Fassung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze versicherungsfrei gewesen sei. Auch die Annahme von Versicherungspflicht i.S. der Ausstrahlungstheorie nach § 4 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) komme nicht in Betracht. Die von der Klägerin vorgelegten Verträge und Vereinbarungen vom November 1956, die u.a. Grundlage der Delegierung des Ehemannes nach Chile gewesen seien, ließen schon nicht die Feststellung zu, daß diese Beschäftigung infolge ihrer Eigenart oder aufgrund vertraglicher Festlegung im voraus zeitlich befristet gewesen sei.
Auch eine Entsendung i.S. von § 4 SGB IV liege nicht vor, da diese voraussetze, daß der Arbeitnehmer trotz der Beschäftigung im Ausland im inländischen Betrieb integriert und dem Weisungsrecht dieses Betriebes unterworfen bleibe. Beschäftigungen bei Arbeitgebern mit Sitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland würden daher von § 4 Abs. 1 SGB IV nicht erfaßt, dies gelte auch für Beschäftigungen bei ausländischen Tochterunternehmen deutscher Unternehmen. Der formale Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem inländischen Unternehmen reiche nicht aus, um ein vesicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu dem inländischen Arbeitgeber anzunehmen, zumal der Ehemann der Klägerin mit dem chilenischen Unternehmen einen eigenen Dienstvertrag geschlossen habe. Auch die von der Klägerin erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken könnten eine Entscheidung i.S. des Klagebegehrens der Klägerin nicht begründen, insbesondere liege keine Verletzung des Art 3 des Grundgesetzes (GG) vor (Urteil vom 20. November 1989).
Die Klägerin hat die vom Landessozialgericht (LSG) zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Landessozialgericht (LSG) habe § 4 Abs. 1 SGB IV verletzt und damit zu Unrecht nach § 1251 a Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. § 1227 a Abs. 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) die Anerkennung der geltend gemachten Kindererziehungszeiten versagt.
Im Falle ihres Ehemannes habe eine Entsendung nach § 4 Abs. 1 SGB IV vorgelegen. Entgegen der Auffassung des Landessozialgericht (LSG) sei auch die in § 4 Abs. 1 SGB IV enthaltene Voraussetzung, daß die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt sein müsse, erfüllt. Diese Voraussetzung sei bereits dann erfüllt, wenn die Dauer des Auslandsaufenthaltes im voraus überschaubar gewesen sei und der Entsandte nach der Beendigung regelmäßig an den inländischen Beschäftigungsort zurückkehren sollte. Nur wenn die Entsendung auf unbestimmte Dauer, also grundsätzlich unbefristet erfolge, sei das Beschäftigungsverhältnis so stark ins Ausland verlagert, daß es vom deutschen Sozialversicherungsrecht auch im Wege der Ausstrahlung nicht mehr erfaßt werde. Das Landessozialgericht (LSG) habe im übrigen ihren Vortrag, daß es fester Übung der Bekanntmachung (B.) AG entspreche, die zu den südamerikanischen Auslandstöchtern entsandten Mitarbeiter nach dreijährigem Auslandsaufenthalt zurückzurufen, übergangen. Auch werde bei der Bekanntmachung (B.) AG aufgrund ständiger betrieblicher Übung grundsätzlich die Dauer einer Entsendung vertraglich im voraus begrenzt. Die innerbetrieblichen Grundsätze der Bekanntmachung (B.) AG für die Entsendung seien 1982 schriftlich niedergelegt worden. Im Falle ihres Ehemannes sei bei Abfassung der vorgelegten Verträge lediglich auf eine vertragliche Regelung der zeitlichen Begrenzung der Entsendung wegen aufenthalts- und arbeitsrechtlichen Problemen in dem südamerikanischen Aufnahmeland verzichtet worden. Im übrigen bestünden gegen die Regelungen verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere sei Art 3 GG verletzt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 12. Januar 1989 und das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. November 1989 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 19. August 1986 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. Juli 1987 abzuändern und diese zu verurteilen, Kindererziehungszeiten für den am 9. April 1958 geborenen Sohn Bekanntmachung (B.) und die am 25. März 1959 geborene Tochter Bekanntmachung (B.) anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. November 1989 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II.
Die Revision ist nicht begründet.
Anspruchsgrundlage für die Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung vor dem 1. Januar 1986 (§ 1250 Abs 1 Buchst c RVO) ist § 1251a RVO. Nach § 1251a Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des Art 6 Nr 18 Buchst a Ges. z. Reform d. gesetzl. Rentenversicherung (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261), rückwirkend in Kraft getreten am 1. Januar 1986 (Art 85 Abs 2 RRG 1992), werden für die Erfüllung der Wartezeit Müttern und Vätern, die nach dem 31. Dezember 1920 geboren sind, Zeiten der Kindererziehung vor dem 1. Januar 1986 nach Ablauf des Monats der Geburt des Kindes angerechnet, wenn sie ihr Kind im Geltungsbereich dieses Gesetzes erzogen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufgehalten haben. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier nicht vor, denn nach den Feststellungen des Landessozialgericht (LSG) hat die Klägerin die zwei Kinder, für die sie die Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung begehrt, in Chile erzogen.
Die Kindererziehungszeiten können auch nicht nach § 1251a Abs 3 iVm § 1227a Abs 5 Satz 1 und 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) angerechnet werden. § 1227a Abs 5 RVO, der die Pflichtversicherung von Müttern und Vätern wegen der Erziehung von Kindern ab 1. Januar 1986 in Fällen mit Auslandsberührung regelt, gilt nach § 1251a Abs 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) entsprechend für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1986. Gemäß § 1227a Abs 5 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) gelten die Absätze 1 bis 4 von § 1227a Reichsversicherungsordnung (RVO) auch für Mütter und Väter, die ihr Kind in einem Staat außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes erziehen und sich mit ihm gewöhnlich dort aufhalten, wenn sie wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit in diesem Staat während der Kindererziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz haben. § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) erweitert den Anwendungsbereich auf die Ehegatten von im Ausland beschäftigten oder tätigen Personen. Satz 2 Nr 2 erstreckt die Geltung der Absätze 1 bis 4 auch auf die Ehegatten der Personen, die wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes nur deshalb keine Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz haben, weil sie zu den in § 1229 Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten Personen gehören oder von der Versicherungspflicht befreit sind. Die Klägerin erfüllt weder die Voraussetzungen von § 1227a Abs 5 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) noch die von Abs 5 Satz 2 Nr 1 RVO. Weder sie noch ihr Ehemann haben während der Kindererziehung oder unmittelbar vor der Geburt während der Beschäftigung im Ausland Pflichtbeitragszeiten nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) - was insoweit für den Ehemann der Klägerin gleichzustellen ist - zurückgelegt.
Der Anspruch der Klägerin kann auch nicht auf § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) gestützt werden. Die Anwendung der Nr 2 setzt eine Beschäftigung oder Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes voraus, die nur deshalb keine Pflichtbeitragszeiten nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) begründet, weil der Ehegatte zu dem in § 1229 Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten Personenkreis zählt oder von der Versicherungspflicht befreit ist. Der Ehemann der Klägerin zählte weder zu den in § 1229 Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten Personen noch war er von der Versicherungspflicht befreit. Er war vor und nach seiner Beschäftigung in Chile in der Bundesrepublik als Angestellter wegen Überschreitens der damals geltenden Jahresarbeitsverdienstgrenze nach den §§ 5 und 4 Abs 1 Nr 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) (jeweils in der bis zum 31. Dezember 1967 geltenden Fassung - Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aF) versicherungsfrei. Weder die nach § 4 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) bzw § 1228 Reichsversicherungsordnung (RVO) noch die nach § 4 Abs 1 Nr 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aF versicherungsfreien Personen sind von der Versicherungspflicht befreit iS von § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 RVO. Das sind nur die in den §§ 1230 und 1231 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw §§ 7 und 8 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) genannten Personengruppen, für die in dieser Vorschrift die Befreiung von der an sich bestehenden Versicherungspflicht vorgesehen ist.
Allerdings könnte eine Gesetzeslücke anzunehmen sein, soweit bei Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 1251a Abs 3 iVm § 1227a Abs 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) die nach § 4 Abs 1 Nr 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aF versicherungsfreien Angestellten nicht den in § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten Personen gleichgestellt sind, oder zumindest von diesen entrichtete freiwillige Beiträge den Pflichtbeiträgen, die wegen einer Beschäftigung im Ausland entrichtet worden sind, gleichgestellt werden. Eine Gleichstellung ua auch solcher freiwilliger Beiträge mit Pflichtbeiträgen ist in Art 2 § 54a Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) in bestimmten Fällen vorgesehen. Ob eine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke tatsächlich vorliegt, kann im vorliegenden Fall aber offen bleiben. In § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) wird vorausgesetzt, daß ohne die Versicherungsfreiheit nach § 1229 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw die Befreiung von der Versicherungspflicht die im Ausland ausgeübte Beschäftigung nach den deutschen Rechtsvorschriften versicherungspflichtig gewesen wäre. Dementsprechend könnte auch eine nach anderen Vorschriften versicherungsfreie Beschäftigung den in § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten nur dann gleichgestellt werden, wenn ohne den Befreiungstatbestand Versicherungspflicht bestanden hätte. Dies gilt auch für die Gleichstellung von freiwilligen Beiträgen mit Pflichtbeiträgen in Art 2 § 54a Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) (vgl dazu BSG SozR 5755 Art 2 § 54a Nr 3).
Während seiner Beschäftigung in Chile wäre der Ehegatte der Klägerin auch dann nicht versicherungspflichtig gewesen, wenn sein Einkommen unter der nach § 5 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aF jeweils geltenden Jahresarbeitsverdienstgrenze gelegen hätte. Ein dem Grunde nach versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestand auch nicht wegen der Ausstrahlung eines innerstaatlichen Beschäftigungsverhältnisses iS des § 4 SGB IV. Der Senat legt dabei auch für die Zeit vor dem 1. Juli 1977 die in § 4 SGB IV getroffene Regelung zugrunde, soweit zu beurteilen ist, ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorlag. § 4 SGB IV gilt zwar erst seit dem 1. Juli 1977. Die Vorschrift kodifiziert aber nur die bereits bis zu diesem Zeitpunkt von der Rechtspr entwickelten Grundsätze über die Versicherungspflicht bei Beschäftigungen im Ausland (vgl die Darstellung bei v. Maydell in Gemeinschaftskomm - SGB IV, § 4 RdNrn 1-6). § 4 SGB IV setzt eine Entsendung im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereiches voraus, wobei die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt sein muß.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen und deshalb für den erkennenden Senat gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindenden Feststellungen des Landessozialgericht (LSG) handelt es sich bei der N.Q. Limitada in Chile um ein selbständiges Tochterunternehmen der Bekanntmachung (B.) AG, und der Ehemann der Klägerin hatte mit diesem Unternehmen für die Beschäftigung in Chile einen eigenen Dienstvertrag abgeschlossen, während der Dienstvertrag mit der Bekanntmachung (B.) AG für den Zeitraum der Beschäftigung in Chile ruhte. Damit fehlt es bereits an einer Entsendung im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches bestehenden Beschäftigungsverhältnisses iS des § 4 SGB IV. Denn diese setzt voraus, daß das inländische Beschäftigungsverhältnis in seinen wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen fortbesteht, dh aber, daß der Arbeitnehmer nach wie vor in den inländischen Betrieb eingegliedert ist und seinem inländischen Arbeitgeber gegenüber weisungsgebunden bleibt. Diese Auslegung des Tatbestandsmerkmales "Entsendung im Rahmen eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses" steht auch im Einklang mit der Auslegung des in § 7 SGB IV definierten Begriffes der Beschäftigung. Beschäftigung ist danach die nichtselbständige Arbeit, dh Arbeit, die in einem Abhängigkeitsverhältnis verrichtet wird. Die persönliche Abhängigkeit äußert sich dabei vornehmlich in der Eingliederung des Beschäftigten in einen Betrieb und ist in aller Regel mit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung verbunden (vgl Koch/Hartmann, Die Rentenversicherung im Sozialgesetzbuch, § 7 SGB IV, III Nrn 4 ff). All diese Kriterien sind aber nach den weiteren, ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Landessozialgericht (LSG) im streitigen Zeitraum bezüglich der inländischen Beschäftigungsfirma nicht erfüllt, da sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Dienstvertrag mit der Bekanntmachung (B.) AG während des Chileaufenthaltes ruhten. Der Ehemann der Klägerin war vielmehr in das chilenische Tochterunternehmen der Bekanntmachung (B.) AG eingegliedert und unterlag allein dem Weisungsrecht dieses Unternehmens bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsdauer, Arbeitsort und Art der Arbeitsausführung. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist der Senat mit der herrschenden Meinung in der Literatur (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd I/1, 61. Nachtrag, S 80o I; Zweng/Scheerer/Buschmann, Handbuch der Rentenversicherung, Bd 1, § 4 SGB IV, II A 1; Eicher/Haase/Rauschenbach, § 4 SGB IV, RdNr 3; Hauck/Haines, Komm zum SGB IV, RdNr 4 zu § 4; Wannagat, SGB IV, §§ 3 ff, RdNr 25d; Koch/Hartmann, Die Rentenversicherung im Sozialgesetzbuch, § 4 SGB IV, RdNrn 22 ff; Komm zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, herausgegeben vom VDR, § 4 SGB IV, RdNr 5), der Auffassung, daß das Beschäftigungsverhältnis bei der ausländischen Tochterfirma den Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltungsverhältnisse bildet, während das bisherige inländische Beschäftigungsverhältnis deutlich in den Hintergrund tritt, so daß eine Ausstrahlung iS von § 4 SGB IV nicht vorliegt. Allein das formelle Fortbestehen des Dienstvertrages mit der Bekanntmachung (B.) AG reicht für die Annahme einer Entsendung iS von § 4 SGB IV nicht aus, wenn gleichzeitig die wesentlichen Beschäftigungsmerkmale - Eingliederung in den inländischen Betrieb und Fortbestehen des Weisungsrechts - fehlen. Aus dem Recht der Bekanntmachung (B.) AG, den Arbeitnehmer jederzeit zur Dienstleistung zurückzurufen, kann insbesondere nicht auf ein fortbestehendes Weisungsrecht des inländischen Unternehmens geschlossen werden. Das Landessozialgericht (LSG) hat dazu außerdem festgestellt, daß im Vertrag mit der Bekanntmachung (B.) AG die Dauer der Beschäftigung in Chile nicht zeitlich befristet vereinbart wurde. Diese Feststellung wird von der Klägerin mit der Revision nicht angegriffen. Sie ist nur der Ansicht, das Landessozialgericht (LSG) hätte auch berücksichtigen müssen, daß die Bekanntmachung (B.) AG ihre Mitarbeiter regelmäßig nach dreijährigem Auslandsaufenthalt zurückrufe. Darauf brauchte das Landessozialgericht (LSG) nicht abstellen, denn diese Übung ersetzt weder die vertragliche Vereinbarung noch ist wegen einer entsprechenden Übung die Beschäftigung im Ausland wegen ihrer Eigenart im voraus befristet. Die Klägerin beruft sich für ihre Ansicht, ihr Ehemann sei iS von § 4 SGB IV entsandt gewesen, auch zu Unrecht auf Wannagat/Baltzer, Komm zum gesamten Recht des Sozialgesetzbuches, SGB IV, § 4 RdNr 25. Dort ist vielmehr gerade dargelegt, daß nicht entsandt der Arbeitnehmer ist, der bei einem ausländischen Tochterunternehmen beschäftigt ist. Damit ist in unmittelbarer Anwendung des § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) die Anerkennung der von der Klägerin geltend gemachten Kindererziehungszeiten nicht möglich.
§ 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) enthält im Hinblick auf die hier vorliegende Fallgestaltung aber auch keine planwidrige, durch die Rechtspr auszufüllende Regelungslücke. Denn nach dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften, der auch den gesetzgeberischen Willen ausdrückt (vgl BT-Drucks 10/2627, insbesondere Seiten 29, 34; BR-Drucks 500/84 S 29 ff; Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14) ist die - ausnahmsweise mögliche - Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im Ausland davon abhängig, daß eine aktuelle Beziehung zur inländischen Rentenversicherung besteht. Diese Beziehung zur inländischen Rentenversicherung muß dadurch zum Ausdruck kommen, daß entweder der erziehende Elternteil oder dessen Ehegatte wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit im Ausland Pflichtbeitragszeiten nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) haben (§ 1227a Abs 5 Satz 1, Satz 2 Nr 1 RVO) oder Pflichtbeitragszeiten nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) nur deshalb nicht zurückgelegt haben, weil sie in ihrer dem Grunde nach rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren (§ 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 RVO). Denn bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland ist der Erziehende in aller Regel nicht wegen der Erziehung eines Kindes, sondern schon durch den bloßen Auslandsaufenthalt an der Entrichtung von Pflichtbeiträgen gehindert (vgl BT-Drucks 11/6892 S 18). Diese Auffassung des Senats zum Regelungsgehalt des § 1227a Abs 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) steht nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des 4. Senats vom 12. Juli 1990 (SozR 3-2200 § 1227a Nr 1) und 16. August 1990 (SozR 3-2200 § 1248 Nr 6). Der 4. Senat hat zwar in den genannten Entscheidungen den Anwendungsbereich des § 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) (= § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 RVO) über seinen Wortlaut hinaus im Wege der Lückenfüllung auf Auslandsbeschäftigungen von Beamten oder Gleichgestellten ausgedehnt, bei denen nicht die Voraussetzungen des § 4 SGB IV erfüllt waren. Die genannten Entscheidungen sind aber mit Besonderheiten des öffentlichen Dienstes begründet worden, die insbesondere darin bestehen, daß gerade wegen der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des inländischen Beschäftigungsverhältnisses die strengen Anforderungen einer Entsendung iS von § 4 Abs 1 SGB IV nicht erfüllt werden können. Die genannten Entscheidungen beschränken sich demgemäß auch auf den Bereich des öffentlichen Dienstes.
Soweit es im vorliegenden Fall für die Entscheidung des Rechtsstreites auf die Vereinbarkeit der §§ 1227a Abs 5 Sätze 1, 2, 1251a Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) mit dem GG ankommt, bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die den Senat dazu zwängen, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einzuholen (Art 100 Abs 1 Satz 1 GG). Im vorliegenden Fall ist allein entscheidungserheblich, ob es im Einklang mit der Verfassung steht, daß Zeiten der Kindererziehung im Ausland nur dann Versicherungszeiten iS von § 1250 Abs 1 Buchst c Reichsversicherungsordnung (RVO) sind, wenn der erziehende Elternteil oder der Ehegatte wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit in einem Staat außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes während der Kindererziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes Pflichtbeitragszeiten hat oder solche Pflichtbeitragszeiten nur deswegen nicht zurückgelegt hat, weil er in der dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit war (§§ 1227a Abs 5 Sätze 1, 2, 1251a Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 RVO). Dagegen ist nicht entscheidungserheblich, ob der von der Revision geltend gemachte Verstoß gegen Art 3 GG vorliegt, der darin bestehen soll, daß § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) keine Regelung für die Ehegatten von Personen enthält, die in ihrer Beschäftigung im Ausland nur deshalb keine Pflichtbeiträge entrichtet haben, weil die JAV-Grenze überschritten war (§§ 4 Abs 1 Nr 1, 5 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aF), während insbesondere Ehefrauen von Beamten von der gesetzlichen Regelung des § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) erfaßt werden. Wie bereits dargelegt, scheitert der Anspruch der Klägerin bereits daran, daß im maßgebenden Zeitraum beim Ehemann der Klägerin kein - inländisches - versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis dem Grunde nach iS von § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) bestanden hat. Selbst wenn also § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) auf die Fälle der §§ 4 Abs 1 Nr 1, 5 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aF analog anzuwenden wäre bzw die Nichtberücksichtigung dieses Personenkreises gegen Art 3 GG verstoßen würde, könnten der Klägerin die Kindererziehungszeiten nicht über § 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) angerechnet werden. Unabhängig davon hat im übrigen der 1. Senat des BSG in dem Urteil vom 19. April 1990 (BSGE 66, 288 = SozR 3-2200 § 1251a Nr 1) entschieden, daß die Nichtberücksichtigung einer Kindererziehungszeit während der Befreiung von der Versicherungspflicht (dort nach Art 2 § 1 Abs 1 des 2. Rentenversicherungs-Änderungsgesetz (RVÄndG) vom 23. Dezember 1966, BGBl I 745) nicht gegen das GG verstößt.
Ein Verstoß gegen Art 3 GG liegt auch nicht darin, daß der Gesetzgeber für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten grundsätzlich an das Territorialitätsprinzip anknüpft und die Anrechnung solcher Zeiten im Ausland nur eingeschränkt vorsieht. Der 4. Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 12. Juli 1988 (BSGE 63, 282 = SozR 2200 § 1251a Nr 2) dargelegt, daß gegen die Geltung des Territorialitätsprinzips keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Dem schließt sich der Senat an, zumal die unterschiedliche Regelung für Inlands- und Auslandserziehung auf zwingenden systematischen Vorgaben, insbesondere des über- und zwischenstaatlichen Rechts beruht (vgl BT-Drucks 11/6892, Nr 39 S 18/19).
Soweit vom Territorialitätsprinzip abweichend auch Pflichtversicherungszeiten nach deutschem Recht wegen einer Beschäftigung im Ausland unmittelbar vor der Geburt des Kindes für die Anerkennung von Erziehungszeiten ausreichen, entspricht dies dem Zweck des Gesetzes, Ausgleich für entgangene Pflichtbeitragszeiten zu gewähren, wenn wegen der Kindererziehung eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aufgegeben wird. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei Erziehung im Ausland in Anlehnung an die Erstreckung der Versicherungspflicht auf eine im Ausland ausgeübte Erwerbstätigkeit besteht auch ein sachlicher Differenzierungsgrund dafür, freiwillig Versicherte - wie es der Ehemann der Klägerin möglicherweise war - vom anspruchsberechtigten Personenkreis auszuschließen. Damit wird erreicht, daß der anspruchsberechtigte Personenkreis und die zu erwartenden finanziellen Belastungen in einem überschaubaren und abschätzbaren Rahmen bleiben. Dies wäre bei einer Gleichstellung der freiwillig Versicherten mit den Pflichtversicherten nicht mehr gewährleistet, da dann auch alle nach über- oder zwischenstaatlichen Vorschriften zur freiwilligen Versicherung Berechtigten die Anrechnungsvoraussetzungen verwirklichen könnten. Die danach zur freiwilligen Versicherung Berechtigten haben häufig keinen aktuellen Bezug mehr zur deutschen Sozialversicherung (vgl zB zu dem Recht auf Beitragsentrichtung die Vertrag z. Gründung d. Europ. Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) Nr 1408/71 Anh VI, Buchst C Nr 7). Dieser aktuelle Bezug zur deutschen RV besteht aber, wenn wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit im Ausland während der Kindererziehung oder unmittelbar vor Geburt des Kindes Pflichtbeitragszeiten in der deutschen RV vorliegen (§ 1227a Abs 5 Satz 1 RVO). Gleichgestellt sind die Ehegatten dieser Personen sowie die Ehegatten solcher Personen, die wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes nur deshalb keine Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz haben, weil sie versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind (§ 1227a Abs 5 Satz 2 RVO). Die von dieser Ausnahmeregelung umfaßte Personengruppe zeichnet sich durch eine - inländische - Versicherungspflicht dem Grunde nach aus, an der es im Falle der Klägerin während der Beschäftigung in Chile gerade fehlt.
Fundstellen