Orientierungssatz
1. "Bisheriger Beruf" iS des RKG § 46 Abs 2 S 2 kann - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG - nur eine versicherungspflichtige (pflichtversicherte) Beschäftigung oder Tätigkeit sein. Der Auffassung, daß auch Tätigkeiten zu berücksichtigen seien, in denen ein Beschäftigter nur wegen Überschreitens der früheren Jahresarbeitsverdienstgrenze versicherungsfrei war und Beiträge freiwillig geleistet hat, wird nicht beigepflichtet.
2. Die Beschäftigung eines Angestellten über Tage in der Meistergruppe ist einem Abteilungssteiger zumutbar.
Normenkette
RKG § 46 Abs. 2 S. 2; RVO § 1246 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. September 1973 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit.
Der 1919 geborene Kläger hat bis zum Jahre 1949 im Bergbau eine berufliche Entwicklung vom Bergjungmann bis zum Grubensteiger durchlaufen. Er war sodann bis zum 31. Oktober 1950 Abteilungssteiger. Über diesen Zeitpunkt hinaus sind für ihn keine Pflichtbeiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung mehr entrichtet worden. Vom 1. November 1950 bis Oktober 1951 besuchte er unter Weiterzahlung des letzten Gehalts die Bergschuloberklasse; in dieser Zeit zahlte der Arbeitgeber für ihn nur Beiträge zur knappschaftlichen Krankenversicherung. Ab 21. Oktober 1961 wurde er von der Zeche als Fahrsteiger geführt, erhielt jedoch erst ab 1. November 1951 das Fahrsteigergehalt. Mit diesem überschritt er die für die Angestellten des Bergbaus damals geltende Jahresarbeitsverdienstgrenze und war versicherungsfrei. Später brachte es der Kläger zum Obersteiger und zuletzt zum Grubenbetriebsführer. Er leistete in dieser Zeit freiwillige Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung. Infolge Zechenstillegung wurde der Kläger ab 1. Januar 1967 arbeitslos. Ab 1. Februar 1969 erhielt er die Bergmannsrente wegen Vollendung des 50. Lebensjahres.
Den im Juli 1968 gestellten Antrag auf Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit lehnte die Beklagte durch den streitigen Bescheid vom 29. April 1969 und den bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1969 ab; der Kläger könne noch bestimmte kaufmännische Tätigkeiten verrichten.
Mit der hiergegen erhobenen Klage hatte der Kläger in zweiter Instanz zum Teil Erfolg. In dem angefochtenen Urteil vom 20. September 1973 hat das Landessozialgericht (LSG) das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 18. Februar 1972 abgeändert, dem Kläger ab 1. August 1968 Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit zugesprochen und im übrigen die Berufung zurückgewiesen. In der Begründung heißt es, der noch zu leichten körperlichen Arbeiten fähige Kläger könne über Tage als technischer Versandmeister, Meister B (z. B. Wasch- oder Wiegemeister) und als kaufmännischer Angestellter der Tarifgruppe 4 arbeiten. Diese Arbeiten seien freilich der Tätigkeit eines Abteilungssteigers nicht wirtschaftlich gleichwertig, so daß dem Kläger ab 1. August 1968 die Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit gebühre. Dagegen stehe ihm Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit noch nicht zu. Als "bisheriger Beruf" des Klägers sei seine bis Oktober 1950 versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit eines Abteilungssteigers anzusehen. Eine Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen für die Zeit der Teilnahme am Betriebsführerlehrgang, zu der sich der Kläger bereit erklärt habe, sei nicht möglich. Die während der Leistung freiwilliger Beiträge ausgeübten Tätigkeiten eines Fahrsteigers, Obersteigers und Grubenbetriebsführers seien für die Bestimmung des bisherigen Berufes nicht beachtlich. Daran ändere auch nichts die Tatsache, daß ab 1. Januar 1968 alle Bergbauangestellten ungeachtet der Höhe des Gehalts versicherungspflichtig geworden seien und daß das Bundessozialgericht (BSG) bei der sogenannten Halbbelegung im Ausfallzeitenrecht die nach Überschreiten des Jahresarbeitsverdienstes freiwillig geleisteten Beiträge zur Knappschaftsversicherung den Pflichtbeiträgen gleichgestellt habe. Bei der Fähigkeit, im Bergbau noch als Versand-, Wasch- oder Wiegemeister, als kaufmännischer Angestellter zumindest der Gruppe 3 sowie in entsprechenden Tätigkeiten außerhalb des Bergbaus noch arbeiten zu können, könne der Kläger nicht als berufsunfähig im Sinne des § 46 Abs. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) angesehen werden.
Mit der zugelassenen Revision tritt der Kläger dieser Entscheidung entgegen. Er trägt vor, bei der Beurteilung der Frage der Berufsunfähigkeit sei von der zuletzt von ihm ausgeübten Tätigkeit eines Grubenbetriebsführers auszugehen. Es bestehe durchaus die Möglichkeit, die Zeit, während der er wegen Überschreitens der Pflichtversicherungsgrenze freiwillige Beiträge zur Knappschaftsversicherung geleistet habe, wie eine Pflichtbeitragszeit auch hinsichtlich der Ermittlung des "bisherigen Berufs" zu behandeln. Außerdem habe das LSG bei der Feststellung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen seine Amtsermittlungspflichten verletzt, indem es seinem Hausarzt keine Gelegenheit gegeben habe, zu der abweichenden Auffassung des ärztlichen Sachverständigen des Gerichts Stellung zu nehmen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Bescheides vom 29. April 1969 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 1969 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 1968 die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit und ab 1. Januar 1969 die Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es stelle eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar, daß der Kläger nunmehr anders als vor dem Berufungsgericht, wo er auf Berufsunfähigkeitsrente angetragen habe, nunmehr Erwerbsunfähigkeitsrente begehre. In der Sache hält die Beklagte das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zugelassene Revision ist nicht begründet.
Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit erhält der Versicherte, der berufsunfähig ist, wenn die Wartezeit erfüllt ist (§ 46 Abs. 1 RKG). Berufsunfähig ist nach § 46 Abs. 2 Satz 1 RKG ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen eines vergleichbaren gesunden Versicherten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2 aaO). Die konkrete Erwerbsfähigkeit ist hiernach zunächst im bisherigen Beruf und dann in Verweisungstätigkeiten zu prüfen, die dem Versicherten unter Berücksichtigung des bisherigen Berufs zumutbar sind. Entscheidend ist daher, welches der "bisherige Beruf" des Klägers ist. Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, daß dies die vom Kläger bis 1950 ausgeübte Tätigkeit eines Abteilungssteigers ist.
Es ist ständige Rechtsprechung des BSG, daß bisheriger Beruf im Sinne des § 46 Abs. 2 RKG (= § 1246 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) nur eine versicherungspflichtige (pflichtversicherte) Beschäftigung oder Tätigkeit sein kann, weil in der gesetzlichen Versicherung gegen den Fall der Berufsunfähigkeit das Versicherungsrisiko vom versicherten Beruf abhängt, der Beruf aber nur im Rahmen der Pflichtversicherung versicherungsrechtlich von Bedeutung ist (BSG 7, 66; 19, 57, 58 = SozR Nr. 26 zu § 1246 RVO; BSG 25, 129, 131 = SozR Nr. 60 zu § 1246 RVO; BSG 27, 263, 264 = SozR Nr. 67 zu § 1246 RVO; SozR Nr. 10, 25, 65, 69, 92 und 112 zu § 1246 RVO). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Für den konkreten Fall bedeutet dies, daß bisheriger Beruf des Klägers der des Abteilungssteigers ist. Bei ihm handelt es sich um die höchstentlohnte Tätigkeit, für die der Kläger - bis Oktober 1950 - Pflichtbeiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet hat.
An diesem Ergebnis vermag weder die Tatsache, daß sich der Kläger zur Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen bereit erklärt hat, noch der Umstand etwas zu ändern, daß der Kläger nur wegen Überschreitens der Einkommensgrenze versicherungsfrei geworden war.
Was die angebotene Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen betrifft, so ist nicht entscheidend, daß sie die Beklagte bislang noch gar nicht zugelassen hat (vgl. § 133 Abs. 2 und 3 RKG). Die Frage, ob der Kläger nach dem 20. Oktober 1951 in einer höherwertigen Tätigkeit als der eines Abteilungssteigers versicherungspflichtig (pflichtversichert) war, beantwortet sich allein us dem Gesetz. Nach ihm war der Kläger in dieser Zeit nicht mehr pflichtversichert.
Es trifft zwar nach den Feststellungen des LSG zu, daß der Kläger bereits ab 21. Oktober 1951 als Fahrsteiger geführt worden ist; er hat aber den ganzen Monat Oktober 1951 noch den unter der Versicherungspflichtgrenze liegenden Lohn eines Abteilungssteigers erhalten. Gleichwohl war der Kläger auch in der Zeit vom 21. bis einschließlich 31. Oktober 1951 nicht versicherungspflichtig. Nach § 28 Nr. 2 RKG in der vom 1. Juni 1949 bis 31. August 1952 geltenden Fassung des § 7 des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes (KnVAG) vom 30. Juli 1949 (WiGBl 202) waren in der knappschaftlichen Rentenversicherung die Angestellten in knappschaftlichen Betrieben versichert, soweit sie der Versicherungspflicht nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) unterliegen würden, jedoch bis zur Jahresarbeitsverdienstgrenze (§ 3 AVG) von 8.400,- DM. Unter Jahresarbeitsverdienst ist der im voraus zu ermittelnde Verdienst für ein bevorstehendes Beschäftigungsjahr - nicht: Kalenderjahr - zu verstehen. Der Jahresarbeitsverdienst ist also in der Weise zu ermitteln, daß das dem Versicherten zustehende Gehalt auf das gesamte bevorstehende Beschäftigungsjahr umgerechnet wird (vgl. dazu BSGE Bd. 24, 262, 265 = SozR Nr. 50 zu § 165 RVO; vgl. H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 17. Aufl., Teil II, Anm. 6 b bei § 165, S. 17/66 und 67; Koch/Hartmann, Komm. zum AVG, 2. Aufl., Anm. C III 3 bei § 1). Die Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes ist mithin das Ergebnis einer Vorausschätzung auf das bevorstehende Beschäftigungsjahr. Anlaß zu einer solchen Vorausschätzung besteht immer dann, wenn sich der Entgelt eines Beschäftigungsverhältnisses so wesentlich ändert, daß der neue Entgelt Anlaß und Grundlage einer neuen Vorausschätzung bildet. Nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt kann kein begründeter Zweifel daran bestehen, daß der Kläger ab 21. Oktober 1951 unter entscheidender Abänderung der bisherigen arbeitsvertraglichen Beziehungen nunmehr als Fahrsteiger gegen ein entsprechend höheres Entgelt tätig werden sollte; dieses Entgelt überschritt bei Umrechnung auf das bevorstehende Beschäftigungsjahr die Jahresarbeitsverdienstgrenze des § 28 Nr. 2 RKG aF. Die Tatsache, daß der Kläger erst ab 1. November 1951 das Fahrsteigergehalt erhielt, läßt sich bei verständiger Würdigung der Gegebenheiten nicht dahin werten, daß mit dem Kläger vom 21. Oktober 1951 an zunächst ein 10 Tage andauerndes Beschäftigungsverhältnis als Fahrsteiger gegen Gewährung des bisherigen Abteilungssteigergehalts abgeschlossen werden sollte, dem sodann unter Abänderung dieses Vertrages ab 1. November 1951 eine Gehaltserhöhung - Gewährung des üblichen Fahrsteigergehalts - folgen sollte. Vielmehr sollte das neue Beschäftigungsverhältnis eines Fahrsteigers bereits ab 21. Oktober 1951 praktiziert werden; die Beklagte hat zum Zwecke der reibungslosen Überleitung von der alten zur neuen Beschäftigung allein davon abgesehen, dem Kläger für die 10 Tage vom 21. bis 31. Oktober 1951 den Unterschiedsbetrag zwischen bisherigem Abteilungssteiger- und jetzigem Fahrsteigergehalt nachzuzahlen, und der Kläger hat seinerseits darauf verzichtet, für diese wenigen Tage seine arbeitsvertraglichen Rechte voll geltend zu machen und den Unterschiedsbetrag nachzuverlangen. Die von § 28 Nr. 2 RKG aF gebotene Vorausschätzung auf das bevorstehende Beschäftigungsjahr war mithin bereits ab 21. Oktober 1951 veranlaßt; sie hätte ergeben, daß im Hinblick auf das dem Kläger nunmehr zustehende Fahrsteigergehalt die Versicherungspflichtgrenze - ein Jahresarbeitsverdienst von 8.400,- DM - überschritten werden würde. Der Kläger war daher nach dem 20. Oktober 1951 versicherungsfrei geworden. Eine Nachentrichtung eines Beitrages für die Zeit vom 21. bis 31. Oktober 1951 könnte hieran nichts ändern.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist es auch nicht möglich, bei der Ermittlung des "bisherigen Berufes" die Zeiten, während welcher der Kläger wegen Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze versicherungsfrei war und freiwillige Beiträge geleistet hat, wie eine pflichtversicherte Zeit zu behandeln. Das BSG hat dies wiederholt, zuletzt in einer Entscheidung vom 7. Juli 1973 (SozR Nr. 112 zu § 1246 RVO) abgelehnt (vgl. aaO auch die Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Meinungen). Es trifft allerdings zu, daß nach Überschreiten der Pflichtversicherungsgrenze freiwillig geleistete Beiträge in bestimmter Hinsicht wie Pflichtbeiträge zu behandeln sind. So schreiben § 36 Abs. 3 Satz 3 AVG aF und Art. 2 § 54 a des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) vor, daß bei der sogenannten Pflichthalbbelegung im Rahmen des Rechts der Ausfallzeiten freiwillige Beiträge, die ein versicherungsfrei gewordener Versicherter entrichtet hat, Pflichtbeiträgen gleichstehen. Eine vergleichbare Regelung hat der Gesetzgeber indessen für die Zeit bis zum 31. Dezember 1967 für das Recht der Knappschaftsversicherung bewußt nicht vorgesehen (vgl. den erkennenden Senat in SozR 2600 § 56 Nr. 1). Was der Gesetzgeber aber selbst für das Recht der Pflichthalbbelegung bewußt ausgeschlossen hat, kann nicht für die Ermittlung des "bisherigen Berufes" in § 46 Abs. 2 RKG entsprechend herangezogen werden. Der Entscheidung des erkennenden Senats in SozR Nr. 2 zu § 46 RKG ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen; dort ist lediglich entschieden, daß freiwillige Beiträge zur Knappschaftsversicherung bei Anwendung der Bestimmungen des § 36 Abs. 3 Satz 3 AVG aF und Art. 2 § 54 a AnVNG wie Beiträge zur Angestelltenversicherung zu behandeln sind. Auch passen die Grundgedanken dieser Entscheidung nicht auf die Interessenlage des vorliegenden Falles: Wie dargelegt, hat eine freiwillige Weiterversicherung keine Beziehung zu einem bestimmten Beruf. Das LSG hat überdies festgestellt, daß die vom Kläger freiwillig geleisteten Beiträge weder in ihrer Höhe noch in ihrer Dichte den Beiträgen entsprechen, wie sie ein Fahrsteiger, Obersteiger oder Betriebsführer nach seinem Einkommen hätte leisten müssen, wenn er in diesen Beschäftigungen pflichtversichert gewesen wäre.
Der Kläger kann zwar nicht mehr seinen "bisherigen Beruf" als Abteilungssteiger, wohl aber unter Berücksichtigung dieses Berufes ihm noch zumutbare Verweisungstätigkeiten ausüben (§ 46 Abs. 2 Satz 2 RKG). Nach den Feststellungen des LSG kann der Kläger nach seinen gesundheitlichen Kräften und Fähigkeiten noch leichte Arbeiten über Tage ganzschichtig ausführen. Der Kläger greift zwar diese Feststellungen mit der Behauptung an, sie seien unter Verletzung der Amtsermittlungspflichten des LSG (§ 103 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) deswegen zustande gekommen, weil seinem Hausarzt Dr. S nicht Gelegenheit gegeben worden sei, zu der abweichenden Beurteilung des gerichtlichen medizinischen Sachverständigen Stellung zu nehmen. Mit dieser Rüge kann der Kläger nicht durchdringen. Der Hausarzt des Klägers ist in den Vorinstanzen mit mehreren schriftlichen Äußerungen, die zu den Akten genommen worden sind, zu Wort gekommen; diese Äußerungen haben den vom Gericht bestellten medizinischen Sachverständigen vorgelegen. Im Rahmen seines Rechts, sich seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme frei zu bilden (§ 128 SGG), kann sich das Tatsachengericht einer von mehreren voneinander abweichenden gutachtlichen Äußerungen anschließen. Abgesehen davon war der Kläger auch nicht gehindert, seinen Hausarzt zu den Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen, von denen er Abdruck erhalten hat, Stellung nehmen zu lassen.
Das LSG hat den Kläger zu Recht auf die leichten körperlichen Tätigkeiten eines technischen Versandmeisters sowie Meisters B - z. B. Wasch- oder Wiegemeister - verwiesen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger auf Grund beruflicher Praxis als Bergmann, Gruben-, Abteilungs-, Fahr- und Obersteiger und schließlich Betriebsführer die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die diese Tätigkeiten verlangen. Diese Tätigkeiten sind dem Kläger auch nach der betrieblichen Bedeutung des bisherigen Berufes zumutbar. Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. SozR Nrn. 20 und 22 zu § 46 RKG), kann ein Revier- oder Abteilungssteiger zumutbar auf Meistertätigkeiten der Gehaltsgruppe II 4 B der Anlage zum Manteltarifvertrag (MTV) für die technischen und kaufmännischen Angestellten des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus verwiesen werden; diesen Meistertätigkeiten entsprechen - nach jeweiliger Änderung der Anlage zum MTV - z. B. ab 1. August 1968 die Tätigkeiten des Meisters der Gruppe B und ab 1. Juni 1971 des technischen Angestellten über Tage nach der Gruppe 3 (13). Kann der Kläger aber in diesen ihm zumutbaren Tätigkeiten noch mehr als die Hälfte desjenigen verdienen, was ein vergleichbarer gesunder Versicherter durch eine entsprechende Arbeit erwerben könnte, so ist er nicht berufsunfähig im Sinne des § 46 Abs. 2 RKG. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger, wie das LSG meint, nicht in knappschaftlichen Betrieben auch noch bestimmte gehobene kaufmännische Tätigkeiten und entsprechende Tätigkeiten außerhalb des Bergbaus ausüben kann.
Nach alledem trifft die Berufsunfähigkeit des Klägers verneinende Entscheidung des LSG zu; die Revision des Klägers hiergegen war als unbegründet zurückzuweisen.
Soweit der Kläger anders als vor dem Berufungsgericht, wo er nur auf Berufsunfähigkeitsrente angetragen hat, vor dem Senat nunmehr eine Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit begehrt, konnte dem nicht nähergetreten werden, weil Klageänderungen im Revisionsverfahren unzulässig sind (§ 168 SGG).
Da der Kläger mit seinem Rechtsmittel nicht obsiegt hat, hat ihm die Beklagte außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Fundstellen