Leitsatz (amtlich)
1. Die sichere Erwartung der späteren Hofübernahme durch einen mitarbeitenden Familienangehörigen schließt nicht aus, daß dieser in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis steht (vgl BSG 1956-04-05 3 RK 65/55 = BSGE 8, 30). Ein die Versicherungspflicht begründendes "eigentliches Arbeitsverhältnis" mit Entgeltzahlung (vgl RVO § 176 Abs 1 Nr 2) ist jedoch nicht anzunehmen, wenn die Mitarbeit überwiegend auf Grund familienhafter Bindung geleistet wird und der freie Unterhalt nicht Gegenleistung für die Arbeit ist.
2. Werden dem in der Familiengemeinschaft lebenden Angehörigen im Rahmen seines freien Unterhalts neben Kost, Wohnung und Kleidung nur geringfügige Barbeträge (Taschengeld) gewährt, so wird im allgemeinen kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis vorliegen. Erhält er dagegen neben freiem Unterhalt laufend feste Barbezüge, die sich dem ortsüblichen Barlohn vergleichbarer fremder Arbeitskräfte nähern, so spricht dies für das Bestehen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses. Ein Indiz dafür ist die steuerliche Behandlung der Bezüge der mitarbeitenden Familienangehörigen, insbesondere die Abführung von Lohnsteuer.
3. Auch 2 Söhne können auf dem Hof ihres Vaters familienhafte Mitarbeit leisten, ohne daß ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Dabei ist nicht entscheidend, welcher von ihnen voraussichtlich den Hof übernehmen wird.
4. Auch der Schwiegersohn eines Hofbesitzers kann ohne "eigentliches Arbeitsverhältnis" und ohne Entgelt auf dem Hof seines Schwiegervaters mitarbeiten und daher versicherungsfrei sein.
5. Legt in einem Rechtsstreit, der die Rechtmäßigkeit eines mehrere Versicherungszweige betreffenden Beitragsbescheides einer KK zum Gegenstand hat, nur der Träger der RV ein Rechtsmittel ein, so ist Gegenstand des Rechtsmittelverfahren nur der Streit über die Beiträge zur RV. Die KK bleibt, obwohl die Beiträge zur KV nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sind, an diesem Verfahren als Beklagte beteiligt.
Normenkette
RVO § 160 Fassung: 1941-07-01, § 165 Abs. 2 Fassung: 1945-03-17, § 176 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1957-07-27, § 1226 Fassung: 1945-03-17, § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23, § 1228 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1399 Fassung: 1957-02-23; BGB §§ 1617, 611 Fassung: 1896-08-18; SGG § 75 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der beigeladenen Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig vom 26. Mai 1959 wird zurückgewiesen.
Die Landesversicherungsanstalt hat dem Kläger und seinen beigeladenen Söhnen die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Streitig ist die Sozialversicherungspflicht von zwei auf dem Hof ihres Vaters tätigen Söhnen. Der im Jahre 1904 geborene Kläger ist Eigentümer eines etwa 16 ha großen Hofes. Er hat zwei Kinder, und zwar die Beigeladenen zu 1) und 2), die im Jahre 1930 bzw. 1934 geboren sind. Beide sind ledig. Wer von ihnen den Hof erben wird; steht noch nicht fest. Die beiden Beigeladenen waren zeitweise pflichtversichert, und zwar H-H ... in der Zeit vom 1. Dezember 1947 bis zum 15. April 1950, H ... in der Zeit vom 1. Mai 1950 bis zum 30. April 1951. Seither leisten sie freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter; gegen Krankheit sind sie bei der beklagten Landkrankenkasse (LKK) freiwillig versichert. Durch Bescheid vom 11. Februar 1957 nahm die LKK auf Veranlassung der Landesversicherungsanstalt (LVA) beide Söhne als versicherungspflichtig in Anspruch und forderte den Kläger auf, für sie vom 1. Oktober 1956 an Beiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter zu entrichten; zugleich sprach sie aus, daß die Krankenversicherung unter "Anrechnung der freiwilligen Beiträge" vom gleichen Tage an durchgeführt werde. Der Beitragsberechnung wurde die in der Verhandlung vom 5. Februar 1957 angegebene Barvergütung von monatlich 50,-- DM neben freier Kleidung, Kost und Wohnung zugrunde gelegt. Der Widerspruch des Klägers ist durch Bescheid von 20./22. Februar 1558 mit der Begründung zurückgewiesen worden, der Kläger sei auf die Hilfe seiner Söhne angewiesen, diese müßten Lohnarbeit verrichten, wenn sie nicht im elterlichen Betrieb tätig wären; sie ersetzten fremde Arbeitskräfte, befänden sich gegenüber ihren Eltern in einen Unterordnungsverhältnis und erhielten durch Gewährung von Kost, Wohnung, Kleidung und Bargeld eine Entlohnung. Der Kläger erhob Klage beim Sozialgericht (SG) Schleswig mit dem Antrag, den Bescheid der beklagten LKK vom 11. Februar 1957 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 1958 aufzuheben. Er machte geltend, zwischen ihm und seinen Söhnen bestehe kein Arbeitsverhältnis. Beide Söhne seien auf dem Hofe aus familiären Gründen tätig und erhielten keinen Lohn, sondern nur ein geringes Taschengeld; es würden für sio weder Betriebsausgaben abgesetzt noch Lohnsteuer abgeführt.
Das SG gab der Klage durch Urteil vom 25. August 1958 statt: Beide Söhne leisteten familienhafte Mitarbeit im Sinne von § 1617 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Zwar erspare der Kläger durch die Mitarbeit seiner Söhne eine fremde Arbeitskraft, ausschlaggebend sei jedoch, daß ein entgeltliches Arbeitsverhältnis nicht vorliege. Der Tariflohn betrage in der Lohngruppe III für Landarbeiter zur Zeit im Sommer neben freier Station 160, -- DM, im Winter 140,-- DM. Wegen des Landarbeitermangels würden aber im allgemeinen höhere Löhne gezahlt. Deshalb könne ein Taschengeld bis zu 80,-- DM nicht als der Arbeit angemessener Entgelt angesehen werden. Der Kläger sei nicht buchführender Landwirt, er werde nicht als Arbeitgeber geführt, es werde auch keine Lohnsteuer abgeführt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 26. Mai 1959 die von der beigeladenen LVA rechtzeitig eingelegte Berufung zurückgewiesen, zugleich wurde auch die von der beklagten LKK erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegte "Anschlußberufung", die das LSG als unzulässig angesehen hat, "wegen der einfacheren sprachlichen Passung" zurückgewiesen. Das LSG hat die Revision zugelassen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die von der LKK eingelegte "Anschlußberufung" sei nicht rechtzeitig eingelegt worden, sie sei auch als Anschlußberufung nicht zulässig, denn ein Anschluß sei nur an die Berufung des Gegners möglich. Das Urteil des SG wäre damit - soweit es sich um die Krankenversicherungspflicht der beiden Söhne des Klägers handele - gegen die LKK, die als Einzugsstelle gemäß § 1399 der Reichsversicherungsordnung (RVO) tätig geworden sei, nur dann nicht rechtskräftig geworden, wenn die LVA notwendig Beigeladen i.S. des § 75 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wäre, weil die angefochtene Entscheidung beiden Versicherungsträgern gegenüber nur einheitlich habe ergehen können. Läge eine notwendige Beiladung vor, so wände das Urteil des SG allein auf die Berufung der beigeladenen LVA hin auch insoweit aufgehoben werden können, als es sich um die Krankenversicherung der beiden beigeladenen Söhne handele. Die Frage, ob das Urteil der beklagten LKK gegenüber hinsichtlich der Krankenversicherungspflicht bindend geworden sei, könne jedoch dahinstehen, weil beide Beigeladenen weder renten- noch krankenversicherungspflichtig seien. Die Auffassung der LVA, Kinder eines Hofbesitzers seien grundsätzlich versicherungspflichtig, wenn durch ihre Mitarbeit die sonst nicht entbehrliche Beschäftigung fremder Arbeitskräfte ersetzt werde, treffe nicht zu. Es komme jeweils auf den Einzelfall an, und zwar sei entscheidend, ob der Hofbesitzer seine Kinder gegen Entgelt beschäftige oder ob er ihnen nur freien Unterhalt (Essen am Tisch, Wohngemeinschaft, freie Bekleidung) und ein Taschengeld gewähre. Als "Taschengeld" und damit nicht als Entgelt könne bei unverheirateten Söhnen zur Zeit ein Betrag bis zu 60,-- DM monatlich angesehen werden, wobei es unerheblich sei, ob dieses Taschengeld in einem Betrag oder bei Gelegenheit in Teilbeträgen gezahlt werde. Die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sei auch mit der Stellung eines Hoferben nicht vereinbar. Er sei nach dem Höferecht gegenüber den Miterben hervorgehoben, ihm stehe auch bei Abfindung der Miterben nach § 13 der Höfeordnung (VO Nr. 84 der BritMilReg. - Amtsbl. der MilReg Br.Z. 1947, 500 Anlage B) ein Vorzugsrecht zu. Die gesetzliche Regelung der Höfeordnung entspreche bäuerlicher Denkweise. Sie zwinge den Hofeigentümer, die vom Hof weichenden Kinder so weit beruflich zu fördern, daß sie sich zu gegebener Zeit selbst unterhalten könnten, den Hoferben jedoch so zur Mitarbeit heranzuziehen, daß er imstande sei, später den Hof zu übernehmen, die Eltern zu unterhalten und die Geschwister abzufinden. Bei einem solchen Familienbetrieb gehe die Wirtschaftsführung mehr und mehr auf den künftigen Hoferben über. Dieser pflege in den Bewußtsein, einmal den Hof zu erhalten, für die Sicherheit seiner und seiner Familie Zukunft mit allen Kräften zu arbeiten; für ihn sei im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer nicht der Lohnerwerb, sondern die Erhaltung und Verbesserung des Hofes maßgebend. Nach § 5 der Höfeordnung komme H-H ... der Beigeladene zu 1), als ältester Sohn des Klägers als künftiger Hoferbe in Betracht; als solcher sei er grundsätzlich nicht versicherungspflichtig, da er von seinem Vater neben freiem Unterhalt nur einen kleinen Betrag als Taschengeld erhalte und darüber hinaus durch Arbeit auf fremden Höfen so viel verdiene, um seine durch den väterlichen Unterhalt nicht gedeckten Bedürfnisse zu befriedigen. Der jüngere Sohn H ... der Beigeladene 2), habe nach den Höferecht zwar grundsätzlich Anspruch darauf, daß seine Arbeit entsprechend der auf dem väterlichen Hof geleisteten Arbeit angemessen entlehnt werde. Er arbeite aber auf dem Hof wie sein Bruder nur gegen freien Unterhalt und ein kleines Taschengeld. Daß beide Brüder auch auf fremden Höfen arbeiten dürften, schränke ihre persönliche Abhängigkeit von dem Kläger in besonders hohem Maße ein. Im Hinblick auf die verhältnismäßig bescheidenen Bezüge, die beide Söhne von ihrem Vater erhielten, sei in jedem Falle Versicherungsfreiheit nach § 1228 Abs. 1 Nr. 2 RVO nF anzunehmen. Beide Beigeladenen seien nicht versicherungspflichtig, zumindest als versicherungsfrei anzusehen.
Die LVA wendet sich mit ihrer Revision gegen diese Rechtsauffassung. Sie macht vor allem geltend, der künftige Hoferbe habe in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht keine Sonderstellung. Die Voraussetzungen familienhafter Mitarbeit im Sinne des § 1617 BGB seien nicht gegeben, wenn Kinder im elterlichen Betrieb ihre volle Arbeitskraft einsetzten. Die Verhältnisse in der Landwirtschaft erforderten wegen des Mangels an fremden Arbeitskräften die Arbeit der Kinder des Hofeigentümers, die - wie die beiden Söhne des Klägers - eine landwirtschaftliche Ausbildung genossen hätten. Diese seien auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen und bedürften des Schutzes der Sozialversicherung. Für die Annahme eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses spreche auch die Regelung des Steuerrechts über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.
Die LVA beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und seine beigeladenen Söhne beantragen,
die Revision der beigeladenen LVA zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
II.
1.) Die Revision der beigeladenen LVA ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden. Auch gegen ihre Zulässigkeit bestehen keine Bedenken. Selbst wenn die beigeladene LVA nur einfach Beigeladene i.S. des § 75 Abs. 1 SGG wäre, hätte sie nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das Recht, selbst Revision einzulegen, weil sie durch das angefochtene Urteil beschwert ist (vgl. BSG 8, 291, 292 und BSG 10, 176, 178 mit weiteren Nachweisen).
2.) Da die Versicherungspflicht und Beitragspflicht in der Rentenversicherung gegenüber der Einzugsstelle und gegenüber dem beitragsberechtigten Rentenversicherungsträger nur einheitlich festgestellt werden kann (vgl. § 62 ZPO), wirkt das von der LVA eingelegte Rechtsmittel auch zugunsten der beklagten LKK, jedoch nur, soweit es sich um die Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung der Arbeiter handelt. Dagegen ist die LVA nicht notwendiger Streitgenosse der Einzugsstelle (LKK), soweit der Rechtsstreit die von dieser geforderten Beiträge zur Krankenversicherung betrifft. Die Revision der LVA erfaßt daher nicht den Streit über die Versicherungs- und Beitragspflicht in der Krankenversicherung. Da die beklagte LKK das Urteil des LSG nicht angefochten hat, ist dieses Urteil, soweit es die Beiträge zur Krankenversicherung betrifft, rechtskräftig geworden. Den steht auch nicht entgegen, daß vor Inkrafttreten der §§ 1227 ff RVO nF, nämlich dem 1. März 1957 (Art. 3 § 8 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungegesetzes - ArVNG -), die Versicherungspflicht in der Arbeiterrentenversicherung grundsätzlich die Krankenversicherungspflicht voraussetzte (§ 1226 i.V.m. §§ 165, 165 a RVO idF der Ersten Vereinfachungsverordnung - 1. VereinfVO - vom 17. 3. 1945). Die LKK hat in Revisionsverfahren auch keine Anträge gestellt. Ihre erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist abgegebene Erklärung vom 9./10. November 1959, daß sie sich den Ausführungen der LVA anschließe, kann, da sie - die LKK - kein Rechtsmittel eingelegt hat, auf die von ihr im eigenen Namen und für eigene Rechnung geltend gemachte Beitragsforderung zur Krankenversicherung keinen Einfluß haben. Dem steht auch die Entscheidung des erkennenden Senats vom 23. Juli 1959 (BSG 10, 176 ff) nicht entgegen. In diesem Verfahren handelte es sich um eine reine Feststellungsklage über die Versicherungspflicht in drei Versicherungszweigen (Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung), während der vorliegende Rechtsstreit die Anfechtung eines nach § 1399 RVO ergangenen Verwaltungsakts betrifft, der die Versicherungs- und Beitragspflicht zum Gegenstand hat und in dessen Vordergrund die Rechtswirksamkeit der Beitragsforderung steht. Zwar handelt eo sich bei den Beiträgen zu beiden Versicherungszweigen um Ansprüche, die für die Zeit bis zum 28. Februar 1957 - also vor dem Inkrafttreten der §§ 1227, 1228 RVO nF - nach der gleichen rechtlichen Grundlage - § 165 RVO - zu beurteilen sind. Streitig sind aber zwei Forderungen, die selbständig nebeneinander stehen, nämlich auf Entrichtung der Beiträge zu zwei Versicherungszweigen, so daß eine abweichende Entscheidung über beide im Streit befindlichen Forderungen denkbar ist (vgl. BSG 11, 35, 37).
Da im vorliegenden Fall nur die LVA Revision eingelegt hat, kann der Senat nur über die Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung der Arbeiter entscheiden.
3.) Die Entscheidung hängt davon ab, ob die beigeladenen beiden Söhne des Klägers in der Zeit vom 1. Oktober 1956 an in einem vorsicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis geständen haben. Die Versicherungspflicht in der Arbeiterrentenversicherung setzt nach § 1226 RVO aF i.V.m. § 165 Abs. 2 RVO ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis voraus. Auch nach § 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO nF, der vom 1. März 1957 an Anwendung findet, ist Voraussetzung der Versicherungspflicht das Vorlieben einer Beschäftigung gegen Entgelt (§ 160 RVO). Zum Entgelt i.S. des § 160 RVO gehören neben Gehalt oder Lohn auch Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehaltes oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einem Dritten erhalt; jedoch bestimmt § 1228 Abs. 1 Nr. 2 RVO nF, daß ausnahmsweise versicherungsfrei ist, wer als Entgelt für eine Beschäftigung, die nicht zur Berufsausbildung ausgeübt wird, nur freien Unterhalt erhält.
Der erkennende Senat hat in seinen Urteil vom 5. April 1956 (ESG 3, 30 ff), das die Frage der Versicherungspflicht eines in Handwerksbetrieb seines Schwiegervaters tätigen Bäckermeisters zum Gegenstand hat, ausgesprochen, daß sich auch bei "Meistersöhnen", d.h. in Betrieb der Eltern mitarbeitenden Kindern oder anderen Verwandten, die Versicherungspflicht nach den gleichen Grundsätzen beurteilt, die allgemein für das Bestehen der Versicherungspflicht gelten. Auch die sichere Erwartung späterer Betriebsübernahme durch einen Sohn, Schwiegersohn oder sonstigen Familienangehörigen des Betriebsinhabers rechtfertigt - wie in dieser Entscheidung näher dargelegt ist - für sich allein nicht die Vermutung, daß kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht. Ebenso schließt in der Landwirtschaft die sichere Erwartung der späteren Hofübernahme durch einen mitarbeitenden Familienangehörigen nicht aus, daß dieser in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis steht, und sie begründet für sich allein keine Vermutung, daß der "künftige Hofbesitzer" nicht gegen Entgelt auf den Hof abhängige Arbeit leistet. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Familienangehöriger zu dem Betriebsinhaber in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis steht, hat der Senat in der genannten Entscheidung insbesondere die Höhe der den Familienangehörigen gewährten Leistungen (Geld- und Sachbezüge) sowie ihr Verhältnis zu Umfang und Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit als entscheidend angesehen. Wie der Senat in Fortführung dieser Rechtsprechung in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Sache LVA gegen ... - 3 RK 83/59 - ausgeführt hat, kommt es auch bei der Beurteilung der Frage, ob ein in der Landwirtschaft beschäftigter Angehöriger des Betriebsinhabers zu diesem in einen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht, entscheidend darauf an, ob nach den gesamten Umständen des Einzelfalles abhängige, d.h. weisungsgebundene Arbeit gegen Lohn oder ob "nur" Mithilfe auf Grund der Familienzugehörigkeit ohne Entgeltzahlung geleistet wird. Zwischen dem Hofeigentümer und seinen mitarbeitenden Familienangehörigen können, wie auch der Bundesfinanzhof in seiner Rechtsprechung betont (Urteil von 17. 2. 1955 in NJW 1955, 1615, vgl. auch zur Frage des Arbeitsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern Urteil vom 6. 10. 1961 in NJW 1962, 79), Arbeitsverhältnisse und damit versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bestehen, und häufig wird die Interessenlage der Beteiligten dafür sprechen, daß die Mitarbeit der Söhne oder sonstiger Anverwandten in Bahnen eines Arbeitsverhältnisses unter den damit gegebenen gesetzlichen Versicherungsschutz geleistet wird. Andererseits darf jedoch bei der Prüfung, ob ein "eigentliches Arbeitsverhältnis" vorliegt (vgl. § 176 Abs. 1 Nr. 2 RVO), die erfahrungsgemäß bestehende enge familienhafte Bindung der auf dem Hof mitarbeitenden Familienangehörigen - wie sie auch im Höferecht sowohl im Verhältnis zu dem künftigen Hoferben als auch gegenüber den weichenden Miterben zum Ausdruck kommt (vgl. §§ 5, 12 Höfeordnung)- nicht unberücksichtigt bleiben. Es bedarf daher in jeden Fall sorgfältiger Abwägung, ob es dem Willen von Vater und Sohn (Tochter oder sonstigen Anverwandten) entsprechen hat, miteinander ein Arbeitsverhältnis einzugehen - was am deutlichsten durch Abschluß eines Arbeitsvertrages zum Ausdruck kommt -, oder ob der Sohn ohne Arbeitsentgelt und deshalb nicht als Arbeitnehmer lediglich auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Familie und vielleicht auch in Erwartung der späteren Hofübernahme die Arbeit leistet; wenn er keinen Arbeitsvertrag - sei es schriftlich oder mündlich - abgeschlossen hat, kann sogar eine Verpflichtung zur unentgeltlichen Mitarbeit nach § 1617 BGB bestehen. Unter Berücksichtigung der besonderen ländlichen Verhältnisse wird, sofern nicht ein Arbeitsvertrag abgeschlossen ist und nicht besondere Umstände des Einzelfalles dagegen sprechen, im allgemeinen familienhafte Mitarbeit ohne Bestehen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen sein, wenn der in der in der Familiengemeinschaft lebende Angehörige im Rahmen seines freien Unterhalts nebst Kost, Wohnung und Kleidung nur geringfügige Barbeträge (Taschengeld) erhält. Werden ihn dagegen neben freien Unterhalt laufend feste Barbezüge gewährt, die sich dem örtlichen Barlohn vergleichbarer fremder Arbeitskräfte nähern, so spricht dies für das Bestehen eines abhängigen, entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses, auch wenn ein Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich vereinbart ist. Ein wesentliches Anzeichen für das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist ferner in dem Umstand zu erblicken, daß der Betriebsinhaber für den Familienangehörigen Lohnsteuer abführt und den gewährten Entgelt als Betriebsausgabe verbucht.
4.) Aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG ergibt sich, daß beide Söhne des Klägers für ihre Mitarbeit von diesem nur freien Unterhalt und einen kleinen Betrag als Taschengeld erhalten. Die Höhe dieses "Taschengeldes" hat das LSG zwar nicht ausdrücklich festgestellt. Es hat aber die Angaben des Beigeladenen H-H ... als glaubhaft angesehen. Dieser hatte bei seiner Anhörung durch den Berichterstatter des LSG erklärt, er und sein Bruder verdienten durch Mitarbeit beim Nachbarn im Durchschnitt etwa 30,-- DM monatlich; wenn sie darüber hinaus noch etwas (gemein. ist offensichtlich Bargeld) brauchten, so bekämen sie es von ihren Eltern; er meine, daß er und sein Bruder von den Eltern nicht so viel bekämen, wie sie bei den Nachbarn verdienten; jeder von ihnen beiden werde etwa 60,-- DM monatlich brauchen. Das LSG hat ausgeführt, daß bei unverheirateten Söhnen ein Betrag bis zu 60,-- DM monatlich mit zum freien Unterhalt gehöre und als Taschengeld angesehen werden könne. Das LSG, das ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis bei beiden Söhnen verneint hat, ist somit davon ausgegangen, daß das Taschengeld jedes der beiden Söhne höchstens 60,-- DM monatlich betragen hat. Wenn die Revision demgegenüber geltend macht, der Kläger habe selbst angegeben, er zahle seinen Söhnen monatlich 80,-- DM bar, so könnte dies zwar seinem Schriftsatz vom 30. Dezember 1958 entnommen werden. Dem stehen aber die Angaben des Klägers gegenüber der beklagten LKK (vgl. Bl. 2 der Verwaltungsakten der LKK) und die Erklärungen des Beigeladenen H-H ... bei seiner Anhörung durch den Berichterstatter des LSG entgegen, die den Feststellungen des Berufungsgerichts entsprechen. Im übrigen hat die Revision nicht dargetan, daß das LSG seine Aufklärungspflicht verletzt habe und welche weiteren Beweise es zur Aufklärung des Sachverhalts noch hätte erheben müssen. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern das LSG die Grundsätze des Rechts der freien Beweiswürdigung verletzt haben soll. Die Rüge, die sich gegen die vom LSG festgestellte Höhe des Taschengeldes wendet, entspricht daher nicht der Vorschrift des § 164 Abs. 2 Satz 2 SCS. - Ein Barbetrag bis zu 60,-- DM monatlich liegt aber wesentlich unter den üblichen Barlohn eines vergleichbaren Landarbeiters, der im Hause des Arbeitgebers Wohnung und Kost erhält, und ist von LSG mit Recht als Taschengeld angesehen worden, das der Annahme einer familienhaften Mitarbeit nicht entgegensteht. Daß die beigeladenen Söhne durch ihre Mitarbeit möglicherweise eine volle Arbeitskraft ersetzen, ändert nichts am Charakter ihrer Mitarbeit; denn diese Begleiterscheinung der familienhaften Mitarbeit ausgebildeter Fachkräfte rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BSG 12, 153, 156 = SozR § 165 Bl. Aa 16 Kr. 18; vgl. auch BGH in NJW 1958, 703).
Auch der Hinweis der Revision, daß der Hofbesitzer wegen der mehr und mehr zunehmenden Landflucht auf die Mitarbeitseiner Familienangehörigen angewiesen sei, und daß sich die familienhafte Mitarbeit im Alter bei fehlendem Versicherungsschutz zum Nachteil der nichtversicherten Angehörigen auswirke, greift - wie der Senat in der Entscheidung 5 RK 83/59 näher dargelegt hat - nicht durch. Ebenso kann, wie in dieser Entscheidung ausgeführt ist, aus der steuerlichen Behandlung des Gewinns landwirtschaftlicher Unternehmer nicht geschlossen werden, daß die Mitarbeit der Kinder grundsätzlich auf einen entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis beruht.
Die Revision der beigeladenen LVA ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen