Leitsatz (redaktionell)

Kein "sonstiges Einkommen" und daher bei der Errechnung der Höhe der Ausgleichsrente unberücksichtigt zu lassen, ist bei einem in Heimarbeit tätigen Messerschleifer der Lohnanteil, der als Materialunkosten pauschal in Höhe eines Drittels des Bruttolohnes lohnsteuerfrei und daher abzugsfähig ist.

 

Normenkette

BVG § 33 Fassung: 1960-06-27, § 33 DV § 1 Fassung: 1958-08-02, § 33 DV § 2 Buchst. g Fassung: 1958-08-02

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 1966 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger, der von Beruf Messerschleifer ist, bezieht nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 70 v.H. Die Versorgungsbehörde berechnete die Ausgleichsrente mit Bescheid vom 28. Januar 1958 für die Zeit vom 1. Juli 1957 an neu; der Berechnung lag das Einkommen des Klägers als Hilfsarbeiter mit einem wöchentlichen Bruttoverdienst von 40,- DM zugrunde. Durch Schreiben vom 23. Juli 1958 erfuhr die Versorgungsbehörde, daß der Kläger seit Februar 1958 wieder in seinem Beruf als Messerschleifer, und zwar als Heimarbeiter, tätig war. In der diesem Schreiben beigefügten Verdienstbescheinigung vom 18. Juli 1958 wurde ein Bruttoverdienst für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Juni 1958 von 1.624,39 DM angegeben; neben den Angaben über die einbehaltenen und abgeführten Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung enthält die Verdienstbescheinigung die weitere Angabe, daß vom Bruttoverdienst "noch 33 1/3 % für Materialunkosten" abzuziehen seien, "die Kubiak selbst bezahlen muß". In dem daraufhin auf § 62 BVG gestützten Neufeststellungsbescheid vom 18. September 1958 setzte die Versorgungsbehörde das sonstige auf die Ausgleichsrente anzurechnende Einkommen nach Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen und unter Abzug der Sozialversicherungsbeiträge die Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. März 1958 an neu fest. Sie setzte dabei jedoch nicht die in der Lohnbescheinigung bezeichneten Unkosten des Klägers für Material in Höhe von 33 1/3 % des Bruttoverdienstes ab. Es ergab sich für die Zeit vom 1. März bis 31. Oktober 1958 eine Überzahlung von 784,- DM, die vom 1. November 1958 an mit monatlichen Raten von 25,- DM durch Einbehaltung von der Rente getilgt werden sollte. In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, daß der in seinem Bruttoverdienst enthaltene Materialunkostenanteil von 33 1/3 % nicht als sonstiges Einkommen auf die Ausgleichsrente angerechnet werden dürfe. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 1959).

Auf Grund einer Verdienstbescheinigung vom 6. März 1959, in der für die Zeit vom 1. Juli 1958 bis 31. Dezember 1958 ein Bruttoverdienst von 1.120,51 DM und ebenfalls Materialunkosten von 33 1/3 % "laut Heimarbeitergesetz" bescheinigt wurden, erteilte die Versorgungsbehörde den Bescheid vom 27. April 1959, in dem sie die Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Juli 1958 bis 31. Dezember 1958 endgültig berechnete. Für die Zeit nach dem 1. Januar 1959 zahlte sie die Ausgleichsrente unter Vorbehalt. Auch bei dieser Rentenberechnung rechnete sie die Materialunkosten des Klägers in Höhe von 33 1/3 % des Bruttolohnes als sonstiges Einkommen an. Unter Berücksichtigung der zuvor festgestellten Rentenüberzahlung verblieb noch eine Restüberhebung in Höhe von 116,- DM.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 4. Juli 1961 den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 18. September 1958 und 20. April 1959 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 1959 verurteilt, "dem Kläger folgende Ausgleichsrente zu gewähren: Für die Zeit vom 1. März 1958 bis 30. Juni 1958 unter Zugrundelegung eines sonstigen Einkommens von 1.082,93 DM für die Zeit vom 1. Februar 1958 bis 30. Juni 1958 und für die Zeit vom 1. Juli 1958 bis 31. Dezember 1958 nach einem Einkommen von 774,01 DM für den gleichen Zeitraum." Es hat die Berufung zugelassen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 20. Oktober 1966 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 4. Juli 1961 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, daß die angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien, weil keine rückforderbare Überzahlung vorliege. Die Versorgungsbehörde habe zu Unrecht bei der Berechnung der Ausgleichsrente die Beträge, die dem Kläger von seinem Arbeitgeber zur Deckung von Materialunkosten gezahlt worden seien, als sonstiges Einkommen berücksichtigt. Es gebe zwar nirgendwo eine ausdrückliche Vorschrift, die bestimme, daß die einem Heimarbeiter von seinem Arbeitgeber zur Abgeltung von Materialunkosten gewährte Vergütung bei der Berechnung der Ausgleichsrente nicht als sonstiges Einkommen anzusehen sei. Dennoch handele es sich bei diesen Beträgen nicht um anrechenbares sonstiges Einkommen im Sinne des § 33 Abs. 2 BVG. Schon nach dem Wortsinn dieser Vorschrift und der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung (DVO) müsse gefolgert werden, daß hierunter nur solche Einkünfte in Geld zu verstehen seien, über die der Empfänger frei verfügen könne. Im vorliegenden Fall würden jedoch die 33 1/3 % des Bruttolohnes an den Kläger zweckgebunden abgeführt. Der Kläger sei als Heimarbeiter auf Grund der Vereinbarungen mit seinem Arbeitgeber verpflichtet und nach der Art seiner Tätigkeit gezwungen, diesen Teil des Bruttolohnes zur Beschaffung des erforderlichen Materials und Handwerkzeuges zu verwenden, ohne daß hiermit eine Vermehrung seines Vermögens verbunden sei. Tatsächlich handele es sich somit bei diesen Beträgen nur um durchlaufende Gelder, die vom Kläger gewissermaßen nur treuhänderisch mit einer bestimmten Auflage empfangen würden und nur vorübergehend in sein Eigentum gelangten. Sie seien nur der geldliche Ausgleich für Materialaufwendungen des Klägers, die er für seinen Arbeitgeber vorgelegt habe. In der Zahlung der 33 1/3 % liege gleichsam die Begleichung eines Ersatzanspruchs des Klägers gegen seinen Arbeitgeber; sie sei kein Lohn und keine Vergütung für geleistete Arbeit, sie gehöre somit nicht zu den "Einkünften" und sei daher auch nicht auf die Ausgleichsrente anzurechnen. Es handele sich um Bezüge, die zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt seien und aus diesem Grunde nicht der Lohnsteuerpflicht unterlägen, sie dürften somit auch nicht als sonstiges Einkommen bei der Berechnung der Ausgleichsrente nach § 2 Buchst. g der DVO berücksichtigt werden. Der Begriff des "besonderen Aufwandes" sei in der DVO selbst nicht näher bestimmt; es bestehe aber kein Grund, hierunter nur jene Aufwendungen zu verstehen, die z.B. aus Gründen der Repräsentation entstünden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 21. August 1962 (11 RV 1056/60) ausgeführt, daß von Fall zu Fall geprüft werden müsse, welche Bezüge, die nicht lohnsteuerpflichtig seien, zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt seien. Es habe ausgesprochen, daß dann, wenn Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt würden, diese Leistungen eines Arbeitgebers nicht als lohnsteuerpflichtige Bezüge anzusehen seien, weil sie zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt sind. Die Ansicht des Beklagten, daß die steuerrechtliche Behandlung des dem Kläger als Heimarbeiter von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Lohnanteils im Rahmen des BVG ohne rechtliche Bedeutung sei, träfe insoweit zu, als es nach § 1 Abs. 1 Satz 2 DVO unerheblich sei, ob bestimmte Bezüge zu den Einkünften im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehörten und ob diese der Steuerpflicht unterlägen. Andererseits bestehe aber gleichwohl eine Verknüpfung des Einkommensbegriffes des BVG mit steuerrechtlichen Vorschriften in mancherlei Hinsicht. Der Hinweis des Beklagten, daß die Materialunkosten dadurch mit abgegolten würden, daß im Versorgungsrecht das Einkommen nicht in voller Höhe auf die Ausgleichsrente angerechnet wird, gehe fehl. Für eine solche Auffassung fehle jeder Anhalt in den Vorschriften des Versorgungsrechts. Wenn das Einkommen bei der Berechnung der Ausgleichsrente allgemein kraft Gesetzes nicht in voller Höhe in Ansatz gebracht werde, so habe dies sozialpolitische Gründe und geschehe u.a. auch deshalb, weil dem Schwerbeschädigten eine Sonderstellung im Gesetz eingeräumt werde.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses dem Beklagten am 9. Dezember 1966 zugestellte Urteil hat er mit Schriftsatz vom 28. Dezember 1966, beim BSG am 30. Dezember 1966 eingegangen, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 9. März 1967 mit einem am 28. Februar 1967 beim BSG eingegangenen Schriftsatz vom 22. Februar 1967 begründet. Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 1966 - L 11 V 191/61 - und des Urteils des SG Düsseldorf vom 4. Juli 1961 - S 29 V 80/59 - die Klage abzuweisen.

Er rügt eine unrichtige Anwendung des § 33 Abs. 2 Satz 1 BVG in der Fassung des Sechsten Änderungsgesetzes durch das LSG und trägt insbesondere hierzu vor, der Begriff des Einkommens sei im BVG und der dazu erlassenen DVO selbständig geregelt worden. Vorschriften anderer Gesetze, wie die des Steuerrechts über die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten, könnten nicht übernommen werden. Eine Rechtsvorschrift, daß bei Messerschleifern 33 1/3 % des Bruttolohnes lohnsteuerfrei bleiben, gebe es nicht. Nach der Auskunft des Finanzamtes Solingen vom 27. Februar 1961 beruhe die Praxis der Finanzämter, bei Messerschleifern 33 1/3 % des Bruttolohnes als Werbungskosten abzusetzen, nur auf einem vom Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigten Verfahren. Soweit Einkommensanteile auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen nicht unberücksichtigt bleiben könnten, handele es sich stets um Einkünfte im Sinne des § 1 der DVO, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Lohnanteil zweckgebunden sei und nur vorübergehend dem Eigentum des Klägers einverleibt werde. Dies ergebe sich schon daraus, daß es weder auf die Quelle noch auf die Rechtsnatur der Einkünfte ankomme. Für eine Auslegung des § 1 der DVO nach dem Wortsinn, wie sie das LSG vornehme, bleibe somit kein Raum. Ebenso könne dem LSG nicht gefolgt werden, daß die streitigen Bezüge nur zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt seien. Hierunter fielen nur die ausdrücklich als solche Leistungen gekennzeichneten Bezüge, die neben dem Arbeitsentgelt gewährt würden. Der Kläger erhalte aber keine Sonderleistungen, sondern ein Teil seines Arbeitslohnes werde nur steuerrechtlich begünstigt. Diese Vergünstigung werde von den Finanzämtern dementsprechend folgerichtig als "Werbungskosten" bezeichnet. Werbungskosten könnten im Versorgungsrecht aber nur im Rahmen des § 6 der DVO berücksichtigt werden. Entgegen der Auffassung des LSG bestehe auch keine Verknüpfung des Einkommensbegriffs des BVG mit den steuerrechtlichen Vorschriften in der Weise, daß über diese der Begriff des Einkommens und Aufwandes nach dem BVG interpretiert werden könnte. Soweit überhaupt auf Begriffsbestimmungen des Steuerrechts Bezug genommen werde, gehe es allein um die Frage, wie das nach den versorgungsrechtlichen Bestimmungen zu ermittelnde Einkommen anzusetzen sei. Er - der Beklagte - bleibe bei seiner Auffassung, daß die Materialunkosten des Klägers schon dadurch mit abgegolten seien, daß im Versorgungsrecht das Einkommen nicht in voller Höhe auf die Ausgleichsrente angerechnet werde. Die Freibeträge dienten neben ihren sozialpolitischen Zwecksetzungen auch dazu, die Versorgungsleistungen und das Einkommen im Sinne der Konkretisierung des finanziellen Ausgleichs aufeinander abzustimmen.

Wegen des weiteren Vorbringens des Beklagten wird auf die Revisionsbegründung vom 22. Februar 1967 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Revision des Beklagten gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 1966 als unbegründet zurückzuweisen und die außergerichtlichen Kosten des Klägers in sämtlichen Rechtszügen dem Beklagten aufzuerlegen.

Er ist der Auffassung, daß das angefochtene Urteil materiell-rechtlich zutreffend ist. Zur Darstellung seines Vorbringens wird auf seinen Schriftsatz vom 16. März 1967 verwiesen.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG), so daß sie zulässig ist. Die Revision ist jedoch nicht begründet.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte bei der Berechnung der Ausgleichsrente in den Bescheiden vom 18. September 1958 und 27. April 1959 berechtigt ist, die in den jeweiligen Verdienstbescheinigungen des Klägers als Materialunkosten bezeichneten Beträge in Höhe von 33 1/3 % des Bruttolohnes als sonstiges Einkommen im Sinne des § 33 Abs. 2 BVG zu berücksichtigen. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß dieser "Lohnanteil" kein sonstiges Einkommen im Sinne des § 33 BVG ist. Es ist bei seiner Entscheidung auch zutreffend von dieser Vorschrift idF des 6. Änderungsgesetzes des BVG ausgegangen. Es handelt sich nämlich im vorliegenden Fall um eine Anfechtungsklage i.V.m. mit einer Verpflichtungsklage, bei welcher das Begehren des Klägers dahin geht, daß der Beklagte verpflichtet wird, in Abänderung der angefochtenen Bescheide die Ausgleichsrente vom 1. März 1958 an ohne die Anrechnung des ihm für Materialunkosten mit 33 1/3 % seines Bruttolohnes vom Arbeitgeber gezahlten Ausgleichs festzusetzen. Für die Entscheidung darüber, ob dieses Begehren gerechtfertigt ist, kommt es auf die Sach- und Rechtslage während des Zeitraumes an, für den durch die angefochtenen Bescheide der Anspruch des Klägers auf Ausgleichsrente geregelt worden ist, hier also auf die Sach- und Rechtslage für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1958; d.h. daß das BVG idF der 6. Novelle vom 1. Juli 1957 (BGBl I 961) anzuwenden ist (s. dazu BSG 23, 14, 15). Nach § 33 Abs. 2 BVG in dieser Fassung gelten als sonstiges Einkommen alle Einkünfte in Geld und Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle. Nach Satz 6 dieser Vorschrift kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Ausnahmen von Satz 1 zulassen und näheres über die Berechnung des sonstigen Einkommens bestimmen. In der hierzu ergangenen DVO zu § 33 BVG vom 2. August 1958 (BGBl I 567) ist in § 1 Abs. 1 bestimmt, daß als sonstiges Einkommen alle Einkünfte in Geld und Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur gelten, soweit nicht das BVG, diese Verordnung oder andere Rechtsvorschriften bestimmen, daß Bezüge bei der Festsetzung der Ausgleichsrente nach dem BVG nicht als sonstiges Einkommen gelten oder bei der Ermittlung des Einkommens für die Berechnung der Ausgleichsrente unberücksichtigt bleiben. Dabei ist unerheblich, ob sie zu den Einkünften im Sinne des EStG gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen. Abzüge können bei der Berechnung des sonstigen Einkommens nur soweit vorgenommen werden, als dies im BVG, in dieser Verordnung oder in anderen Rechtsvorschriften bestimmt ist (§ 1 Abs. 2 DVO). Im vorliegenden Fall kommt für die Beantwortung der Frage, ob der Anteil an Materialunkosten, der dem Kläger als unselbständigem Heimarbeiter vom Arbeitgeber als Lohnanteil gezahlt wird, nicht als sonstiges Einkommen gilt und daher abzugsfähig ist, allein § 2 Buchst. g der DVO in Betracht, wonach Bezüge nicht als sonstiges Einkommen gelten, die zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt und aus diesem Grunde nicht lohnsteuerpflichtig sind. Bei diesen Bezügen handelt es sich nur um solche, die der Abgeltung eines besonderen finanziellen Aufwandes dienen (s. dazu BSG 23, 14, 16). Was zu derartigen Bezügen zählt, muß von Fall zu Fall geprüft werden (BSG 17, 243 ff). Bei den strittigen Bezügen des Klägers handelt es sich um solche im Sinne des § 2 Buchst. g der DVO, "die zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt sind". Nach den insoweit nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist der im Lohn des Klägers enthaltene Materialunkostenanteil von 33 1/3 % "zweckgebunden", und der Kläger ist "auf Grund der Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber verpflichtet und nach Art seiner Tätigkeit gezwungen, diesen Teil des Bruttolohnes zur Beschaffung des erforderlichen Materials und Handwerkszeugs zu verwenden". Danach hat der Kläger also bei seiner unselbständigen Tätigkeit einen "besonderen Aufwand" zu leisten, nämlich Material und Handwerkszeug auf eigene Kosten zu beschaffen; der in seinem Bruttolohn enthaltene Lohnanteil ist also als "zweckgebundene" Leistung des Arbeitgebers zur Abgeltung dieses besonderen Aufwandes bestimmt. Auch soweit § 2 Buchst. g der DVO als Voraussetzung für die Nichtberücksichtigung dieser Bezüge als sonstiges Einkommen gemäß § 33 BVG fordert, daß der im Lohn des Klägers enthaltene Materialunkostenanteil "aus diesem Grunde nicht lohnsteuerpflichtig" ist, liegt diese Voraussetzung bei den strittigen Bezügen des Klägers vor. Der Beklagte bestreitet nicht, sondern trägt selbst vor, daß der bezeichnete Lohnanteil von der Steuerbehörde als "Werbungskosten" vom Lohn abgesetzt, also nicht versteuert wird, somit also auch nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegt. Der "Lohnsteuerpflicht unterliegen" Bezüge dann nicht, wenn sie vom Finanzamt im Einzelfall nicht für lohnsteuerpflichtig gehalten worden sind. Das trifft hier, wie auch der Beklagte nicht bestritten hat, für den erwähnten Lohnanteil zu. Selbst wenn man aber der Auffassung des Beklagten folgen wollte, daß es zur Erfüllung der zweiten Voraussetzung des § 2 Buchst. g der DVO - die Lohnsteuerfreiheit der bezeichneten Bezüge - nicht genügt, wenn die Finanzbehörden den im Lohn des Klägers enthaltenen Materialunkostenanteil in Höhe von 33 1/3 % als Werbungskosten behandeln, vielmehr forderte, daß der bezeichnete Materialunkostenanteil nach eigener Prüfung der Versorgungsbehörde lohnsteuerfrei ist, so führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Das EStG selbst kennt nicht den in § 2 Buchst. g DVO verwendeten Begriff "Bezüge, die zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt sind" und enthält daher keine speziellen die Lohnsteuerfreiheit solcher Bezüge betreffenden Bestimmungen. Aus diesem Grunde müssen zur Beantwortung der Frage nach der Lohnsteuerfreiheit der in § 2 Buchst. g DVO bezeichneten Bezüge diejenigen Bestimmungen des EStG herangezogen werden, die sich mit der Lohnsteuerfreiheit von Einkünften befassen, welche ihrem Wesen nach den Bezügen entsprechen, die zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt sind. In dieser Beziehung muß auf die Bestimmung des § 9 EStG über die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten zurückgegriffen werden. Nach Nr. 5 des § 9 EStG sind Aufwendungen für Arbeitsmittel Werbungskosten; sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Das LSG hat unangegriffen und für den Senat somit bindend festgestellt, daß der Kläger gezwungen ist, den Materialunkostenanteil in Höhe von 33 1/3 % seines Lohnes zur Beschaffung des erforderlichen Materials und Handwerkszeugs - also für Arbeitsmittel im Sinne des § 9 Nr. 5 EStG - zu verwenden. Daraus folgt, daß vom Lohn des Klägers gemäß der bezeichneten Vorschrift des EStG der Materialunkostenanteil in Höhe von 33 1/3 % als Werbungskosten abzuziehen ist, so daß dieser Lohnanteil, den der Kläger zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes von seinem Arbeitgeber bezieht, wegen dieses Aufwandes - also "aus diesem Grunde" - lohnsteuerfrei ist. Wenn der Beklagte demgemäß noch meint, der im Lohn des Klägers enthaltene Materialunkostenanteil müsse dennoch als sonstiges Einkommen im Sinne des § 33 BVG bei der Berechnung der Ausgleichsrente berücksichtigt werden, weil es sich insoweit nicht um "Werbungskosten" im Sinne des § 6 der DVO handelt, so verkennt er offenbar das Verhältnis zwischen dem § 2 Buchst. g und dem § 6 der DVO. Der § 2 der DVO hat die Überschrift "Nicht zu berücksichtigende Einkünfte" und beginnt einleitend mit den Worten "Als sonstiges Einkommen gelten nicht". Damit kommt schon gesetzestechnisch zum Ausdruck, daß die in dieser Vorschrift näher aufgeführten Einkünfte überhaupt nicht bei der Berechnung des sonstigen Einkommens im Sinne des § 33 BVG und des § 1 Abs. 1 der DVO berücksichtigt werden dürfen. Demgegenüber befaßt sich § 6 der DVO nach seiner Überschrift mit "Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit" und umschreibt inhaltlich, welche Kosten als Werbungskosten "abzugsfähig" sind; er setzt also voraus, daß bestimmte Bezüge als sonstiges Einkommen zu berücksichtigen sind, von denen dann die Werbungskosten gemäß § 6 DVO abgezogen werden können. Die Einkünfte, die in § 2 der DVO näher aufgeführt sind, also auch die hier streitigen Bezüge des Buchst. g, gelten jedoch gerade nicht als sonstiges Einkommen, so daß die Bestimmung des § 6 der DVO über die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten sich überhaupt nicht auf die Einkünfte in § 2 der DVO beziehen kann. Ferner übersieht der Beklagte, daß § 2 Buchst. g der DVO eine Ausnahme von dem in § 1 Abs. 1 letzter Satz der DVO enthaltenen Grundsatz darstellt, wonach es unerheblich ist, ob die Einkünfte zu denjenigen im Sinne des EStG gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen. Der § 2 Buchst. g der DVO hat gerade zur Voraussetzung der Nichtanrechnung der Bezüge, die zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmt sind, daß sie aus diesem Grund "nicht lohnsteuerpflichtig" sind. Insoweit verweist diese Bestimmung ausdrücklich auf die Bestimmungen des Steuerrechts, also hier auf das EStG. Damit ist aber im vorliegenden Fall für die Lohnsteuerfreiheit des streitigen Materialunkostenanteils der § 9 des EStG anzuwenden.

Schließlich ist auch die Auffassung des Beklagten unzutreffend, daß der im Bruttolohn des Klägers enthaltene Materialunkostenanteil bei der Berechnung der Ausgleichsrente deshalb berücksichtigt werden müsse, weil solche Unkosten bereits durch die in § 33 Abs. 2 BVG bestimmten Freibeträge abgegolten sind. Das LSG hat hierzu zutreffend ausgeführt, daß diese Auffassung des Beklagten dem Sinn und Zweck widerspricht, der mit der Gewährung von Freibeträgen bei der Berechnung der Ausgleichsrente beabsichtigt ist; denn dem Schwerbeschädigten soll durch den Abzug der Freibeträge von seinen Einkünften von vornherein ein Teil dieser Einkünfte belassen bleiben. Insoweit handelt es sich um eine sozialpolitische Maßnahme des Gesetzgebers, ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe der Schwerbeschädigte aus seinen Einkünften irgendwelche finanziellen Verpflichtungen berichtigen muß. Der Auffassung des Beklagten steht schon der Wortlaut des § 33 Abs. 2 BVG entgegen, wonach von den Einkünften die im Gesetz bezeichneten Freibeträge "außer Ansatz" bleiben. In dieser Höhe gelten die Einkünfte bereits nicht mehr als "sonstiges Einkommen", denn § 1 Abs. 1 der DVO bezeichnet als sonstiges Einkommen nur die Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur, "soweit nicht das BVG ... bestimmen, daß Bezüge bei der Feststellung der Ausgleichsrente nach dem BVG nicht als sonstiges Einkommen gelten oder bei der Ermittlung des Einkommens ... unberücksichtigt bleiben". Die vom Beklagten vertretene Auffassung - durch die Freibeträge seien im vorliegenden Fall die Aufwendungen des Klägers für Materialunkosten abgegolten - müßte letztlich dazu führen, daß grundsätzlich alle nicht lohnsteuerpflichtigen, zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes bestimmten Bezüge als sonstiges Einkommen gelten, obwohl gerade diese Bezüge in § 2 Buchst. g der DVO ausdrücklich nicht als sonstiges Einkommen bezeichnet werden. Das widerspricht jedoch dem eindeutigen Wortlaut des § 33 BVG und der DVO.

Da das LSG somit im Ergebnis zutreffend entschieden hat, mußte die Revision des Beklagten als unbegründet (§ 170 Abs. 1 SGG) zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2284890

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