Leitsatz (redaktionell)
Werksfeuerwehrleute, die keine Führungsaufgaben wahrnehmen, sind grundsätzlich in der Rentenversicherung der Arbeiter versicherungspflichtig.
Orientierungssatz
Der Senat teilt die Auffassung des 12. Senats in seinem Urteil vom 1965-11-25 (vergleiche BSG 1965-11-25 12/3 RJ 244/60 ≫ SozR Nr 11 zu § 3 AVG), daß Werksfeuerwehrleute grundsätzlich in der Rentenversicherung der Arbeiter versicherungspflichtig sind. Sie können nicht den Feuerwehrleuten, die der Berufsfeuerwehr angehören, gleichgestellt werden, dies insbesondere deswegen, weil sie keine hoheitlichen Befugnisse zu erfüllen haben. Werden sie außerhalb des Werksgeländes eingesetzt, sind sie lediglich Gehilfen der Berufsfeuerwehr. Soweit sie bei Krankentransporten eingesetzt werden, ist ihre Tätigkeit überwiegend körperlicher Art, selbst wenn sie gelegentlich während des Transportes krankenpflegerisch eingreifen müssen.
Normenkette
RVO § 1227 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1960-09-08; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23, § 3 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 1969 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Kläger zu 1) und 2) sind Werksfeuerwehrmänner bei der beigeladenen Firma A O AG, R. Sie werden zu keinen anderen Arbeiten im Betrieb eingesetzt, vielmehr durch Übung und Unterricht ständig auf ihre Tätigkeit als Feuerwehrleute vorbereitet und trainiert. Die Feuerwehr der A O AG wird von der Polizei zu Verkehrsunfällen in der Umgebung herangezogen. Sie führt jeweils auch Krankentransporte durch. Es handelt sich dabei gewöhnlich um Kranke, die außerhalb des Werkes der A O AG Unfälle erlitten. Die Kläger haben eine durchschnittliche Arbeitszeit von acht Stunden je Tag und 16 Stunden Einsatzdienst. Während ihrer Arbeitszeit haben die Kläger an den Feuerlösch- und Rettungsgeräten zu üben, am Unterricht teilzunehmen, Sprech-, Feuer- und Alarmanlagen zu bedienen und im übrigen Arbeiten an Geräten zu verrichten.
Die Kläger waren in der Rentenversicherung der Angestellten bei der beigeladenen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) versichert. Die ebenfalls beigeladene Landesversicherungsanstalt (LVA) Hessen führte bei der beklagten Betriebskrankenkasse (BKK) der A O AG eine Prüfung durch und teilte unter dem 8. November 1966 mit, daß die Feuerwehrleute, die keine Führungsaufgaben wahrnähmen, in der Rentenversicherung der Arbeiter zu versichern seien.
Durch Bescheide vom 20. März 1967 teilte die Beklagte den Klägern mit, daß sie ab sofort in der Rentenversicherung der Arbeiter pflichtversichert seien und daß die von ihnen zur Rentenversicherung der Angestellten entrichteten Beiträge in solche zur Rentenversicherung der Arbeiter umgebucht werden müßten.
Der Widerspruch blieb erfolglos, ebenso die Klage.
Die Berufung der Kläger hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen: Der Berufsgruppenkatalog, die Verordnung vom 8. März 1924 idF der Verordnung vom 4. Februar und 5. Juli 1927, die regle, welche Berufsgruppen in der Angestelltenversicherung zu versichern seien, nannten unter A XVIII Ziff. 1 u. a. Beamte der Feuerwehr. Die Kläger würden zwar zu Einsätzen außerhalb des Werkgeländes herangezogen und erfüllten dann die gleichen Aufgaben wie die öffentlichen Feuerwehren; dennoch seien sie diesen nicht gleichzustellen, da sie nicht hoheitlich tätig würden. Nur die Berufsfeuerwehrleute seien nach § 7 des Hessischen Brandschutzgesetzes Beamte. Eine das gesamte Bundesgebiet umfassende Verkehrsanschauung, daß Angehörige einer Werksfeuerwehr Angestellte seien, habe sich bisher nicht gebildet. Auch der Einsatz der Kläger bei anderen Tätigkeiten, etwa bei dem Krankentransport auch außerhalb des Werkes, begründe für sie nicht die Eigenschaft als Krankenpfleger. Dafür fehle es an der erforderlichen umfassenden Ausbildung. Die von ihnen dabei auszuführenden Arbeiten seien überwiegend körperlicher Art.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie sind der Auffassung, wenn sie zu Einsätzen in R herangezogen würden, ständen ihnen hoheitliche Rechte zu. Die Gemeinde R wäre nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet, für schuldhafte Amtspflichtverletzungen der Werksfeuerwehrleute von O einzustehen. Bei Unfällen, die sich im Rahmen einer Hilfeleistung ergäben, wäre nicht die Berufsgenossenschaft, bei der die Firma O versichert ist, zuständig, sondern der Gemeinde-Unfallversicherungsverband. Sie ständen auch ausschließlich dem Dienst in und für Brandschutz- und Brandverhütungsaufgaben zur Verfügung. Sie brauchten jedoch keine handwerklichen Arbeiten zu verrichten.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil sowie das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 4. Oktober 1968, ebenso die Bescheide vom 20. März 1967 und 5. Juni 1967 aufzuheben und festzustellen, daß die Kläger weiter in der Rentenversicherung der Angestellten zu versichern sind.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 3) haben keine Anträge gestellt. Alle Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision ist nicht begründet.
Der Senat hat sich schon mehrfach mit der Frage befaßt, ob Arbeitnehmer, die zum Schutze eines Werkes beschäftigt werden, der Arbeiter- oder der Rentenversicherung der Angestellten zuzurechnen sind (vgl. für Werkschutzangehörige Urteil v. 21. Januar 1969 - 3 RK 40/66 - SozR Nr. 14 zu § 3 AVG sowie Urteil v. 16. Dezember 1970 - 3 RK 21/70). Im vorliegenden Fall handelt es sich um Werksfeuerwehrmänner, die bei der beigeladenen Firma A O AG in R tätig sind und zu keinen anderen Arbeiten im Betrieb eingesetzt werden. Der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat in seinem Urteil vom 25. November 1965 (SozR Nr. 11 zu § 3 AVG) entschieden, daß Werksfeuerwehrleute nicht zu den Personen gehören, die angestelltenversicherungspflichtig sind. Diese Auffassung teilt der erkennende Senat. Nach Abschn. A XVIII Nr. 1 der "Bestimmung von Berufsgruppen der Angestelltenversicherung" vom 8. März 1924 idF vom 4. Februar und 15. Juli 1927 - RGBl I 1924, 274, 410; I 1927, 58, 222 - gehören u. a. Beamte der Feuerwehr zu den Angestellten. Beamte sind die Kläger nicht. Sie könnten aber nach Nr. 2 aaO zur Rentenversicherung der Angestellten rechnen, sofern sie nach der Verkehrsanschauung, insbesondere im Hinblick auf ihre denjenigen der Beamten der Feuerwehr gleichstehenden Aufgaben und Kenntnisse, als Angestellte gelten. Diese Voraussetzung hat das LSG im Ergebnis zu Recht nicht als erfüllt angesehen. Zwar werden im vorliegenden Fall die Kläger - anders als die in dem vom 12. Senat entschiedenen Sachverhalt - nicht zu feuerwehrfremden Handarbeiten im Betrieb eingesetzt, sondern vielmehr durch Übung und Unterricht ständig auf ihre Tätigkeit als Feuerwehrleute vorbereitet und trainiert. Sie üben jedoch als Werksfeuerwehrleute im Gegensatz zu den Feuerwehrleuten der Berufsfeuerwehr kein öffentliches Amt und damit keine hoheitliche Gewalt aus (vgl. BSG aaO mit weiteren Hinweisen). Ihnen fehlt insbesondere das Eingriffsrecht in die durch das Gesetz geschützte Rechtssphäre des einzelnen. Wie das LSG festgestellt hat, steht dieses nur den staatlichen Feuerwehren zu (vgl. § 8 Abs. 3 des Hessischen Brandschutzgesetzes vom 19. Mai 1951, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen S. 30). Der Werksfeuerwehr obliegt der Feuerschutz für den Betrieb. Die eigentliche Tätigkeit der Werksfeuerwehrleute beschränkt sich auf das Werksgelände. Die Werksfeuerwehr wird zwar auch außerhalb des Werkes von staatlichen Stellen laufend zu Einsätzen herangezogen und erfüllt insoweit die gleichen Aufgaben wie die öffentlichen Feuerwehren. Sie wird aber dann nur als Gehilfin der Berufsfeuerwehr tätig, ohne damit deren Hoheitsaufgaben zu übernehmen. Es handelt sich alsdann nur um Hilfeleistung, nicht aber um Ausübung hoheitlicher Befugnisse.
Auch der Krankentransport, der durch Werksfeuerwehrleute durchgeführt wird, kann nicht als Angestelltentätigkeit angesehen werden. Der Krankentransport selbst ist, wie das Berufungsgericht angenommen hat, überwiegend körperliche Arbeit. Daran ändert aber auch nichts die Tatsache, daß der Werksfeuerwehrmann im Bedarfsfalle während des Transportes krankenpflegerisch eingreifen muß. Denn dadurch hat er noch nicht die Eigenschaft eines Krankenpflegers erworben. Es fehlt ihm an der für diesen Beruf erforderlichen umfassenden Ausbildung. Selbst wenn sie beim Krankentransport Erste Hilfe leisten müssen, kann diese nicht als so wesentlich angesehen werden, daß sie der Tätigkeit des Werksfeuerwehrmannes beim Krankentransport - oder gar der gesamten Tätigkeit des Werksfeuerwehrmannes - das Gepräge gibt. Das gilt auch für die von den Klägern geforderte gelegentliche eigenverantwortliche Entscheidung, ob ein Einsatz notwendig ist.
Unerheblich für die Frage, welchem Zweig der Rentenversicherung die Kläger angehören, ist entgegen der Auffassung der Revision der Umstand, daß bei Unfällen, die sich im Rahmen einer Hilfeleistung ergeben, nicht die Berufsgenossenschaft zur Entschädigung verpflichtet ist, bei der die Firma O AG der Versicherungspflicht unterliegt, sondern der Gemeinde-Unfallversicherungsverband. Dies ist eine Folge der besonderen Vorschrift des § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. b der Reichsversicherungsordnung.
Da nach allem die Tätigkeit der Kläger jedenfalls nicht überwiegend Merkmale aufweist, die sie aus der Gruppe der regelmäßig zur Rentenversicherung der Arbeiter gehörigen Werksfeuerwehrleute heraushebt, sind auch sie der Rentenversicherung der Arbeiter zuzuordnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen