Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann eine Maßnahme zur beruflichen  Fortbildung iS der Ausschlußfrist des AFG § 43 Abs 2 "auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet" ist, wenn es sich um den Lehrgang einer Gemeindeverwaltungsschule für den mittleren Dienst in der kommunalen und staatlichen inneren Verwaltung eines Regierungsbezirkes mit dem Ziel der Prüfung für die mittlere Beamtenlaufbahn - Verwaltungsprüfung 1 - handelt (Fortentwicklung von BSG 1974-03-19 7 RAr 29/73; BSG 1974-03-19 7 RAr 32/72).

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Regeltatbestand des AFG § 43 Abs 2 ist kein besonders hervorgehobener Fall des Fehlens der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit; seine Tatbestandsmerkmale sind vielmehr unabhängig hiervon und vom Vorliegen der sonstigen Förderungsvoraussetzungen zu prüfen.

 

Normenkette

AFG § 43 Abs. 2

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. August 1973 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 3. Oktober 1972 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der 1941 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Kaufmannes. Er ist seit Januar 1961 als Verwaltungsangestellter bei der Stadtverwaltung in W tätig. In der Zeit vom 29. September 1970 bis 4. September 1972 nahm der Kläger an einem Vorbereitungslehrgang für den mittleren Dienst in der kommunalen und inneren staatlichen Verwaltung an der Gemeindeverwaltungsschule T teil. Der Unterricht umfaßte insgesamt 632 Stunden und fand einmal wöchentlich 6 Stunden statt. Der Lehrplan erstreckte sich im wesentlichen auf die Fächer Staatslehre und politische Bildung, allgemeines Verwaltungsrecht (einschl. Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten), Selbstverwaltungsrecht, Ordnungsrecht, Recht des öffentlichen Dienstes, Sozialrecht, öffentliches Finanzwesen, Privatrecht, Planung und Baurecht, Personenstandswesen (einschl. Staatsangehörigkeitsrecht), Schulrecht und Verwaltungsbetriebslehre. Das Schulgeld in Höhe von DM 20,- wurde bis 30. Juni 1971 von den im übrigen ungekürzt fortlaufenden Dienstbezügen des Klägers einbehalten und an die Stadtkasse T überwiesen. Vom 1. Juli 1971 an entrichtete die Stadtverwaltung W das Schulgeld selbst. Der Kläger bestand am 4. September 1972 die Verwaltungsprüfung I. Seither ist erweiter als Verwaltungsangestellter bei der Stadtverwaltung W beschäftigt. Er wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1972 von der Vergütungsgruppe BAT VII nach Vergütungsgruppe BAT VI b höhergestuft.

Der Kläger beantragte am 30. Oktober 1970 beim Arbeitsamt (ArbA) T, ihm für die Teilnahme an dem Lehrgang an der Gemeindeverwaltungsschule T Förderungsleistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu gewähren. Das ArbA lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 30. Januar 1971 mit der Begründung ab, die Teilnahme von Angehörigen des öffentlichen Dienstes an Maßnahmen der beruflichen Fortbildung sei von der Förderung ausgeschlossen. Insoweit bestehe kein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse (§ 43 Abs. 2 AFG). Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 1971). Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Trier durch Urteil vom 3. Oktober 1972 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz das erstinstanzliche Urteil und den ablehnenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 1971 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger im Rahmen des § 45 AFG Förderungsleistungen für die Teilnahme an dem Lehrgang der Gemeindeverwaltungsschule T in der Zeit vom 29. September 1970 bis 4. September 1972 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen, auf die Bezug genommen wird, hat das LSG ausgeführt: Es handele sich bei dem Vorbereitungslehrgang für den mittleren Dienst an der Gemeindeverwaltungsschule T um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung i.S. des § 41 Abs. 1 AFG. Die Teilnahme daran setze eine mehrjährige Beschäftigung als Angestellter im öffentlichen Dienst mit den Aufgaben voraus, die denen von Beamten des mittleren Dienstes entsprechen. Die Teilnahme diene dazu, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten des Klägers zu erweitern und seinen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Sie habe ihn auf die Verwaltungsprüfung I vorbereiten sollen, mit der er die Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis habe erfüllen können. Der Lehrgang sei nicht i.S. des § 43 Abs. 2 AFG auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet und somit nicht grundsätzlich von der Förderung ausgeschlossen. Diese Ausnahmevorschrift sei eng auszulegen. Fortbildungsmaßnahmen dienten regelmäßig nicht nur den Interessen des Arbeitnehmers, sondern zugleich auch denen des Arbeitgebers; eine "Ausrichtung" in diesem Sinne könne daher nicht schon zur Anwendung des § 43 Abs. 2 AFG führen. Es könne dafür auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob der Arbeitgeber ein besonderes Interesse daran habe, den fortzubildenden Arbeitnehmer in seinem Betriebe zu behalten, oder darauf, ob der Arbeitnehmer selbst die Absicht habe, dort zu bleiben. Nach § 43 Abs. 2 AFG seien Maßnahmen grundsätzlich von der Förderung ausgeschlossen, die ihrem Inhalt nach so speziell auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet seien, daß der Arbeitnehmer die mit der Fortbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten außerhalb dieses Bereiches nicht oder kaum auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nutzen könne. Das Wort "ausgerichtet" könne daher nicht so ausgelegt werden, daß eine Maßnahme schon dann unter § 43 Abs. 2 AFG falle, wenn sie zwar von einem Betrieb oder Verband für seine Zwecke eingerichtet oder gefördert werde und auch in Lehrplan und Teilnahmebedingungen auf diese Zwecke zugeschnitten sei, die dort vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten aber von den Teilnehmern auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nutzbringend eingesetzt werden könnten. Im vorliegenden Fall könne der Kläger die bei der Teilnahme an dem Lehrgang vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten im gesamten kommunalen Verwaltungsbereich und darüber hinaus in dem der inneren allgemeinen Verwaltung beruflich nutzen. Eine andere Auslegung des § 43 Abs. 2 AFG finde keine Stütze in der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Danach sei die Vorschrift erst vom Bundestagsausschuß für Arbeit in den Regierungsentwurf des Gesetzes eingefügt worden mit der Begründung, daß die Förderung verbands- und betriebsinterner Maßnahmen wie bisher grundsätzlich ausgeschlossen sei und ihre Verlagerung auf die Beklagte soweit wie möglich verhindert werden solle. Diese Begründung zwinge nicht dazu, § 43 Abs. 2 AFG weit auszulegen. Hätte man damit die Förderung aller Maßnahmen ausschließen wollen, die bisher üblicherweise von Betrieben oder Verbänden finanziert worden seien, so habe eine solche Absicht jedenfalls im Gesetz keinen hinreichenden Ausdruck gefunden. Gegen eine weite Auslegung in dieser Richtung spreche auch die Regelung in § 37 AFG, wonach Förderungsleistungen nicht gewährt werden, soweit andere öffentlich-rechtliche Stellen gesetzlich verpflichtet sind. Auch fehle in den Sondervorschriften für die berufliche Fortbildung eine dem - für die berufliche Umschulung geltenden - § 47 Abs. 2 AFG entsprechende Vorschrift, wonach Leistungen insoweit nicht gewährt werden, als der Arbeitgeber gleichartige Leistungen erbringt oder voraussichtlich erbringen wird. Schließe somit § 43 Abs. 2 AFG die Förderung im vorliegenden Falle nicht aus, so sei der Anspruch des Klägers dem Grunde nach gegeben, da die übrigen Voraussetzungen auf Leistungen nach § 45 AFG in Verbindung mit den Vorschriften der §§ 33,34,36,37,41 AFG und der §§ 1,2,6,7,8 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 - AFuU 1969 - (ANBA 1970,85) erfüllt seien.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 41 ff AFG, insbesondere des § 43 Abs. 2 AFG sowie der Vorschriften der AFuU 1969 und führt hierzu insbesondere aus: Entgegen der Auffassung des LSG sei der vom Kläger besuchte Vorbereitungslehrgang für den mittleren Dienst in der kommunalen und inneren staatlichen Verwaltung als eine i.S. des § 43 Abs. 2 AFG auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtete Maßnahme anzusehen. Das LSG habe bei seiner einschränkenden Auslegung die arbeitsmarktpolitische Zielsetzung und die Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) nach den §§ 2 und 3 AFG nicht berücksichtigt. Der üblicherweise breit ausgelegte Arbeitsmarkt sei im Bereich der öffentlichen Verwaltung nur zum Teil vorhanden. Jedenfalls beziehe er sich in den genannten Vorschriften nicht auf die öffentlich-rechtlich ausgestalteten Dienstverhältnisse der Beamten. Nach § 36 AFG iVm § 8 AFuU 1969 seien die Voraussetzungen für die Förderung in ein Beamtenverhältnis nicht gegeben. Da die Verwaltungsprüfung I Voraussetzung für einen beruflichen Aufstieg sei, biete die Kommunalverwaltung und die innere staatliche Verwaltung entsprechende Kurse auf eigenen Verwaltungsschulen an, die nur ihren Bediensteten offenstünden. Die dort abgelegten Prüfungen fänden wiederum volle Berücksichtigung als Qualifizierungsstufe nur in der kommunalen und inneren staatlichen Verwaltung. Die Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung, die im Bereich einer öffentlichen Verwaltung für deren Bedienstete durchgeführt würden, sei nach § 43 Abs. 2 AFG grundsätzlich von der Förderung ausgeschlossen. Es könne nicht darauf ankommen, inwieweit die aus den Maßnahmen erworbenen Kenntnisse auch auf anderen Gebieten des allgemeinen Arbeitsmarktes genutzt werden könnten. Das sei ein Aspekt, der für jede Förderung vorauszusetzenden arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit (§ 36 AFG), der für die Auslegung des § 43 Abs. 2 AFG außer Betracht bleiben müsse. Eine i.S. des angefochtenen Urteils enge Auslegung dieser Vorschrift entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, wie sich aus der Begründung (zu BT-Drucks. V/4110) und der dort mit den Worten "wie bisher" angesprochenen früheren Regelungen nach Nr. 7 Abs. 1 der Richtlinien für die Gewährung von Beihilfen zur beruflichen Fortbildung (RL) vom 6. September 1965 (Bundesanzeiger Nr. 170 = BABl 1965, 735) ergäbe. Dem stehe nicht die Regelung nach § 37 AFG entgegen, die sich auf gesetzliche Leistungen aus anderem Rechtsgrunde beziehe. Eine Förderung sei daher im vorliegenden Fall nur möglich, wenn dafür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse bestünde. Das sei nicht der Fall, insbesondere liege keiner der im § 4 AFuU 1969 genannten Tatbestände vor.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Trier vom 3. Oktober 1972 zurückzuweisen,

hilfsweise,

den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Im übrigen wird auf das Vorbringen der Beteiligten im Revisionsverfahren verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Förderung seiner Teilnahme an dem Vorbereitungslehrgang für den mittleren Dienst an der Gemeindeverwaltungsschule T zu. Nach § 43 Abs. 2 AFG wird die Teilnahme an Maßnahmen, die auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet sind, nur gefördert, wenn dafür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. Es handelt sich um eine Ausschlußvorschrift, die nur für besondere Ausnahmefälle nicht gilt. Da der Ausschluß von der Förderung eintreten soll, obgleich die Voraussetzungen dafür im übrigen gegeben sind - andernfalls hätte es dieser besonderen Ausschlußvorschrift nicht bedurft -, kann das Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen der Anwendung der Ausschlußvorschrift nicht entgegenstehen. Das gilt insbesondere für das allgemeine Erfordernis der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit i.S. des § 36 AFG, zumal gerade ein "besonderes" arbeitsmarktpolitisches Interesse den Ausnahmefall begründet, in dem gleichwohl eine Förderung stattfindet. Der Regeltatbestand des § 43 Abs. 2 AFG ist also kein besonders hervorgehobener Fall des Fehlens der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit; seine Tatbestandsmerkmale sind vielmehr unabhängig hiervon und vom Vorliegen der sonstigen Förderungsvoraussetzungen zu prüfen.

Die erst durch den Ausschuß für Arbeit dem Entwurf eingefügte Ausschlußvorschrift (§ 42 Abs. 4 des Entwurfes; BT-Drucks. V/4110 S. 20) ist durch eine Verwendung weitgehend unbestimmter Begriffe gekennzeichnet, die es erforderlich erscheinen läßt, zur Auslegung auch die Entstehungsgeschichte heranzuziehen. Im schriftlichen Bericht des Ausschusses (zu BT-Drucks. V/4110 S. 9) heißt es dazu, die Förderung "verbands- und betriebsinterner Maßnahmen" solle "wie bisher" grundsätzlich ausgeschlossen sein; derartige Maßnahmen sollten im allgemeinen von den Firmen und Verbänden selbst finanziert werden. Die neue Vorschrift solle eine Verlagerung der Leistungen zur Fortbildungsförderung von der Wirtschaft auf die Bundesanstalt soweit wie möglich verhindern helfen. Der politische Zweck der Regelung ist damit klar herausgestellt: Die für die neue berufliche Bildungsförderung erforderlichen Mittel der BA sollten möglichst nicht für Maßnahmen verbraucht werden, die bisher schon von anderen Stellen in deren eigenem Interesse finanziert wurden. Dieses durchaus verständliche und sachgerechte Motiv des Gesetzgebers anzuzweifeln, besteht kein begründeter Anlaß. Wenn das LSG hierfür auf die im Vergleich zu § 137 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) eingeschränkte Regelung in § 37 AFG hinweist, so verkennt es, daß sich die frühere Regelung des § 137 AVAVG nicht auf die Maßnahme, sondern auf die persönliche Bedürftigkeit des Teilnehmers bezieht, dem die erforderlichen Mittel "auch nicht von Dritten zur Verfügung gestellt werden". Dem entspricht - allerdings unter Beschränkung auf Förderungsleistungen anderer, dazu gesetzlich verpflichteter öffentlich-rechtlicher Stellen - die neue Regelung in § 37 AFG. Auch die vom LSG hierzu gleichfalls angezogene Sonderregelung für die Umschulung nach § 47 Abs. 2 AFG bezieht sich nicht wie § 43 Abs. 2 AFG auf die Maßnahme, sondern auf die persönliche Förderung des Teilnehmers durch seinen Arbeitgeber.

Das hiernach klargestellte Motiv des Gesetzgebers für die Einfügung des § 43 Abs. 2 AFG ergibt keine Begründung für die Auffassung des LSG, diese Ausschlußvorschrift grundsätzlich eng auszulegen. Mit den Worten "wie bisher" verweist der Ausschußbericht eindeutig auf die einschlägige Bestimmung der Nr. 7 Abs. 1 RL, wonach Beihilfen nicht gewährt werden, "wenn der Lehrgang (a) ... (b) der Schulung für Verbandsaufgaben dient, (c) von einzelnen Betrieben oder Unternehmen, einem Verband, einer Verwaltung oder einer sonstigen Organisation getragen wird und seiner Zielsetzung nach vorwiegend auf die Belange seines Trägers ausgerichtet oder nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist, (d) ...". Die Bedeutung der genannten RL für den Gesetzgeber des AFG ergibt sich schon daraus, daß sie nach der Überleitungsvorschrift des § 242 Abs. 10 Nr. 3 AFG bis zum - inzwischen erfolgten - Inkrafttreten einer Anordnung nach § 39 AFG weitergelten sollten. Da die AFuU 1969 keine einschlägigen Bestimmungen zum Regelfall des § 43 Abs. 2 AFG enthält, bestehen keine Bedenken, bei Auslegung dieser Vorschrift den Inhalt der genannten Richtlinien mitzuverwerten. Das gilt insbesondere für die Frage, was unter "Zwecke eines Betriebes oder Verbandes" zu verstehen ist. Bei der Wortverbindung "Betrieb oder Verband" handelt es sich danach nicht um eine Alternative, sondern um einen allgemeinen Sammelbegriff, der an die Stelle der früheren Anhäufung von Begriffen (Betrieb, Unternehmen, Verband, Verwaltung, sonstige Organisation) getreten ist und erkennbar jede Einrichtung erfassen soll, die überhaupt als Zweckträger für Fortbildungsmaßnahmen in Betracht kommen kann. Die Hinzufügung des "Verbandes" zu dem schon im weitesten Sinne aufzufassenden Begriff des "Betriebes" soll sicherstellen, daß neben dem einzelnen Betrieb auch frühere Einheiten aller Art erfaßt werden sollen. Vom Sinn und Zweck der Vorschrift her kann es keinen Unterschied machen, ob eine Fortbildungsmaßnahme etwa von einem einzelnen Großbetrieb, einem Unternehmen mit mehreren Einzelbetrieben oder einer Mehrheit kleinerer Betriebe mit insoweit gleichlaufenden, gemeinsamen Interessen durchgeführt wird. Aus der ausdrücklichen Erwähnung der öffentlichen Verwaltungen in den genannten RL und darüber hinaus aus der dargelegten Zielsetzung des Gesetzgebers ergibt sich auch, daß die öffentlichen Verwaltungen hiervon nicht ausgenommen werden sollen, schon im Hinblick auf die Tatsache, daß gerade bei ihnen interne Fortbildungsmaßnahmen für ihre Bediensteten traditionell üblich sind.

Unter "Zwecke" kann entsprechend dem früher verwendeten Ausdruck "Belange" nichts anderes verstanden werden als "Interessen" (daher der abgekürzte Ausdruck "interessengebundene Maßnahmen"). Dabei muß sich die Interessengebundenheit unmittelbar auf die Fortbildung selbst beziehen. Das LSG hat insoweit zutreffend ausgeführt, hierzu genüge es noch nicht, daß etwa der Betrieb - oder die Verwaltung - bestimmte Arbeitnehmer durch Förderung ihrer Fortbildung an sich binden will oder daß diese Arbeitnehmer ohnehin nicht vorhaben, den Betrieb - die Verwaltung - zu wechseln. Im übrigen ergänzen sich die Interessen von Betrieb und Verband entsprechend der dargestellten weiten Bedeutung als Sammelbegriff. Ob eine Fortbildungsmaßnahme demnach auf die Interessen eines Betriebes oder Verbandes "ausgerichtet" ist, ergibt sich nach Auffassung des erkennenden Senats insbesondere aus der entsprechenden Auswahl des Teilnehmerkreises, dem Inhalt der Schulung und dem besonderen Ausbildungsziel (vgl. das grundsätzliche, zu einem ähnlich gelagerten Fall ergangene und zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats vom 19. März 1974 - 7 RAr 29/73 - und das nicht veröffentlichte Urteil des Senats vom 19. März 1974 - 7 RAr 32/72 - betreffend die Lehrgänge an der Gemeindeverwaltungsschule der Stadt Koblenz). Unter Gesamtwürdigung dieser miteinander verknüpften und sich ergänzenden Merkmale ist der Lehrgang, an dem der Kläger teilgenommen hat, als interessengebundene Maßnahme i.S. des § 43 Abs. 2 AFG anzusehen. Teilnehmer waren nach den in die Feststellungen des LSG durch Bezugnahme aufgenommenen Verwaltungsunterlagen die Dienstanwärter des mittleren Dienstes und entsprechende Angestellte aus dem Bereich der kommunalen und inneren staatlichen Verwaltung des Regierungsbezirks T. Zugelassen konnten die Bewerber nur werden, wenn dies von der Beschäftigungsbehörde befürwortet wurde. Der Schulbesuch gilt nach der Schulordnung der Gemeindeverwaltungsschule in T (§ 12) als Dienst. Er geht als Sonderdienst grundsätzlich dem übrigen Dienst vor. Der Angestellte verbleibt in seinem Arbeitsverhältnis bei seinem Dienstherrn, solange er sich auf die Verwaltungsprüfung I vorbereitet und die Prüfung ablegt. Die enge Verbindung von Arbeitsverhältnis und Lehrgang ergibt sich auch daraus, daß bei Fehlen im Unterricht eine Entschuldigung über die Beschäftigungsbehörde einzureichen ist (§ 12 Abs. 2 der Schulordnung). Auf die organisatorischen Beziehungen der entsendenden Verwaltungen zu der Stadt T und den Landkreisen des Regierungsbezirks T als Schulträger (§ 1 Abs. 1 der Schulordnung) kommt es dabei entscheidend nicht an, da § 43 Abs. 2 AFG nicht auf die Trägerschaft abstellt. Der Inhalt des Lehrganges war auch, wie der vom LSG festgestellte Lehrplan ausweist, auf die Interessen der die Teilnehmer entsendenden Verwaltungen zugeschnitten; es sollten dort Kenntnisse vermittelt werden, die von den zuständigen Stellen für eine den mittleren Verwaltungsdienst entsprechende Tätigkeit für erforderlich angesehen werden. Allerdings war der Lehrgang nach den Feststellungen des LSG nicht derart spezialisiert, daß die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten außerhalb dieses Bereichs auf dem Arbeitsmarkt nicht oder kaum genutzt werden könnten; es wurden hiernach vielmehr Kenntnisse vermittelt, die im gesamten Bereich der kommunalen und staatlichen inneren Verwaltung beruflich genutzt werden können. Das kann jedoch nach Auffassung des erkennenden Senats nicht genügen, eine Anwendung des § 43 Abs. 2 AFG auszuschließen. Eine derart starke Einschränkung kann dem Begriff "ausgerichtet" nicht entnommen werden; es würden sonst praktisch kaum Fälle dafür übrigbleiben, die nicht schon aus anderen Gründen, insbesondere wegen fehlender arbeitsmarktpolitischer Zweckmäßigkeit (§ 36 AFG) von der Förderung ausgeschlossen wären. Dabei ist die Verwendbarkeit der durch die Maßnahme erworbenen beruflichen Qualifikation auch bei anderen kommunalen Verwaltungen oder Behörden der inneren staatlichen Verwaltung des Regierungsbezirks Trier schon deshalb nicht von entscheidender Bedeutung, weil es dem gemeinsamen Interesse der Gemeinden, Landkreise und der sonstigen inneren staatlichen Verwaltung eines Regierungsbezirkes entspricht, gelegentlich auftretende Lücken an qualifizierten Mitarbeitern durch ein Überwechseln solcher Kräfte ausfüllen zu können; hier ergänzen sich in typischer Weise Betriebs- und Verbandsinteressen. Das gilt bei den Kommunen um so mehr - aber auch bei der inneren staatlichen Verwaltung -, als sie wesens- und aufgabenmäßig nicht auf echten Wettbewerb untereinander eingestellt sind, vielmehr in regionaler Abgrenzung nebeneinander ihre gleichgerichteten und gemeinsamen öffentlichen Aufgaben erfüllen. Diese Verknüpfung zeigt sich insbesondere auch darin, daß Kommunalbedienstete ebenso häufig innerstaatliche Aufgaben aus dem übertragenen Wirkungskreis wahrzunehmen haben, wie die in den staatlichen Stellen des Regierungsbezirks tätigen Bediensteten teilweise auch gemeindebezogene Funktionen erfüllen müssen. Infolgedessen ist vom Sinn und Zweck der Ausschlußregelung hier "die Kommunalverwaltung" und "die innere staatliche Verwaltung" jedenfalls im Bereich ein und desselben Regierungsbezirks als Gesamtheit der einzelnen staatlichen oder kommunalen Verwaltungen nicht anders zu behandeln als eine sonstige auf Bundes- oder Landesebene organisierte funktionale Einheit, wie etwa die Bundesbahn oder die BA mit ihren einzelnen regionalen Dienststellen; es bedarf hierzu nicht erst der Anknüpfung an eine formal identische Verbandsorganisation. Obwohl also der vom Kläger besuchte Lehrgang nicht nur hinsichtlich des Teilnehmerkreises, sondern auch nach dem vermittelten Lehrstoff und der in § 1 Abs. 2 der Schulordnung beschriebenen Aufgabe erkennen läßt, daß er nicht nur auf die Zwecke der Kommunalverwaltung allein, sondern auch auf die Interessen der inneren staatlichen Verwaltung "ausgerichtet" ist und es sich hierbei zwar rechtlich um zwei verschiedene Arbeitgeber handelt, so ist der Lehrgang dennoch gegenüber den Interessen anderer Arbeitgeber hinreichend spezialisiert, weil er sich nur auf die Tätigkeit eines mittleren Beamten in der Kommunalverwaltung und der staatlichen inneren Verwaltung bezieht, und zwar, wie § 1 der Schulordnung erkennen läßt, abgestellt auf die Interessen des Regierungsbezirks Trier. Das ist von ausschlaggebender Bedeutung. Es handelt sich um einen Fachlehrgang mit dem Ziel der Verwaltungsprüfung I für den mittleren Dienst in der kommunalen und staatlichen inneren Verwaltung. Außer auf die materielle Fortbildung der Teilnehmer ist der Lehrgang also auch auf eine speziell auf die Dienstverhältnisse bei der staatlichen inneren Verwaltung und den Kommunen im Regierungsbezirk Trier bezogene formelle Qualifikation ausgerichtet. Soweit aber die besondere Personalstruktur des öffentlichen Dienstes gerade für die mittlere Beamtenlaufbahn - dazu dient die Verwaltungsprüfung I - ein spezielles Ausbildungs- und Prüfungswesen erfordert, ist es als selbstgestellte Aufgabe der betroffenen Verwaltungszweige anzusehen, die hierzu erforderlichen Maßnahmen zu veranstalten und die Teilnahme ihrer Bediensteten daran zu fördern. Es entspricht nicht dem in § 43 Abs. 2 AFG zum Ausdruck gelangten Willen des Gesetzgebers, diese traditionell und zumutbarerweise übernommene Belastung nunmehr auf die BA zu verlagern.

Nach allem ist daher der Lehrgang zur Schulung und Vorbereitung für den mittleren Verwaltungsdienst im Bereich des Regierungsbezirks T, an dem der Kläger teilgenommen hat, als eine der von § 43 Abs. 2 AFG angesprochenen Fortbildungsmaßnahmen anzusehen, deren Förderung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Irgendein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines "besonderen" arbeitsmarktpolitischen Interesses, die Teilnahme des Klägers an dem Lehrgang zu fördern, das - ausnahmsweise - die Förderung gleichwohl rechtfertigen würde, ist - wie auch schon das SG ausgeführt hat - nicht zu erkennen. Das angefochtene Urteil muß daher aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das die Klage zu Recht abweisende Urteil des SG zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647866

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