Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung der gesundheitsgefährdenden Tätigkeit als Voraussetzung für die Entschädigung einer obstruktiven Atemwegserkrankung
Leitsatz (amtlich)
Stirbt ein Versicherter an den Folgen einer obstruktiven Atemwegserkrankung (BKVO Anl 1 Nr 4301, 4302), erhalten die Hinterbliebenen Entschädigungsleistungen auch dann, wenn er bis zu seinem Tod die schädigende Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unterlassen hatte (Weiterentwicklung von BSG 1980-06-26 8a RU 54/79).
Orientierungssatz
1. Bei der Berufskrankheit der Nr 4301 der Anlage 1 zur BKVO ist der Versicherungsfall erst dann eingetreten, wenn der Versicherte, gezwungen durch die Krankheit, die gesundheitsschädigenden Tätigkeiten tatsächlich unterlassen hat (vgl BSG 1967-05-31 2 RU 114/66 = SozR Nr 4 zu § 551 RVO). Ob dies der Fall ist, ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen. Es genügt, daß der Versicherte hierzu gezwungen worden ist, ohne daß es darauf ankommt, ob dies durch Umstände geschehen ist, die von seinem Willen abhängig sind oder auf die er - wie beim Tod - keinen Einfluß hat. Ferner ist es nicht erforderlich, daß er den Entschluß faßt, die schädlichen Tätigkeiten zu unterlassen. Entscheidend ist vielmehr allein, daß sie tatsächlich unterlassen worden sind und dies wesentlich durch die Krankheit verursacht ist.
2. Auch willensunabhängige Umstände (wie der wirtschaftliche Rückgang des Betriebes) können eine Berufsaufgabe iS der BKVO Anl 1 Nr 4301 herbeiführen, sofern sie wesentlich durch die Krankheit bedingt sind (Festhaltung BSG 1980-06-26 8a RU 54/79).
3. Die Verletztenrente soll ein Ausgleich für die durch die Berufskrankheit bedingte Einengung des Arbeitsfeldes schaffen (vgl BSG 1978-12-06 8 RU 108/77 = SozR 5670 Anl 1 Nr 5101 Nr 3). In diesem Sinne hat die Verletztenrente Lohnersatzfunktion. Wird nicht nur das Arbeitsfeld eingeschränkt, sondern entfällt jede Erwerbsmöglichkeit, weil der Versicherte an den Folgen der Krankheit gestorben ist, steht den Hinterbliebenen als Ausgleich der Anspruch auf die Leistungen des RVO § 589 Abs 1 zu. Die Hinterbliebenenrenten haben hierbei Unterhaltsersatzfunktion (vgl BSG 1972-02-17 7 RU 50/70 = SozR Nr 10 zu § 589 RVO).
4. Die Fassung der BKVO Anl 1 Nr 4301 schließt nicht aus, daß der Versicherte in seinem ihn gefährdenden Beruf verbleibt und erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn es zu einer erheblichen Verschlimmerung der Erkrankung gekommen ist, die Tätigkeit einstellt und dann Rentenleistungen beantragt.
Normenkette
RVO § 589 Abs 1 Fassung: 1963-04-30, § 551 Abs 1 S 1 Fassung: 1963-04-30, § 551 Abs 3 S 1 Fassung: 1963-04-30; BKVO Anl 1 Nr 4301 Fassung: 1976-12-08
Verfahrensgang
SG Duisburg (Entscheidung vom 04.07.1979; Aktenzeichen S 18 U 173/78) |
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte den Klägern Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach ihrem verstorbenen Ehemann und Vater zu gewähren hat.
Der 1943 geborene Versicherte H K (K) war selbständiger Unternehmer eines Bäckerei- und Konditoreibetriebes. Er hatte 1972 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr 41 der Anlage 1 zur 7. Berufskrankheitenverordnung (BKVO) vom 20. Juni 1968 (BGBl I S 72; 7. BKVO - Bronchialasthma, das zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat -) beantragt. Nachdem die Beklagte die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung des Leidens als Berufskrankheit geklärt hatte, hatte sie K im Juli 1973 aufgefordert, seinen Beruf aufzugeben, um eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit anerkennen zu können, wozu er sich jedoch nicht entschließen konnte. K arbeitete vielmehr weiter in seinem Beruf. Das Leiden verschlimmerte sich in der Folgezeit. Am 21. Januar 1978 starb K nach 14-tägigem Krankenhausaufenthalt. Nach einem Gutachten des Facharztes für innere Krankheiten Dr med F vom 7. Mai 1979 war das Asthma bronchiale wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Kläger, ihnen Hinterbliebenenleistungen zu gewähren, ab: Ein Bronchialasthma könne ua nur dann als entschädigungspflichtige Berufskrankheit anerkannt werden, wenn es zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen habe, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich gewesen seien oder sein könnten, was für selbständige Unternehmer die Aufgabe des Betriebes bedeute. Diese Voraussetzung sei durch eine Abmeldebestätigung des Gewerbeamtes und eine Bescheinigung über die Löschung aus der Handwerksrolle nachzuweisen. Da K zum Zeitpunkt seines Todes noch selbständiger Unternehmer seines Bäckerei- und Konditoreibetriebes gewesen sei, könnten keine Leistungen gewährt werden (Bescheid vom 9. August 1978, Widerspruchsbescheid vom 19. August 1978).
Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat die Beklagte verurteilt, den Klägern Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen (Urteil vom 4. Juli 1979).
Mit der zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 589 Abs 1, 551 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), § 1 BKVO iVm Nr 4301 der Anlage 1 zur BKVO vom 20. Juni 1968 idF der Verordnung (VO) zur Änderung der 7. BKVO vom 8. Dezember 1976 (BGBl I S 3329).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage
abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des SG aufzuheben und die Sache zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das SG
zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Sie ist zurückzuweisen.
Gemäß §§ 589 Abs 1, 551 Abs 1, 3 RVO sind den Hinterbliebenen Leistungen aus der Unfallversicherung zu gewähren, falls der Tod des Versicherten infolge einer Berufskrankheit eingetreten ist. Nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des SG war das Bronchialasthma des K wesentliche Ursache für den am 21. Januar 1978 eingetretenen Tod. Entgegen ihrer Auffassung war das Leiden eine Berufskrankheit iS der BKVO vom 20. Juni 1968 idF der VO vom 8. Dezember 1976.
Nach § 1 BKVO iVm Nr 4301 der Anlage 1 sind Berufskrankheiten durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Das Bronchialasthma war - wovon die Beklagte selbst ausgeht - beruflich bedingt. Es hatte K auch gezwungen, und zwar durch seinen Tod, die schädigenden Tätigkeiten zu unterlassen.
Bei der Berufskrankheit der Nr 4301 der Anlage 1 zur BKVO ist der Versicherungsfall erst dann eingetreten, wenn der Versicherte, gezwungen durch die Krankheit, die gesundheitsschädigenden Tätigkeiten tatsächlich unterlassen hat (BSG SozR Nr 4 zu § 551 RVO; BSG BG 77, 472/76; Elster, Berufskrankheitenrecht, Stand: Oktober 78, Anm 12 zu § 551; Mehrtens, SozVers 78, S 151, 152). Ob dies der Fall ist, ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen. Es genügt, daß der Versicherte hierzu gezwungen worden ist, ohne daß es darauf ankommt, ob dies durch Umstände geschehen ist, die von seinem Willen abhängig sind oder auf die er - wie beim Tod - keinen Einfluß hat. Ferner ist es nicht erforderlich, daß er den Entschluß faßt, die schädlichen Tätigkeiten zu unterlassen. Entscheidend ist vielmehr allein, daß sie tatsächlich unterlassen worden sind und dies wesentlich durch die Krankheit verursacht ist.
Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 26. Juni 1980 - 8a RU 54/79 - wie in seiner bisherigen Rechtsprechung dazu, ob eine Berufskrankheit zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat, ausgesprochen, daß der Arbeitsplatz tatsächlich aufgegeben worden sein muß und dies ursächlich auf die Krankheit zurückzuführen ist. Diese Entscheidung betrifft die frühere Nr 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO (schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben). Sie gilt gleichermaßen für den Tatbestand des in Nr 4301 der Anlage 1 zur BKVO verwendeten Begriffs "Erkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können". Denn durch die Neufassung in der VO vom 8. Dezember 1976 ist insoweit keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage eingetreten, vielmehr sollten lediglich Schwierigkeiten, die bei der Entschädigung bestimmter Personengruppen entstanden waren, ausgeräumt werden (BR-Drucks 563/76). In dem genannten Urteil hat der Senat darauf hingewiesen, daß auch willensunabhängige Umstände (wie der wirtschaftliche Rückgang des Betriebes) eine Berufsaufgabe iS der Nr 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO herbeiführen können, sofern sie wesentlich durch die Krankheit bedingt sind (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd II, 1.-9. Aufl 1980, S 492 t; Mehrtens, aaO, S 151/152). Hieran hält der Senat fest, weil auch in diesen Fällen der Grund für die Aufgabe des Berufes, an die das Gesetz die Entschädigungspflicht des Unfallversicherungsträgers knüpft, in der Berufskrankheit liegt.
Ebensowenig, wie die Nr 4301 der Anlage 1 der BKVO verlangt, daß der Versicherte durch einen von seinem Willen abhängigen Umstand gezwungen worden ist, die gesundheitsschädigenden Tätigkeiten zu unterlassen, ist es erforderlich, daß er den Entschluß faßt, nunmehr diese Tätigkeiten nicht mehr auszuüben. Es genügt, daß er sie - bedingt durch die Krankheit - tatsächlich nicht mehr ausübt, der Zwang sich damit verwirklicht hat. Dies ist im Wege einer nachträglichen objektiven Betrachtungsweise festzustellen (BSG SozR Nr 4 zur 5. BKVO vom 26. Juli 1952 Anlage Nr 19; Brackmann, aaO, S 492 r - t, RVO-Gesamtkommentar, 3. Buch, Unfallversicherung, Anm 25 zur BKVO; Mehrtens, BG 77, S 472, 476; Drefahl, SGb 1969, S 144 f; gegenteilige Auffassung Spinnarke, BG 72, S 103 ff). Eine solche kann dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31. Mai 1967 (SozR Nr 4 zu § 551 RVO) nicht entnommen werden. Der Senat hat in dieser Entscheidung für die Aufgabe der beruflichen Beschäftigung nicht zusätzlich eine entsprechende Einsicht in die Unmöglichkeit der Weiterarbeit gefordert, sondern den Eintritt des Versicherungsfalls auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit, während der der Versicherte seine berufliche Tätigkeit aufgegeben hatte, vorverlegt, um damit einen klar bestimmbaren Zeitpunkt zu gewinnen und somit auf objektive Kriterien abzustellen.
K ist bei objektiver Betrachtungsweise durch die Krankheit tatsächlich gezwungen worden, die bisher ausgeübten gesundheitsschädigenden Tätigkeiten zu unterlassen, denn er ist an den Folgen der Krankheit gestorben. Auch in einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Denn die Verletztenrente soll ein Ausgleich für die durch die Berufskrankheit bedingte Einengung des Arbeitsfeldes schaffen (vgl BSG SozR 5670 Anl 1 Nr 5101 Nr 3). In diesem Sinne hat die Verletztenrente Lohnersatzfunktion (BSG SozR Nr 10 zu § 589 RVO). Wird nicht nur das Arbeitsfeld eingeschränkt, sondern entfällt jede Erwerbsmöglichkeit, weil der Versicherte an den Folgen der Krankheit gestorben ist, steht den Hinterbliebenen als Ausgleich der Anspruch auf die Leistungen des § 589 Abs 1 RVO zu. Die Hinterbliebenenrenten haben hierbei Unterhaltsersatzfunktion (BSG Nr 10 zu § 589 RVO). Es kann nicht entscheidend sein, ob der Versicherte - möglicherweise erst kurz vor seinem Tod - erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, er wolle die gesundheitsschädigenden Tätigkeiten in Zukunft unterlassen, und ob dem Tod eine Arbeitsunfähigkeit vorausgegangen ist. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch Sinn und Zweck der Entschädigungspflicht lassen solche Differenzierungen gerechtfertigt erscheinen. Die Fassung: "Erkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, ..." enthält nicht zwingend subjektive Elemente, die in der Person des Versicherten vorgelegen haben müssen. Es entspricht auch nicht dem dargelegten Sinn der Unfallentschädigung bei Berufskrankheiten der vorliegenden Art, je nach der meist zufälligen Fallgestaltung vor dem Tod unterschiedliche Rechtsfolgen eintreten zu lassen.
Zu Unrecht ist die Beklagte der Ansicht, ein selbständiger gewerblicher Unternehmer habe erst dann die Voraussetzungen der Nr 4301 der Anlage 1 zur BKVO erfüllt, wenn er nicht nur seine gewerbliche Tätigkeit eingestellt, sondern auch sein Gewerbe abgemeldet hat und aus der Handwerksrolle gelöscht ist. Ein Teil der Rechtsprechung hat zwar eine Aufgabe der beruflichen Tätigkeit dann verneint, wenn der Inhaber eines Betriebes nur seine handwerkliche Tätigkeit habe einstellen müssen, aber weiterhin das Unternehmen leite (BSGE 31, 215; BSG SGb 1976, S 19; anders LSG Baden-Württemberg, Breith, 1968, 557). Diese Begründung greift aber hier nicht durch. Denn K hatte vom Zeitpunkt der Einlieferung in das Krankenhaus an und erst recht mit seinem Tod nicht mehr die tatsächliche Leitung des Betriebes inne. In den vom BSG entschiedenen Fällen hatte der Versicherte die Leitung des Unternehmens durch organisatorische Veränderungen oder durch eine Erweiterung der Verkaufstätigkeit noch intensiviert. Mit solchen Sachverhalten ist der vorliegende Fall nicht zu vergleichen, denn hier hat der Tod des Versicherten die gesamte Betriebstätigkeit beendet (vgl auch Brackmann, aaO, S 492 k I).
Die Leistungspflicht der Beklagten kann schließlich nicht mit der Begründung verneint werden, der durch die einschränkende Fassung der Nr 4301 zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille stehe ihr entgegen. Das Erfordernis der "Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit" oder der Unterlassung aller gesundheitsschädigenden Tätigkeiten hat zwar ua den Zweck, zu verhindern, daß der Versicherte trotz seiner Erkrankung auf dem gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatz weiterarbeitet, sich hierdurch die Krankheit weiter verschlimmert und eine erhöhte Entschädigungspflicht des Unfallversicherungsträgers eintritt (BSGE 10, 286, 290; BSG SozR 2200 § 551 Nr 10; BSG SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 8). Die Fassung der Nr 4301 der Anlage 1 zur BKVO (wie auch der Nrn 2101, 2104, 4302, 5101 und der früheren Nrn 41, 43, 46 zur 7. BKVO) schließt jedoch nicht aus, daß der Versicherte in seinem ihn gefährdenden Beruf verbleibt und erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn es zu einer erheblichen Verschlimmerung der Erkrankung gekommen ist, die Tätigkeit einstellt und dann Rentenleistungen beantragt. In der gesetzlichen Unfallversicherung schließt selbst vernunftwidriges Verhalten, von den Fällen der "selbstgeschaffenen Gefahr" und der absichtlichen Herbeiführung des Unfalls (§ 553 RVO) abgesehen, den Unfallversicherungsschutz nicht aus (vgl Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl 1979, Anm 52 zu § 548). Derartige Ausnahmetatbestände sind jedoch hier nicht zu erkennen.
Ob in Fällen der vorliegenden Art eine Entschädigungspflicht der Beklagten in entsprechender Anwendung der §§ 63 ff SGB 1, die am 1. Januar 1976 in Kraft getreten sind (Art II § 23 SGB 1), und für die Zeit davor des § 624 RVO verhindert werden kann, muß offenbleiben (ebenso wie bereits in BSGE 10, 286, 290 zur Anwendbarkeit des damals geltenden § 606 RVO), denn die Voraussetzungen dieser Bestimmungen sind nicht erfüllt.
Erst das Schreiben der Beklagten an den Versicherten vom 29. Januar 1976 enthielt einen Hinweis auf § 624 RVO. Hiernach konnte ein Leistungsanspruch der Kläger schon deshalb nicht ausgeschlossen werden, weil im Januar 1976 bereits § 66 SGB 1 in Kraft getreten war, wonach vor der Versagung dem Antragsteller eine angemessene Frist zu setzen ist (Abs 3), was hier nicht geschehen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 187 |
Breith. 1981, 398 |