Leitsatz (redaktionell)
1. DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 Abs 1 S 3 vom 1968-02-28 ist keine Neuregelung, sondern lediglich eine Kodifizierung der bereits durch die Rechtsprechung ermittelten Grundlagen (vergleiche BSG 1967-12-19 8 RV 455/67 = BVBl 1968, 130) und stellt somit keine wesentliche Änderung der früheren Regelung nach der rechtlichen Seite dar.
2. DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 13 kommt als selbständige Grundlage zur Durchbrechung der bindenden Wirkung früherer gestaltender Verwaltungsakte mit Dauerwirkung zu Lasten des Berechtigten nicht in Betracht.
Orientierungssatz
Die DV § 30 Abs 3 und 4 BVG vom 1968-02-28 enthält in § 5 Abs 1 S 3 gegenüber der entsprechenden Vorschrift der DV § 30 Abs 3 und 4 BVG vom 1964-07-30 keine Neuregelung, welche eine Anwendung des BVG § 62 Abs 1 rechtfertigen könnte. Vielmehr gibt sie nur die während der Gültigkeit der DV § 30 Abs 3 und 4 BVG vom 1964-07-30 festgestellte Gesetzesauslegung durch die Rechtsprechung wieder.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 Fassung: 1966-12-28; BVG§30Abs3u4DV § 13 Fassung: 1968-02-28; BVG § 30 Abs 3 u 4 DV § 5 Abs. 1 S. 3 Fassung: 1968-02-28; BVG § 30 Abs 3 u 4 DV § 5 Abs. 1 S. 3 Fassung: 1964-02-21
Tenor
Auf die Sprungrevision der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Juni 1969 und die Bescheide des Beklagten vom 12. November und vom 26. Juli 1968 aufgehoben.
Der Beklagten hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Gründe
Der Ehemann der Klägerin ist im Laufe des letzten Krieges als Soldat gefallen. Er hatte die Volksschule besucht, war Schlosserlehrling gewesen und hatte 1926 die Gesellenprüfung bestanden; vom Jahre 1925 oder 1926 an bis zu seiner Einberufung war er Geschäftsgehilfe in der Kohlen- und Baumaterialienhandlung seines Vaters gewesen, die er später übernehmen sollte. Die Klägerin bezieht neben der Witwengrund- und Ausgleichsrente vom 1. Januar 1964 an Schadensausgleich nach § 40 a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) idF des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (2. NOG). Durch bindend gewordenen Bescheid vom 2. Dezember 1964 wurde hierfür das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 zugrunde gelegt.
Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 40 a BVG wurde durch den Bescheid vom 26. Juli 1968 von Amts wegen der Schadensausgleich vom 1. Januar 1967 an nach der Besoldungsgruppe A 5 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) berechnet, die für die Zeit bis zum 30. September 1968 mit 795.- DM errechnete Überzahlung nicht zurückgefordert und vom 1. Oktober 1968 an Schadensausgleich nur noch in Höhe von 20.- DM monatlich gezahlt. Zur Begründung wurde ausgeführt: Nach der vom 1. Januar 1967 an wirksamen Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 28. Februar 1968 könne eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht mehr im Rahmen des § 5 dieser Verordnung berücksichtigt werden, wenn sie nicht geeignet sei, das wirtschaftliche Ergebnis einer selbständigen Tätigkeit erheblich zu fördern. Dies sei bei der abgeschlossenen Schlosserlehre für das Kohlengeschäft nicht anzunehmen. Nach § 13 Abs. 3 der Verordnung vom 28. Februar 1968 wirke sich die Neufeststellung erst vom 1. Oktober 1968 an aus. Der Widerspruch, mit dem geltend gemacht wurde, der Ehemann der Klägerin habe vom Jahre 1932 an das Geschäft selbständig geführt, blieb aus den gleichen Gründen und auch deshalb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. November 1968), weil die mehrjährige Tätigkeit des Ehemannes im Beruf des Kohlenhändlers nicht geeignet gewesen sei, das wirtschaftliche Ergebnis der selbständigen Tätigkeit erheblich über das auch ohne Berufsausbildung erreichbare Maß zu fördern.
Die Klägerin hat Klage erheben und geltend gemacht, ihr Ehemann habe durch seine abgeschlossene handwerkliche Lehre Reparaturen an den Fahrzeugen selbst ausführen können. Auch habe seine Lange selbständige Tätigkeit das wirtschaftliche Ergebnis der Kohlen- und Baumaterialienhandlung gefördert. Durch Urteil vom 12. Juni 1969 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Vom 1. Januar 1967 an sei der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Schadensausgleich neu festzustellen gewesen, weil durch das Inkrafttreten der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 28. Februar 1968 nach Wegfall der früheren Durchführungsverordnung vom 30. Juli 1964 in § 5 neue Maßstäbe für die Ermittlung von Durchschnittseinkommen aus selbständiger Arbeit gesetzt seien. Diese Änderungen bei der Einstufung stellten eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG dar. Nach dem neu angefügten Satz 3 in § 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung könne eine abgeschlossene Berufsausbildung nur dann berücksichtigt werden, wenn sie u. a. das wirtschaftliche Ergebnis einer selbständigen Tätigkeit erheblich fördere. Dies könne von der abgeschlossenen Schlosserlehre des Ehemanns nicht gesagt werden. Auch ohne die Schlosserlehre hätte er eine Kohlenhandlung mit dem gleichen wirtschaftlichen Erfolg führen können. Weiter könne der Umstand, daß der Ehemann der Klägerin seit 1932 das Kohlengeschäft selbständig geführt habe, zu keiner für die Klägerin günstigeren Entscheidung führen. Denn nach § 5 Abs. 2 der Durchführungsverordnung stehe eine zehnjährige Tätigkeit oder eine fünfjährige selbständige Tätigkeit dem Abschluß einer Berufsausbildung nur dann gleich, wenn diese Tätigkeiten geeignet gewesen seien, das wirtschaftliche Ergebnis der selbständigen Tätigkeit erheblich über das ohne Berufsausbildung erreichbare Maß zu fördern. Bei einer Kohlenhandlung habe aber eine langjährige Tätigkeit keinen wesentlichen Einfluß auf die Höhe des erzielten Umsatzes. Es sei durchaus möglich und wahrscheinlich, daß ein Kohlenhändler bereits nach sehr kurzer Tätigkeit hohe Umsätze erreiche; andererseits könnten einem Kohlenhändler auch nach einer langjährigen Tätigkeit wirtschaftliche Erfolge versagt bleiben. Als Grund für die Zulassung der Berufung ist angegeben: Die Frage, ob es sich bei der Änderung des § 5 der Durchführungsverordnung vom 28. Februar 1968 um eine wesentliche Änderung im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG handele, sei von grundsätzlicher Bedeutung.
Mit Einwilligung des Beklagten hat die Klägerin Sprungrevision eingelegt und beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Bescheid des Versorgungsamts D vom 26. Juli 1968 und den Widerspruchsbescheid vom 12. November 1968 aufzuheben.
Sie rügt mit näherer Begründung eine Verletzung des § 62 Abs. 1 BVG und ist der Ansicht, die Neufassung des § 5 durch die Durchführungsverordnung vom 28. Februar 1968 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG habe gegenüber der früheren Fassung vom 30. Juli 1964 im rechtlichen Gehalt keine solche Änderung gebracht, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG angenommen werden könne. Vielmehr handle es sich nur um eine authentische Interpretation, welche der bisherigen Rechtsprechung entsprochen habe.
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Juni 1969 als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und stützt die angefochtenen Verwaltungsbescheide noch auf § 13 der Durchführungsverordnung vom 28. Februar 1968.
Die Klägerin hat die durch Zulassung der Berufung (§ 150 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), gegen die keine Bedenken bestehen, statthafte Revision form- und fristgerecht unter Vorlage einer Einwilligungserklärung des Beklagten eingelegt und begründet. Ihr zulässiges Rechtsmittel mußte Erfolg haben.
Der Beklagte hat mit den angefochtenen Verwaltungsakten die bindende Wirkung des früheren Bescheides vom 2. Dezember 1964 beseitigt und den Anspruch auf Schadensausgleich gemäß § 40 a BVG neu gestaltet. Eine derartige Neufeststellung ist - weil mit ihr an die Grundlagen der Rechtssicherheit gerührt wird - nur in den engsten Grenzen möglich. Das Gesetz hat sie einerseits in § 41 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) dann zugelassen, wenn der bindend gewordene Bescheid von vornherein rechtswidrig gewesen ist. Andererseits läßt § 62 Abs. 1 BVG eine Neufeststellung zu, wenn und soweit die frühere Feststellung durch eine Änderung der Verhältnisse, die für sie maßgebend gewesen ist, rechtswidrig geworden ist. Diese letztere Voraussetzung hat der Beklagte als Grundlage für sein Verwaltungshandeln genommen. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die Verwaltungsbescheide für rechtmäßig gehalten. Dies ist nicht frei von Rechtsirrtum.
Die tatsächlichen Gegebenheiten für den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Schadensausgleich sind unverändert geblieben. Die rechtliche Grundlage des Anspruchs hat sich jedenfalls insoweit geändert, als die seinerzeit maßgebende Verordnung vom 30. Juli 1964 zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG mit Wirkung vom 1. Januar 1967 durch die Verordnung vom 28. Februar 1968 ersetzt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist § 62 BVG auch anzuwenden, wenn sich die rechtlichen Grundlagen des Anspruchs geändert haben (vgl. statt anderen BSG 10, 202 ff und BSG in BVersBl 1961 S. 146 f Nr. 48). Zu der Änderung der rechtlichen Grundlagen muß allerdings hinzutreten, daß durch Gesetz oder Rechtsverordnung die Voraussetzungen der Höhe des Anspruchs näher geregelt worden sind oder die rechtlichen Grundlagen des Anspruchs konkretisiert, präzisiert und authentisch interpretiert worden sind (BSG aaO). Die Verwaltung und das SG haben zu Unrecht angenommen, daß die Neufassung des § 5 der Durchführungsverordnung eine solche wesentliche Änderung der Rechtsgrundlage bedeutet.
§ 5 Abs. 1 der Verordnung vom 30. Juli 1964 zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG lautete:
Durchschnittseinkommen ist bei selbständig Tätigen mit Volksschulbildung
|
ohne abgeschlossene Berufsausbildung |
A 5, |
mit abgeschlossener Berufsausbildung |
A 7, |
mit abgelegter Meisterprüfung |
A 9, |
selbständig Tätigen mit mindestens dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder mit gleichwertiger Schulausbildung |
ohne abgeschlossene Berufsausbildung |
A 9, |
mit abgeschlossener Berufsausbildung |
A 11, |
selbständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulbildung |
A 14 |
des Bundesbesoldungsgesetzes. Das ermittelte Grundgehalt ist um den Ortszuschlag nach Stufe 2 und Ortsklasse A des Bundesbesoldungsgesetzes zu erhöhen.
§ 5 der Verordnung vom 28. Februar 1968 zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG hat zunächst in Abs. 1 den gleichen Wortlaut wie die Verordnung vom 30. Juli 1964. Die Vorschrift fährt dann wie folgt fort:
Eine abgeschlossene Berufsausbildung, eine abgelegte Meisterprüfung oder eine abgeschlossene Hochschulbildung ist nur zu berücksichtigen, wenn sie die Grundlage für den Beruf bildet, auf dessen Ausübung sich die Schädigung nachteilig auswirkt, oder wenn sie das wirtschaftliche Ergebnis in diesem Beruf erheblich fördert. Einer Mittelschulbildung ist eine andere Schulausbildung nur dann gleichwertig, wenn Abschlusszeugnisse dieses Bildungsganges allgemein und ohne zusätzliche Bedingungen mindestens für das Berufsziel in einem Beruf, der die Grundlage für die selbständige Tätigkeit bildet, wie Abschlußzeugnisse von Mittelschulen gewertet werden.
Die Verordnung vom 28. Februar 1968 bringt sodann in § 5 Abs. 2 eine neue Regelung. Sie besagt:
Dem Abschluß einer Berufsausbildung (Absatz 1) steht eine zehnjährige Tätigkeit oder eine fünfjährige selbständige Tätigkeit in dem Beruf gleich, auf dessen Ausübung sich die Schädigung nachteilig auswirkt, es sei denn, daß diese Tätigkeit nicht geeignet war, das wirtschaftliche Ergebnis der selbständigen Tätigkeit erheblich über das ohne Berufsausbildung erreichbare Maß zu fördern.
Nach der Rechtsprechung des BSG war schon während der Gültigkeit der Verordnung vom 30. Juli 1964 zu prüfen, ob die abgeschlossene Berufsausbildung oder die abgelegte Meisterprüfung für den tatsächlich ausgeübten Beruf förderlich gewesen ist (vgl. statt anderen Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1967 - 8 RV 455/67 - BVBl 1968, 130 Nr. 15). Dies ergab sich ohne weiteres bei einer Auslegung des § 5 der Verordnung vom 30. Juli 1964, weil nach ihrem System der mutmaßliche Berufserfolg selbständig Tätiger grundsätzlich nach Merkmalen des Ausbildungsganges ermittelt werden sollte; bildet doch der Grad der Schul- oder Berufsausbildung einen Anhaltspunkt für den mutmaßlichen Erfolg auch bei einer selbständigen Tätigkeit (vgl. Rundschreiben des BMA vom 27. Dezember 1965 - BVBl 1966 S. 10 Nr. 11 -). Hieraus und aus den in § 30 Abs. 3 und 4 BVG verwendeten Begriffen "Beruf" sowie "Berufs- und Wirtschaftsgruppe" ergab sich zwangsläufig, daß nur die Berufsausbildung im Rahmen des § 5 Abs. 1 berücksichtigt werden konnte, welche auch für den später tatsächlich ausgeübten Beruf förderlich gewesen ist. Dies hat die Verwaltung in dem Bescheid vom 2. Dezember 1964 nicht berücksichtigt. Infolgedessen ist dieser Bescheid von vornherein rechtswidrig gewesen und nicht etwa erst durch die weitere Rechtsentwicklung rechtswidrig geworden. Zur Richtigstellung eines von vornherein rechtswidrigen Bescheides aber ist die Vorschrift des § 62 Abs. 1 BVG nicht geeignet. Infolgedessen beruht der angefochtene Bescheid vom 26. Juli 1968 idF des Widerspruchsbescheides vom 12. November 1968 auf einem Verstoß gegen § 62 Abs. 1 BVG.
Da die Regelung des § 5 Abs. 1 der Verordnung vom 30. Juli 1964 durch die Verordnung vom 28. Februar 1968 hinsichtlich der Zuordnungsmerkmale für die einzelnen Besoldungsgruppen des BBesG nicht etwa außer Kraft gesetzt und durch eine andere Regelung ersetzt worden ist, kann auch keine Rede davon sein, daß die Feststellung des Bescheides vom 2. Dezember 1964 mit dem Außerkrafttreten der Verordnung vom 30. Juli 1964 gegenstandslos geworden wäre und durch eine neue Feststellung hätte ersetzt werden müssen. Zwar ist in der Verordnung vom 28. Februar 1968 - wie sich aus dem oben mitgeteilten Zusatz zum Abs. 1 ergibt - die Berufsausbildung näher erläutert und verlangt worden, sie müsse die Grundlage für den Beruf bilden, auf dessen Ausübung sich die Schädigung nachteilig auswirkt oder müsse das wirtschaftliche Ergebnis in diesem Berufe erheblich fördern. Die Hinzufügung des Wortes "erheblich" stellt keine Neuregelung gegenüber der Verordnung vom 30. Juli 1964 dar, sondern gibt nur das wieder, was oben bereits als Auslegung der Vorschrift des § 5 Abs. 1 durch die Rechtsprechung und als Auffassung der Verwaltung, niedergelegt in dem bereits angeführten Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, bezeichnet worden ist. Allerdings ist auch in dem neu eingefügten Absatz 2 in § 5 der Verordnung vom 28. Februar 1968 bestimmt, daß eine tatsächliche Berufsausübung dann nicht den Abschluß einer Berufsausbildung ersetzen kann, wenn sie nicht geeignet gewesen war, das wirtschaftliche Ergebnis der selbständigen Tätigkeit erheblich über das ohne Berufsausbildung erreichbare Maß zu fördern. Beiden Vorschriften ist gemeinsam, daß die Berufsausbildung und die tatsächliche Berufsausübung als Ersatz des Abschlusses einer Berufsausbildung wesensmäßig mit dem Beruf zusammenhängen müssen, bei dem sie berücksichtigt werden sollen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Berufsausbildung die organische Vorstufe zur Berufsausübung ist. Für die Fälle aber, in denen die Berufsausbildung bzw. die sie ersetzende tatsächlich ausgeübte Tätigkeit auf andere als die wesensmäßig zugeordneten Berufe abzielte, muß geprüft werden, ob die Berufsausbildung oder ihr Ersatz für den Beruf förderlich gewesen sind, dessen Ausübung durch die Schädigung beeinträchtigt worden ist. Ob dabei das Wort "erheblich" hinzugefügt ist oder nicht, macht rechtlich keinen Unterschied. Denn der wirtschaftliche Erfolg, welcher bei der Annahme der Ausbildungsmerkmale bestimmend gewesen ist, läßt sich nicht nach mehr oder weniger förderlich umreißen, sondern nur nach dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt, ob er förderlich ist. Insoweit bringt die Hinzufügung des Wortes "erheblich" gegenüber der Rechtsprechung des BSG und der Auffassung der Verwaltung kein neues Tatbestandsmerkmal. Infolgedessen ist § 5 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung vom 28. Februar 1968 keine Neuregelung, sondern lediglich eine Codifizierung der bereits durch die Rechtsprechung ermittelten Grundlagen und stellt keine wesentliche Änderung der früheren Regelung nach der rechtlichen Seite dar. Damit fehlen auch insoweit die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 62 Abs. 1 BVG.
In der Revisionsinstanz hat der Beklagte die angefochtenen Verwaltungsakte nicht nur auf die Vorschrift des § 62 Abs. 1 BVG, sondern auch auf § 13 der Verordnung vom 28. Februar 1968 gestützt. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des BSG nicht ausgeschlossen, auch in der Revisionsinstanz die rechtliche Grundlage für einen angefochtenen Verwaltungsakt unter bestimmten Voraussetzungen durch eine andere als die ihm beigegebene Begründung zu ersetzen. Entgegen der Auffassung des Beklagten aber kommt § 13 der Verordnung als selbständige Grundlage für eine Kürzung des Schadensausgleichs nicht in Betracht. Zugunsten des Berechtigten kann stets eine Neufeststellung getroffen werden. Zu seinen Lasten aber ist diese Möglichkeit begrenzt, weil die Durchbrechung der bindenden Wirkung und die Rechtssicherheit als übergeordnete Gesichtspunkte stets zu beachten sind. Durch § 30 Abs. 7 BVG ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die im einzelnen aufgeführten Punkte zu regeln. Sie bewegen sich alle im Rahmen des § 30 BVG. Diese Vorschrift aber sieht keine Durchbrechung der bindenden Wirkung vor, sondern dies ist nur - wie bereits oben ausgeführt - im Rahmen des § 62 BVG möglich. Durch die Ermächtigung in § 30 Abs. 7 BVG wäre die Bundesregierung nicht befugt gewesen, die Vorschrift des § 62 BVG zu ergänzen. Infolgedessen kann der § 13 der Verordnung keine selbständige Grundlage zur Durchbrechung der bindenden Wirkung früherer gestaltender Verwaltungsakte mit Dauerwirkung zu Lasten des Berechtigten sein.
Da sonach die angefochtenen Verwaltungsakte rechtswidrig sind und das SG dies verkannt hat, konnte die angefochtene Entscheidung nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr mußte sie auf die Sprungrevision aufgehoben werden. Gleichzeitig unterlagen die angefochtenen Verwaltungsbescheide der Aufhebung, so daß - wie geschehen - zu erkennen war.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen