Leitsatz (amtlich)
1. Die Rentenversicherung für Beschäftigungsverhältnisse im Gebiet der Freien Stadt Danzig ist in der Zeit vom 1920-01-10 bis zum 1939-12-31 nicht nach Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze durchgeführt worden (FRG § 3; FANG Art 2 Nr 1, Art 3 Nr 1, Art 4 Nr 1).
2. Danziger Versicherungszeiten in diesem Zeitraum waren nach EV SV Danzig vom 1940-01-22 §§ 18, 19 von den Trägern der Reichsversicherung zu übernehmen; sie sind deswegen nach FRG §§ 15 und 17 Abs 1 Buchst b anzurechnen und nach FRG § 22 zu bewerten.
3. Ein Verfahren nach der VuVO ist auch dann zulässig, wenn die Versicherungsunterlagen des nichtdeutschen Versicherungsträgers vollständig erhalten sind (VuVO § 11 Abs 2).
Normenkette
FRG § 3 Fassung: 1960-02-25, § 15 Fassung: 1960-02-25, § 17 Abs. 1 Buchst. b Fassung: 1960-02-25; RVO § 1250 Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1960-02-25; AVG § 27 Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1960-02-25; FANG Art. 7 § 3 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1960-02-25; FRG § 22 Anl 1 Buchst. B Fassung: 1960-02-25; SVDanzigEV §§ 18-19; VuVO § 11 Abs. 2 Fassung: 1960-03-03
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 19. Februar 1965 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger begehrt im Verfahren zur Herstellung von Versicherungsunterlagen für die Zeit seiner Beschäftigung in D von Januar 1924 bis Dezember 1939 eine bessere Bewertung (§ 11 Abs. 2 Versicherungsunterlagenverordnung - VuVO - vom 3. März 1960, BGBl I 137).
Der im Jahre 1899 geborene Kläger hat eine Banklehre durchgemacht und war in der Folgezeit bei verschiedenen Banken in D als Angestellter beschäftigt. Die entsprechenden Versicherungskarten - mit Beitragsmarken der Danziger Angestelltenversicherung vom 1. Dezember 1923 an - liegen vor. Schon im Jahre 1922 erhielt der Kläger Handlungsvollmacht und wurde Leiter der Dokumenten-, Waren-, Rembours- und Wechselabteilung bei der Ostbank für Handel und Gewerbe, Zweigniederlassung D, der späteren D Bank für Handel und Gewerbe A.G.; ihm unterstanden zuletzt 20 Angestellte.
Im Laufe des vom Kläger betriebenen Verfahrens zur Herstellung der Versicherungsunterlagen teilte ihm die Beklagte im Jahre 1957 mit, daß die Lohn und Gehaltsklassen der D Versicherung den ihrer Bezeichnung entsprechenden Lohn- und Gehaltsklassen der Invalidenversicherung und Angestelltenversicherung gleichgestellt würden. Als der Kläger später noch die Feststellung von Ersatz- und Ausfallzeiten begehrte, übersandte ihm die Beklagte eine Bescheinigung über seine nachgewiesenen Versicherungszeiten, in der er nunmehr für die Zeit von 1. Januar 1924 bis zum 31. Dezember 1939 in die Leistungsgruppe B 3 der Anlage 1 zu § 22 des inzwischen erlassenen Fremdrentengesetzes (FRG) eingestuft war. Auf den Einspruch des Klägers hin stufte ihn die Beklagte durch Bescheid vom 18. Dezember 1963 für die genannte Zeit in die Leistungsgruppe B 2 ein. Sein hiergegen eingelegter Widerspruch sowie seine anschließende Klage und Berufung waren erfolglos.
Das Landessozialgericht (LSG) ging davon aus, daß für die erwähnten Zeiten der Beschäftigung des Klägers in Danzig allein die Vorschriften des FRG maßgebend seien, und daß dieses Gesetz entgegen der Meinung des Klägers weder gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) noch gegen Art. 14 GG verstoße. Die Auffassung des Klägers, daß erst durch Art. 7 § 3 Abs. 1 Buchst. c des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) die Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in der bisherigen Freien Stadt Danzig vom 22. Januar 1940 mit Wirkung vom 1. Januar 1959 aufgehoben worden sei und daher bis dahin die Vorschriften dieser Verordnung noch anzuwenden seien, treffe nicht zu. Die Einstufung des Klägers in die Leistungsgruppe B 2 sei im übrigen mit Rücksicht auf sein damaliges Lebensalter zu Recht erfolgt, zumal er keine Prokura und nur beschränkte Dispositionsbefugnis besessen habe (Urteil vom 19. Februar 1965).
Mit der - zugelassenen - Revision beantragt der Kläger,
die Urteile des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 3. Juli 1964 und des LSG Niedersachsen vom 19. Februar 1965 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 1963 und des Widerspruchsbescheids vom 23. März 1964 zu verurteilen, ihn für die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 31. Dezember 1939 in die Leistungsgruppe B 1 der Anlage 1 zu § 22 FRG einzustufen,
hilfsweise,
die zur Danziger Angestelltenversicherung entrichteten Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 31. Dezember 1939 entsprechend ihren aufgedruckten Beitragsklassen anzurechnen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit auszusetzen und die Sache nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Er rügt in erster Linie die unrichtige Anwendung der Vorschriften des FRG. Die Beklagte verfahre bei der Einstufung in die einzelnen Leistungsgruppen zu schematisch, wenn sie nur Betriebsdirektoren in der Industrie, Leiter größerer kaufmännischer Betriebe, Geschäftsführer von Berufsgenossenschaften und Krankenkassen sowie Chefärzte von Krankenhäusern in die Leistungsgruppe B 1 einreihe. Eine so enge Auslegung der Anlage 1 zu § 22 FRG werde der von ihm, dem Kläger, bekleideten Stellung als verantwortlicher Leiter einer der wichtigsten Abteilungen in einer Bank am Seehandelsplatz Danzig nicht gerecht. Die Beklagte verkenne, daß die Merkmale im Gruppenkatalog nur als Anhalt für die individuelle Einreihung gedacht seien.
Zum mindesten müßten die für ihn entrichteten Beitragsmarken entsprechend den aufgedruckten Beitragsklassen angerechnet werden. Die Auffassung des LSG, daß die Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in der bisherigen Freien Stadt Danzig vom 22. Januar 1940 keine Rückwirkung auf frühere Zeiten gehabt habe, sei irrig; dies ergebe sich aus §§ 18 und 19 dieser Verordnung. Würden die für ihn tatsächlich entrichteten und durch die Versicherungsunterlagen nachgewiesenen Beiträge nicht wie im Reichsgebiet geleistete Beiträge bewertet, komme das einer Enteignung gleich, die gegen Art. 3 und 14 GG verstoße. Notfalls müsse das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Die Beklagte ist zutreffend vom FRG ausgegangen und hat den Kläger zu Recht in die Leistungsgruppe B 2 der Anlage 1 zu § 22 FRG eingestuft.
Nach den Feststellungen des LSG sind die Versicherungsunterlagen des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 31. Dezember 1939, um die es in diesem Verfahren allein geht, vollständig erhalten. Daher sind weder die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Unterlagen nach § 135 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG - (§ 1413 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) noch die des § 1 VuVO erfüllt. Trotzdem ist das Verfahren zulässig, weil es sich um Zeiten handelt, die nach dem FRG anrechenbar sind (§ 11 Abs. 2 VuVO).
Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Versicherungszeiten, die er in der Zeit vom 1. Januar 1924 bis 31. Dezember 1939 bei dem Versicherungsträger der Freien Stadt Danzig zurückgelegt hat, keine nach § 27 Abs. 1 Buchst. a AVG idF des Art. 3 Nr. 1 FANG anrechnungsfähigen Versicherungszeiten. Mit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages - 10. Januar 1920 - schied das Gebiet der Freien Stadt Danzig aus dem Verband des Deutschen Reiches aus und wurde ein staats- und völkerrechtlich selbständiges Gebiet. Die seitdem in der Freien Stadt Danzig angewendeten Gesetze waren nicht mehr Gesetze des Deutschen Reiches, sondern solche der Freien Stadt Danzig. Das galt auch für die Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung, obwohl sie aus dem alten Reichsrecht übernommen und mit diesen inhaltsgleich waren (vgl. BSG 22, 284, 285). Daran hat die Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in der bisherigen Freien Stadt Danzig vom 22. Januar 1940 (RGBl I 260) nichts geändert; durch sie wurde zwar die Danziger Sozialversicherung mit Wirkung vom 1. Januar 1940 an auf die reichsgesetzliche Sozialversicherung übergeleitet; die Vorschriften der §§ 18, 19 dieser Verordnung hoben aber nicht etwa rückwirkend das Danziger Recht auf und setzten rückwirkend Reichsrecht in Kraft, sondern sie bestimmten, daß die nach Danziger Recht erworbenen Leistungen und Anwartschaften nach den näheren Vorschriften der Verordnung von den Trägern der Reichsversicherung zu übernehmen waren. Diese Zeiten blieben also nach wie vor nach Danziger Recht erworbene Versicherungszeiten. Nur die nach der Einführung der Reichsversicherungsgesetze im Jahre 1940 bis zum Zusammenbruch in Danzig erworbenen Zeiten waren wieder solche, für die "nach früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Invaliden- oder Angestelltenversicherung" (FANG Art. 2 Nr. 1, Art. 3 Nr. 1) Beiträge entrichtet und die daher bei einem "deutschen Versicherungsträger" zurückgelegt worden waren (§ 3 FRG). Während ihrer selbständigen Existenz war die Freie Stadt Danzig - wie oben dargelegt - kein Teil des Deutschen Reiches, waren daher die dort geltenden Gesetze keine Reichsgesetze und die dort erworbenen Versicherungszeiten nicht bei einem deutschen Versicherungsträger (§ 3 FRG) erworben. Das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) - BGBl I 1957, 1215 - unterscheidet zwischen den "unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten" und den Gebieten "außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember 1937" (§ 1 Abs. 1 BVFG), zu denen es ausdrücklich auch Danzig rechnet (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG). Dieser Unterscheidung folgt auch das FRG, wenn es in seinem § 1 Abs. 1 Buchst. a auf § 1 BVFG verweist und dann wieder in § 16 FRG ausdrücklich die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten "ausländischen" Gebiete von den "unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten" unterscheidet. Die während der selbständigen Existenz der Freien Stadt Danzig erworbenen und nach der Eingliederungsverordnung (vom 22. Januar 1940) von den Trägern der Reichsversicherung zu übernehmenden Zeiten fallen daher sowohl unter § 15 als auch unter § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG. Das gilt auch für die hier streitigen, vom Kläger in der Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 31. Dezember 1939 bei dem Danziger Versicherungsträger erworbenen Beitragszeiten.
Allerdings war die Rechtslage bis zum Erlaß des FANG anders gewesen. Zwar hatte die Verordnung vom 22. Januar 1940 mit dem Zusammenbruch ihre unmittelbar verbindliche Kraft verloren; sie galt weder ohne weiteres im Gebiet der ehemaligen Freien Stadt Danzig weiter, noch verpflichtete sie die Versicherungsträger der Bundesrepublik unmittelbar. Deren Verpflichtungen aus Versicherungsverhältnissen waren aber durch das Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (FAG) auf den deutschen Versicherungsträger übergegangen (§ 1 FAG Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 7; § 3). Diese Rechte hätten auch dem Kläger zugestanden, wenn für ihn ein Versicherungsfall eingetreten wäre, solange das FAG galt. Daher war auch die dem Kläger im Jahre 1957 erteilte Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) richtig.
Für den Kläger ist jedoch kein Versicherungsfall eingetreten, solange das FAG in Kraft war. Inzwischen ist diese Auskunft überholt; denn durch das FANG wurden die für etwaige künftige Ansprüche des Klägers maßgebend gewesenen Vorschriften des FAG grundlegend geändert. In der Angestelltenversicherung der Bundesrepublik werden nunmehr alle Zeiten unmittelbar angerechnet, für die auf Grund früherer Vorschriften der reichsgesetzlichen Angestelltenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind, und damit auch die Zeit vor dem 10.Januar 1920 und nach Dezember 1939 für die Beschäftigungen in Danzig (Art. 3 Nr. 1 FANG). Dagegen wurden die in der Zeit von 1920 bis 1939 zu einem Träger der Danziger Versicherung entrichteten Beiträge solche, die nach §§ 15, 17 FRG anzurechnen und nach Maßgabe des § 22 FRG und seiner Anlagen zu bewerten sind, wobei die Zeit vom 1. August 1921 bis zum 31. Dezember 1923 (Inflation) nach Anlage 8 zu § 22 FRG ebensowenig bewertet wird wie die zu der reichsgesetzlichen Versicherung in diesem Zeitraum entrichteten Beiträge. Die Verordnung vom 22. Januar 1940 wurde folgerichtig durch Art. 7 § 3 Abs. 1 Buchst. c FANG "außer Kraft gesetzt", d.h. sie ist von da an im Rahmen des Bundesrechts nicht mehr anwendbar, soweit nicht etwa bei alten Versicherungsfällen noch § 3 FAG gilt.
Dadurch, daß das "Entschädigungsprinzip" des FAG mit dem Inkrafttreten des FANG durch das "Eingliederungsprinzip" des FRG ersetzt worden ist, sind weder das Eigentum der Betroffenen noch ihnen etwa zustehende eigentumsgleiche Rechte verletzt worden (Art. 14 GG). Soweit die Betroffenen schon konkrete Rechte aus Versicherungsfällen vor dem Inkrafttreten des FANG erworben hatten, ist ihr Besitzstand durch die Überleitungsvorschriften des Art. 6 §§ 5 ff FANG gewahrt worden. Diejenigen aber, die wie der Kläger zwar auf Grund des FAG die Aussicht hatten, später eine der darin vorgesehenen Leistungen zu erhalten, für die aber noch kein Versicherungsfall eingetreten war, aus dem sie danach schon einen konkreten Anspruch erworben hatten, der auch beim Inkrafttreten des FANG noch bestand, besaßen damit keine Rechtsposition, die nach Art. 14 GG wie Eigentum geschützt war. Durch die neue gesetzliche Regelung auf Grund des FANG mag zwar das Vertrauen des Klägers auf den Bestand seiner Rechtsposition enttäuscht worden sein; der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht aber nicht so weit, dem Staatsbürger jede Enttäuschung solcher Art zu ersparen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 11. Oktober 1962 in SozR GG Art. 14 Nr. 9 A b 4, 6).
Es widerspricht auch nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, daß die in der Freien Stadt D vor dem 1. Januar 1940 erworbenen Versicherungszeiten nicht wie Zeiten bewertet werden, für die nach "früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Angestelltenversicherung Beiträge wirksam entrichtet worden sind". Wie oben dargelegt, sind die Beiträge nach dem selbständigen Danziger Recht entrichtet worden; sie sind auch durch die Eingliederungsverordnung keine Zeiten reichsgesetzlicher Versicherung geworden, sondern sollten nur nach den näheren Vorschriften der Eingliederungsverordnung wie solche Zeiten bewertet werden. Diese Art der Bewertung hielt das FAG auch für die von den Versicherungsträgern im Bundesgebiet zu übernehmenden Leistungen aufrecht (§ 3 FAG), und zwar für alle in den Jahren nach 1937 "eingegliederten" oder wiedereingegliederten Gebiete, also sowohl für die vor dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages zum Deutschen Reich gehörenden als auch für die erstmals nach 1937 dem Deutschen Reich eingegliederten Gebiete. Wenn nun der Gesetzgeber in § 22 FRG für die Bewertung der unter die §§ 15 ff FRG fallenden Zeiten nicht mehr die unterschiedlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den Herkunftsgebieten maßgebend sein ließ, sondern für alle vom FRG erfaßten Personengruppen (§§ 1, 17 FRG) und zu berücksichtigenden Zeiten (§§ 15, 16 FRG) eine einheitliche, nur nach Versicherungszweigen und Tätigkeitsmerkmalen unterschiedene Bewertung vorschrieb, so hat er damit nicht willkürlich Ungleiches gleich behandelt, sondern, um zu einer für alle nach dem FRG Berechtigten gleichen "verallgemeinernden Norm" zu kommen, zwar gewisse Unterschiede zwischen den "fremden" Wirtschafts- und Rechtsgebieten "vernachlässigt", damit aber eine gleichmäßige Behandlung aller vom FRG Erfaßten im Bundesgebiet gesichert. Der Gesetzgeber hat damit die Grenzen zulässiger Typisierung nicht überschritten (vgl. auch BVerfG 3, 135 Abs. 2). Von dieser Gleichbehandlung sind nicht nur etwa die Vertriebenen aus Danzig betroffen und auch nicht nur andere nach § 17 FRG aus Danziger Zeiten Berechtigte, sondern auch diejenigen, die aus anderen Gebieten vertrieben worden sind oder Ansprüche aus anderen, nun nach dem FRG zu bewertenden Versicherungszeiten erworben haben (vgl. auch BSG 22, 284 ff).
Für die Bewertung der vom Kläger in der streitigen Zeit zurückgelegten Versicherungszeiten sind demnach allein maßgebend die Vorschriften des § 22 FRG und seine Anlagen. Die Revision rügt zu Unrecht eine Verletzung dieser Vorschriften. Wenn das LSG die von der Beklagten vorgenommene Einstufung des Klägers in die Leistungsgruppe B 2 der Anlage 1 zu § 22 FRG für rechtmäßig angesehen hat, so hat es dabei die für die Einstufung geltenden Grundsätze nicht verkannt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat (BSG 24, 113) ergibt sich für die Auslegung des Begriffs "Angestellte in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis" im Sinne der Leistungsgruppe B 1 - in die der Kläger eingestuft werden will - eine Abgrenzung "nach unten" dadurch, daß dieser Gruppe solche Beschäftigte zuzuordnen sind, deren Tätigkeit nach Umfang und Bedeutung über die der Angehörigen der Leistungsgruppe B 2 hinausragt. Ob dies zutrifft, hängt im wesentlichen davon ab, ob besondere Erfahrungen auf dem zugewiesenen Tätigkeitsbereich vorliegen, sei es auf Grund eines höheren Lebensalters oder auf Grund besonderer Ausbildung, und ferner, ob die leitende (unternehmerische) oder beaufsichtigende Funktion mindestens hinsichtlich eines wesentlichen Bereiches des Unternehmens selbständig und selbstverantwortlich wahrgenommen wird. Die Revision macht mit Recht geltend, daß eine allzu enge Auslegung der Eingruppierungsvorschriften nicht dem gesetzgeberischen Willen entspricht (vgl. Eicher, BABl 1965, 610 zu 3). Deshalb werden auch leitende Angestellte, deren Dispositionsbefugnis sehr umfangreich, wenn auch in einzelnen Punkten eingeschränkt ist, in die Leistungsgruppe B 1 eingestuft werden können. Wenn das LSG im vorliegenden Fall dies gleichwohl abgelehnt hat, so hatte es hierfür gewichtige Gründe, nämlich den, daß der Kläger nur für eine, wenn auch verantwortungsvolle Teilaufgabe zuständig war und somit - ohne Prokura - nur beschränkte Aufsichts- und Dispositionsbefugnisse besaß. Dabei hat es als wesentlichen Umstand auch berücksichtigt, daß er am Ende der streitigen Zeit gerade erst das 40. Lebensjahr vollendet hat. Mit dieser Begründung hält sich das LSG im Rahmen der für die Abgrenzung der Leistungsgruppen B 1 und B 2 maßgeblichen Grundsätze. Gewiß mag der Kläger während seiner langjährigen Tätigkeit als Abteilungsleiter auch besondere Erfahrungen erworben und gewisse Aufsichts- und Dispositionsbefugnisse gehabt haben. Dabei darf aber nicht außer acht bleiben, daß der Kläger - wie das LSG festgestellt hat - zwar schon im Alter von 23 Jahren Handlungsvollmacht erhielt, daß er aber nicht etwa zum Prokuristen aufgestiegen ist, immer nur für eine Teilaufgabe zuständig war und bei seiner Tätigkeit stets dem Weisungsrecht der Direktion unterlag und daß sich aus diesen vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen des LSG kein Anhalt dafür ergibt, daß seine Befugnisse im Laufe der Jahre wesentlich erweitert worden seien. Damit fehlt auch ein Anhalt dafür, daß und von wann an etwa seine Tätigkeit, seine Verantwortung und seine Aufsichts- und Dispositionsbefugnisse über die eines Angestellten der Leistungsgruppe B 2 der Anlage 1 § 22 FRG hinausgegangen seien. Das LSG kam somit zutreffend zu dem Ergebnis, daß der Kläger der Leistungsgruppe B 2 zuzuordnen sei. Die Revision des Klägers muß deshalb zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2351501 |
BSGE, 223 |