Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Ermittlung eines fiktiven Gedingerichtsatzes für die Prüfung der wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit iS des RKG § 45 Abs 2, falls der betreffende Tarifvertrag keinen Gedingerichtsatz iS der Rechtsprechung des BSG kennt.

 

Normenkette

RKG § 45 Abs. 2 Fassung: 1957-05-21, Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-05-21

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Februar 1968 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Unter den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger die Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit (§§ 44 Nr. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes - RKG -) zu gewähren ist. Der am 2. Dezember 1922 geborene Kläger ist gelernter Hufschmied. Seit dem Jahre 1956 arbeitete er im Bergbau, und zwar zuletzt vom 1. April 1958 bis zum 19. April 1961 als Gedingeschlepper unter Tage im Bergwerk Penzberg (Oberbayern). Er erhielt im ersten Gedingejahr 80 %, im zweiten Gedingejahr 85 % und zuletzt im dritten Gedingejahr 90 % des Vollhauerlohnes der Gedingegruppe, der er jeweils zugeteilt war. Der Kläger kann wegen eines Augenleidens (degenerative Veränderung der Netzhaut) mit erheblicher Einschränkung des Gesichtsfeldes des rechten Auges unter Tage nicht mehr arbeiten; auch über Tage ist er nur mit Einschränkungen arbeitsfähig.

Mit Bescheid vom 1. September 1961 lehnte die Beklagte die Gewährung der Bergmannsrente ab, weil der Kläger noch in der Lage sei, über Tage (z.B. als Maschinist, Lokfahrer usw.) tätig zu sein und daher noch imstande sei, der früheren Tätigkeit als Gedingeschlepper im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Arbeiten (Arbeiten der Lohngruppe 2 und 3 der Schichtlöhne im Übertagebetrieb der Lohntafeln für den Pechkohlenbergbau in Oberbayern) zu verrichten. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Bescheid vom 2. April 1962 zurück.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) München war im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), daß bei dem für die Beurteilung der Gleichwertigkeit zugrunde zu legenden Lohn von dem Normalgedingelohn (Gedingerichtsatz) auszugehen ist, vor allem streitig, wie dieser Normalgedingelohn in Bayern festzusetzen ist. Die Vereinbarungen der Tarifpartner in Bayern kennen keinen Gedingerichtsatz von der Art, wie er in den tariflichen Vereinbarungen für die Arbeiter des rheinischwestfälischen, des Aachener und des saarländischen Steinkohlenbergbaus jeweils festgesetzt wird. Das SG München holte zur Ermittlung dieses Wertes Gutachten des Dipl. Ing. J und des Bergassessors J ein und wies mit Urteil vom 16. Mai 1966 die Klage ab, weil der Kläger Arbeiten der Lohngruppe 2 der Schichtlöhne im Übertagebetrieb (z.B. Verlader, Lampenkammerarbeiter, Bergestürzer, Laborhelfer und Lesebandarbeiter) verrichten könne und diese Tätigkeiten der Tätigkeit des Gedingeschleppers noch wirtschaftlich gleichwertig seien.

Die gegen das Urteil eingelegte Berufung hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 22. Februar 1968 zurückgewiesen. Es ist der Ansicht, daß als Vergleichslohn des Gedingeschleppers wegen des Fehlens eines Hauergedingerichtsatzes im oberbayerischen Pechkohlenbergbau die entsprechenden Tariflöhne des rheinisch-westfälischen Steinkohlenreviers herangezogen werden müssen. Bei der Anwendung der Lohnordnungen für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau vom 1. Oktober 1960, 1. Juli 1961, 1. Juli 1962, 1. Oktober 1963, 1. Juli 1964, 1. Januar 1965 und 1. Januar 1966 seien für einen Gedingeschlepper vom dritten Jahr an (mit einem gegenüber dem Hauer um 5 v.H. geminderten Hauerdurchschnittslohn) die Tätigkeiten der Lohngruppe II im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig. Der Unterschied zwischen dem Lohn des Gedingeschleppers und demjenigen für eine Tätigkeit der Lohngruppe II habe nach den genannten Lohnordnungen zunächst bis zum 30. September 1963 20,5 v.H. betragen, sei dann ab 1. Oktober 1963 auf 19,5 v.H. gesunken und halte sich ab 1. Juli 1964 bei rund 19,3 v.H.. Dieser Unterschied reiche nicht aus, um zu verneinen, daß diese Tätigkeiten der Tätigkeit als Gedingeschlepper im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig seien. Von den in der Lohngruppe II genannten Tätigkeiten komme die Tätigkeit des 2. Maschinisten als zumutbare Arbeit in Betracht. Diese Tätigkeit könne der Kläger ausüben, weil er über Tage lediglich solche Arbeiten nicht mehr verrichten könne, bei denen er schwer heben und tragen müsse und die besondere Anforderungen an die Sehfähigkeit stellen. Gegen das Urteil ließ das LSG die Revision zu.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt. Nach seiner Ansicht ist es nicht möglich, die zu den Lohnverhältnissen des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ergangene Rechtsprechung für die Entscheidung seines Rechtsstreits heranzuziehen, weil sich daraus Folgerungen ergeben würden, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr übereinstimmten. Die Frage, ob er mit seiner Leistungsminderung wirtschaftlich im wesentlichen gleichwertige Arbeiten gegenüber seiner Gedingeschleppertätigkeit verrichten könne, sei daher nur unter Berücksichtigung der Verhältnisse des oberbayerischen Pechkohlenreviers zu prüfen. Bei der Ermittlung des Verdienstes als Gedingeschlepper sei zu berücksichtigen, daß es in Bayern keine tarifvertragliche Regelung - wie in den Tarifforderungen des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus - gebe, die für einen Gedingeschlepper den Anspruch auf den vollen Gedingelohn ausschließe. Die von den Vorinstanzen vorgenommenen Abzüge vom Gedingelohn eines Hauers seien daher unberechtigt, weil sie nicht tariflich festgelegt seien. Für die Ermittlung der noch zumutbaren Lohnminderung im Rahmen der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit des § 45 Abs. 2 RKG müsse daher der Ausgangslohn festgesetzt werden, der dem ungekürzten tariflichen Normalgedingelohn eines Hauers entspreche. Dieser Normalgedingelohn habe immer und in allen Tarifgebieten in einem - wenn auch schwankenden - Verhältnis zu den tariflichen Schichtlöhnen gestanden. Wenn es in der Grube P - im Gegensatz zu anderen Gruben in Bayern - drei verschiedene Gedingebasen für Hauer nach bestimmten Arbeitsvorgängen gebe, dann könne man - wenn man es überhaupt für möglich halte, von diesen tariflich nicht festgelegten Gedingebasen auszugehen - als für alle gerecht und nicht in sich schwankende Gedingebasis nur die mittlere dieser drei Basen nehmen. Man könne aber nicht - wie es im Gutachten des Bergassessors J geschehen sei - einen Mittelwert dieser drei Gedingebasen unter Berücksichtigung der Anzahl der in den einzelnen Arbeitsvorgängen beschäftigten Vollhauer ermitteln. Wenn man schon einen Mittelwert ermitteln wolle, dann dürfe man auch nicht nur die Vollhauer, sondern müsse alle Gedingearbeiter berücksichtigen. Auch seien bei den zu vergleichenden Löhnen die in den Lohntafeln für den Pechkohlenbergbau in Oberbayern bei den verschiedenen Lohngruppen angegebenen drei Leistungsstufen zu beachten. Im vorliegenden Fall sei selbst dann, wenn man die höchste Leistungsstufe in der Lohngruppe 2 als Vergleichslohn nehme, die wirtschaftliche Gleichwertigkeit der noch möglichen Arbeit des Klägers gegenüber seiner früher ausgeübten Gedingearbeit nicht gegeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Entscheidung des Landessozialgerichts München vom 22. Februar 1968, der Entscheidung des Sozialgerichts München vom 16. Mai 1967 sowie der Bescheide der Beklagten vom 1. September 1961 und 2. April 1962 zu verurteilen, dem Kläger die beantragte Bergmannsrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Wenn der Kläger als Bergmann ausnahmslos im bayerischen Pechkohlenbergbau tätig gewesen sei, so bedeutet das nach Ansicht der Beklagten nicht, daß man sich bei der Verweisung des Klägers auf andere bergmännische Tätigkeiten ausschließlich auf dieses Bergbaugebiet und diese Bergbauart beschränken muß. Da der bayerische Bergbau nach der Stillegung der meisten Gruben nur noch ganz beschränkt aufnahmefähig sei, werde im wesentlichen nur auf außerhalb Bayerns zu verrichtende knappschaftliche Tätigkeiten verwiesen werden können. Deshalb könne es dahinstehen, wie in Bayern der für den Kläger als Gedingeschlepper im dritten Berufsjahr in Betracht kommende Lohn unter Berücksichtigung der für Bayern gültigen Tarifverträge zu ermitteln sei und auf welche Tätigkeiten im bayerischen Bergbau der Kläger noch verwiesen werden könne. Das Berufungsgericht sei deshalb zutreffend von den Verhältnissen im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau ausgegangen und zu einem richtigen Ergebnis gekommen. Im übrigen stehe dem Kläger eine Bergmannsrente auch dann nicht zu, wenn man von den Verhältnissen seines Wohngebietes in Bayern ausgehe.

II

Die zulässige Revision des Klägers mußte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG führen.

Voraussetzung für die Gewährung der Bergmannsrente ist nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 RKG das Vorliegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit und die Erfüllung einer Wartezeit von 60 Kalendermonaten. Die Wartezeit ist im vorliegenden Fall erfüllt. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt also noch davon ab, ob verminderte bergmännische Berufsfähigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG vorliegt. Feststeht, daß der Kläger die von ihm früher verrichtete knappschaftliche Arbeit als Gedingeschlepper unter Tage und sonstige Untertagetätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Es war daher zu prüfen, ob er noch imstande ist, der Gedingetätigkeit im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Übertagearbeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten zu verrichten.

Hinsichtlich der Bewertung der Tätigkeiten bei dem nach § 45 Abs. 2 RKG anzustellenden Vergleich ist von dem Hauptberuf des Gedingeschleppers auszugehen. Die Feststellung, daß der Kläger über Tage noch alle Arbeiten ausführen kann, bei denen er nicht schwer heben und tragen muß, soweit sie nicht besondere Anforderungen an die Sehkraft stellen, und daß es in den in der Lohntafel für den Pechkohlenbergbau in Oberbayern bei den Übertagetätigkeiten der Lohngruppe 2 noch Arbeiten gibt, die er demnach noch verrichten kann (Verlader, Lampenkammerarbeiter, Bergstürzer, Laborhelfer, Lesebandarbeiter, Maschinist) ist nicht angegriffen und daher bindend. Da die sonstigen Voraussetzungen der verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit zumindest bei einigen dieser Tätigkeiten vorliegen, wie auch nicht streitig ist, bleibt nur noch zu klären, ob diese Tätigkeiten der Tätigkeit eines Gedingeschleppers im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig sind.

Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. BSG 3, 171, 179; 25, 231, 232), ist bei der Bewertung der Gedingetätigkeit weder der Individuallohn des Versicherten noch der effektive Durchschnittslohn seiner Berufsgruppe, sondern allein der Tariflohn, also z.B. für einen im Gedinge arbeitenden Hauer im rheinisch-westfälischen, Aachener und saarländischen Steinkohlenbergbau der tarifliche Hauerdurchschnittslohn (Gedingerichtsatz) maßgebend.

Bei dem nach § 45 Abs. 2 RKG anzustellenden Vergleich ist jedenfalls grundsätzlich von den Tarifverträgen auszugehen, die für das Bergbaugebiet maßgebend sind, in welchem der Versicherte gearbeitet hat. Es ist daher jedenfalls im Grundsatz nicht richtig, bei der Prüfung des Vorliegens wirtschaftlicher Gleichwertigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG von tariflichen Verhältnissen auszugehen, die für den Versicherten nicht vorgelegen haben und die daher den Vorstellungen über den wirtschaftlichen Wert verschiedener Tätigkeiten nicht entsprechen. Das geschieht aber, wenn man bei der Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit Tarifverträge und Lohnordnungen zugrundelegt, die weder für die aufgegebene Arbeit gegolten haben noch für die möglicherweise in demselben Tarifgebiet aufzunehmenden Arbeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben gelten. Das LSG durfte also bei der Prüfung der Frage, ob der Hauptberuf des Klägers im Verhältnis zu den noch ausübbaren knappschaftlichen Tätigkeiten im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig ist, nicht von den Werten der im rheinischwestfälischen Steinkohlenbergbau geltenden Tarifverträge und Lohnordnungen ausgehen.

Das LSG hätte vielmehr für den oberbayerischen Pechkohlenbergbau, in welchem es keinen echten Gedingerichtsatz gibt, anderweitig den Wert ermitteln müssen, der in diesem Bergbaugebiet fiktiv für die Anwendung des § 45 Abs. 2 RKG als Gedingerichtsatz angenommen werden kann. Dafür bietet sich der durchschnittliche Prozentsatz an, um den in anderen vergleichbaren Bergbaugebieten der Gedingerichtsatz über dem höchsten tariflichen Schichtlohn liegt. Es ist nämlich anzunehmen, daß dieser Prozentsatz im oberbayerischen Pechkohlenbergbau zumindest in etwa gleich hoch ist wie in den anderen vergleichbaren bergbaulichen Tarifgebieten, die einen echten Gedingerichtsatz im Sinne der Rechtsprechung des BSG kennen. Ohne weiteres kann angenommen werden, daß die Gedingearbeit tariflich allgemein höher als die höchste Schichtlohntätigkeit eingestuft wird. Man kann darüber hinaus aber auch annehmen, daß diese prozentuale Differenz in allen vergleichbaren Bergbaugebieten in etwa gleich hoch sein wird. Denn die mannigfaltigen Gründe, die zu dieser Differenz zwischen höchstem tariflichen Schichtlohn und Gedingerichtsatz führen - z.B. allgemein betriebliche, leistungsbezogene, soziale und sonstige tarifpolitische Gründe - werden in allen vergleichbaren bergbaulichen Tarifgebieten in etwa das gleiche Gewicht für die Höhe dieser Differenz haben. Da die übrigen bergbaulichen Tarife keinen echten Gedingerichtsatz im Sinne der Rechtsprechung des BSG ausweisen, können allerdings nur die Tarifverträge für den rheinisch-westfälischen, den Aachener und den saarländischen Steinkohlenbergbau herangezogen werden, um die übliche durchschnittliche prozentuale Differenz zwischen höchstem bergbaulichen Schichtlohn und Gedingerichtsatz zu ermitteln. Die Relation zwischen höchstem Schichtlohn und Gedingerichtsatz (Hauerdurchschnittslohn) schwankten im rheinischwestfälischen Steinkohlenbergbau und im Aachener Steinkohlenbergbau in der Zeit von April 1961 bis Juli 1968 zwischen 5,8 und 6,6 %. Im saarländischen Steinkohlenbergbau schwankten diese Werte im gleichen Zeitraum zwischen 3,4 und 4,8 %. Im Durchschnitt ist, wenn berücksichtigt wird, daß der saarländische Bergbau insofern nicht dasselbe Gewicht haben kann wie die beiden anderen Bergbaugebiete, die Differenz mit 5,5 % anzusetzen. Diese prozentuale Differenz kann - fiktiv - auf den oberbayerischen Pechkohlenbergbau für die Anwendung des § 45 Abs. 2 RKG übernommen werden. Die Gründe, die in den oben angeführten Bergbaugebieten durchschnittlich zu einer Differenz von 5,5 % geführt haben, werden, so kann man annehmen, im oberbayerischen Pechkohlenbergbau in etwa dieselben sein und dasselbe Gewicht haben.

Als Besonderheit weisen die bayerischen Lohntafeln allerdings im Gegensatz zu den Lohnordnungen der o.a. übrigen Tarife innerhalb der einzelnen Lohngruppen noch drei Leistungsstufen aus. Bei der Ermittlung des fiktiven Gedingerichtsatzes für den oberbayerischen Pechkohlenbergbau muß daher von demjenigen höchsten tariflichen Schichtlohn ausgegangen werden, der dem gewogenen Mittel der Werte der drei Leistungsstufen des höchsten tariflichen Schichtlohnes entspricht. Das bedeutet, daß der Durchschnittslohn der betreffenden Lohngruppe nicht nur durch eine rechnerische Ermittlung des Mittels der Werte der drei Leistungsstufen festgestellt werden kann, sondern daß dabei auch berücksichtigt werden muß, wie viele Arbeiter jeweils nach den einzelnen Leistungsstufen entlohnt werden. Der wirtschaftliche Wert der Arbeit eines im Gedinge arbeitenden Hauers im Pechkohlenbergbau in Oberbayern ist somit für die Anwendung des § 45 Abs. 2 RKG dadurch fiktiv festzustellen, daß der gewogene Mittelwert der drei Leistungsstufen des höchsten tariflichen Schichtlohnes errechnet und der so ermittelte Wert um 5 1/2 % erhöht wird.

Da die Lohntafeln für den Pechkohlenbergbau in Bayern - ebenfalls anders als die anderen o.a. Lohnordnungen - keine Regelung darüber enthalten, welchen Prozentsatz des Gedinges ein Gedingeschlepper erhält, ist nach der Festsetzung des fiktiven Hauerdurchschnittslohnes (Gedingerichtsatzes) zu ermitteln, welcher Abschlag für Lehrhauer und Gedingeschlepper zu machen ist. Sollte ein solcher Abschlag auch nicht anderweitig festgelegt sein, so kommt es darauf an, welche Regelung üblich ist.

Nach dieser Ermittlung des fiktiven tariflichen Gedingeschlepperlohnes ist bei der Durchführung des nach § 45 Abs. 2 RKG vorzunehmenden Vergleichs zu prüfen, ob der Schichtlohn der Lohngruppe 2 im Übertagebetrieb dem tariflichen Gedingeschlepperlohn im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig ist. Bei der Ermittlung des Wertes der Vergleichstätigkeiten ist, da auch für diese drei Leistungsstufen gelten, festzustellen, in welche dieser Leistungsstufen ein Gedingeschlepper, der aus gesundheitlichen Gründen zur Übertagearbeit übergehen muß, üblicherweise eingestuft wird.

Wenn eine solche üblicherweise in Betracht kommende Leistungsstufe nicht ermittelt werden kann, ist auch hier das gewogene Mittel der Werte der drei Leistungsstufen maßgebend.

Da der Senat die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen für den nach § 45 Abs. 2 RKG anzustellenden Vergleich nicht treffen kann, mußte das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.

Dabei wird das LSG auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2284719

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