Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuberechnung einer Umstellungsrente. Rücknahme eines Verwaltungsakts. Umfang der Überprüfung
Leitsatz (amtlich)
1. Art 2 § 31 Abs 3 S 1 AnVNG idF des saarländischen Gesetzes Nr 590 vom 13.7.1957 (ABl SL 1957, 789) ist revisibles Recht.
2. Zur Errechnung des Steigerungsbetrages iS Art 2 § 31 Abs 3 S 1 AnVNG idF des saarländischen Gesetzes Nr 590 vom 13.7.1957 (ABl SL 1957, 789).
Leitsatz (redaktionell)
Die Umstellung einer Versichertenrente durch Neuberechnung ab 1.1.1957 im Saarland kann nicht auf der Grundlage eines Mindeststeigerungsbetrages, vielmehr nur des tatsächlichen Steigerungsbetrages erfolgen. In diesem Falle ist die Vorschrift des § 44 Abs 1 SGB 10 nicht in Bezug zu nehmen.
Orientierungssatz
Die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 44 SGB 10 setzt, anders als nach § 79 AVG idF vom 23.2.1957 (= § 1300 RVO), nicht mehr voraus, daß die Behörde von der Unrichtigkeit des früheren Bescheides überzeugt ist oder als überzeugt zu gelten hat. Im Rahmen des § 44 Abs 1 S 1 SGB 10 kommt es nur noch auf die "einfache Rechtswidrigkeit" des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes und nicht mehr zusätzlich auf die Überzeugungsbildung der Behörde von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes an, innerhalb derer ihr nach dem bis zum 31.12.1980 geltenden Rechtszustand ein gewisser, gerichtlich nicht voll nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zugestanden hat. Demzufolge unterliegt es im Rechtsstreit der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung, ob der frühere Verwaltungsakt iS des § 44 Abs 1 S 1 SGB 10 rechtswidrig gewesen und die Behörde deswegen zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (vgl BSG 25.10.1984 11 RA 60/83).
Normenkette
SGB 10 § 44 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1980-08-18; AnVNG Art. 2 § 31 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1957-07-13; ArVNG Art. 2 § 32 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1957-07-13; SGG § 162
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Neuberechnung einer Umstellungsrente.
Die seinerzeit auch für die Angestelltenversicherung (AV) zuständige Landesversicherungsanstalt (LVA) des Saarlandes bewilligte der im Jahre 1924 geborenen und in Luxemburg wohnhaften Klägerin für die Zeit ab 1. Juli 1953 Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit (BU) nach den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der Fassung des (saarländischen) Gesetzes über die Neuordnung der Rentenberechnung und über sonstige Änderungen in den Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten vom 2. Februar 1952 (ABl. S. 222) - im folgenden bezeichnet als: AVG Saar a.F.- (Bescheide vom 23. Mai 1955 und 3. August 1956). Die Höhe des Ruhegeldes betrug bis zum 31. Dezember 1956 durchgehend 8.000,-- Francs (frs.) monatlich. Es setzte sich zuletzt aus einem Grundbetrag von 4.000,-- frs., dem Mindeststeigerungsbetrag (§ 36 Abs. 9 AVG Saar a.F. in Verbindung mit § 1269 der Reichsversicherungsordnung -RVO- in der Fassung des Gesetzes vom 2. Februar 1952 - im folgenden bezeichnet als: RVO Saar a.F. - von 3.000,-- frs. und einem nach Wegfall einer früher gezahlten vorläufigen Rentenzulage bestandsgeschützten Zahlbetrag von 1.000,-- frs. zusammen. Gegenüber dem Mindeststeigerungsbetrag von 3.000,-- frs. belief sich der aus dem versicherungspflichtigen Bruttoverdienst errechnete Steigerungsbetrag ab 1. Juni 1956 auf lediglich 1.980,-- frs. monatlich.
Mit Wirkung ab 1. Januar 1957 stellte die LVA das bisherige Ruhegeld der Klägerin nach den Vorschriften des Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten (Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz -AnVNG-) vom 23. Februar 1957 (BGBl. I S. 88) in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU-Rente; vgl. Art. 2 § 37 Abs. 2 AnVNG) um. Der Umstellungsberechnung legte sie gemäß ihrem Bescheid vom 9. Mai 1958 Art. 2 § 31 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 AnVNG in der Fassung des Gesetzes Nr. 590 zur Einführung des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes im Saarland vom 13. Juli 1957 (ABl.S.789; im folgenden: AnVNG Saar) zugrunde. Auf der Grundlage des zuletzt errechneten Steigerungsbetrages von monatlich 1.980,-- frs. und eines Umstellungsfaktors von 0,0429 errechnete die LVA eine monatliche Rente von 85,-- DM oder 8.500,-- frs. Da jedoch gegenüber diesem Betrag die bis zum 31. Dezember 1956 festgestellte Rente (8.000,-- frs.) zuzüglich eines Sonderzuschusses (Art. 2 § 35 Abs. 1 AnVNG) von 2.100,-- frs. mit zusammen 10.100,-- frs. höher war, wurde der Klägerin ab 1. Januar 1957 dieser höhere Betrag gezahlt und er bzw. der ihm entsprechende DM-Betrag den späteren Rentenanpassungen zugrundegelegt. Ab 1. Juli 1960 übernahm die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Rentenzahlung.
Im November 1978 beantragte die Klägerin eine Neufeststellung der umgestellten Rente mit der Begründung, der Umstellung hätte anstelle des tatsächlich errechneten Steigerungsbetrages von 1.980,-- frs. der Mindeststeigerungsbetrag von 3.000,-- frs. zugrundegelegt werden müssen. Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, die Rente sei unter Zugrundelegung des tatsächlichen Steigerungsbetrages richtig umgestellt worden, und lehnte mit Bescheid vom 17. April 1979 eine Neufeststellung gemäß § 79 AVG in seiner bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Fassung (= a.F.) ab.
Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 11. April 1980, Urteile des Sozialgerichts -SG- Berlin vom 27. Oktober 1981 und des Landessozialgerichts -LSG- Berlin vom 15. April 1983). Das LSG hat die Zurückweisung der Berufung im wesentlichen wie folgt begründet:
Rechtsgrundlage der Entscheidung sei nicht mehr § 79 AVG a.F., sondern der ab 1. Januar 1981 geltende § 44 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren (SGB 10) vom 18. August 1980 (BGBl. I S. 1469). Die Vorschrift erfasse nach der Übergangsregelung des Art. II § 40 Abs. 2 SGB 10 auch diejenigen Verfahren, in denen der Versicherungsträger zwar vor dem 1. Januar 1981 die Aufhebung eines Verwaltungsaktes abgelehnt habe, es deswegen aber zu einem Rechtsstreit gekommen sei und die ihn abschließende Entscheidung erst nach dem 31. Dezember 1980 ergehe. § 44 Abs. 1 SGB 10 setze anders als § 79 AVG a.F. nicht voraus, daß die Behörde von der Rechtswidrigkeit der früheren Bescheide überzeugt sein müsse. Vielmehr genüge die Überzeugung des Gerichts, daß bei Erlaß des früheren Bescheides das Recht unrichtig angewandt und von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden seien. Die LVA des Saarlandes habe bei der Umstellung des Ruhegeldes der Klägerin das Recht nicht unrichtig angewandt. Den in Art. 2 § 31 Abs. 3 AnVNG Saar verwendeten Begriff des "Steigerungsbetrages", der zur Ermittlung der "übrigen Rentenbestandteile" erforderlich sei, habe der Gesetzgeber offenbar als bekannt vorausgesetzt. Er könne nur aus dem vor Inkrafttreten des AnVNG gültig gewesenen Recht verstanden werden. In diesem Sinne sei unter Steigerungsbetrag der sich aus § 36 AVG a.F. ergebende Steigerungsbetrag zu verstehen. Er sei nicht identisch mit dem nach Art. 2 § 31 Abs. 3 AnVNG Saar zu errechnenden "monatlichen Steigerungsbetrag der Rente". In diesem und nur in diesem Zusammenhang sei der in der Vorschrift enthaltene Hinweis von Bedeutung, daß § 36 Abs. 9 AVG Saar a.F. in Verbindung mit § 1269 RVO Saar a.F. nicht anwendbar sein solle. Demnach solle der für die Errechnung der "übrigen Rentenbestandteile" im Sinne des Art. 2 § 31 Abs. 3 AnVNG Saar erforderliche Steigerungsbetrag allein der tatsächliche Steigerungsbetrag und nicht der Mindeststeigerungsbetrag nach § 36 Abs. 9 AVG Saar a.F. sein. Nach Abzug der "übrigen Rentenbestandteile" (Grundbetrag von 4.000,-- frs., besitzgeschützte Rentenzulage von 1.000,-- frs., Differenz zwischen tatsächlichem und Mindeststeigerungsbetrag von 1.020,-- frs.) ergebe sich ein monatlicher Steigerungsbetrag der Rente im Sinne des Art. 2 § 31 Abs. 1 AnVNG Saar in Höhe von 1.980,-- frs., der dem tatsächlichen Steigerungsbetrag nach § 36 AVG Saar a.F. entspreche. Er sei bei der Umstellung der Rente berücksichtigt worden. Wäre statt dessen entsprechend der Meinung der Klägerin von dem Mindeststeigerungsbetrag auszugehen gewesen, so hätte sich die Änderung des Art. 2 § 31 Abs. 3 AnVNG für das Saarland erübrigt. Außerdem entspreche die Anknüpfung an den tatsächlichen Steigerungsbetrag bei der Umstellung der alten Renten dem Sinn und Zweck des Umstellungsverfahrens. Zu den "übrigen Rentenbestandteilen" im Sinne des Art. 2 § 31 Abs. 3 AnVNG Saar gehörten neben dem Grundbetrag auch die besitzgeschützte Rentenzulage von 1.000,-- frs. und die Differenz zwischen tatsächlichem und Mindeststeigerungsbetrag von 1.020,-- frs. monatlich.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor, das LSG habe zu Recht § 44 Abs. 1 SGB 10 angewandt und demgemäß voll überprüft, ob bei Erlaß des Ausgangs-Verwaltungsaktes vom 9. Mai 1958 das Recht unrichtig angewendet worden sei. Unzutreffend sei jedoch die Rechtsauffassung, daß der für die Umstellung gemäß Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar maßgebende Steigerungsbetrag identisch sei mit dem tatsächlichen Steigerungsbetrag nach dem AVG Saar a.F. Die "übrigen Rentenbestandteile" im Sinne des Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar seien lediglich diejenigen, welche sich aus einer theoretischen Berechnung der Rente gemäß den vor Inkrafttreten des AnVNG zuletzt geltenden Vorschriften, jedoch ohne Anwendung des § 36 Abs. 9 AVG Saar a.F. ergäben. Letztere Vorschrift habe nicht die Steigerungsbeträge, sondern lediglich den Mindeststeigerungsbetrag geregelt. Dieser sei rechtlich und sachlich etwas anderes als der Steigerungsbetrag im Sinne des Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar. Sie (Klägerin) gehöre zur Gruppe derjenigen Rentner, deren Renten erst nach Einführung des französischen Franken als Währungseinheit im Jahre 1947 und somit bereits in französischen Franken und nach dem besonderen saarländischen Leistungsrecht festgesetzt worden seien, wobei in den Steigerungsbeträgen schon Entgelte in Franken aus der Zeit ab 1947 enthalten seien. Bei diesen Rentnern sei, wie sich aus Buchst. D der "Rechnungsgrundlagen zu den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen im Saarland, Vorbemerkung" (ABl. 1957, 775, 778) ergebe, in den maßgebenden Umstellungsfaktoren der Anlage 3 zu Art. 2 § 31 AnVNG Saar bereits der tatsächliche Steigerungsbetrag extrapoliert und somit lediglich er berücksichtigt worden. Danach gehöre zu den übrigen Rentenbestandteilen im Sinne des Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar nur der Grundbetrag von 4.000,-- frs. Demgemäß sei die Umstellung nach einem Steigerungssatz von ebenfalls 4.000,-- frs. vorzunehmen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 15. April 1983 und des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 1981 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17. April 1979 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. April 1980 zu verurteilen, das Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit mit Wirkung vom 1. Januar 1957 unter Zugrundelegung eines Steigerungsbetrages von 4.000,-- Franken neu umzustellen und die sich aus der Neuumstellung ergebenden Mehrbeträge nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Auch sie ist der Ansicht, Rechtsgrundlage der Entscheidung sei § 44 Abs. 1 SGB 10. Hiernach sei aber ähnlich wie nach den zu § 79 AVG a.F. entwickelten Rechtsgrundsätzen die Behörde nur dann zur Überprüfung ihrer Entscheidung verpflichtet, wenn sich aus dem Vorbringen des Betroffenen und auch aus sonstigen Umständen ergebe, daß die Entscheidung unrichtig sein könne. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Das Ruhegeld der Klägerin sei zu Recht unter Zugrundelegung des tatsächlichen Steigerungsbetrages von 1.980,-- frs. umgestellt worden.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin begehrt eine für sie günstigere erneute Umstellung des ihr bis zum 31. Dezember 1956 gewährten Ruhegeldes wegen BU mit Wirkung ab 1. Januar 1957. Rechtsgrundlage dieses Begehrens ist, wie das LSG zutreffend erkannt hat und wovon übereinstimmend auch die Beteiligten ausgehen, § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 10. Hiernach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei Erlaß eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 ist im vorliegenden Fall anwendbar. Das ergibt sich aus der Übergangsregelung des Art. II § 40 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB 10. Danach ist u.a. § 44 SGB 10 erstmals anzuwenden, wenn nach dem 31. Dezember 1980 ein Verwaltungsakt aufgehoben wird. Dies gilt auch dann, wenn der aufzuhebende Verwaltungsakt vor dem 1. Januar 1981 erlassen worden ist. Allerdings hat die Beklagte schon vor diesem Zeitpunkt (Bescheid vom 17. April 1979, Widerspruchsbescheid vom 11. April 1980) die von der Klägerin begehrte Aufhebung des Bescheides vom 9. Mai 1958 und Neuberechnung der Umstellungsrente abgelehnt. Indes ist das sich daran anschließende gerichtliche Verfahren bis heute und somit über den 31. Dezember 1980 hinaus anhängig. Auch in einem solchen Übergangsfall findet nach dem Beschluß des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. Dezember 1982 (BSGE 54, 223, 226 ff = SozR 1300 § 44 Nr. 3 S. 4 ff; daran anschließend BSG SozR 2200 § 1251 Nr. 102 S. 280; 1200 § 59 Nr. 5 S. 8; Urteil vom 11. April 1984 - 12 RK 68/82 -) § 44 SGB 10 Anwendung.
Die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach dieser Vorschrift setzt, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend entschieden hat, anders als nach § 79 AVG a.F. nicht mehr voraus, daß die Behörde von der Unrichtigkeit des früheren Bescheides überzeugt ist oder als überzeugt zu gelten hat. Im Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 kommt es nur noch auf die "einfache Rechtswidrigkeit" des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes und nicht mehr zusätzlich auf die Überzeugungsbildung der Behörde von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes an, innerhalb derer ihr nach dem bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Rechtszustand ein gewisser, gerichtlich nicht voll nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zugestanden hat. Demzufolge unterliegt es im Rechtsstreit der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung, ob der frühere Verwaltungsakt im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 rechtswidrig gewesen und die Behörde deswegen zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (BSGE 55, 87, 89 = SozR 1300 § 44 Nr. 4 S. 13; BSG SozR 2200 § 1251 Nr. 102 S. 280 f; Urteil vom 25. Oktober 1984 - 11 RA 60/83).
Die Klägerin leitet eine Unrichtigkeit des Umstellungsbescheides vom 9. Mai 1958 aus einer angeblich fehlerhaften Anwendung des Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar her und rügt auch mit der Revision eine Verletzung dieser Vorschrift durch das LSG. Diese Revisionsrüge kann der Senat auf ihre Begründetheit prüfen. Sie betrifft die Verletzung revisiblen Rechts. Nach § 162 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann die Revision nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar ist eine Vorschrift des Bundesrechts. Zwar ist das Gesetz Nr. 590 vom Landtag des Saarlandes beschlossen worden und die darauf beruhende Fassung des Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar allein im Saarland und damit lediglich im Bezirk des LSG für das Saarland gültig. Gleichwohl ist die Vorschrift Bundesrecht. Das ergibt sich aus § 6 des Gesetzes über die Eingliederung des Saarlandes vom 23. Dezember 1956 (BGBl. I S. 1011; im folgenden: EinglG). Soweit für den vorliegenden Fall einschlägig, wird danach das Saarland ermächtigt, bis zum Ende der Übergangszeit nach Art. 3 des Saarvertrages mit Zustimmung der Bundesregierung im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, soweit nicht allgemeines Bundesrecht im Saarland eingeführt ist oder der Bund neues Recht mit Geltung für das Saarland setzt, auf Sachgebieten, die im gesamten übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG) bundeseinheitlich geregelt sind, neues Recht zu setzen (§ 6 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EinglG). Die so erlassenen Rechtsvorschriften gelten als Bundesrecht (§ 6 Satz 2 EinglG). Das trifft auch auf Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar zu. Die Vorschrift ist in der Zeit zwischen der Eingliederung des Saarlandes und dem Ende der Übergangszeit (31. Dezember 1959) nach Art. 3 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage vom 27. Oktober 1956 (BGBl. II S. 1587 = Saarvertrag) erlassen worden. Sie stellt eine Übergangsregelung im Bereich der Angestelltenversicherung dar und gehört damit zum Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 Nr. 12 GG; vgl. dazu BSGE 27, 91, 92 = SozR Nr. 1 zu § 12 HüttenknPensionsG Saar vom 7.11.1952). Im Umfange ihres Regelungsinhaltes ist nicht allgemeines Bundesrecht im Saarland eingeführt worden. Vielmehr ist nach Art. 3 § 6 AnVNG (Bund) die Geltung der Vorschriften des AVG und des AnVNG im Saarland der Regelung durch besonderes Gesetz - eben das Gesetz Nr. 590 - vorbehalten worden und dieses besondere Gesetz auch nach dem Ende der Übergangszeit am 31. Dezember 1959 in Kraft geblieben (vgl. § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Einführung von Bundesrecht im Saarland vom 30. Juni 1959; BGBl. I S. 313). Schließlich betrifft Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar ein Sachgebiet (vgl. zu diesem Begriff BSGE 27 aaO. und BSG SozR Nr. 1 zu § 2 G 345 Saar vom 20.6.1952), welches im gesamten übrigen Geltungsbereich des GG bundesrechtlich - nämlich durch das AnVNG vom 23. Februar 1957 - geregelt worden ist. Die nach Meinung der Revision verletzte Vorschrift gilt nach alledem gemäß § 6 Satz 2 EinglG als Bundesrecht.
In der Sache selbst kann die Revision der Klägerin nicht zum Erfolg führen. Das angefochtene Urteil erweist sich als zutreffend. Bei der Umstellung des früheren Ruhegeldes der Klägerin zum 1. Januar 1957 durch den Bescheid vom 9. Mai 1958 ist nicht im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 das Recht unrichtig angewendet worden.
Rechtsgrundlage der Rentenumstellung ist Art. 2 § 31 AnVNG Saar gewesen. Danach wird die Rente eines Versicherten umgestellt, indem der nach Abs. 3 zu errechnende monatliche Steigerungsbetrag der Rente mit dem in Zehntausendstel angegebenen Wert der Tabelle der Anlage 3 vervielfältigt wird, der dem Geburtsjahr und dem Jahr des Beginns der Rente des Versicherten entspricht. Der sich ergebende Betrag ist die monatliche Rente in Deutscher Mark; sie wird auf 10 Deutsche Pfennige nach oben abgerundet (Art. 2 § 31 Abs. 1 AnVNG Saar). Als Steigerungsbetrag wird der Teil des monatlichen Rentenzahlbetrages zugrundegelegt, der sich nach Abzug der übrigen Rentenbestandteile ergibt, wie sie auf Grund der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zuletzt geltenden Vorschriften, jedoch ohne Anwendung des § 36 Abs. 9 des Angestelltenversicherungsgesetzes alter Fassung in Verbindung mit § 1269 RVO alter Fassung, festzustellen wären (Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar). Der Satzteil "jedoch ohne Anwendung ..." bis" ... Reichsversicherungsordnung alter Fassung" ist in dem für das übrige Bundesgebiet geltenden Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG nicht enthalten. Der in der für das Saarland geltenden Vorschrift in Bezug genommene § 36 Abs. 9 AVG Saar a. F. hat bestimmt, daß für den Mindeststeigerungsbetrag § 1269 der Reichsversicherungsordnung (Saar) entsprechend gilt. Nach § 1269 RVO Saar a. F. wiederum hat der Steigerungsbetrag mindestens 36.000 Franken im Jahr betragen. Auch nach dem damals im übrigen Bundesgebiet geltenden Recht der Invalidenversicherung hat es einen Mindeststeigerungsbetrag gegeben (§ 1269 RVO a.F.). Eine dem § 36 Abs. 9 AVG Saar a.F. entsprechende Regelung hat dagegen im übrigen Bundesgebiet nicht gegolten.
Schon nach dem Wortlaut des Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar hat der Umstellung des Ruhegeldes der Klägerin ein Steigerungsbetrag von lediglich 1.980,-- frs. zugrundegelegt werden können. Auszugehen ist - immer nach dem Stande vom 31. Dezember 1956 - von dem monatlichen Rentenzahlbetrag. Dieser hat im Falle der Klägerin 8.000,-frs. betragen. Von ihm sind alle übrigen Rentenbestandteile abzuziehen, wie sie aufgrund der vor dem Inkrafttreten des AnVNG Saar zuletzt geltenden Vorschriften ohne Anwendung der § 36 Abs. 9 AVG, § 1269 RVO Saar a.F. festzustellen wären. Durch die Verwendung des Wortes "wären" wird unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß es für die Feststellung der übrigen Rentenbestandteile nicht erheblich ist, wie die Rente vor dem 1. Januar 1957 tatsächlich berechnet worden ist. Ausschlaggebend ist, wie sie vor diesem Stichtag zu berechnen gewesen wäre, und zwar ohne Anwendung der § 36 Abs. 9 AVG, § 1269 RVO Saar a.F., d.h. gleichermaßen so, als hätten diese Vorschriften zur Zeit der Rentenberechnung nicht gegolten und als wäre demzufolge bei den saarländischen Renten aus der Angestelltenversicherung ein Mindeststeigerungsbetrag nicht zu berücksichtigen gewesen. Bei einer solchen Berechnung hätte das Ruhegeld der Klägerin per 31. Dezember 1956 monatlich 6.980,-- frs. (4.000,-- frs. Grundbetrag, 1.980,-- frs. tatsächlicher Steigerungsbetrag, 1.000,-- frs. besitzstandsgeschützter Zahlbetrag) und damit nach Abzug der übrigen Rentenbestandteile (Grundbetrag, besitzstandsgeschützter Zahlbetrag) der Steigerungsbetrag allein 1.980,-- frs. betragen. Dieser Betrag hat nach Art. 2 § 31 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar der Rentenumstellung zugrundegelegt werden müssen.
Dieses Ergebnis entspricht dem Sinn und Zweck des Umstellungsverfahrens. Ziel der Rentenreform des Jahres 1957 ist gewesen, die Rentner - und zwar ebenso wie die Neurentner mit Versicherungsfällen nach dem 31. Dezember 1956 auch die "Bestandsrentner" mit Versicherungsfällen vor dem 1. Januar 1957 - entsprechend dem ökonomischen Wert ihrer früher geleisteten Arbeit an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Verhältnisse der Arbeiter und Angestellten teilnehmen zu lassen. Dabei hat für die Gruppe der Bestandsrentner möglichst schnell und unter Vermeidung eines zu hohen Verwaltungsaufwandes eine Verbesserung der Leistungen erreicht werden sollen. Deswegen haben die Neuregelungsgesetze für diese Gruppe der Rentner nicht eine "Umrechnung" ihrer Rente nach den neuen Vorschriften im einzelnen, sondern lediglich eine pauschalierende "Umstellung" vorgesehen. Diese Umstellung ist dadurch erfolgt, daß ein Bestandteil der bisherigen Rente, nämlich der Steigerungsbetrag, mit einem Faktor vervielfältigt worden ist, der die Veränderung der durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelte aller Versicherten in der Zeit zwischen dem Eintritt des Rentners in die Versicherung und dem Tag des Inkrafttretens des AnVNG ausdrückt. Dabei ist schematisiert eine Versicherungszeit zugrundegelegt worden, welche die Zeit von der Vollendung des 15. Lebensjahres des Versicherten bis zum Rentenbeginn umfaßt. Bei der Ermittlung der Vervielfältigungswerte ist die Tatsache genutzt worden, daß ebenso wie die Renten neuen Rechts, die weder feste noch variable Zuschläge kennen, auch die Steigerungsbeträge der Renten alten Rechts ein Ergebnis aus der Versicherungsdauer und der Entgelthöhe sind (zu Ziel und Methode der Rentenumstellung nach den Neuregelungsgesetzen ausführlich Urteile des erkennenden Senats in BSGE 8, 234, 236 ff; 13, 243, 244 f = SozR Nr. 2 zu Art. 2 § 32 ArVNG; BSGE 15, 93, 94 = SozR Nr. 5 aaO; BSGE 21, 1, 2 = SozR Nr. 6 aaO sowie 4. Senat in BSG SozR Nr. 7 zu Art. 2 § 32 ArVNG). Für den vorliegenden Fall von besonderer Bedeutung ist, daß die Rentenumstellung in Anknüpfung an den Steigerungsbetrag als einen nach der Höhe der Beiträge und damit letztlich der Höhe der während des Arbeitslebens erzielten beitragspflichtigen Entgelte ausgerichteten variablen Rentenbestandteil (vgl. BSGE 21, 1, 2 = SozR Nr. 6 aaO) vorgenommen worden ist. Die Grundprinzipien der im Bundesgebiet mit Ausnahme des Saarlandes geltenden Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze für die Umstellung der Bestandsrenten sind in gleicher Weise in das AnVNG Saar übernommen worden. Auch danach haben sowohl die bereits laufenden (Bestands-) Renten als auch die zugehenden Renten nach Maßgabe der individuellen Vorleistungen an das aktuelle Durchschnittseinkommen aller Versicherten angeglichen werden sollen, und zwar die Bestandsrenten durch tabellierte Umstellungsfaktoren, die Zugangsrenten mit Hilfe von tabellierten Verhältniszahlen zur Ermittlung der individuellen Bemessungsgrundlage. Eine vom übrigen Bundesgebiet abweichende Regelung für das Saarland ist lediglich im Hinblick auf die unterschiedliche Entwicklung der durchschnittlichen Nominallöhne und der Lebenshaltungskosten sowie auf Differenzen in den beitragspflichtigen Leistungslohnanteilen und den Beitragsbemessungsgrenzen notwendig gewesen (vgl. Vorbemerkung und Ziffer A der Rechnungsgrundlagen zu den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen im Saarland; ABl. 1957, 775). Haben somit nach den im Saarland gleichermaßen wie im übrigen Bundesgebiet maßgebenden Grundprinzipien die Bestandsrenten auf der Basis ihrer Steigerungsbeträge als Spiegelbild der vom Rentner bis zum Beginn der Rente als dem fiktiven Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles (BSGE 15, 93, 94 = SozR Nr. 5 zu Art. 2 § 32 ArVNG; BSG SozR Nr. 7 aaO). erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelte umgestellt werden sollen, so folgt daraus zwangsläufig, daß dieser Umstellung allein der tatsächliche Steigerungsbetrag und nicht ein fiktiver Mindeststeigerungsbetrag zugrundezulegen war. Ein solcher Mindeststeigerungsbetrag sagt nichts darüber aus, welche beitragspflichtigen Arbeitsentgelte der Bestandsrentner bis zum Jahr des Beginns der Rente erzielt hat. Diese für die Rentenumstellung erhebliche Berechnungsgröße läßt sich allein aus dem tatsächlichen Steigerungsbetrag ableiten.
Das Hauptargument der Revision, in dem für die Klägerin maßgebenden Umstellungsfaktor 0429 sei der tatsächliche Steigerungsbetrag bereits extrapoliert und damit lediglich er berücksichtigt worden, trifft nicht zu. Zwar ist in Ziffer D der " "Rechnungsgrundlagen" (aaO, S. 778) auf die Besonderheit hingewiesen worden, daß, da die Lochkarten der LVA des Saarlandes die tatsächlichen Steigerungsbeträge aller Renten der IV enthielten, die Notwendigkeit entfallen sei, bei den Umstellungsfaktoren Mindeststeigerungsbeträge berücksichtigen zu müssen. Die Umstellungsfaktoren für alle Renten der IV, in denen Mindeststeigerungsbeträge wirksam geworden seien, seien deshalb auf die tatsächlichen Steigerungsbeträge umgerechnet worden. Daraus ist indes nichts zugunsten der Klägerin herzuleiten. Die zitierten Ausführungen in den Rechnungsgrundlagen beziehen sich ausdrücklich nur auf die Renten der IV (Invalidenversicherung, jetzt Rentenversicherung der Arbeiter). Die Klägerin hingegen hat, wenn auch in der Zeit vor Errichtung der Beklagten von der LVA des Saarlandes, von Anbeginn eine Leistung aus der Angestelltenversicherung bezogen. Die Umstellungsfaktoren für diese Leistungen sind, wie ein Umkehrschluß aus Ziffer D der Rechnungsgrundlagen ergibt, ersichtlich nicht auf die tatsächlichen Steigerungsbeträge umgerechnet worden. Dann aber ist es folgerichtig, diese tatsächlichen Steigerungsbeträge im Rahmen des Art. 2 § 31 Abs. 3 Satz 1 AnVNG Saar zu berücksichtigen.
Die Umstellung des Ruhegeldes der Klägerin zum 1. Januar 1957 ist rechtsfehlerfrei erfolgt. Der Bescheid vom 9. Mai 1958 beruht nicht im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 auf einer unrichtigen Rechtsanwendung. Die Beklagte ist nicht zu seiner partiellen Rücknahme zugunsten der Klägerin verpflichtet. Das hat das LSG zutreffend entschieden. Dies führt zur Zurückweisung der Revision der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen