Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18.11.1994; Aktenzeichen L 6 A 58/93)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. November 1994 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob die am 30. April 1926 geborene Klägerin die Neufeststellung der Hinterbliebenenrente nach ihrem Ehemann F. … S. … (Versicherter) unter zusätzlicher Berücksichtigung der von diesem in der ehemaligen DDR bezogenen Rente aus der Altersversorgung der Intelligenz (AVI) bzw einer Ehrenpension sowie die Aufhebung des bestandskräftigen Rentenbescheides vom 28. Juni 1985 beanspruchen kann.

Der am 6. Oktober 1911 geborene Versicherte begann 1933 nach dem Abitur eine Banklehre. In der Zeit vom 17. Oktober 1934 bis 6. Februar 1937 verbüßte er wegen „Vorbereitung des Hochverrats” eine Freiheitsstrafe. Anschließend beendete er 1939 seine kaufmännische Lehre und war nach dem Militärdienst ab Oktober 1945 als Lehrer beschäftigt. Nach dem Besuch der Parteihochschule in B. … (1947 bis 1949) war er ab dem 1. Februar 1953 als Dozent an der Fachschule für Bibliothek und zuletzt seit 1954 an der K. M. -Universität in L. … beschäftigt. Am 1. November 1958 heiratete er die Klägerin. Ab dem 1. Oktober 1971 bezog der Versicherte eine Altersrente aus der allgemeinen Sozialpflichtversicherung in Höhe von 350,00 Mark sowie nach der entsprechenden Verordnung vom 8. April 1965 (GBl DDR II S 293) eine Ehrenpension für die Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte des Faschismus in Höhe von 850,00 Mark (800,00 Mark plus 50,00 Mark Kinderzuschlag). Ab dem 1. Juni 1974 erhielt er daneben aufgrund der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik (AVVO-Int) vom 12. Juli 1951 (GBl DDR S 675) eine weitere Rente aus der AVI in Höhe von 744,00 Mark.

Nach dem Tode des Versicherten am 27. September 1975 wurde der Klägerin mit Bescheid des FDGB vom 18. März 1981 ab dem 1. April 1981 eine Pension für Hinterbliebene von Kämpfern gegen den Faschismus und Verfolgten des Faschismus in Höhe von 750,00 Mark monatlich gewährt. Ausweislich der beigefügten Erläuterungen erhielt sie außerdem eine „Witwenrente in Höhe von 144,00 Mark” und eine nicht bezifferte „eigene Altersrente der Sozialversicherung im Rahmen einer Gesamtversorgung”.

Am 19. September 1984 verzog die Klägerin aus L. … in das damalige Bundesgebiet. Die nunmehrige Beklagte bewilligte ihr daraufhin mit Bescheid vom 26. März 1985 Hinterbliebenenrente nach den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und setzte deren Höhe mit Abhilfebescheid vom 28. Juni 1985 auf zunächst 1.414,11 DM fest.

Im Rahmen einer Vorsprache bei der zuständigen Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten beantragte die Klägerin schließlich am 31. Oktober 1991 die Überprüfung ihrer Witwenrente im Hinblick auf die veränderte Situation aufgrund der Deutschen Einheit. Dabei bat sie insbesondere um Auskunft, ob sie aus der zusätzlichen Altersversorgung bzw der Ehrenpension ihres verstorbenen Ehemannes noch Ansprüche herleiten könne. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19. November 1992 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1993) lehnte die Beklagte die Neufeststellung der Hinterbliebenenrente ab und bezog sich zur Begründung im wesentlichen auf § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X).

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 9. Juli 1993 in vollem Umfang abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz diese Entscheidung bestätigt und das Rechtsmittel mit Urteil vom 18. November 1994 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es dabei im wesentlichen folgendes ausgeführt: Der bestandskräftige Bewilligungsbescheid vom 28. Juni 1985 sei ursprünglich rechtmäßig. Er sei auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt rechtswidrig geworden, so daß eine Anpassung nach § 48 SGB X vorzunehmen wäre. Der Gesetzgeber habe bei Schaffung der Deutschen Einheit und im Rahmen der nachfolgenden Gesetzesänderungen, insbesondere aus Gründen des Bestands- und Vertrauensschutzes, bereits bestehende Rentenansprüche nicht antasten wollen. Hiermit sei ein Verstoß gegen Art 3 und 14 Grundgesetz (GG) nicht verbunden. Ebenso stehe der Klägerin nach § 3 Abs 2 Entschädigungsrentengesetz eine Entschädigungsrente nicht zu. Eine Anwendung von § 22a Fremdrentengesetz (FRG) komme bereits vom zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift her nicht in Betracht und führe im Ergebnis zu einer Begrenzung der nach § 22 FRG zuzuordnenden Entgelte.

Die Klägerin hat hiergegen am 18. Januar 1995 die vom LSG zugelassene Revision eingelegt: Der Rentenbescheid vom 28. Juni 1985 sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch die Herstellung der Deutschen Einheit und die nachfolgenden Gesetzesänderungen rechtswidrig geworden. Da sie nicht in den Genuß der Anhebung der im Beitrittsgebiet gewährten Renten auf Westniveau komme, Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen für sie nicht in die gesetzliche Rentenversicherung überführt würden und für die Bemessung der ihr gewährten Rente zwar eine verfolgungsbedingte Ersatzzeit anerkannt sei, ihr aber keine Leistung nach dem Entschädigungsrentengesetz gewährt werde, erhalte sie in der Zeit seit Herstellung der Deutschen Einheit weniger Rente, als wenn sie die ehemalige DDR nicht verlassen hätte. Nachdem das LSG dies nicht gesehen habe, habe es auch verfahrensfehlerhaft von weiteren Ermittlungen abgesehen. Die in Bezug genommenen Überleitungs- und Übergangsvorschriften seien mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG nicht vereinbar. Obwohl der innere Grund hierfür entfallen oder entscheidend verändert sei, bleibe sie auf die niedrigeren Leistungen nach dem FRG verwiesen und werde so im Vergleich zu Rentnern in der alten Bundesrepublik schlechter gestellt. Ebenso werde sie aus den bereits genannten Gründen auch gegenüber Rentnern „in den Beitrittsgebieten” benachteiligt. Die Gesetzeslage laufe auf eine Privilegierung „der Staatstreuen” gegenüber denjenigen hinaus, die von ihrem durch die Verfassung eingeräumten Recht, sich unter den Schutz des GG zu stellen, Gebrauch gemacht hätten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. November 1994 und das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 9. Juli 1993 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. November 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Hinterbliebenenrente unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 1995 unter Berücksichtigung der vom Versicherten F. … S. … bezogenen Rente aus der Altersversorgung der Intelligenz und der Ehrenpension neu zu berechnen,

hilfsweise, den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art 100 Grundgesetz vorzulegen,

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts mit den ihm zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. November 1994 zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im wesentlichen auf die ihres Erachtens zutreffenden Entscheidungsgründe des SG- und des LSG-Urteils. Das Begehren der Klägerin, ihr eine Rente nach den Vorschriften des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm den Regelungen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) zu gewähren, sei im Hinblick auf die bei der Berechnung nach § 307b SGB VI maßgeblichen Entgeltpunkte (Ost) bzw den aktuellen Rentenwert (Ost) und eine sich damit ergebende Monatsrente in Höhe von 78,5 % der derzeitigen (West-)Rente nur schwer nachvollziehbar. Für eine Entscheidung über die – jeweils vermutlich unbegründeten – Ansprüche nach §§ 3, 8 Entschädigungsrentengesetz seien das Bundesversicherungsamt bzw der Bundesminister der Finanzen zuständig.

 

Entscheidungsgründe

II

Die aufgrund der Zulassung durch das LSG statthafte Revision der Klägerin erweist sich auch im übrigen als zulässig, sachlich jedoch in vollem Umfang unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG ihre Berufung gegen das Urteil des SG vom 9. Juli 1993, das die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫; vgl hierzu SozR 1300 § 44 Nr 4) gegen den Bescheid vom 19. November 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1993 in vollem Umfang abgewiesen hatte, zurückgewiesen.

Streitgegenstand (iS von § 123 SGG) ist allein der von der durchgehend vertretenen Klägerin beantragte und von der Beklagten beschiedene Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 28. Juni 1985 unter zusätzlicher Berücksichtigung der vom Versicherten bezogenen Leistungen aus der AVI bzw seiner Ehrenpension für Kämpfer gegen den Faschismus und für Verfolgte des Faschismus bei der Berechnung ihrer Hinterbliebenenrente. Nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob gegen die Beklagte – etwa in ihrer zusätzlichen Funktion als mit der Erfüllung von Aufgaben im Rahmen des Gesetzes über Entschädigungen für Opfer des Nationalsozialismus im Beitrittsgebiet (≪EntschRG≫ BGBl 1992 I S 906) betraute Behörde – Ansprüche auf weitere Leistungen bestehen. Trotz insofern teilweise zu Mißdeutungen Anlaß gebender Formulierungen ist der angefochtenen Entscheidung schon im Hinblick auf das Fehlen des in §§ 3, 5 EntschRG vorgeschriebenen Verfahrens nicht zu entnehmen, daß das LSG dies verkannt haben könnte.

Für die begehrte Neufeststellung fehlt es im allein maßgeblichen (§ 162 SGG) bundesdeutschen Recht gleichermaßen im Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung wie auch später an einer Rechtsgrundlage. Der – inhaltlich auf einen Verfügungssatz über die Rentenhöhe beschränkte – (Abhilfe-)Bescheid vom 28. Juni 1985 ist daher weder nach § 44 SGB X noch nach § 48 SGB X aufzuheben.

1. Der Hinterbliebenenrentenanspruch der Klägerin bestimmte sich im Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung nach Grund und Höhe allein nach den Regelungen des bundesdeutschen Rentenrechts. Dies ergibt sich, soweit für den Versicherten Beiträge nach früheren Vorschriften der reichsrechtlichen Angestelltenversicherung entrichtet worden waren, aus der unmittelbaren Anwendung des AVG und soweit bei einem außerhalb des Geltungsbereichs des FRG befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegte Beitragszeiten betroffen sind, aus ihrer im FRG angeordneten Gleichstellung (§§ 1e, 17 Abs 1 Buchst a, 15 FRG; vgl hierzu im einzelnen SozR 5050 § 14 FRG Nr 1 und SozR 3-2200 § 1291 Nr 4 jeweils mwN), wobei sich Rechte und Pflichten im übrigen nach den allgemeinen Vorschriften richten (§ 14 FRG).

Hiervon ausgehend hat die Beklagte bei der Bestimmung der persönlichen Bemessungsgrundlage (§ 32 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 AVG) zutreffend nur diejenigen Zeiten berücksichtigt, in denen der Versicherte Beiträge tatsächlich entrichtet hatte bzw für die aufgrund jeweils ausdrücklicher und abschließender gesetzlichen Anordnung Beiträge als entrichtet gelten (§ 27 Abs 1 Buchst a AVG) oder ein zugrundezulegendes Entgelt bestimmt ist (§ 32a AVG). Auf diese Weise ist die Klägerin insbesondere abweichend vom Grundsatz der Leistungszuständigkeit des Beitragsempfängers und ohne jede Gegenleistung in den Genuß der rentensteigernden Berücksichtigung des Zeitraums vom 15. Dezember 1945 bis 30. September 1971 gekommen, der zum weit überwiegenden Anteil die Versicherungsbiographie ihres verstorbenen Ehemannes repräsentiert. Über den Ausgleich verlorengegangener Beiträge zum System der DDR-Rentenversicherung nach § 15 FRG und die Bewertung der entsprechenden Zeiten auf der Grundlage einer fiktiven Beschäftigung in der Bundesrepublik entsprechend dem Eingliederungsprinzip gemäß § 22 FRG (vgl BSGE 60, 100, 106, 107) hinaus besteht jedoch entgegen ihrer Auffassung innerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung keine Möglichkeit zur Kompensation von sonstigen – im Gesetz nicht berücksichtigten – Schäden in konkreter Höhe, die auf der individuell fehlenden Möglichkeit zur Entrichtung (weiterer) Beiträge beruhen. Ebenso hat die Beklagte im Rahmen der erstmaligen Rentenfeststellung zu Recht davon abgesehen, Bestimmungen des DDR-Rechts anzuwenden. Ein dem Bundesrecht zuzuordnender Rechtssatz, der ihr dies ermöglicht hätte, ist nämlich nicht vorhanden.

2. Auch insofern entgegen der Auffassung der Klägerin sind durch die Vorgänge im Zusammenhang mit der Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zum 1. Juli 1990 bzw dem Beitritt der in Art 1 Abs 1 Einigungsvertrag (EV) genannten Länder zur Bundesrepublik zum 3. Oktober 1990 keine für ihren Rentenanspruch bedeutsamen Änderungen der maßgeblichen rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB X) eingetreten:

a) Nach dem Inkrafttreten des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (StVertr) vom 18. Mai 1990 (BGBl II 537) bestanden zunächst unverändert zwei Staaten in Deutschland mit koexistierenden Rechtsordnungen fort. Für die Rentenhöhe der Klägerin einschlägige und von der Beklagten anzuwendende neue Rechtsvorschriften sind in diesem Zusammenhang vom bundesdeutschen Gesetzgeber nicht erlassen worden. Vielmehr sollte es für denjenigen Personenkreis, der vor dem 19. Mai 1990 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gekommen war, bei der alleinigen Zuständigkeit des bisher in Anspruch genommenen Trägers und der nach den für diesen geltenden Bestimmungen bereits durchgeführten Rentenberechnung (Art 20 Abs 7 StVertr) verbleiben. Aufgrund des damit für sie unverändert maßgeblichen Eingliederungsprinzips behält die Klägerin so zwar weiterhin ungeschmälert den Vorteil der rentensteigernden Berücksichtigung von in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG, sieht sich aber umgekehrt von Ansprüchen auf Leistungen der dortigen Rentenversicherung ausgeschlossen (vgl zu den rentenrechtlichen Wirkungen des Staatsvertrages im einzelnen Polster, Änderungen des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts durch das Gesetz zum Staatsvertrag, DRV 1990, 508 ff; Stephan, Staatsvertrag bringt Änderungen im bundesdeutschen Versicherungs- und Rentenrecht, DAngV 1990, 303 ff, 308; Ruland, Auswirkungen des Staatsvertrages auf die gesetzliche Rentenversicherung, Nachrichten der LVA Hessen 1990, 107 ff, 114; Niesel in Kasseler Komm, Stand Januar 1991, § 1250 RV Anh RdNr 23).

b) Die rentenrechtliche Teilung in zwei Gebiete mit unterschiedlichen Rechtsordnungen bestand zunächst auch noch nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 fort. Soweit der EV in diesem Zusammenhang die Fortgeltung der AVVO-Int sowie der Ehrenpensionsanordnung (EhPensAO) vom 20. September 1976 (veröffentlicht in Aichberger II, Nr 127) mit den dortigen Maßgaben als sekundäres Bundesrecht anordnet (EV Anl II Abschnitt III Nrn 5 und 9), wird hierdurch schon rein sprachlich lediglich eine modifizierte Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes sichergestellt, nicht aber gleichzeitig eine Expansion ihres Geltungs- und Anwendungsbereichs geregelt. Für die seit 1984 durchgehend im Gebiet der „alten” Bundesrepublik wohnhafte Klägerin sind die genannten Vorschriften damit in Ermangelung des nach Bundesrecht erforderlichen örtlichen Bezuges zur Teil-Rechtsordnung im Beitrittsgebiet von vornherein nicht einschlägig. Als Rechtsgrundlage für die begehrte Rentenfeststellung kommen sie im übrigen schon deshalb nicht in Betracht, weil die Erbringung eventueller Leistungen durch die jeweils zuständigen Träger im Beitrittsgebiet zunächst allenfalls parallel zu einer Rente aus der Sozialversicherung, nicht aber als deren Bestandteil in Betracht kommt.

Hieran hat sich für die Klägerin auch in der Zeit ab dem 1. Januar 1992 nichts geändert. Einer Überführung nach dem AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung zum 31. Dezember 1991 waren nur tatsächlich bestehende Ansprüche oder Anwartschaften auf eine Leistung nach der AVVO-Int zugänglich. Nach dem EntschRG vom 22. April 1992 ggf als Entschädigungsrenten weiterzuzahlende Hinterbliebenenpensionen nach der EhPensAO bleiben trotz der in § 6 des Gesetzes geregelten – und hier ohnehin nicht gegebenen – Zuständigkeiten der Beklagten in jedem Fall auf gesonderten Anspruchsgrundlagen beruhende und unabhängig von den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu erbringende Wiedergutmachungsleistungen.

3. Die Vorgehensweise des Gesetzgebers verstößt dabei nicht gegen das Gleichheitsgebot des Art 3 Abs 1 GG. Dieses wäre nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt würde, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 87, 1 ff, 36; 92, 53 ff, 68, ständige Rechtsprechung). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (BVerfGE 72, 141 ff, 150). Die Klägerin unterscheidet sich indessen von demjenigen Personenkreis, dessen Rente nach ihrer eigenen Darstellung in einer Übergangsphase erst an das bundesdeutsche Niveau heranzuführen ist, offensichtlich bereits dadurch, daß dieser Vorgang in ihrem Falle aufgrund der fiktiven Berücksichtigung von an bundesdeutschen Verhältnissen orientierten Beiträgen längst zum Abschluß gekommen war. Im Hinblick hierauf und seinen bei der Beseitigung von Kriegsfolgelasten ohnehin weit bemessenen Gestaltungsspielraum (BVerfGE 15, 167 ff, 201; 29, 413 ff, 430; 53, 164 ff, 178; 71, 66 ff, 67; 41, 126 ff, 175; 53, 164 ff, 178) konnte der Gesetzgeber den komplizierten Prozeß der Schaffung einheitlicher Verhältnisse ohne weiteres in der Weise angehen, daß er abgeschlossene Altfälle, wie denjenigen der Klägerin zurückstellte und die Anwendung des Übergangsrechts auf die unmittelbar betroffene Bevölkerung des Beitrittsgebietes beschränkte (vgl BVerfG, Beschluß des Ersten Senates vom 12. November 1996, 1 BvL 4/88).

4. Schließlich kann sich die Klägerin zur Begründung ihres Begehrens auch nicht auf die vielfältigen Änderungen des FRG insbesondere im Zusammenhang mit dem Rentenreformgesetz 1992 und dem Rentenüberleitungsgesetz berufen. Diese betreffen sie bereits aufgrund ihres jeweiligen zeitlichen Anwendungsbereichs nicht und haben im übrigen vielfach erheblich ungünstigere Regelungen in Kraft gesetzt als sie bei Erlaß des Bescheides vom 28. Juni 1985 zur Anwendung gelangt waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173893

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