Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 09.07.1993; Aktenzeichen S 3 A 38/93)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.01.1997; Aktenzeichen 4 RA 6/95)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 9.7.1993 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Neufeststellung ihrer Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung der in der ehemaligen DDR von dem Versicherten bezogenen Rente aus der Altersversorgung der Intelligenz (AVI) und der Ehrenpension.

Der am … 1911 geborene Versicherte begann 1933 nach dem Abitur eine Banklehre. Vom 17.10.1934 bis zum 6.2.1937 verbüßte er eine Freiheitsstrafe wegen Vorbereitung des Hochverrats. Danach schloß er 1939 eine kaufmännische Lehre ab und war nach dem Militärdienst seit Oktober 1945 als Lehrer beschäftigt. Nach dem Besuch der Parteihochschule in B. (1947–1949) war er seit dem 1.2.1953 als Dozent an der Fachschule für Bibliothek und seit 1954 an der Karl Marx-Universität in L. tätig. Seit dem 1.10.1971 bezog der Versicherte Altersrente von der Verwaltung der Sozialversicherung in Höhe von 350 DM und eine Ehrenpension für die Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte des Faschismus in Höhe von 850 DM. Seit dem 1.6.1974 erhielt er zudem von der AVI auf Grund der Verordnung über die zusätzliche AVI an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12.7.1951 Rente in Höhe von 744 DM. Am … 1975 verstarb der Versicherte. Die 1926 geborene Klägerin bezog in der ehemaligen DDR nach dem Tode eine Witwenrente und eigene Altersrente in Höhe von 144 DM monatlich sowie auf Grund der Verordnung über die Ehrenpension eine Hinterbliebenenpension in Höhe von 750 DM monatlich.

Seit dem 19.9.1984 lebt sie im Bundesgebiet. Antragsgemäß bewilligte ihr die Beklagte seit dieser Zeit Hinterbliebenenrente in Höhe von zunächst monatlich 1.317,90 DM (Bescheid vom 28.6.1985). Dabei erkannte die Beklagte die Zeit der Inhaftierung und anschließenden Arbeitslosigkeit als verfolgungsbedingte Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 AVG an. Für die Zeit der Hochschultätigkeit wurde nach dem FRG bis zum vollendeten 45. Lebensjahr die Leistungsgruppe 2 und danach die Leistungsgruppe 1 zugeordnet.

Am 31.10.1991 beantragte die Klägerin im Hinblick auf die vollzogene Einheit eine Neuberechnung der Witwenrente unter Berücksichtigung der in der DDR bezogenen zusätzlichen AVI und der Ehrenpension. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.11.1992 und Widerspruchsbescheid vom 25.2.1993 ab. Der Rentenbewilligungsbescheid sei 1985 zu Recht ergangen. Die durch die Einheit eingetretenen Gesetzesänderungen seien vorliegend nicht anwendbar. Die dem Versicherten gezahlte Ehrenpension sei keine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Intelligenzrenten seien bei einem Rentenbeginn vor dem 1.7.1990 nicht berücksichtigungsfähig.

Am 25.3.1993 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Mainz erhoben. Sie hat geltend gemacht, zwar sei zutreffend, daß der Bewilligungsbescheid von 1985 nach geltendem Recht ergangen sei. Durch die deutsche Einheit und die hiermit verbundenen Gesetzesänderungen sei jedoch eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten. Den Sozialversicherungsträgern sei das Sozialversicherungsvermögen des Beitrittsgebietes zugeflossen, so daß nunmehr ein Rückgriff auf das FRG sachlich nicht mehr gerechtfertigt sei. Insoweit sei sie gegenüber Rentnern aus den neuen Bundesländern benachteiligt. Dies gelte auch im Hinblick auf das Außerachtlassen der Zusatzrente aus der AVI, die nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz bei Renten in den neuen Ländern Berücksichtigung finden könne. Letztlich müsse auch die Ehrenpension wegen NS-Verfolgung bei der Hinterbliebenenrente aus Gründen der Gleichbehandlung anerkannt werden, jedenfalls solange es keine Spezialregelungen in einem Entschädigungsrentengesetz gebe.

Mit Urteil vom 9.7.1993 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine Änderung in den rechtlichen Verhältnissen seit Erlaß des Bewilligungsbescheids sei durch die Einheit nicht eingetreten. Das infolge der deutschen Einheit geänderte Recht sei mangels einer entsprechenden Übergangsregelung auf den Hinterbliebenenanspruch der Klägerin nicht anwendbar. Dies gelte gemäß § 22 a FRG auch für die Zusatzrente aus der Altersversorgung der Intelligenz, da die Klägerin bereits vor dem 1.8.1991 eine Rente bezogen habe. Ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) bestehe hierdurch nicht. Auch die in der ehemaligen DDR gewährte Ehrenpension können aus den dargelegten Gründen nicht rentensteigernd berücksichtigt werden. Im übrigen handele es sich nicht um eine originäre Leistung aus der Rentenversicherung.

Gegen das ihr am 24.8.1993 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.9.1993 Berufung eingelegt.

Sie trägt erneut vor, es verstoße gegen den Gleichheitssatz, wenn in ihrem Falle die Zusatzrente aus der Altersversorgung der Intelligenz ...

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