Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung – Krankenfahrt – Anordnung von Sammelfahrten aus Kostenersparnisgründen – Rechtbeziehung – Krankenkasse – Krankentransportunternehmen – Verwaltungsakt – Gesetzgebungskompetenz – Bund – Land – Sachleistungsprinzip
Leitsatz (amtlich)
Das Recht der Versicherten, bei notwendigen Krankenfahrten das Taxiunternehmen zu wählen, hindert die Krankenkasse nicht, zur Kostenersparnis gemeinsame Fahrten mehrerer Versicherter mit einem bestimmten Unternehmen (sogenannte Sammelfahrten) anzuordnen.
Stand: 25. Juni 2001
Normenkette
SGB V § 60 Abs. 1 S. 2, § 133 Abs. 1 S. 1 Fassung 1992-12-21, S. 5 Fassung 1992-12-21; SGB X § 31; GG Art. 70 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 22; PBefG § 47 Abs. 3 Nr. 5, § 51 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, Abs. 2; SGB V § 13 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 60 Abs. 2 S. 1
Beteiligte
AOK Sachsen-Anhalt – Die Gesundheitskasse |
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. September 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen zu erstatten.
Gründe
I
Der klagende Taxiunternehmer und die beklagte Krankenkasse schlossen im Januar 1996 eine „Vereinbarung über die Durchführung von Krankenfahrten mit Taxen”. Nach § 3 Abs 1 der Vereinbarung entstand der Vergütungsanspruch für eine Taxifahrt, wenn die Leistung „entsprechend den Festlegungen der vertragsärztlichen Versorgung” erbracht wurde. Nach § 3 Abs 2 bedurften Fahrten bei Strecken ab 100 km je einfache Fahrt sowie aufgrund von Serienbehandlungen einer vorherigen Genehmigung der Beklagten. Die Kündigung der Vereinbarung war nach § 9 Satz 2 mit Einschreiben und einer Frist von drei Monaten zum Jahresende möglich. Der Kläger fuhr eine – inzwischen verstorbene – Versicherte der Beklagten jeweils montags, mittwochs und freitags von ihrem Wohnort H. zur vertragsärztlich verordneten Dialyse nach S. und zurück (einfache Entfernung ca 55 km). Der Kläger und die Beklagte rechneten in regelmäßigen Abständen ab, die Versicherte war von Zuzahlungen befreit.
Im August 1996 strebte die Beklagte eine Kostenersparnis durch Organisation gemeinsamer Taxifahrten mehrerer Versicherter (sog Sammelfahrten) an, die für die genannte Strecke dienstags, donnerstags und samstags stattfinden sollten und führte dazu unter den in Betracht kommenden Taxiunternehmen eine Ausschreibung durch. Auf ein entsprechendes Angebot des Klägers teilte ihm die Beklagte am 20. September 1996 mit, daß er nicht berücksichtigt worden sei. Der Versicherten teilte die Beklagte am selben Tage mit, daß sie ab 1. Oktober 1996 wie bisher montags, mittwochs und freitags, aber durch ein anderes Unternehmen und zusammen mit einer anderen Versicherten gefahren werde. Die Versicherte wies dies jedoch zurück und ließ sich auch in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1996 vom Kläger allein zur Dialyse fahren. Gegenüber dem Kläger lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnungen für diesen Zeitraum in Höhe von 7.975,50 DM ab (Bescheid vom 18. November 1996 sowie Widerspruchsbescheid vom 2. April 1997).
Mit der Klage hat sich der Kläger auf die Vereinbarung und auf eine angebliche Abtretungserklärung der Versicherten gestützt. Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 22. Oktober 1997). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21. September 1999). Das LSG hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob sich die Beklagte dem Kläger gegenüber der Rechtsform des Verwaltungsakts habe bedienen dürfen, weil der Kläger ohnehin keinen Zahlungsanspruch habe: Ein Anspruch aus eigenem Recht aufgrund der Vereinbarung scheitere, weil die Beklagte die Genehmigung für Serienfahrten konkludent widerrufen habe und der Kläger auf einen Bestandsschutz nicht habe vertrauen können. Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus abgetretenem Recht. Denn die Versicherte habe keinen Anspruch auf Kostenübernahme gehabt, weil die vom Kläger durchgeführten Fahrten für sie nicht notwendig gewesen seien; die freie Wahl des Krankentransportmittels durch die Versicherte sei durch das Wirtschaftlichkeitsgebot eingeschränkt.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 60 Abs 3, 61 Abs 1 Nr 3 und 133 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Der Anspruch aus eigenem Recht ergebe sich aus der Genehmigung der Serienfahrten, für die eine Widerrufsmöglichkeit nicht vereinbart worden sei. Die Kündigung der Vereinbarung sei auch nicht form- und fristgerecht erfolgt. Der Anspruch aus abgetretenem Recht bestehe, weil der Einzeltransport notwendig iS der gesetzlichen Vorschriften gewesen sei; diese seien abschließend und enthielten keine Verweisungsmöglichkeit auf eine Sammelfahrt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. September 1999 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 22. Oktober 1997 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
II
Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß der Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der Versicherten einen Anspruch gegen die Beklagte auf Vergütung der nach dem 30. September 1996 durchgeführten Taxifahrten mit der Versicherten zur Dialyse hat.
1.a) Die Klage aus eigenem Recht des Klägers ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Nach § 133 Abs 1 Satz 1 und 5 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2266) schließen die Krankenkassen, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt, über die Vergütung für Leistungen des Rettungsdienstes und andere Krankentransporte mit dafür geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen Verträge, die sich an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten haben. Weil in § 133 SGB V eine den §§ 124, 126 SGB V entsprechende Ermächtigung zur Zulassung von Taxiunternehmen fehlt, sind die Rechtsbeziehungen zwischen einer Krankenkasse und einem Krankentransportunternehmen nicht durch Verwaltungsakt zu regeln (vgl für private Rettungsdienste bereits Urteile des Senats vom 29. November 1995, 3 RK 32/94, BSGE 77, 119, 121 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1, und vom 16. April 1998, B 3 KR 14/96 R = SozR 3-2500 § 60 Nr 2 sowie für private Krankentransportunternehmen Urteil des BGH vom 12. März 1991, KZR 26/89 = BGHZ 114, 218, 221). Nach § 133 Abs 3 SGB V gilt die Regelung des Abs 1 „auch … für andere Krankentransporte im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes”, wozu seit dem 1. Januar 1992 (6. Gesetz zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes ≪PBefG≫ vom 25. Juli 1989, BGBl I, 1547) nur noch Krankenfahrten mit Taxen und Mietwagen zählen (so auch die herrschende Meinung: Kranig in Hauck/Haines, SGB V, Stand Oktober 1999, § 133 RdNrn 3, 7, 11, 28; Henke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Juni 1999, § 133 RdNr 13; von Maydell, Gemeinschaftskommentar-SGB V, Stand November 1993, § 133 RdNr 57). Die Beklagte hatte mit dem Bescheid vom 18. November 1996 und dem Widerspruchsbescheid vom 2. April 1997 in erster Linie die Geltendmachung der – angeblich – an den Kläger abgetretenen öffentlich-rechtlichen Ansprüche der Versicherten bescheiden wollen (vgl dazu unten 2); im übrigen, dh soweit die entsprechenden Schreiben auch eine Ablehnung der Ansprüche des Klägers aus eigenem Recht enthalten, sind sie als einfache Mitteilungen anzusehen, die keine Verwaltungsakte darstellen.
b) Die Klage aus eigenem Recht ist jedoch unbegründet. Der Vorbehalt landesrechtlicher Regelungen gemäß § 133 Abs 3 iVm § 133 Abs 1 SGB V soll die Landeskompetenz zur Regelung von Rettungsdiensten nach Art 70 Abs 1 Grundgesetz (GG) respektieren, während für nichtqualifizierte Krankentransporte dem Bund nach Art 74 Abs 1 Nr 22 GG (Kraftfahrwesen) eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zusteht, von der er für den Bereich der Personenbeförderung mit dem PBefG auch Gebrauch gemacht hat. Der Bundesgesetzgeber hat jedoch in § 47 Abs 3 Nr 5 PBefG und § 51 Abs 1 Satz 2 Nr 6, Abs 2 PBefG für den nichtqualifizierten Krankentransport, für Beförderungsbedingungen und -entgelte im Taxenverkehr generell sowie für Sondervereinbarungen im Pflichtfahrbereich (zB für Krankenkassen, vgl Meyer, Personenbeförderungsrecht, § 51 PBefG, Anm 1c) den Landesregierungen umfangreiche Ermächtigungen zur Regelung durch Rechtsverordnung sowie die Möglichkeit zur Übertragung der Ermächtigung erteilt. Das Landesrecht verbietet keine Taxifahrten von Kranken nach vorheriger Vereinbarung der Teilnahme mehrerer Versicherter und schreibt keine bestimmte Vergütung dafür vor, so daß Raum für vertragliche Vereinbarungen über solche Fahrten bleibt.
c) Nach § 3 Abs 1 der Vereinbarung hatte der Kläger Anspruch auf eine Leistungsvergütung, wenn die Leistung „entsprechend den Festlegungen der vertragsärztlichen Versorgung” erbracht worden ist. Nach den Feststellungen des LSG lag eine grundsätzliche Berechtigung der Versicherten vor, aufgrund ärztlicher Verordnung ein Taxi auf Kosten der Beklagten in Anspruch zu nehmen.
Die zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossene „Vereinbarung über die Durchführung von Krankenfahrten mit Taxen” galt über den 30. September 1996 hinaus fort. Das Schreiben vom 20. September 1996 stellte auch keine Teilkündigung dieser Vereinbarung dar. Darin wurde dem Kläger nur mitgeteilt, daß er keine Fahrten für Serienbehandlungen mehr durchführen könne, soweit Sammeltransporte durch einen anderen Taxiunternehmer organisiert worden seien; im übrigen blieb der Kläger weiterhin berechtigt, ohne vorherige Zustimmung Fahrten zu Lasten der Beklagten durchzuführen. Auf die Form- und Fristvorschriften des § 9 der Vereinbarung für die Kündigung der gesamten Vereinbarung kommt es daher nicht an.
Mit dem Ausschluß des Klägers von bestimmten Serienfahrten hat die Beklagte nur von ihrem „Genehmigungsvorbehalt” Gebrauch gemacht. Dazu war sie berechtigt, weil sie damit nur auf ihr von vornherein bestehendes Recht zurückgriff, jede Einzelfahrt als vertragliche Leistung gesondert in Auftrag zu geben. Für normale Einzelfahrten zu festgesetzten einheitlichen Tarifen hatte die Beklagte allerdings auf eine vorherige eigene Auftragserteilung verzichtet, weil sie wegen der vertragsärztlichen Verordnung der Fahrt und fester Tarife insoweit kein weitergehendes Interesse an einer wirtschaftlichen Leistungserbringung hatte. Bei den kostenträchtigen längeren Fahrten außerhalb des Gebührentarifs und bei Serienfahrten von Versicherten hatte die Beklagte demgegenüber ein weitaus größeres Interesse, auf eine wirtschaftliche Leistungserbringung Einfluß zu nehmen. Diese Möglichkeiten hatte sie sich mit der Vereinbarung jederzeit vorbehalten; sie mußte dazu weder einen Widerruf noch eine Kündigung der Vereinbarung vornehmen. Auf ein Fortbestehen der bisherigen Praxis konnte der Kläger daher nur hoffen; für ein Vertrauen fehlt es an der rechtlichen Grundlage. Mit der Ausübung des Vorbehalts durch die Beklagte verfügte der Kläger in bezug auf die weiteren Fahrten mit der Versicherten zur Dialyse über keinen vertraglichen Auftrag mehr, was eine Vergütung dieser Fahrten ausschließt (vgl Urteil des Senats vom 3. November 1999, B 3 KR 4/99 R, BSGE 85, 110, 113 ff = SozR 3-2500 § 60 Nr 4).
Soweit sich der Kläger bei der Vergabe von Sammelfahrten, insbesondere wegen der in der Anfrage der Beklagten zunächst anders angegebenen Wochentage für derartige Fahrten, benachteiligt fühlt, kann dies einen Vergütungsanspruch nicht begründen. Die Beklagte könnte dem Kläger allenfalls aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Bürgerliches Gesetzbuch) die Erstattung von Kosten schulden, die sie infolge der Leistungserbringung des Klägers möglicherweise erspart hat. Der Kläger hat dies aber nicht geltend gemacht, so daß das LSG zu Recht dazu keine Feststellungen getroffen hat. In der Revisionsinstanz kommt eine entsprechende Erweiterung des Klagegrunds als unzulässige Klageänderung (§ 168 SGG) ohnehin nicht in Betracht.
2. Der Kläger hat auch aus abgetretenem Recht der Versicherten keinen Anspruch auf Vergütung gegen die Beklagte. Zu Recht hat das LSG einen abtretbaren Anspruch der Versicherten verneint, weshalb es die Frage der Wirksamkeit der Abtretung offenlassen konnte.
Für die Inanspruchnahme von Taxen und Mietwagen durch Versicherte gilt, wie im gesamten Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, nach § 13 Abs 1 SGB V grundsätzlich das Sachleistungsprinzip, soweit das SGB V nichts Gegenteiliges vorsieht (vgl bereits für Rettungsdienste Urteile des Senats vom 29. November 1995, B 3 KR 32/94 R, BSGE 77, 119, 128 f = SozR 3-2500 § 133 Nr 1 und vom 3. November 1999, B 3 KR 4/99 R, BSGE 85, 110, 112 = SozR 3-2500 § 60 Nr 4). Nach § 13 Abs 3 SGB V (vor dem Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992, BGBl I, 2266, § 13 Abs 2 SGB V) hat die Kasse einem Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Das war aber nicht der Fall. Ab dem 1. Oktober 1996 war die Beklagte nicht mehr verpflichtet, die Kosten für Alleinfahrten der Versicherten mit dem Kläger zur Dialyse zu tragen. Die Versicherte hatte insoweit keine unbefristete Leistungsbewilligung erhalten, sondern allenfalls eine Bewilligung der Serien, die vom Arzt jeweils für einen bestimmten Zeitraum verordnet worden waren.
Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Versicherten gegenüber der Beklagten auf eine Kostenübernahme für Taxifahrten zur Dialyse ab dem 1. Oktober 1996 kommt allein § 60 Abs 2 Satz 2 iVm § 61 Abs 1 Nr 3 SGB V in Betracht, wonach die im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendigen Fahrtkosten von Versicherten zu übernehmen sind, wenn die Versicherten unzumutbar belastet würden (vollständige Befreiung – vgl Urteil des 1. Senats vom 18. Februar 1997, 1 KR 23/96 R = SozR 3-2500 § 60 Nr 1). Die Fahrten der Versicherten standen zwar im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse; da die Beklagte bis zum 30. September 1996 die Kosten für Taxifahrten getragen hat, ist davon auszugehen, daß auch eine unzumutbare Belastung der Versicherten vorgelegen hatte und auch nach diesem Datum weiterhin vorlag. Die Alleinfahrten mit dem Kläger waren jedoch nach dem 30. September 1996 nicht mehr notwendig, weil die Beklagte für die Versicherte eine sparsamere Sammelfahrt organisiert und angeordnet hatte.
Die Notwendigkeit muß auch im Hinblick auf das Verkehrsmittel sowie die Art und Weise seiner Benutzung gegeben sein. § 61 Abs 1 Nr 3 SGB V bezieht sich (wie § 62 Abs 1 Satz 1 SGB V für die teilweise Befreiung) mit dem Begriff der Notwendigkeit auf § 60 Abs 3 iVm Abs 1 Satz 1, 2 SGB V, wonach ein Versicherter das Recht zur Geltendmachung der Kosten eines Transportmittels lediglich dann hat, wenn die Benutzung notwendig ist. § 60 Abs 1 Satz 2 SGB V stellt dazu den Grundsatz auf, daß ein bestimmtes Fahrzeug nur benutzt werden kann, wenn dafür eine medizinische Notwendigkeit im Einzelfall vorliegt. Dazu gibt § 60 Abs 2 Satz 1 Nrn 1 bis 3 SGB V unter den zulässigen Transportmitteln (öffentliche Verkehrsmittel, Taxi oder Mietwagen, Krankenkraftwagen oder Rettungsfahrzeug) eine Reihenfolge vor, wonach das jeweils teurere Transportmittel nur benutzt werden darf, wenn das jeweils billigere nicht benutzt werden kann. § 133 Abs 1 Satz 5 SGB V postuliert außerdem die Ausrichtung von Vergütungsvereinbarungen an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten. Alle genannten Vorschriften sind Ausdruck des für die Krankenkassen generell geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V). Einer Gesamtbetrachtung der genannten Vorschriften ist daher der Wille des Gesetzgebers zu möglichst sparsamer Inanspruchnahme von Verkehrsmitteln durch die Versicherten sowie ein Auftrag an die Krankenkassen zum Ergreifen geeigneter Maßnahmen in Richtung auf eine möglichst weitgehende Fahrtkostenersparnis zu entnehmen. Daraus kann der Schluß gezogen werden, daß sich § 60 Abs 1 Satz 2 SGB V nicht nur – entsprechend seinem Wortlaut – auf die Wahl des billigsten Transportmittels, sondern – nach seinem Sinn und Zweck – auch auf die Wahl der billigsten Art und Weise seiner Benutzung bezieht. Die Krankenkassen sind daher nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, soweit wie möglich gemeinsame Taxi- und Mietwagenfahrten von Versicherten zu organisieren und entsprechende Alleinfahrten zu verweigern.
Im Fall der Versicherten stand weder der Inhalt der ärztlichen Verordnung noch das Wesen ihrer Erkrankung, noch die Art und Weise ihrer Behandlung der Anordnung einer Sammelfahrt entgegen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, daß die Sammelfahrt im Hinblick auf weitere Fahrgäste unzumutbar war, wie das etwa bei ansteckenden oder ekelerregenden Krankheiten, ungehörigem Benehmen oder ständigen Verspätungen denkbar sein könnte. Mit der Mitteilung der Beklagten an die Versicherte, daß sie ab 1. Oktober 1996 an einer Sammelfahrt mit einem anderen Unternehmen teilzunehmen habe, war das grundsätzliche Recht auf freie Wahl des Taxiunternehmens (vgl den Hinweis im Urteil des Senats vom 29. November 1995, B 3 KR 32/94 R, BSGE 77, 119, 124 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1 auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs), in zulässiger Weise eingeschränkt worden. Da die Beklagte ihre Leistung nicht zu Unrecht verweigert hat, hatte die Versicherte daher keinen Erstattungsanspruch oder Befreiungsanspruch gegen die Beklagte, den sie an den Kläger hätte abtreten können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 4 Satz 2 SGG iVm § 116 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGG („Streitigkeiten … aufgrund von … Verträgen der Krankenkassen”).
Fundstellen
NZS 2002, 31 |
SozR 3-2500 § 60, Nr. 5 |
br 2001, 151 |
AuS 2001, 59 |
SozSi 2001, 435 |