Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der beklagten Krankenkasse wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Juli 1964 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen für bestimmte Zahlungen, die die klagende Lastenausgleichsbank einer Reihe von bei ihr beschäftigten weiblichen Angestellten, den Beigeladenen zu 3) bis 22), geleistet hat.
Die Klägerin hatte von Juni 1956 bis Februar 1958 ihren weiblichen Angestellten den im nordrhein-westfälischen Landesgesetz vom 27. Juli 1948 für Frauen mit eigenem Hausstand vorgesehenen monatlichen Hausarbeitstag nicht mehr gewährt, weil ein Sonnabend im Monat ohnehin dienstfrei war. Später hatte sie jedoch aufgrund eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 17. Januar 1958 (BAG 5, 187) ihre Rechtsauffassung geändert und im Frühjahr 1958 für die ganze zurückliegende Zeit (19 Monate) Barabgeltungen für die nicht gewährten Hausarbeitstage in einer Summe nachgezahlt.
Die Klägerin hält diese Zahlungen für einmalige Zuwendungen im Sinne des § 160 Abs. 3 der Reichsversicherung Ordnung (RVO) und will sie bei der Beitragsberechnung nur in dem Monat berücksichtigt wissen, in dem sie ausgezahlt worden sind. Demgegenüber hat die für den Beitragseinzug zuständige beklagte Krankenkasse die Zahlungen auf die einzelnen Gehaltsperioden verteilt, in denen die Hausarbeitstage hätten gewährt werden müssen. Demgemäß hat sie mit Bescheid vom 14. September 1959 Beiträge in Höhe von 1.073,67 DM von der Klägerin nachgefordert. Deren Widerspruch ist erfolglos geblieben (Bescheid vom 21. Januar 1960).
Das Sozialgericht (SG) hat der Anfechtungsklage stattgegeben (Urteil vom 25. August 1960). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der beklagten Krankenkasse zurückgewiesen; es hat die streitigen Abgeltungsbeträge mit der Klägerin als einmalige Zuwendungen angesehen, weil sie nicht regelmäßig in ständiger Wiederholung, sondern als gelegentliche Sonderleistungen neben dem laufenden Arbeitsentgelt gezahlt worden seien. Bei der Berechnung der Beiträge habe die Klägerin die Abgeltungen daher mit Recht nur im Monat ihrer Zahlung berücksichtigt (Urteil vom 9. Juli 1964).
Gegen dieses Urteil hat die beklagte Krankenkasse die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie ist weiterhin der Meinung, daß die fraglichen Beiträge in den jeweiligen Tätigkeitsabschnitten verdient worden seien, und deshalb diesen zugerechnet werden müßten. Sie beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. Juli 1964 und das Urteil des SG Köln vom 25. August 1960 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die klagende Bank hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat sich dem Antrag der beklagten Krankenkasse angeschlossen.
Die übrigen Beteiligten haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Die Revision der beklagten Krankenkasse ist begründet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die von der Klägerin geleisteten Abgeltungszahlungen für die Beitragsberechnung nicht in dem Zeitraum zu berücksichtigen, in dem sie den beigeladenen Angestellten tatsächlich ausgezahlt worden sind.
Mit Recht hat das LSG die fraglichen Beträge – in Übereinstimmung mit den Beteiligten – zum beitragspflichtigen Entgelt gerechnet. Als Einnahmen, die den Beigeladenen „aus dem Dienstverhältnis” zugeflossen sind, haben sie der Lohnsteuer und damit zugleich der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterlegen (§ 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung idF vom 27. August 1955 und 21. Dezember 1956, BGBl I, 1955, 542 und 1956, 979, Abschnitt 1 Satz 1 des Gemeinsamen Erlasses des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944, AN II, 281). Sie sind auch nicht, wie der Senat für vergleichbare Urlaubsabgeltungen der Jahre 1957 und 1958 schon entschieden hart nach Abschnitt 1 Satz 2 Nr. 5 des genannten Gemeinsamen Erlasses von der Beitragspflicht ausgenommen gewesen (vgl. SozR. Nr. 21 zu § 160 RVO, Bl. Aa 27 f).
Das LSG hat ferner die von der Klägerin gezahlten Abgeltungen zutreffend als einmalige Zuwendungen im Sinne des § 160 Abs. 3 RVO angesehen; denn solche Abgeltungen gehören ihrem Wesen nach nicht zu den laufenden, in jedem Monat zu erwartenden Bezügen, sondern werden nur aus besonderem Anlaß gezahlt, wenn nämlich entgegen der gesetzlichen Regel der monatliche Hausarbeitstag wegen Zeitablaufs nicht mehr durch Freistellung von der Arbeit gewährt werden kann (zum Begriff der einmaligen Zuwendungen vgl. BSG 16, 91, 95; 22, 162, 166 und vor allem das schon genannte Urteil des Senats, in dem auch Urlaubsabgeltungen zu den einmaligen Zuwendungen gerechnet worden sind). Für Barabgeltungen, die für nicht gewährte Hausarbeitstage gezahlt werden, gilt somit § 160 Abs. 3 RVO, wonach die Zuwendungen für die Berechnung der Beiträge nur in dem Zeitabschnitt zu berücksichtigen sind, „in dem sie gewährt werden”.
Das LSG hat diese Vorschrift, ohne dies näher zu begründen, dahin ausgelegt, daß für einmalige Zuwendungen in jedem Fall – auch wenn sie 9 wie hier, erst nachträglich gezahlt werden – der „Monat ihrer Zahlung” maßgebend ist. Eine solche Auslegung entspricht – auf den ersten Blick – dem Wortlaut des Gesetzes, wird jedoch seinem Zweck nicht voll gerecht. Wie die Entstehungsgeschichte des § 160 Abs. 3 und der Sinnzusammenhang ergeben, hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift nur verhindern wollen, daß eine einmalige Zuwendung auf mehrere Beitragsperioden verteilt wird (vgl. die amtliche Begründung in AN 1937, 4 f „zu §§ 5, 6”). Mit dieser Zweckbestimmung ist es vereinbar-, daß mehrere, in einer Summe zusammengefaßte einmalige Zuwendungen – auch im vorliegenden Fall setzten sich die Nachzahlungen der Klägerin aus mehreren Barabgeltungen zusammen – denjenigen Zeitabschnitten zugeordnet werden, zu denen sie der Sache nach gehören. Der Zweck des § 160 Abs. 3 RVO läßt es ferner zu, eine einmalige Zuwendung im Falle ihrer nachträglichen Auszahlung nicht in dem Beitragsabschnitt, in dem die Zahlung erfolgt ist, sondern im Zeitpunkt der Fälligkeit zu berücksichtigen. Der – für die Auslegung entscheidende – Zweck des § 160 Abs. 3 RVO schließt somit nicht aus, die in den Nachzahlungen der Klägerin vom Frühjahr 1958 enthalten gewesenen einzelnen Barabgeltungen auf die Beitragsperioden zu verteilen, in denen sie jeweils fällig geworden sind.
Daß es bei verspäteten Zahlungen in der Tat allein auf den Zeitpunkt der Fälligkeit ankommen kann, hat der Senat für Lohnnachzahlungen schon entschieden (BSG 22, 162). Er hat dabei insbesondere erwogen, daß ohne eine Verteilung des verspätet gezahlten Lohnes auf die jeweiligen Fälligkeitszeiträume der Arbeitgeber mit der Auszahlung des geschuldeten Lohnes manipulieren könnte, um sich ungerechtfertigte Vorteile bei der Beitragsentrichtung zu verschaffen. Außerdem würden die versicherungsrechtlichen Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer durch die verspätete Lohnzahlung verkürzt werden, wenn die Nachzahlung nicht auf die Zeiträume verteilt würde, in denen die einzelnen Teilbeträge bei Fälligkeit zu zahlen gewesen wären (aaO S. 168). Die gleichen Erwägungen gelten für die hier streitigen einmaligen Zuwendungen. Auch sie sind deshalb für die Beitragsberechnung in dem Zeitabschnitt zu berücksichtigen, in dem sie fällig geworden sind.
Nach der Rechtsprechung des BAG. ist ein nicht gewährter Hausarbeitstag in bar abzugelten, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und deswegen Freizeit nicht mehr gewährt werden kann, oder wenn der Anspruchszeitraum und der folgende Monat abgelaufen sind, so daß der Hausarbeitstag nach seinem Sinn und Zweck nicht mehr in Natur gewährt werden darf (BAG 3, 225). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Sie bedeutet im vorliegenden Fall, daß für die beigeladenen Angestellten Abgeltungsansprüche entstanden sind, nachdem der Monat, in dem der jeweilige Hausarbeitstag hätte gewährt werden müssen, und der Folgemonat verstrichen waren. Mit dem Beginn des neuen Monats sind die Abgeltungsansprüche fällig geworden und hätten deshalb von der Klägerin alsbald – nicht erst nachträglich in einer Summe – erfüllt werden müssen. Die von ihr im Frühjahr 1958 geleisteten Nachzahlungen sind mithin auf die hiernach sich ergebenden Fälligkeitszeitpunkte zu verteilen. – Da bisher nicht festgestellt ist, wie hoch bei einer solchen Verteilung der Abgeltungsbeträge die von der Klägerin nachzuentrichtenden Beiträge sind, hat der Senat den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden können, sondern hat die Sache an das LSG zurückverwiesen, damit dieses nunmehr die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen trifft.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG überlassen.
Unterschriften
Senatspräsident Dr. Langkeit ist beurlaubt. Dr. Krebs, Dr. Krebs, Spielmeyer
Fundstellen