Leitsatz (amtlich)
1. Ein Versicherter, für den Beiträge zur ungarischen Altersversicherung der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer (Gesetz vom 1938-04-27) entrichtet sind, war nicht in einer gesetzlichen Rentenversicherung bei einem nichtdeutschen Versicherungsträgers iS des SVFAG § 1 Abs 2 Nr 2, SVFAG § 1 Abs 6 versichert, weil die genannte ungarische Altersversicherung als Leistungen nur eine Altersrente und ein Sterbegeld kannte, während für die Versicherungsfälle einer vorzeitigen Minderung der Erwerbsfähigkeit und des Todes Renten nicht vorgesehen waren (So auch BSG 1958-01-15 1 RA 136/57 = BSGE 6, 263).
2. Die Ersatzzeitenregelung in RVO § 1251 gilt nicht für Versicherungsfälle, die vor dem Inkrafttreten des ArVNG 1957-01-01 eingetreten sind (Anschluß BSG 1959-01-28 1 RA 139/58 = BSGE 9, 92; Anschluß BSG 1959-07-08 4 RJ 47/58 = BSGE 10, 152).
Normenkette
SVFAG § 1 Abs. 6 Fassung: 1953-08-07, Abs. 2 Nr. 2 Fassung: 1953-08-07; ArVNG Fassung: 1957-02-23; LwAltersVG HUN Fassung: 1938-04-27; RVO § 1251 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Oktober 1958 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten wird das genannte Urteil dahin abgeändert, daß Versichertenrente vom 1. Januar 1959 bis zum 31. Dezember 1961 zu zahlen ist.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Klägerin setzt als Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit fort, den ihr Ehemann, der Versicherte Heinrich N... bis zu seinem Tode (3. Dezember 1961) gegen die Beklagte wegen der Gewährung einer Invalidenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter geführt hat.
Der im Jahre 1897 geborene, 1946 aus Ungarn vertriebene Versicherte hatte mit Unterbrechungen, durch Krankheit und Arbeitslosigkeit, in den Jahren 1947 bis 1953 im jetzigen Bundesgebiet 37 Beitragsmonate in der Invalidenversicherung zurückgelegt. Im März 1953 beantragte er, ihm Invalidenrente zu gewähren. Dazu gab er an, von 1940 bis 1944 bei der ungarischen Altersversicherung der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer versichert gewesen zu sein und vom 20. September 1944 bis August 1945 in der deutschen Wehrmacht Wehr- und Kriegsdienst geleistet zu haben. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 12. November 1953 wegen fehlender Invalidität ab.
Im Verlaufe des gegen diesen Bescheid gerichteten Klageverfahrens hat die Beklagte erklärt, die Wartezeit könne mit 60 Beitragsmonaten als erfüllt gelten. Sie hat jedoch weiterhin das Vorliegen von Invalidität im Sinne des § 1254 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF bestritten. Am 19. Oktober 1955 hat das Sozialgericht (SG) Nürnberg die Beklagte unter Abänderung, des Bescheides vom 12. November 1953 verurteilt, dem Versicherten vom 1. Dezember 1954 an Invalidenrente zu gewähren, da sich aus den eingeholten ärztlichen Gutachten ergebe, daß er seit November 1954 hauptsächlich wegen einer Gefäßerkrankung des Gehirns invalide sei, und weil die beitragsmäßigen Voraussetzungen für den erhobenen Anspruch erfüllt seien.
Im Verfahren über die von ihr eingelegte Berufung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, eine Rente stehe dem Versicherten schon deshalb nicht zu, weil er die Wartezeit von 60 Beitragsmonaten nicht erfüllt habe; die von ihm in Ungarn zurückgelegten Versicherungszeiten und die Wehrdienstzeit könnten nicht berücksichtigt werden.
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat am 21. Oktober 1958 das Urteil des SG dahin abgeändert, daß dem Versicherten erst vom 1. Januar 1957 an Rente auf Grund des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) vom 23. Februar 1957 zu gewähren sei. Es ist ebenfalls davon ausgegangen, daß der Versicherte spätestens seit November 1954 invalide sei. Jedoch habe er damals noch keinen Anspruch auf Invalidenrente gehabt, weil die erforderliche Wartezeit von 60 Beitragsmonaten nach dem damaligen Recht noch nicht erfüllt gewesen sei. Danach hätten nämlich die angeblich von 1940 bis 1944 in der ungarischen landwirtschaftlichen Altersversicherung zurückgelegten Beitragszeiten nicht angerechnet werden können. Zwar seien nach dem Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (FAG) vom 7. August 1953 (BGBl I 848) alle von Heimatvertriebenen bei gesetzlichen Rentenversicherungen des Auslands zurückgelegten Versicherungszeiten zu berücksichtigen. Nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 6 FAG seien jedoch nur diejenigen ausländischen Versicherungen gesetzliche Rentenversicherungen im Sinne des Gesetzes, die sowohl Leistungen bei Invalidität oder Berufsunfähigkeit vorsähen als auch die Risiken des Alters und Todes umfaßten. Die ungarische landwirtschaftliche Altersversicherung habe aber nur Altersrenten und- in bestimmten Fällen - ein Sterbegeld, nicht aber eine Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitsrente gekannt. Sie sei daher keine gesetzliche Rentenversicherung, deren Versicherungszeiten anrechenbar seien. Eine Anrechnung des behaupteten Wehrdienstes komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Versicherte vor dem Wehrdienst nicht "Versicherter" im Sinne der Rentenversicherung gewesen sei (§ 2 FAG i.V.m. § 1263 RVO aF). Bei nur 37 nachgewiesenen Beitragsmonaten in der deutschen Rentenversicherung reichten auch die seit August 1945 in Ungarn zurückgelegten 15 Arbeitsmonate nicht zur Erfüllung der Wartezeit aus, so daß dahingestellt bleiben könne, ob diese Beschäftigungszeit nach § 17 Abs. 8 FAG überhaupt auf die Wartezeit anzurechnen sei.
Dagegen sei die Wartezeit nach neuem Recht erfüllt, weil nach § 1251 Abs. 1 Nr. 6 RVO idF des am 1. Januar 1957 in Kraft getretenen ArVNG für Heimatvertriebene, wie den Versicherten, die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1946 als Ersatzzeit für die Erfüllung der Wartezeit gelte. Diese Vorschrift sei auch auf vor dem 1. Januar 1957 eingetretene Versicherungsfälle anzuwenden, so daß die Wartezeit mit 24 Monaten Ersatzzeit und 37 Beitragsmonaten erfüllt sei.
Gegen das dem Versicherten am 23., der Beklagten am 26. Februar 1959 zugestellte Urteil, in dem die Revision zugelassen worden war, haben die Beteiligten Revision eingelegt.
Die Klägerin, die als Bezugsberechtigte nach § 1288 Abs. 2 RVO die Rentenansprüche des inzwischen verstorbenen Versicherten weiter verfolgt, rügt Verletzung des § 1 Abs. 2 Nr. 2. Abs. 6 FAG. Sie meint, ihrem Ehemann habe die Invalidenrente schon vom 1. Dezember 1954 an zugestanden, wie das SG zu Recht entschieden habe. Eine gesetzliche Rentenversicherung im Sinne der genannten Vorschrift sei eine ausländische Versicherung selbst dann, wenn sie nur Rentenleistungen für den Versicherungsfall des Alters und ein Sterbegeld vorsehe. Die bei der ungarischen landwirtschaftlichen Altersversicherung zurückgelegten Versicherungszeiten seien daher auf die Wartezeit anzurechnen, die damit erfüllt sei.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Klage abgewiesen hat, und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 19. Oktober 1955 mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß Rente bis zum 31. Dezember 1961 zu zahlen ist, ferner die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen LSG vom 21. Oktober 1958 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
unter Zurückweisung der Revision der Klägerin das Urteil des SG Nürnberg vom 19. Oktober 1955 sowie das Urteil des Bayerischen LSG vom 21. Oktober 1958 abzuändern und die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, daß Versichertenrente erst vom 1. Januar 1959 an zu zahlen ist.
Sie rügt Verletzung des § 1251 Abs. 1 Nr. 6 RVO nF und meint, dem Versicherten habe ein Rentenanspruch auch nicht vom 1. Januar 1957 an zugestanden, weil die Wartezeit von 60 Beitragsmonaten weder nach altem noch nach neuem Recht erfüllt gewesen sei, da nur 37 Beitragsmonate nachgewiesen seien. Insbesondere könne die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1946 nicht als Ersatzzeit anerkannt werden, weil die Anrechnung dieser erst durch das ArVNG geschaffenen Ersatzzeit auf frühere Versicherungsfälle durch Art. 2 § 5 ArVNG ausdrücklich ausgeschlossen sei. Erst aufgrund des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) vom 25. Februar 1960 (BGBl I 93) sei der Versicherte vom 1. Januar 1959 an bis zum Ablauf seines Sterbemonats rentenberechtigt gewesen. Allerdings sei nur eine Versichertenrente unter Berücksichtigung einer Beitragszeit von 1940 bis 1944 zu zahlen; hinsichtlich der weiteren Beschäftigungszeiten seien die Angaben des Versicherten zu widerspruchsvoll, um jene als Beitragszeiten anerkennen zu können.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaften, auch form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Revisionen mußten zu dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Ergebnis führen.
Ein Anspruch des Versicherten auf Gewährung von Invalidenrente bereits vom 1. Dezember 1954 an, den das SG ihm zuerkannt hatte, ist, wie das LSG zu Recht entschieden hat, nicht gegeben.
Nach § 1253 Abs. 1 RVO aF wäre Voraussetzung hierfür gewesen, daß die Wartezeit erfüllt und die Anwartschaft erhalten war. Nach den insoweit unbeanstandet gebliebenen Feststellungen der Vorinstanzen war die Anwartschaft des Versicherten aus seiner in Deutschland zurückgelegten Versicherung zwar bei Eintritt des Versicherungsfalles durch Halbdeckung erhalten (§ 1265 RVO aF). Streitig war dagegen, ob der Versicherte beim Beginn seiner Invalidität im November 1954 die Wartezeit erfüllt hatte. Hierzu hatte die Beklagte im ersten Rechtszug erklärt, die Wartezeit gelte in Anbetracht der vom Versicherten in Ungarn zurückgelegten Versicherungszeiten als erfüllt. Da die Beklagte mit diesen Ausführungen den vom Versicherten geltend gemachten Rentenanspruch jedoch weder anerkennen wollte noch anerkannt hat, darf die genannte Erklärung nur als Äußerung einer Rechtsansicht gewertet werden, deren Richtigkeit von den Gerichten zu überprüfen war und daher vom LSG mit Recht überprüft worden ist. Gemäß § 1262 Abs. 1 RVO aF war die Wartezeit erfüllt, wenn mindestens 60 Beitragsmonate zurückgelegt waren. Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen hat der Versicherte vor Eintritt der Invalidität nur 37 Beitragsmonate in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter im jetzigen Bundesgebiet zurückgelegt. Die Wartezeit konnte also nur dann erfüllt sein, wenn seine Beschäftigungszeiten in Ungarn, insbesondere seine Versicherungszeiten in der ungarischen landwirtschaftlichen Altersversicherung, voll oder zumindest teilweise als Versicherungszeiten anzurechnen waren.
Hierzu war durch das am 1. April 1952 in Kraft getretene FAG angeordnet, daß Vertriebenen wie dem Versicherten für Versicherungszeiten bei nicht mehr bestehenden, stillgelegten oder außerhalb des Bundesgebietes oder des Landes Berlin befindlichen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung Ersatz durch Anrechnung dieser Versicherungszeiten im Rahmen der deutschen Rentenversicherung zu leisten war (sog. Entschädigungsprinzip). Nach § 4 Abs. 1 FAG waren indes nur diejenigen Versicherungszeiten für Wartezeit, Anwartschaft und Rentenberechnung wie die in den Rentenversicherungen im Bundesgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten zu berücksichtigen, die bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne dieses Gesetzes zurückgelegt waren. Als gesetzliche Rentenversicherungen im Sinne dieses Gesetzes galten aber nach § 1 Abs. 6 Satz 2 FAG nur Rentenversicherungen für den Fall der Invalidität oder Berufsunfähigkeit, des Alters und des Todes. Als derartige Rentenversicherung bei einem nicht deutschen Versicherungsträger galt deshalb nicht bereits jedes soziale Sicherungssystem, das im wesentlichen auf einer öffentlich-rechtlich geregelten Pflichtzugehörigkeit für einen bestimmten Personenkreis mit einem irgendwie gestalteten Beitragsaufkommen aufgebaut war, sondern Voraussetzung war weiter, daß gesetzlich oder satzungsmäßig Leistungen für den Fall einer vorzeitigen Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes vorgesehen waren. Erst recht nicht reichte eine Kapitalversicherung, eine private Rentenversicherung oder eine allgemeine Fürsorge oder Versorgung aus (BSG 6, 263). Die Alters- und Hinterbliebenenversicherung der Landarbeiter, zu der der Versicherte in den Jahren 1940 bis 1946 Beiträge entrichtet haben will, fiel damit nicht unter § 1 Abs. 6 FAG. Denn diese in Ungarn aufgrund des Gesetzes über die pflichtmäßige Altersversicherung der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer vom 27. April 1938 eingeführte Zwangsversicherung war zwar in der Form aufgebaut, daß den versicherten Personenkreis eine Beitragspflicht traf. Insoweit waren also die Voraussetzungen erfüllt, die das FAG an eine gesetzliche Rentenversicherung stellte. Die Möglichkeit, in der ungarischen Altersversicherung der Landarbeiter eine gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des FAG zu sehen, besteht jedoch deswegen nicht, weil nach § 5 des Gesetzes vom 27. April 1938 als Leistungen dieser Versicherung nur eine Altersrente und ein Sterbegeld vorgesehen waren, während das FAG nach seinem klaren Wortlaut nur diejenigen Versicherungen als gesetzliche Rentenversicherung bezeichnet, die die Versicherungsfälle sowohl der vorzeitigen Minderung der Erwerbsfähigkeit (Invalidität oder Berufsunfähigkeit) als auch die des Alters und des Todes umfaßten (ebenso Verb. Komm., 5. Aufl., Anm. 33 zu § 1 FAG; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 294h; Hoernigk/Jahn/Wickenhagen, FAG, Stand März 1959, § 1 Anm. 7 Abs. 2).
Dieses aus dem Wortlaut des Gesetzes hergeleitete Ergebnis steht in Übereinstimmung mit den Grundgedanken des damaligen Rechts. Das FAG beruhte auf dem Entschädigungsprinzip. Da die deutsche gesetzliche Rentenversicherung sämtliche genannten Versicherungsfälle umfaßt, würde die Anrechung der im Ausland nur für einen dieser Versicherungsfälle erbrachten Leistungen auf die Rentenversicherung des Bundesgebietes über eine bloße Entschädigung hinausgehen in Richtung auf die erst durch das Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz vom 25. Februar 1960 durchgeführte Eingliederung der Vertriebenen in die Versichertengemeinschaft ihrer neuen Heimat. Insbesondere beim verstorbenen Versicherten, der nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes vom 27. April 1938 in Ungarn frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres und nach 15-jähriger Wartezeit einen Anspruch auf Rente gehabt hätte, würde die Anrechnung deiner in Ungarn erbrachten Leistungen zur deutschen Sozialversicherung eine wesentliche Besserstellung bedeuten. Diese war vom FAG noch nicht gewollt und ebensowenig vorgesehen wie eine Entschädigung, die über die Anrechnung der erbrachten Leistungen in der deutschen Sozialversicherung hinausging. Somit waren bei Eintritt des Versicherungsfalles im Jahre 1954 die vom Versicherten behaupteten, in Ungarn zurückgelegten Beitragszeiten nicht anrechenbar. Nicht anrechenbar war damit aber auch die von dem Versicherten angegebene Wehrdienstzeit, wie in dem angefochtenen Urteil dargelegt. Die Wartezeit von 60 Beitragsmonaten war daher am 1. Dezember 1954 selbst dann nicht erfüllt, wenn zu den in Deutschland zurückgelegten 37 Beitragsmonaten eine möglicherweise beitragsfreie Beschäftigungszeit in Ungarn zum Ende des Jahres 1945 und im Jahre 1946 nach § 17 Abs. 8 FAG mit 15 Monaten hinzuzurechnen wäre. Der Versicherte hatte daher bei Eintritt des Versicherungsfalles keinen Anspruch auf Gewährung von Invalidenrente. Seine Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten ist somit vom LSG zu Recht abgewiesen worden, so daß seine von der Klägerin aufgenommene Revision keinen Erfolg haben konnte.
Aber auch aufgrund des ArVNG stand ihm noch keine Rente vom 1. Januar 1957 an zu. Das LSG meint zwar, die Wartezeit sei zu diesem Zeitpunkt mit 61 Beitragsmonaten deshalb erfüllt gewesen, weil nach § 1251 Abs. 1 Nr. 6 RVO idF des ArVNG von jenem Tage an bei Vertriebenen wie dem Versicherten für die Erfüllung der Wartezeit 24 Monate zusätzlich als Ersatzzeiten anzurechnen seien. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (vgl. die veröffentlichten Entscheidungen BSG 9, 92; 10, 151, 155) gilt § 1251 RVO nF nur für neue Versicherungsfälle. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Das neue Recht ist auf alte Versicherungsfälle nur dann anzuwenden, wenn dies besonders vorgeschrieben ist. Eine derartige Vorschrift ist bezüglich der Ersatzzeitenregelung des § 1251 RVO in Art. 2 ArVNG nicht enthalten. Soweit in Art. 2 § 8 ArVNG bestimmt ist, daß § 1249 RVO auch für Versicherungsfälle gilt, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes, aber nach dem 31. März 1945 eingetreten sind, gilt diese Verweisung nur insoweit, als § 1249 RVO die nach früherem Recht für die Anwartschaft geltenden Einschränkungen für die Wartezeit des neuen Rechts übernimmt, nicht aber hinsichtlich der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Verweisungen auf das Ersatzzeitenrecht des § 1251 RVO. Wenn auch § 1249 RVO formell eine die Wartezeit und damit die Ersatzzeiten regelnde Vorschrift ist, so trifft er sachlich doch im wesentlichen anwartschaftsrechtliche Bestimmungen. Daß sich die Verweisung des Art. 2 § 8 ArVNG einzig auf die das Anwartschaftsrecht ersetzende Bedeutung des § 1249 RVO bezieht, ergibt sich aus dem in Art. 2 § 8 ArVNG genannten, nur aus dem Anwartschaftsrecht verständlichen Stichtag des 31. März 1945 sowie aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Das Gegenteil folgt auch nicht daraus, daß in der knappschaftlichen Rentenversicherung das neue Ersatzzeitenrecht nach Art. 2 § 7 des Knappschaftsversicherungs-Neuregelungsgesetzes unbeschränkt, also auch für alte Versicherungsfälle, eingeführt worden ist. Daraus, daß sich das Knappschaftsrecht durch die auf den Einzelfall bezogene Umstellung der Altrenten wesentlich vom Versicherungsrecht der Arbeiter und der Angestellten unterscheidet, ist zu entnehmen, daß der Gesetzgeber das Knappschaftsversicherungsrecht auch hinsichtlich der Wartezeiten und damit der Ersatzzeiten anders regeln wollte. Dem seit dem 1. November 1954 invaliden Versicherten konnten demnach die Zeiten der Vertreibung, die erstmals in den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen zu Ersatzzeiten für die Erfüllung der Wartezeit erklärt worden sind, nicht angerechnet werden. Hierfür spricht auch, daß die Vorschriften des FANG, die das Rentenrecht der Vertriebenen völlig neu regeln, nach Art. 6 §§ 5 ff dieses Gesetzes für Altfälle nicht rückwirkend vom 1. Januar 1957 an, sondern erst seit dem 1. Januar 1959 anzuwenden sind. Die Revision der Beklagten, die sich gegen ihre Verurteilung zur Rentengewährung für die Zeit vor dem 1. Januar 1959 wendet, ist daher begründet.
Ein Rentenanspruch des Versicherten war vielmehr erst durch das FANG, und zwar vom 1. Januar 1959 an, begründet worden (Art. 6 § 24 FANG). Nach § 15 des am 1. Januar 1959 in Kraft getretenen Fremdrentengesetzes (FRG), wonach bei Vertriebenen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten auch diejenigen Beitragszeiten gleichgestellt sind, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, ist eine gesetzliche Rentenversicherung auch ein System der sozialen Sicherheit, das abhängig Beschäftigte und ihre Hinterbliebenen nur für den Fall des Alters durch eine Rente sichern sollte, und nach § 16 FRG steht sogar eine von diesem Personenkreis ohne Beiträge verrichtete Beschäftigung einer nach Bundesrecht rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung, für die Beiträge entrichtet sind, gleich. Daß dem Versicherten aber vom 1. Januar 1959 an eine Rente zustand, hat die Beklagte durch die Einschränkung ihres Revisionsantrags auch anerkannt.
Zwar ist noch streitig, ob dem Versicherten neben den Beitragszeiten zur ungarischen landwirtschaftlichen Altersversicherung auch sonstige Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anzurechnen sind. Diese für die Höhe der Rente möglicherweise wichtige Frage brauchte hier jedoch nicht entschieden werden. Nach den gestellten Anträgen erstrebte der Versicherte und begehrt die Klägerin nur eine Entscheidung darüber, daß die Beklagte überhaupt vom 1. Dezember 1934 an bis zum Ablauf des Sterbemonats (§ 1294 RVO) eine Rente zu gewähren hat, nicht aber darüber, wie hoch diese Rente ist (§ 130 SGG).
Hiernach war gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 SGG auf die Revision der Beklagten das angefochtene Berufungsurteil entsprechend der im Revisionsverfahren erklärten Einschränkung dahin abzuändern, daß Versichertenrente erst vom 1. Januar 1959 an und bis zum Ablauf des Sterbemonats zu zahlen ist, und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen