Leitsatz (redaktionell)

Gegenstand der Rechtskraft ist die Entscheidung des Richters, daß sich aus einem bestimmten Tatbestand eine bestimmte Rechtsfolge ergebe.

Von der Rechtskraft wird nicht die Rechtsfolge allein erfaßt, sondern mit ihr auch der bestimmte Rechtsgrund, aus dem sie sich ergibt; andernfalls wäre eine klare Begrenzung der in Rechtskraft übergehenden Entscheidung nicht möglich.

Klageabweisende Urteile zB könnten den Zweck der materiellen Rechtskraftwirkung, der darauf gerichtet ist zu vermeiden, daß über dieselbe Rechtsfolge erneut gestritten und entschieden wird, nicht erfüllen, wenn sich die Rechtskraft nicht darauf erstrecken würde, aus welchem Rechtsgrund im Urteil der Schluß auf das Nichtbestehen der bestimmten Rechtsfolge ausgesprochen wurde.

Dieser Auffassung, die damit im Einklang steht, daß die Gründe einer Entscheidung mit zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehen sind, steht nicht der allgemein anerkannte Grundsatz entgegen, daß die Entscheidungsgründe nicht an der Rechtskraft teilnehmen.

 

Normenkette

SGG § 141 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. November 1963 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger war bis zum Jahre 1939 etwa vier Jahre lang in einem keramischen Industrieunternehmen beschäftigt. Im Jahre 1950 beantragte er bei der beklagten Berufsgenossenschaft die Gewährung einer Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) mit der Behauptung, er leide an Silikose. Die Beklagte lehnte diesen Anspruch durch Bescheid vom 15. Dezember 1950 ab, weil nach den gutachtlichen Äußerungen des Facharztes für innere Krankheiten Dr. W vom 14. September 1950 und des Staatlichen Gewerbearztes Rheinland-Pfalz vom 24. November 1950 kein ausreichender Anhalt für das Vorliegen einer Entschädigungsansprüche begründenden Silikose oder einer mit Silikose verbundenen Lungentuberkulose ( LTbc ) - Nr. 17 a oder 17 b der Anlage zur damals geltenden 4. Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) - beim Kläger gegeben sei. Die gegen diesen Bescheid eingelegte Berufung (alten Rechts) nahm der Kläger wieder zurück. Die Beklagte veranlaßte eine erneute Untersuchung und Begutachtung des Klägers von dem Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. H. Bei dem dabei erhobenen Lungenbefund nahm der Sachverständige das Vorliegen einer LTbc an, die aber nicht aktiv fortschreitend sei; mit dem Vorhandensein geringer silikotischer Lungenveränderungen rechnete der Sachverständige, hielt sie aber nicht für schwerer als eine Silikose ersten Grades. Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 5. Oktober 1951 den Entschädigungsanspruch wieder ab. Der Kläger focht diesen Bescheid mit der Berufung zum Oberversicherungsamt (OVA) Koblenz an. Die Beklagte legte ein Gutachten des Röntgenfacharztes Dr. J vom 5. Mai 1952 vor; der Sachverständige sprach sich für das Vorliegen einer aktiv fortschreitenden LTbc aus und nahm an, daß die gleichzeitig vorhandenen Steinstaubveränderungen in der Lunge des Klägers stärker als solche ersten Grades seien. Das OVA verurteilte durch Vorentscheidung vom 25. Juli 1952 die Beklagte zur Zahlung einer Rente, welche der durch die Staublungenerkrankung des Klägers verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) entspreche.

Das OVA hat eine Silikose in Verbindung mit einer fortschreitenden LTbc im Sinne der Nr. 17 b der Anlage zur 4. BKVO für gegeben erachtet. Diese Vorentscheidung hat das OVA durch Urteil vom 2. Dezember 1952 bestätigt. In der Begründung hierzu ist u. a. ausgeführt, daß eine einwandfrei festgestellte Silikose ersten Grades zu der Verschlimmerung der LTbc des Klägers wesentlich beigetragen habe und daß damit die Voraussetzungen der Nr. 27 b der Anlage zur 5. BKVO vorlägen. Die Beklagte erließ am 13. Juli 1953 einen Bescheid über die Gewährung einer Dauerrente an den Kläger. In diesem Bescheid ist festgestellt, daß der Kläger an einer Berufskrankheit (Siliko-Tbc) leide; die Rente ist laut Entscheidung des OVA Koblenz vom 2. Dezember 1952 mit Wirkung vom 1. Oktober 1951 an nach einer MdE von 70 v. H. gewährt worden.

Im Februar 1954 wandte sich der Kläger unter Bezugnahme auf ein Attest seines behandelnden Arztes an die Beklagte mit dem Hinweis, daß sich sein Lungenleiden insofern verschlimmert habe, als jetzt das Herz in Mitleidenschaft gezogen sei. Auf Grund erneuter Begutachtung kam Dr. W in Übereinstimmung mit dem Staatlichen Gewerbearzt zu der Auffassung, daß keine aktiv fortschreitende LTbc mehr vorliege und silikotische Veränderungen nennenswerten Umfangs nie vorgelegen hätten. Die Beklagte entzog durch Bescheid vom 20. Januar 1955 dem Kläger die Rente, weil sich seit deren Feststellung der Zustand des Klägers so wesentlich gebessert habe, daß seine Erwerbsfähigkeit durch die Folgen der Berufskrankheit nicht mehr in meßbarem Grade gemindert sei. Die Klage gegen diesen Bescheid wurde im Instanzenzug abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz war der Auffassung, daß beim Kläger Siliko-Tbc als selbständige Berufskrankheit nicht mehr nachweisbar sei; der Krankheitszustand des Klägers habe sich gegenüber der Zeit der Rentenfestsetzung erheblich gebessert; die LTbc sei nicht mehr aktiv fortschreitend (Urteil vom 21. November 1958).

Im Februar 1959 beantragte der Kläger, ihm die Rente wiederzugewähren, da sich sein Lungenleiden verschlimmert habe. Die Beklagte lehnte diesen Antrag nach erneuter fach- und gewerbeärztlicher Begutachtung durch Bescheid vom 10. Mai 1960 mit der Begründung ab, das Vorliegen einer Berufskrankheit sei sowohl nach Nr. 27 a als auch nach Nr. 27 b der Anlage zur 5. BKVO zu verneinen, es sei nicht sicher, daß eine Silikose beim Kläger vorliege.

Der Kläger hat hiergegen Klage beim Sozialgericht (SG) Koblenz erhoben. Zur Frage, ob der Kläger an silikotischen Einlagerungen in der Lunge leide, hat das SG mehrere fachärztliche Sachverständige gutachtlich gehört, darunter auch den Röntgenologen Dr. J, der sich bereits im Jahre 1952 geäußert hatte. Außer dem Facharzt für innere Krankheiten Dr. B verneinen sämtliche Sachverständigen das Vorhandensein silikotischer Lungenveränderungen. Das SG hat durch Urteil vom 17. August 1962 die Klage abgewiesen. Es ist der Ansicht, die ursprünglich vorhanden gewesene Silikose habe sich zurückgebildet, so daß keine echte Staublungenerkrankung mehr vorliege. Das LSG Rheinland-Pfalz hat am 8. November 1963 die Beklagte verurteilt, dem Kläger "aufgrund Staublungenerkrankung in Verbindung mit aktiv fortschreitender Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose)" vom 27. Februar 1959 an die Entschädigung aus der gesetzlichen UV zu gewähren. Zur Begründung ist u. a. ausgeführt: Durch Urteil des OVA Koblenz vom 2. Dezember 1952 sei rechtskräftig entschieden, daß sich der Kläger durch seine berufliche Tätigkeit silikotische Veränderungen in der Lunge zugezogen habe. An diese Entscheidung seien die Beklagte und das Gericht gebunden. Daher dürfe der Anspruch des Klägers auf Wiedergewährung der Rente nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es liege beim Kläger keine Silikose vor. Tatsächlich sei die Rente dem Kläger auch nicht entzogen worden, weil etwa die durch Steinstaubeinlagerungen bedingten Veränderungen in der Lunge zurückgegangen seien, sondern deshalb, weil eine aktiv fortschreitende LTbc nicht mehr vorgelegen habe. Inzwischen sei die LTbc des Klägers aber wieder in das aktiv fortschreitende Stadium eingetreten, und zwar bereits im Zeitpunkt der Stellung des Wiedergewährungsantrags im Februar 1959. Die im Jahre 1952 diagnostizierten Staublungenveränderungen seien nach überwiegender Auffassung der ärztlichen Sachverständigen nicht etwa inzwischen infolge Besserung des Befundes zurückgegangen, was überdies jeder medizinischen Erfahrung widerspräche. Hinsichtlich des Silikoseanteils an der Lungenerkrankung des Klägers sei die Beklagte jedoch an die Fehlbeurteilung, die dem Urteil des OVA vom 2. Dezember 1952 zugrunde liege, gebunden. Über den Anspruch des Klägers auf Wiedergewährung der Rente sei so zu entscheiden, als ob die nunmehr wieder aufgelebte aktiv fortschreitende LTbc durch silikotische Lungenveränderungen nachteilig beeinflußt werde; damit seien die Voraussetzungen der Nr. 27 b der 5. BKVO wie der Nr. 35 der 6. BKVO als gegeben zu erachten.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Das Berufungsurteil ist der Beklagten am 4. Januar 1964 zugestellt worden. Sie hat gegen das Urteil am 21. Januar 1964 Revision eingelegt und diese am 27. Februar 1964 wie folgt begründet: Es könne nicht rechtens sein, daß sie zur Entschädigung einer Berufskrankheit verurteilt werde, die tatsächlich nicht vorliege. Es müsse davon ausgegangen werden, daß der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 1950 niemals aufgehoben worden sei. Dieser Bescheid habe auch die Beklagte gebunden. Nur aus Entgegenkommen sei sie bereit gewesen, im Jahre 1951 einen neuen Bescheid zu erteilen. Als sie im Januar 1955 die Rentenzahlung eingestellt habe, sei wieder der alte, durch den Bescheid vom 15. Dezember 1950 geschaffene Zustand eingetreten. Die Bindungswirkung des Urteils des OVA Koblenz vom 2. Dezember 1952 führe zu keiner anderen Beurteilung. Sie erstrecke sich nur auf die Bestätigung der Vorentscheidung. Aber selbst wenn man die Gründe dieser Entscheidung mit berücksichtige, fehle es in dem Urteil des OVA Koblenz an einer genauen Bezeichnung, welche "Staublungenerkrankung" zu entschädigen sei. Schließlich habe das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 21. November 1958 rechtskräftig bestätigt, daß beim Kläger eine Berufskrankheit nicht mehr vorliege. Bei einem neuen Antrag seien deshalb wie bei einer Erstfeststellung alle Voraussetzungen für eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung neu zu prüfen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Koblenz vom 17. August 1962 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten gegen das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz in Mainz vom 8. November 1963 als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, da die Bindungswirkung des Urteils des OVA Koblenz dem Urteilstenor und den Entscheidungsgründen zu entnehmen sei.

II

Die Revision ist zulässig. Sie hatte jedoch keinen Erfolg.

Das LSG hat den Anspruch des Klägers auf Wiedergewährung der Rente, die durch den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 1955 auf Grund des § 608 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF entzogen worden ist, zu Recht für begründet erachtet. Die LTbc , an welcher der Kläger im Jahre 1951 erkrankte und für die er in der Annahme, die Erkrankung stehe mit silikotischen Veränderungen in Verbindung, nach Nr. 27 b der Anlage zur 5. BKVO seit dem 1. Oktober 1951 entschädigt wurde, ist nach vorübergehender Besserung Anfang des Jahres 1959 wieder aufgelebt und hat erneut einen aktiven Verlauf genommen. Damit haben sich die Verhältnisse, die für die Entziehung der Rente durch den Bescheid vom 20. Januar 1955 maßgebend waren, wesentlich geändert und die Voraussetzung für eine Wiedergewährung der Rente im Wege der Neufeststellung nach § 608 RVO aF (= § 622 Abs. 1 RVO nF) geschaffen.

Dem steht, wie das LSG zutreffend angenommen hat, nicht entgegen, daß nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils beim Kläger zu keiner Zeit silikotische Veränderungen vorgelegen haben und die Rentengewährung insofern auf einer Fehlbeurteilung des Krankheitsbildes beruhte, als irrtümlicherweise das Vorliegen einer auf den Vorlauf der LTbc schädigend einwirkenden Silikose angenommen worden war.

Die fälschliche Annahme einer Siliko-Tuberkulose hat die Beklagte beim Erlaß des angeführten Entziehungsbescheides zu Recht außer Betracht gelassen und unter rechtmäßiger Anwendung des § 608 RVO aF die Neufeststellung der Entschädigung damit begründet, daß die LTbc des Klägers zur Ruhe gekommen sei und seine noch vorhandenen Herz- und Kreislaufbeschwerden nicht die Folge einer für sich allein Entschädigungsansprüche begründenden Silikose im Sinne der Nr. 27 a der Anlage zur 5. BKVO sein könnten, sondern altersbedingt seien. Mit dieser Begründung entsprach der Entziehungsbescheid der damaligen Sachlage. Da eine Änderung in den für die Rentengewährung wegen Siloko-Tbc maßgebend gewesenen Verhältnissen nur im Befund der LTbc eingetreten war, konnte der Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 1955 auch nur mit dieser Änderung begründet werden; nur insoweit war die Beklagte zu einer Neufeststellung der Entschädigung berechtigt. Die der Rentengewährung zugrunde liegende Feststellung, der Kläger habe damals an einer Siliko-Tbc gelitten, ist durch den Entziehungsbescheid, der im Rechtszug durch das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 21. November 1958 bestätigt worden ist, nicht berührt worden. Schon deshalb ist die Ansicht der Revision, nach der Entziehung der Rente im Januar 1955 sei wieder auf den die Entschädigungsansprüche ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 1950 zurückzugreifen, nicht berechtigt.

Die Beklagte und die mit der Prüfung des Rechtsstreits befaßten Gerichte sind an die vorausgegangene zur Rentenbewilligung führende irrtümliche Feststellung, die aktiv fortschreitende LTbc sei durch silikotische Einlagerungen in ihrem Verlauf beeinflußt worden, gebunden.

Durch das Urteil des OVA Koblenz vom 2. Dezember 1952 ist zwischen den Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits entschieden worden, daß der Kläger wegen "Staublungenerkrankung" rentenberechtigt sei. Die Ansicht der Revision, daß dieser Ausspruch nicht Gegenstand des Urteils geworden sei, weil er nur in der Vorentscheidung des Vorsitzenden der Spruchkammer vom 25. Juli 1952 enthalten sei und das Urteil sich darauf beschränkt habe, die Vorentscheidung zu bestätigen, trifft, wie keiner näheren Darlegung bedarf, nicht zu. Da das Urteil des OVA nicht angefochten worden ist, kommt ihm, wie das LSG mit Recht angenommen hat und von der Revision auch nicht bestritten wird, die materielle Rechtskraftwirkung des § 141 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu (vgl. BSG 13, 181, 185 mit den dort angeführten Nachweisungen). Nach dieser Vorschrift binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Das Ausmaß der Bindung, die einem solchen Urteil zukommt, richtet sich nach den im Zivilprozeß für die materielle Rechtskraft entwickelten Grundsätzen. Danach ist Gegenstand der Rechtskraft die Entscheidung des Richters, daß sich aus einem bestimmten Tatbestand eine bestimmte Rechtsfolge ergebe (vgl. BSG 13, 181, 184 mit den dort angeführten Nachweisungen). Von der Rechtskraft wird also nicht die Rechtsfolge für sich allein - hier der geltend gemachte Entschädigungsanspruch - erfaßt, sondern mit ihr auch der bestimmte Rechtsgrund, aus dem sie sich ergibt. Andernfalls wäre eine klare Begrenzung der in Rechtskraft übergehenden Entscheidung nicht möglich. Klagabweisende Urteile z. B. könnten den Zweck der materiellen Rechtskraftwirkung, der darauf gerichtet ist zu vermeiden, daß über dieselbe Rechtsfolge erneut gestritten und entschieden wird, nicht erfüllen, wenn sich die Rechtskraft nicht darauf erstrecken würde, aus welchem Rechtsgrund im Urteil der Schluß auf das Nichtbestehen der bestimmten Rechtsfolge ausgesprochen wurde. Dieser Auffassung, die damit im Einklang steht, daß die Gründe einer Entscheidung mit zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehen sind, steht somit nicht der allgemein anerkannte Grundsatz entgegen, daß die Entscheidungsgründe nicht an der Rechtskraft teilnehmen (vgl. BGHZ 24, 278, 284; 34, 337, 339; AN 23, 190, 191; Wieczorek, Komm. z. ZPO, Anm. E I a, I b 2 u. 3, IV b zu § 322; Stein/Jonas/Schönke/Pohle, Komm. z. ZPO, 18. Aufl., Anm. V 1 u. VII 1 zu § 322; Baumbach/Lauterbach, Komm. z. ZPO, 28. Aufl., Anm. 2 C zu § 322; Peters/Sautter/Wolff, Komm. z. SGb, Anm. 3 b, bb zu § 141 SGG; Eyermann/Fröhler, Komm. z. VwGO, 3. Aufl., Anm. 24 zu § 121; Brackmann, aaO, Band I S. 256 e u. f mit den dort angeführten Nachweisungen; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., S. 751 § 150 II; Götz in Juristenzeitung, 1959, 681, 685; Lüke in Juristische Schulung, 1961, 188, 190 re. Spalte).

Hiernach ist im vorliegenden Streitfall durch das Urteil des OVA Koblenz vom 2. Dezember 1952 rechtskräftig nicht nur entschieden worden, daß die Beklagte dem Kläger Rente aus der gesetzlichen UV zu gewähren habe, sondern auch, daß dem Kläger diese Rente wegen Staublungenerkrankung in Verbindung mit aktiv fortschreitender LTbc zustehe.

Zu demselben Ergebnis führt auch die Bindungswirkung des Bescheides der Beklagten vom 13. Juli 1953, der im Anschluß an das Urteil des OVA vom 2. Dezember 1952 von der Beklagten erlassen worden ist und durch den die Beklagte das Vorliegen einer Siliko-Tbc beim Kläger anerkannt hat. Die Beklagte hat in diesem Bescheid ausdrücklich festgestellt, daß der Kläger an einer Berufskrankheit (Siliko-Tbc) leide, die durch seine berufliche Beschäftigung in einem steinstaubgefährdenden Unternehmen verursacht worden sei. Diese Feststellung ist in den Gründen des Bescheides wie auch in dessen klar von der Begründung getrenntem Verfügungssatz enthalten. Sie wird daher nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats von der Bindungswirkung im Sinne des § 77 SGG erfaßt (BSG 18, 84, 89; a. A. Haueisen in NJW 1965, 561). Die Bindung des angeführten Rentengewährungsbescheides gilt daher ohne Rücksicht darauf, daß die Beklagte das Vorliegen silikotischer Veränderungen in der Lunge des Klägers damals zu Unrecht angenommen hatte.

Hiernach steht dem Kläger eine seiner durch die Lungenerkrankung bedingten MdE entsprechende Rente zu.

Das LSG hat somit die Beklagte zu Recht zur Entschädigungsleistung verurteilt. Es hat erkennbar ein Grundurteil im Sinne des § 130 SGG erlassen. Die Voraussetzungen hierfür sind gegeben. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist es wahrscheinlich, daß der geltend gemachte Leistungsanspruch in einer Mindesthöhe wieder besteht (vgl. SozR Nr. 3 und 4 zu § 130 SGG).

Die Revision war sonach als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380346

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