Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten nur noch darum, ob die beklagte Berufsgenossenschaft während des Berufungsverfahrens einen Zweitbescheid mit identischem Regelungsgegenstand erteilen durfte.
Der Kläger erhielt ursprünglich wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 2. Dezember 1974 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ( MdE ) von 30 v.H. (bindender Bescheid vom 28. Juli 1975). Ohne seine Anhörung wurde diese vorläufige Rente ab 1. August 1976 auf eine solche nach einer MdE von 20 v.H. herabgesetzt (Bescheid vom 15. Juni 1976).
Während des Klageverfahrens erließ die Beklagte wiederum ohne Anhörung des Klägers den Dauerrentenbescheid nach einer MdE von 20 v.H. (Bescheid vom 28. Oktober 1976) und gestand dem Kläger im Vergleichswege noch Rente nach einer MdE von 30 v.H. bis 31. Oktober 1976 zu. Außerdem gewährte sie dem Kläger wegen der Folgen eines früheren Unfalls eine Rente nach einer MdE von 10 v.H. (Bescheid vom 28. März 1979).
Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 28. Februar 1980). Während des Berufungsverfahrens erteilte die Beklagte einen weiteren Bescheid, mit dem die Rente des Klägers wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse ab 1. Juni 1980 nach einer MdE von 20 v.H. festgestellt wurde (Bescheid vom 13. Mai 1980). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten gemäß § 145 Nr. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig verworfen und den Änderungsbescheid vom 13. Mai 1980 aufgehoben.
Mit der zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte allein gegen die Aufhebung dieses Bescheides. Sie rügt eine Verletzung des § 622 der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG zu II aufzuheben und den Rechtsstreit insoweit an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Die Beteiligten sind damit einverstanden; daß der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG).
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat den gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 SGG zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordenen Bescheid vom 13. Mai 1980 zu Recht aufgehoben. Dieser Zweitbescheid sollte den Erstbescheid um die Dauerrente vom 28. Oktober 1976 ersetzen. Damit oblag es dem LSG, den Zweitbescheid auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (BSGE 5, 158; 119 146; 18, 84). Die Berufungsausschließungsgründe der §§ 144 f. SGG hinsichtlich der ursprünglich streitbefangenen Bescheide vom 15. Juni 1976 und 28. Oktober 1976 haben einer erstinstanzlichen Sachentscheidung durch das LSG über den Bescheid vom 13. Mai 1980 nicht entgegengestanden (BSGE 4, 24 = SozR Nr. 3 zu § 96 SGG; SozR Nr. 23 zu § 96 SGG).
Durch die Beschränkung der Revision auf den sachentscheidenden Teil des Berufungsurteils ist der Senat gehindert, darüber zu befinden, ob das LSG zutreffend über einen Teil des Streitgegenstandes durch Prozeßurteil entschieden hat. Auszugehen ist davon, daß das in Rechtskraft erwachsene Urteil des LSG die Entscheidung des SG aus prozessualen Gründen bestätigt hat. Danach kommt den vom SG aufgehobenen Bescheiden vom 15. Juni 1976 und 28. Oktober 1976 nur noch insoweit eine rechtliche Bedeutung zu, als sie für das weitere Verfahren die Rechtsgrundlage bildeten. Da die ohne Anhörung nach § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1) ergangenen Bescheide im Zeitpunkt des Berufungsurteils noch streitbefangen waren, durfte ein denselben Regelungsgegenstand betreffender weiterer Bescheid selbst nach durchgeführter Anhörung nicht ergehen (BSGE 49, 229 = SozR 1200 § 34 Nr. 10; SozR 5670 Anl. Nr. 5101 Nr. 3).
Während nämlich der Bescheid vom 15. Juni 1976 die vorläufige Rente von einer MdE um 30 v.H. ab 1. August 1976 - geändert auf 1. November 1976 - auf 20 v.H. herabsetzte, hat der Bescheid vom 28. Oktober 1976 eine Dauerrente nach einer MdE von 20 v.H. festgestellt, die mit seiner Zustellung wirksam werden sollte.
Demgegenüber hat der Bescheid vom 13. Mai 1980 angeordnet, die nach einer, MdE von 30 v.H. gewährte Dauerrente werde ab 1. Juni 1980 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse auf eine solche von 20 v.H. herabgesetzt. Diese Regelung unterscheidet sich von der geänderten Ursprungsentscheidung vom 15. Juni 1976 nur hinsichtlich des Dauerrentencharakters und des Herabstufungszeitpunktes. Im Zusammenhang mit der weiteren Regelung im Bescheid vom 28. Oktober 1976 durch Übernahme der herabgestuften und auf 20 v.H. als Dauerrente, stellt der Bescheid vom 13. Mai 1980, abgesehen vom Herabstufungszeitpunkt, lediglich eine Wiederholung dessen dar, was bereits entschieden war. Dieser Umstand wird auch von der Revision nicht verkannt. Sie räumt ein, sie habe versucht, einen unrichtigen Bescheid aufrechtzuerhalten, indem sie ihn durch die Tatsacheninstanzen verteidigt habe. Nicht zu folgen ist ihr jedoch darin, der Bescheid vom 13. Mai 1980 sei von den Ursprungsentscheidungen völlig unabhängig zu werten. Eine solche Betrachtungsweise könnte darauf hinauslaufen, daß der Bescheid vom 13. Mai 1980 nach rechtskräftiger Aufhebung der Ursprungsbescheide als Erstfeststellung der Dauerrente mit unterschiedlicher Staffelung der MdE anzusehen wäre. Dafür bedürfte es allerdings eines anderen Sachverhaltes. Vielmehr mußte das LSG bei seiner Entscheidung noch von der rechtlichen Existenz der Ursprungsbescheide ausgehen und diese mit dem noch streitbefangenen Bescheid vom 13. Mai 1980 in eine rechtliche Beziehung bringen. Dies gilt um so mehr, als dieser Bescheid die frühere Entscheidung abgeändert hat.
Aus dieser Beziehung folgt, daß letztlich mit dem Bescheid vom 13. Mai 1980 die früher versäumte Anhörung des Klägers (§ 34 Abs. 1 SGB 1) mit heilender Wirkung nachgeholt werden sollte. Eine solche Möglichkeit hat sich die Beklagte aber dadurch genommen, daß sie die Vorinstanzen über die Ursprungsbescheide hat entscheiden lassen, anstatt diese zurückzunehmen (BSGE 49, 229, 232 m.w.N.). Die Beklagte und sich danach daran festhalten lassen, daß sie lediglich eine Regelung getroffen hat, die im Ergebnis eine Erstfeststellung der Dauerrente mit unterschiedlicher Bewertung der MdE zum Inhalt hat. Aus dieser Sicht ist die Entscheidung der Vorinstanz nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.8/8a RU 78/80
Bundessozialgericht
Im Namen des Volkes
Urteil
Fundstellen