Leitsatz (redaktionell)
Die Herstellung eines Meisterstücks durch einen Betriebsangehörigen außerhalb der Arbeitszeit mit Erlaubnis des Unternehmers in dessen Betrieb steht mit dem Arbeitsverhältnis in keinem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang und begründet daher keinen Versicherungsschutz nach RVO § 539 Abs 1 Nr 1. Bestimmt die Satzung des Unfallversicherungsträgers, daß auch die Personen, die - ohne im Unternehmen beschäftigt zu sein - die Stätte des Unternehmens besuchen oder auf ihr verkehren, unfallversichert sind (RVO § 540 Abs 1 Nr 1 aF, RVO § 544 Nr 1 nF), dann gehören zu diesen Personen auch die Arbeitnehmer, die sich außerhalb ihrer Arbeitszeit im Betrieb zur Herstellung eines Meisterstücks aufhalten.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30, § 540 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1942-03-09, § 544 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 21. Juli 1967 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten
Gründe
I
Der Kläger war als Maschinenbauer- und Schlosser im Unternehmen der Niederlassung H der M Co mbH beschäftigt. Er hatte seit 2. November 1962 an einem von der Handwerkskammer eingerichteten Vorbereitungslehrgang für die Ablegung der Meisterprüfung im Maschinenbauerhandwerk teilgenommen, der in der Gewerbeförderungsanstalt der Handwerkskammer stattfand. Nach Beendigung des Lehrgangs hatte er sich am 28. Oktober 1963 zur Ablegung der Meisterprüfung angemeldet. Von seiner Arbeitgeberin hatte er die Erlaubnis erhalten, außerhalb der Arbeitszeit die Maschinen des Betriebs für die Anfertigung des Meisterstücks, eines Kugeldrehapparates, zu benutzen. Im August 1964 benutzte er seinen Jahresurlaub zur Arbeit an dem Meisterstück. Am 15. August 1964 zog er sich bei der Arbeit an einer Drehbank eine Verletzung der rechten Hand zu, die zum Verlust von zwei Gliedern des Mittelfingers führte.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 23. Dezember 1964 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Sie führte zur Begründung aus, ein betriebliches Interesse an der Ablegung der Meisterprüfung habe nicht bestanden. Auch sei das Werkstück nicht dazu bestimmt gewesen, im Unternehmen der Firma verwendet zu werden. Die zum Unfall führende Tätigkeit sei also ausschließlich eigenwirtschaftlich gewesen und habe nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterlegen.
In dem Verfahren über die Klage gegen diesen Bescheid hat das Sozialgericht (SG) Hamburg die Verwaltungsberufsgenossenschaft beigeladen. Die Beigeladene hat ihre Zuständigkeit mit der Begründung verneint, daß der Unfall sich nicht während des Besuchs einer von § 539 Abs. 1 Nr. 14 der Reichsversicherungsordnung (RVO) erfaßten Aus- und Fortbildungsstätte ereignet habe, für die die Zuständigkeit der Verwaltungs-BG gegeben wäre. Auf den Hinweis der Beigeladenen, daß sich ein Versicherungsschutz aus der Satzung der Beklagten ergeben könne, hat die Beklagte erwidert, daß § 32 der Satzung (Ausgabe 1962) schon deshalb auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, weil der Kläger in dem Unternehmen, in dem sich der Unfall ereignet habe, beschäftigt gewesen sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25. August 1965 hat der Kläger ergänzend ausgeführt:
In seiner Klasse habe nicht ein einziger sein Meisterstück in der Gewerbeförderungsanstalt hergestellt. Alle hätten das vielmehr in der Werkstätte der Firma gemacht. Wenn er das Meisterstück in der Gewerbeförderungsanstalt hergestellt hätte, wäre das mit erheblicher Geldausgabe verbunden gewesen.
Das SG hat durch Urteil vom 25. August 1965 den Bescheid der Beklagten aufgehoben und sie dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger Verletztengeld und Verletztenrente aus der Unfallversicherung zu gewähren.
Das LSG hat durch Urteil vom 21. Juli 1967 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen: Rechtsgrundlage des Anspruchs sei § 32 der Satzung 1962, die sich auf die Ermächtigung des § 540 RVO aF stütze. Beide Bestimmungen enthielten noch nicht wie § 544 RVO (idF des UVNG) und § 48 der Satzung Ausgabe 1965 die Klausel der subsidiären Geltung gegenüber einem auf anderen Vorschriften beruhenden Unfallversicherungsschutz. Zur Zeit des Unfalls habe schon § 544 RVO gegolten und mit seinem Inkrafttreten habe er auch eine einschränkende Wirkung auf vorher erlassene Satzungsvorschriften gehabt. Ein solcher Versicherungsschutz liege aber hier nicht vor. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO setze einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsverhältnis und Unfallereignis voraus, der hier nicht bestehe. Der Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO, für den die Beigeladene zuständig wäre, erstrecke sich nur auf die Ausbildungszeit in den Schulungseinrichtungen. Auf jeden Fall würde die Anfertigung des Meisterstücks von der Generalklausel "zu ähnlichen Zwecken" erfaßt. Die Beklagte meine, die weitere Voraussetzung des § 32 aaO "ohne im versicherten Unternehmen beschäftigt zu sein" sei nicht erfüllt, da der Kläger auch während seines Urlaubs als "Beschäftigter" im Betrieb anzusehen sei. Diese Formulierung sei aber bei sinnvoller Auslegung nur aus der Konkurrenz dieser Satzungsvorschrift, die den bloßen Aufenthalt im Betrieb versichere, und § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO, der den Versicherungsschutz auf den Arbeits- oder Dienstvertrag geleistete Verpflichtungen beschränke, zu erklären. Die Vorschrift solle nicht den Betriebsangehörigen bei einem Aufenthalt im Betrieb zum Zwecke zusätzlicher Berufsschulung schlechter stellen als Betriebsfremde. Entscheidend sei das finale Moment. Ergäbe sich der Anlaß für den Aufenthalt aus dem Beschäftigungsverhältnis, so richte sich die Versicherung nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Wer aber aus anderen Gründen eine Betriebsstätte aufsuche, für den könne nur der Versicherungsschutz des § 32 aaO in Betracht kommen, gleichgültig, ob ein Beschäftigungsverhältnis bestehe oder ob es sich um einen fremden Besucher handele. Es würde auch im Ergebnis höchst unbillig sein, Arbeitnehmern anderer Unternehmen, Selbständigen und nicht Berufstätigen den Versicherungsschutz aus § 32 aaO zu gewähren, ihn aber den Betriebsangehörigen zu versagen. Der Einwand, daß damit das Rechtsinstitut der "Lösung" vom Unternehmen beseitigt werde, wenn man der Rechtsansicht des SG folge, sei verfehlt, denn diese Frage tauche nur auf bei der Prüfung des inneren ursächlichen Zusammenhangs eines Unfalls mit der versicherten betrieblichen Tätigkeit. Der Einwand könne nur begründet sein, wenn das SG einen Versicherungsschutz aus § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO hergeleitet hätte. Auch der Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in BSG 14, 295 gehe fehl.
Das Urteil des LSG ist der Beklagten am 3. Oktober 1967 zugegangen. Sie hat am 25. Oktober 1967 Revision eingelegt und sie am 13. November 1967 begründet. Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Hamburg aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 1964 abzuweisen,
hilfsweise,
die beigeladene Verwaltungs-BG zu verurteilen, den Kläger wegen des Unfalls vom 15. August 1964 zu entschädigen,
"höchst eventuell":
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Zur Begründung hat sie ua ausgeführt:
Die Unfälle, für deren Folgen nach Satzungsbestimmungen aufgrund §§ 552 Nr. 2 (idF vor dem 2. Änderungsgesetz), § 540 RVO (idF vor dem UVNG) und nach § 544 RVO Entschädigung zu gewähren ist, seien weder nach früherem Recht Betriebsunfälle noch nach dem jetzigen Recht Arbeitsunfälle, sondern maßgeblich dadurch gekennzeichnet, daß es sich um Unfälle betriebsfremder Personen handele. Es sollte die Möglichkeit geschaffen werden, die Vorteile der gesetzlichen Unfallversicherung solchen Personen zuzuwenden, die gefährliche fremde Betriebsstätten besuchen, ohne einen ausreichenden aus ihrer eigenen Person erwachsenden Unfallversicherungsschutz zu besitzen. Zugleich sollte den Unternehmern gefährlicher Betriebsstätten der Rechtsvorteil gewährt werden, daß Unfälle fremder Besucher von Berufsgenossenschaften entschädigt werden. In dem Urteil des BSG vom 28. Juli 1961 (BSG Band 14, 259) habe keiner der Verfahrensbeteiligten an die Möglichkeit gedacht, daß der Unfallversicherungsschutz nach einer auf § 540 Abs. 1 Nr. 1 RVO gestützten Satzungsbestimmung gegeben sein könne. Die Ermächtigung nach den verschiedenen Fassungen der RVO habe es den BGen freigestellt, unter welchen Bedingungen sie betriebsfremde Besucher dem Unfallversicherungsschutz unterstellen wollen. Es sei also zulässig, diesen besonderen Schutz und die Fiktion eines Arbeitsunfalls nicht schlechthin auf jede betriebsfremde Person auszudehnen. In der Satzung (1962) sei in § 32 Abs. 1 nur davon die Rede, daß die geschützten Personen den Betrieb "aufsuchen" müssen. Hierunter könne man nur den Besuch zu einem kurzen Aufenthalt verstehen. Die Tätigkeit des Klägers bei der Herstellung des Werkstücks sei wegen ihres speziellen Charakters und der zeitlich längeren Dauer nicht unter den Begriff des Aufsuchens zu bringen. Vorsorglich solle auch darauf hingewiesen werden, daß der Anspruch des Klägers nicht etwa auf § 48 der Satzung 1965 gestützt werden könne. Diese Vorschrift sei zwar rückwirkend mit dem 1. Januar 1964 in Kraft getreten. Nach allgemeiner Ansicht könne aber eine erworbene Rechtsstellung nicht rückwirkend beseitigt werden. Wenn § 32 der Satzung 1962 auf den Kläger zutreffen sollte, könnte ihm unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes diese Rechtsgrundlage nicht entzogen werden. Das gegen die Anwendbarkeit des § 32 der Satzung 1962 Vorgetragene treffe jedoch auch auf § 48 der Satzung 1965 zu. Selbst wenn man unterstelle, daß die noch unter der Herrschaft des § 540 RVO aF ergangenen Satzungen von den Wirkungen des § 544 Nr. 1 RVO (idF des UVNG) erfaßt würden, käme man zwar zu dem Ergebnis, daß § 32 der Satzung 1962 entsprechend eingeschränkt werde ("soweit sie dies nicht schon nach anderen Vorschriften sind"), so müsse man auch § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO anwenden, der viel weitergehe als § 537 Nr. 1 RVO aF. Der Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift habe auch weiter bestanden, als der Kläger das Unternehmen aufsuchte, um das Werkstück herzustellen. Diese Tätigkeit habe in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der Fortbildung gestanden.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie ua ausgeführt, als der Kläger den Betrieb aufgesucht habe, um dort sein Meisterstück herzustellen, sei er ein Prüfling gewesen oder habe sich jedenfalls zu ähnlichen Zwecken dort aufgehalten. Zur Zeit des Unfalls sei er nicht als im Unternehmen beschäftigt anzusehen. Es komme darauf an, ob der Besucher zur Zeit des Besuches im Unternehmen beschäftigt gewesen sei, und zwar im Sinne unmittelbarer beruflicher Tätigkeit, nicht im Sinne bloßen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses. Es sei deshalb durchaus sinnvoll, die Voraussetzungen in § 544 Nr. 1 RVO, daß der Besucher nicht im Unternehmen beschäftigt sei, dahin zu verstehen, daß auch derjenige nicht "beschäftigt" ist, der zwar an sich zu den Beschäftigten des Unternehmens (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO) gehört, bei dem Besuch aber nicht eine Tätigkeit aufgrund dieses Beschäftigungsverhältnisses ausübt. Die Beklagte müsse sich an dem Wortlaut des § 32 der Satzung 1962 festhalten lassen. Die Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO lägen nicht vor. Der Betrieb, den der Kläger aufgesucht habe, sei keine Betriebsstätte zur Aus- und Fortbildung gewesen.
Demgegenüber hat die Beklagte noch ergänzend vorgetragen, der Unfall sei ebenso zu behandeln wie wenn der Kläger in einer Arbeitspause eigenwirtschaftlich tätig geworden wäre und sich dabei verletzt hätte. Die Satzungsbestimmungen seien überdies subsidiär. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalles werde nur dann fingiert, wenn überhaupt kein anderweitiger Versicherungsschutz bestehe. Hier sei aber eine anderweitige Zuständigkeit bei der Beigeladenen gegeben. Der Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO habe für den Kläger weiterbestanden, als er das Unternehmen aufsuchte, um das Werkstück herzustellen.
Der Kläger war im Verfahren vor dem Revisionsgericht nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 SGG).
II
Die durch Zulassung statthafte Revision ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1; 164 SGG).
Die Begründung, mit der die Beklagte die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt hat, ist an sich zutreffend. Die Tätigkeit bei der sich am 15. August 1964 der Unfall ereignet hat, stand mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers im Unternehmen seiner Arbeitgeberin in keinem rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang, da - wie unbestritten festgestellt - die Firma weder an der Teilnahme des Klägers am Meisterkurs noch an der Herstellung des Meisterstücks interessiert war Daß die Arbeitgeberin dem Kläger gestattet hatte, für die Arbeit am Meisterstück - außerhalb der Arbeitszeit - Maschinen des Unternehmens zu benutzen, genügt nicht, um für diese Tätigkeit den Versicherungsschutz aus § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO zu begründen. Die Beklagte hat - unter diesem Gesichtspunkt - die Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, zutreffend als "eigenwirtschaftlich" bezeichnet (vgl. auch BSG 14, 295). Der vorliegende Fall bietet nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) keinen Anlaß, die Frage zu prüfen, welche Bedeutung es haben würde, wenn die Arbeitgeberin den Kläger zum Besuch des Meisterkurses und zum Ablegen der Meisterprüfung veranlaßt hätte.
SG und LSG haben deshalb mit Recht geprüft, ob sich ein Versicherungsschutz für die Arbeit an dem Meisterstück aus der Satzung der Beklagten ergibt. Sie haben dabei zutreffend die Satzung in der von der Mitgliederversammlung der Beklagten am 26. März 1954 beschlossenen Fassung (Ausgabe 1962) angewendet, die im Zeitpunkt des Unfalls noch galt. In § 32 dieser Satzung, der auf die Ermächtigung in § 540 Abs. 1 Nr. 1 der RVO (idF vor dem Inkrafttreten des UVNG - RVO aF) beruht, sind ua in den Versicherungsschutz gegen Unfälle auf der Betriebsstätte Personen einbezogen worden, "die, ohne im versicherten Unternehmen beschäftigt zu sein, ... als Prüflinge, als Teilnehmer von Veranstaltungen der zusätzlichen Berufsschulung oder zu ähnlichen Zwecken Betriebe aufsuchen". SG und LSG haben - im Ergebnis übereinstimmend - diese Satzungsvorschrift dahin ausgelegt, daß sie auch für den Kläger während des Aufenthalts im Betrieb zur Arbeit an dem Meisterstück gilt. Diese Auslegung der Satzung der Beklagten durch das LSG ist im Revisionsverfahren nachprüfbar (§ 162 Abs. 2 SGG; BSG 5, 522; 16, 165).
Der erkennende Senat stimmt im Ergebnis der Auslegung dieser Vorschrift durch das LSG zu. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger als "Prüfling" den Betrieb aufgesucht hat. Der Aufenthalt im Betrieb zur Anfertigung des Meisterstücks diente jedoch "ähnlichen Zwecken". Die Anwendung des § 32 der Satzung 1962 ist entgegen der Auffassung der Revision auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Kläger aufgrund eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO im Unternehmen seiner Arbeitgeberin "beschäftigt" war; denn seine Anwesenheit auf der Betriebsstätte an Unfalltage war nicht durch dieses Beschäftigungsverhältnis veranlaßt und deshalb auch, wie bereits dargelegt, nicht durch den Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO erfaßt. Die Zielsetzung des § 32 der Satzung 1962, der einen Versicherungsschutz für einen bestimmten Kreis von Personen sicherstellen soll, die sich als Teilnehmer von Veranstaltungen der zusätzlichen Berufsschulung oder zu ähnlichen Zwecken im Betrieb aufhalten, ohne in ihm "beschäftigt" zu sein, würde verfehlt, wenn Personen ausgeschlossen wären, die zwar sonst im Betrieb aufgrund eines Arbeitsverhältnisses tätig sind, deren Aufenthalt aber von dem durch dieses Arbeitsverhältnis begründeten Versicherungsschutz nicht mit erfaßt wird. Auch nach der Auffassung des erkennenden Senats stand der Kläger während des Aufenthalts im Betrieb bei der Anfertigung des dem erfolgreichen Abschluß der zusätzlichen Berufsfortbildung dienenden Meisterstückes unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Ob diese Auslegung auch für § 48 des von der Vertreterversammlung der Beklagten am 25. März 1965 geschlossenen Satzung (Ausgabe 1965) zutrifft, kann zweifelhaft sein, denn der neue Wortlaut stellt nicht mehr auf Personen ab, die im Zusammenhang mit Veranstaltungen der Berufsaus- und Fortbildung den Betrieb aufsuchen, sondern erfaßt Personen aller Art, "die nicht im Unternehmen beschäftigt sind, aber die Stätte des Unternehmens im Auftrag oder mit Zustimmung des Unternehmers aufsuchen". Er enthält auch die ausdrückliche Einschränkung "soweit sie nicht schon nach anderen Vorschriften versichert sind" (§ 544 Nr. 1 RVO). Doch kann das dahingestellt bleiben. § 48 der Satzung 1965 hat zwar den § 32 der Satzung 1962 rückwirkend zum 1. Januar 1964 (§ 55 der Satzung 1965) ersetzt. Der Rechtsanspruch, den der Kläger aufgrund des im Unfallzeitpunkt noch geltenden § 32 der Satzung 1962 der Beklagten gegenüber erlangt hat, könnte durch das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung nicht wieder beseitigt werden. Im einzelnen wird hierzu auf das Urteil des erkennenden Senats vom 27. Februar 1970 (SozR Nr. 1 zu § 543 RVO) Bezug genommen (vgl. auch BVerfG 2, 237, 265).
Das LSG hat auch zutreffend ausgeführt, daß ein Versicherungsschutz für die Arbeit an dem Meisterstück sich auch nicht aus § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO ergibt. Zwar befand sich der Kläger im Unfallzeitpunkt als Prüfling noch in der beruflichen Ausbildung bei der Gewerbeförderungsanstalt, einer "ähnlichen Einrichtung" i. S. des § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO. Jedoch hatte er nicht auf Veranlassung der Gewerbeförderungsanstalt, sondern aus eigener Initiative die Betriebsräume des Arbeitgebers als den Ort der Anfertigung des Meisterstücks gewählt. Diese Tätigkeit unterlag deshalb im vorliegenden Fall nicht dem organisatorischen Verantwortungsbereich der nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO in Betracht kommenden Stelle. - Die Betriebsräume der Arbeitgeberin, in denen der Kläger am Unfalltage an der Fertigstellung des Meisterstücks arbeitete, waren also keine "ähnlichen Einrichtungen" im Sinne der Nr. 14 aaO. Es kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung es für die Anwendbarkeit der Nr. 14 des § 539 Abs. 1 RVO hätte, wenn die Leitung des Meisterkurses die Benutzung der Maschinen unmittelbar durch Verhandlungen mit der Arbeitgeberin ermöglicht hätte.
Da hiernach ein Versicherungsschutz für den Unfall des Klägers nur aus der Satzung der Beklagten hergeleitet werden kann, bedarf es keiner Prüfung, in welchem Umfang die Vorschriften der Satzung und der Nr. 14 des § 539 Abs. 1 RVO subsidiär sind.
Das LSG hat mit Recht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG ohne Rechtsirrtum zurückgewiesen. Die Revision ist somit unbegründet und muß zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen