Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Betreiber einer Musikschule. Künstlersozialabgabe auf die von Schülern an die Lehrkräfte gezahlte Unterrichtsentgelte. Grundsätze für Kunsthandel. allgemeine Bedeutung für alle Unternehmen nach § 24 Abs 1 KSVG. Umdeutung eines Abgaben- in einen Schätzungsbescheid
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Unternehmer ist auch dann wegen des Betriebs einer Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten zur Abführung der Künstlersozialabgabe verpflichtet, wenn er zwecks Förderung der musikalischen Bildung Räume an selbstständige Musiker zur Erteilung von Musikunterricht vermietet und zugleich eine herkömmlichen Musikschulen vergleichbare Organisationsstruktur zur Verfügung stellt.
2. Der Betreiber einer Musikschule hat in einem derartigen Fall die Künstlersozialabgabe auf die von den Schülern an die Lehrkräfte auf Grundlage der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarungen gezahlten Unterrichtsentgelte zu entrichten.
Orientierungssatz
1. Die am Beispiel des Kunsthandels entwickelten Grundsätze des BSG vom 20.4.1994 - 3/12 RK 33/92 = SozR 3-5425 § 24 Nr 5 haben allgemeine Bedeutung für alle Unternehmen, die vom Katalog des § 24 Abs 1 KSVG erfasst werden.
2. Liegen die Voraussetzungen für eine Schätzung der Künstlersozialabgabe (KSA) objektiv vor, kann der auf eine konkrete endgültige Festsetzung der KSA hindeutende Abgabenbescheid nach § 43 Abs 1 SGB 10 in einen Schätzungsbescheid umgedeutet werden.
Normenkette
KSVG § 24 Abs. 1 S. 1 Nrn. 3, 6-7, 9, § 25 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Sätze 1, 2 Nr. 1 Fassung: 2001-06-13, Nr. 2 Fassung: 2001-06-13, § 27 Abs. 1 Sätze 1, 3; SGB X § 43 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Februar 2014 geändert und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2010 abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungs- und Revisionsverfahren wird auf 10 069,04 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung ihrer grundsätzlichen Pflicht zur Abführung der Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) sowie gegen die Festsetzung der Beitragsschuld für die Jahre 2007 bis 2009.
Die Klägerin ist Diplom-Musiklehrerin und als selbstständige Klavierlehrerin tätig (Klavierschule K.). Ende 2006 gründete sie in W., Ortsteil B. den "Treffpunkt Musik". Dazu mietete sie das Haus S. Straße . an, dessen Räume sie selbstständig tätigen Musiklehrern und Musiklehrerinnen für jeweils einen bestimmten Wochentag untervermietete, die dort - vor allem instrumentalen - Musikunterricht erteilen konnten. Es handelt sich um drei Räume sowie einen Aufenthaltsraum, in denen zeitweise bis zu neun Lehrkräfte tätig waren. Die Klägerin war verantwortlich für die Reinigung und Instandhaltung der Räume und fungierte als (per E-Mail oder Telefon erreichbare) Kontaktstelle für Interessenten am Musikunterricht. Sie betrieb eine Internet-Hompage, mit der sie die Unterrichtsangebote, die verschiedenen Lehrkräfte sowie die Preise der Unterrichtseinheiten vorstellte und erstellte einen Werbeflyer mit den entsprechenden Inhalten. Dabei wurde jeweils ausdrücklich auf den "Treffpunkt Musik" hingewiesen.
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In den von der Klägerin verwandten "Untermietverträgen für gewerbliche Räume" hieß es ua: |
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"§ 5 Mietzins |
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1. |
Der Mietzins beträgt monatlich 100,-- Euro einschließlich aller Nebenkosten, Reinigung sowie (auf Wunsch) Vermittlung von Schülern. Für die Nutzung eines Klaviers wird eine monatliche Gebühr von 25,-- Euro erhoben. … |
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§ 7 Weitere Vereinbarungen im Rahmen der Unterrichtstätigkeit im Treffpunkt Musik: |
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1. |
Die Lehrkraft schließt mit ihren Schülern eigene Unterrichtsverträge ab und ist zuständig für deren Einhaltung, für die Regelung evtl. Unterrichtsausfälle sowie die Organisation des eigenen Unterrichtstags. |
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2. |
Die Lehrkraft übt die Aufsichtspflicht gegenüber ihren Schülern aus. Der Vermieter wird von allen etwaigen Ansprüchen freigestellt." |
Die Unterrichtsverträge werden ausschließlich zwischen den Lehrkräften und den Schülern geschlossen.
Die beklagte Künstlersozialkasse (KSK) stellte die Abgabepflicht der Klägerin als Unternehmerin dem Grunde nach fest, weil sie eine Aus- oder Fortbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG sowie eine Theater-, Konzert- bzw Gastspieldirektion nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KSVG betreibe (Erfassungsbescheid vom 7.5.2009, Widerspruchsbescheid vom 14.6.2010).
Die von der Klägerin zu entrichtende KSA wurde für die Jahre 2006 bis 2009 auf insgesamt 5069,04 Euro festgesetzt (2006 0 Euro, 2007 1052,64 Euro, 2008 1932,56 Euro und 2009 2083,84 Euro). Grundlage der Berechnung war eine Schätzung der Klägerin über die Höhe der von den Schülern an die Lehrkräfte gezahlten Unterrichtsvergütungen (vgl Schriftsatz der Klägerin vom 27.7.2010 im Verfahren L 4 KR 348/10 B ER LSG Niedersachsen-Bremen). Ein früherer Schätzungsbescheid vom 16.9.2009 über 31 391,61 Euro (KSA für die Jahre 2006 bis 2008 24 413,33 Euro nebst Vorauszahlungen für die Zeit von Januar 2009 bis Februar 2010 6978,28 Euro) wurde aufgehoben (Abgabenbescheid vom 10.8.2010). Zur Begründung führte die Beklagte aus, im Normalfall bemesse sich die KSA nach den Entgelten, die der Verwerter an die Künstler zahle (§ 25 KSVG). Im vorliegenden Fall gehe es jedoch um einen Umgehungstatbestand, weil direkte Beziehungen zwischen der Klägerin als Verwerterin und den Lehrkräften als Künstlern vermieden würden. Zwecks Gleichbehandlung der von der Klägerin betriebenen Ausbildungsstätte für Instrumentalmusik mit herkömmlichen Musikschulen seien daher die von den Schülern gezahlten Unterrichtsentgelte der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.
Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, sie betreibe keine Musikschule iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG, weil ihre Tätigkeit auf die bloße Vermietung von Räumlichkeiten an die Lehrkräfte zur Erteilung des Musikunterrichts beschränkt sei. Die Lehrkräfte arbeiteten vollkommen selbstständig und seien nicht weisungsgebunden. Ein Vertragsverhältnis über den Musikunterricht bestehe allein zwischen Lehrern und Schülern bzw deren Eltern. Im Gegensatz zu Musikschulen verfüge der "Treffpunkt Musik" auch nicht über eine Verwaltung oder ein Sekretariat. Sie selbst fungiere als bloße Annahmestelle für eingehende Telefonanrufe und E-Mails, die sie an die Lehrkräfte weitergebe. Zweck der Einrichtung sei allein, Musikunterricht auch in der ländlich geprägten W. durch Zurverfügungstellung geeigneter Räume zu ermöglichen. Der "Treffpunkt Musik" stehe nicht in Konkurrenz zur Musikschule I. und werde auch nicht - wie herkömmliche Musikschulen - subventioniert. Der Internet-Auftritt sowie der Flyer seien allein aus praktischen Gründen für alle in dem Haus tätigen Lehrkräfte gemeinsam erstellt worden. Eine Werbung für eine Musikschule im eigentlichen Sinne sei damit nicht verbunden.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 23.11.2010). Der Erfassungsbescheid sei rechtmäßig, weil die Klägerin mit dem "Treffpunkt Musik" eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG betreibe. Sie stehe als Vermittlerin zwischen Künstlern (Lehrkräften) und Endverbrauchern (Schülern) und habe für ihr Angebot Öffentlichkeitsarbeit betrieben, indem sie die einzelnen Musiker auf ihrer Homepage vorgestellt und ihr Unterrichtsspektrum einem interessierten Publikum nahe gebracht habe. Sie trage als Ansprechpartnerin für potenzielle Interessenten organisatorische Verantwortung und stelle den Lehrkräften Räume zur Abhaltung des Unterrichts zur Verfügung. Der "Treffpunkt Musik" trete am Markt wie eine Musikschule auf und werde auch als solche wahrgenommen. Bei der Bemessung des Entgelts nach § 25 KSVG sei auf das Unterrichtsentgelt abzustellen. Die Vorgehensweise der Klägerin stelle ein Umgehungsgeschäft dar, weil die direkte Leistungskette Schüler-Schule-Lehrer mit der Mietvereinbarung vermieden werden solle. Dadurch sei die Finanzierung der Künstlersozialversicherung (KSV) gefährdet. Deshalb sei auch der Schätzungsbescheid vom 16.9.2009 rechtmäßig.
Das LSG hat den Gerichtsbescheid des SG in Bezug auf die Feststellung der grundsätzlichen Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG bestätigt. Der - dem SG nicht bekannte - Abgabenbescheid vom 10.8.2010, der den Schätzungsbescheid vom 16.9.2009 ersetzt hat und nach § 96 SGG zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden war, hat das LSG mit der Begründung aufgehoben, dass es sich entgegen seines Wortlauts ("Abrechnungsbescheid" aufgrund der Meldung vom 27.7.2010) noch immer um einen Schätzungsbescheid gehandelt habe; die Schätzung der Beklagten vom 16.9.2009 sei lediglich durch eine neue Schätzung ersetzt worden, die auf einer überschlägigen Berechnung der Klägerin beruhe. Eine analoge Anwendung der Regelung des § 25 Abs 1 Satz 2 KSVG über die Einbeziehung von dritter Seite an die Künstler gezahlter Honorare in die Bemessungsgrundlage der KSA scheide aus, weil die danach notwendigen Angaben über die konkret erzielten Unterrichtsentgelte der Lehrkräfte weder von der Klägerin ermittelt und an die Beklagte gemeldet werden müssten (oder auch nur könnten) noch von der Beklagten selbst ermittelt werden könnten. Für beide Wege fehle es an einer - gesetzlichen oder vertraglichen - Rechtsgrundlage (Urteil vom 25.2.2014).
Mit ihren Revisionen wenden sich die Beteiligten gegen den jeweils sie beschwerenden Teil der Entscheidung des LSG. Die Klägerin sieht den Erfassungsbescheid als rechtswidrig an und rügt die Verletzung des § 24 KSVG. Die Beklagte hält ihren Abgabenbescheid vom 10.8.2010 für rechtmäßig und rügt die Verletzung des § 25 KSVG.
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Die Klägerin beantragt, |
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1. |
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25. Februar 2014 sowie den Gerichtsbescheid des SG Hannover vom 23. November 2010 zu ändern und auch den Erfassungsbescheid der Beklagten vom 7. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2010 aufzuheben, |
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2. |
die Revision der Beklagten zurückzuweisen. |
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Die Beklagte beantragt, |
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1. |
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25. Februar 2014 zu ändern und die Klage gegen den Abgabenbescheid vom 10. August 2010 abzuweisen, |
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2. |
die Revision der Klägerin zurückzuweisen. |
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet, denn der Erfassungsbescheid der Beklagten vom 7.5.2009 ist rechtmäßig. Die Revision der Beklagten ist hingegen begründet; deshalb hat der Senat das Urteil des LSG insoweit geändert und die Klage gegen den Abgabenbescheid vom 10.8.2010 abgewiesen.
A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 7.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.6.2010, soweit darin die Abgabepflicht dem Grunde nach geregelt ist, sowie der Bescheid vom 10.8.2010, mit dem die Beklagte die zu entrichtende KSA für die Jahre 2006 bis 2009 der Höhe nach festgesetzt hat. Dabei ist der Abgabenbescheid vom 10.8.2010 nur hinsichtlich der KSA-Festsetzung für die Jahre 2007 bis 2009 angefochten, weil für das Jahr 2006 die KSA auf Null festgesetzt worden und die Klägerin deshalb insoweit nicht beschwert ist. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 16.9.2009, mit dem die Beklagte die Höhe der Beitragspflicht für die Jahre 2006 bis 2008 im Wege der Schätzung festgestellt hatte und der später - nach näheren, aber ebenfalls nur überschlägigen Angaben der Klägerin vom 27.7.2010 - durch den Bescheid vom 10.8.2010 ersetzt wurde (§ 96 SGG). Über diesen Änderungsbescheid, der dem SG bei Erlass des Gerichtsbescheids vom 23.11.2010 nicht bekannt war, hat das LSG erstinstanzlich entschieden.
B. Die Klägerin unterliegt - dem Grunde nach - als Unternehmerin der Pflicht zur Abführung der KSA auf an selbstständige Künstler oder Publizisten gezahlte Honorare, weil sie eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG betreibt. Der dies feststellende Erfassungsbescheid der Beklagten vom 7.5.2009 ist rechtmäßig.
1. Der "Treffpunkt Musik" stellt sowohl nach seiner tatsächlichen Organisationsstruktur als auch nach seinem Auftreten am Markt eine Musikschule und damit den Prototyp einer Ausbildungseinrichtung iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG dar. Dass die Einrichtung ihrem Wesen nach eine Musikschule ist, auch wenn sie diese Bezeichnung nicht in ihrem Namen führt, wird auch zu Recht von der Klägerin im Revisionsverfahren nicht mehr in Abrede gestellt. Die Klägerin wehrt sich lediglich dagegen, sie "betreibe" (als Unternehmerin) diese Musikschule. Dieser Rechtsansicht ist nicht zu folgen. Die Klägerin betreibt mit dem "Treffpunkt Musik" ein Unternehmen iS des § 24 KSVG.
a) Den Unternehmensbegriff des KSVG erfüllen alle natürlichen und juristischen Personen, die nachhaltig und nicht nur gelegentlich eine Tätigkeit ausüben, die einem der in § 24 Abs 1 KSVG genannten Zwecke dient. Die Klägerin betreibt als natürliche Person nachhaltig, nämlich auf Dauer, eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten, die auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vor allem an Kinder und Jugendliche im Bereich der Instrumentalmusik spezialisiert ist.
Eine Musikschule iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG ist gegeben, wenn in der Einrichtung Musikunterricht erteilt wird, der der Berufsausbildung dient oder an Laien gerichtet ist, wobei auch die musikalische Früherziehung für Kinder ausreicht (zur Abgrenzung gegenüber dem eher pädagogischen Zielen dienenden Musikgarten-Unterricht, der keine "Lehre von Musik" darstellt, vgl BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 16), der Unterricht theoretisch oder (auch) praktisch ausgerichtet ist und bei dem die Musiklehrer und Musiklehrerinnen entweder abhängig beschäftigt oder als selbstständige Lehrkräfte tätig sind. Selbstständig sind die Lehrkräfte insbesondere dann, wenn sie nach Ort, Zeit und inhaltlicher Gestaltung der Unterrichtstätigkeit frei sind und in ihrer Funktion ein Unternehmerrisiko tragen, etwa hinsichtlich der Vergütung für ausgefallene Unterrichtseinheiten (vgl Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 24 RdNr 172 bis 174, 178, 185, 186).
Hier erteilen ausgebildete Musiker (Berufsmusiker) in den Räumen des "Treffpunkts Musik" vor allem Kindern und Jugendlichen theoretischen und praktischen Musikunterricht sowohl auf Anfänger- als auch auf Fortgeschrittenenniveau zur freizeitmäßigen Ausübung von Instrumentalmusik. Die Lehrkräfte sind selbstständig tätig, bestimmen insbesondere frei und ohne Weisungsgebundenheit Zeit und inhaltliche Gestaltung ihres Unterrichts und tragen das unternehmerische Risiko bei Unterrichtsausfall. Als selbstständige Musiker bzw Musiklehrer unterliegen sie grundsätzlich selbst der Künstlersozialversicherungspflicht (§ 2 Satz 1 iVm § 1 KSVG).
b) Der Unternehmensbegriff ist auch nicht auf Einrichtungen beschränkt, die erwerbswirtschaftlich oder mit der Absicht der Gewinnerzielung am Markt agieren. Die spezifische Solidaritäts- und Verantwortungsbeziehung zwischen selbstständigen Künstlern und Publizisten auf der einen Seite und den Vermarktern und Verwertern von Kunst und Publizistik auf der anderen Seite beruht nämlich nicht darauf, dass mit der Inanspruchnahme der Werke und Leistungen selbstständiger Künstler und Publizisten Gewinne erzielt oder überhaupt erwerbswirtschaftliche Ziele verfolgt werden, sondern darauf, dass die Verwerter und Vermarkter bei der Inanspruchnahme solcher Werke und Leistungen eine arbeitgeberähnliche Position einnehmen (BVerfGE 75, 108 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 27; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 4 RdNr 7; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 15 S 97 f).
Diese Zweckbeziehung ist bei Musikschulen typischerweise gegeben, wenn der Träger selbstständige Musiker mit der Abhaltung von Unterrichtseinheiten beauftragt und dafür ein Honorar zahlt. Diese typische Vermarktungssituation war Grund für den Gesetzgeber, Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische Tätigkeiten in den Katalog der stets dem Grunde nach abgabenpflichtigen Unternehmen (§ 24 Abs 1 KSVG) aufzunehmen. Da die von der Klägerin betriebene Musikschule diesem Kreis abgabepflichtiger Unternehmen ihrer Art nach entspricht, unterfällt sie dem Tatbestand des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG, auch wenn die konkrete Vertragsgestaltung mit den Lehrkräften über gewerbliche Untermietverhältnisse von der typischen Verwertungsform über Anstellungsverträge (Arbeitnehmer) oder Auftragsverhältnisse (freie Mitarbeiter) abweicht und keine unmittelbaren Honorarzahlungen von der Klägerin an die Lehrkräfte erfolgen. Anstellungs- und Auftragsverhältnisse zwischen dem Träger einer Musikschule und den als Lehrkräften tätigen Musikern sind zwar der Regelfall, stellen aber kein unverzichtbares Wesensmerkmal einer Musikschule dar. Die atypische Vertragsgestaltung wird erst bei der jährlichen Meldung und Festsetzung der zu zahlenden KSA (§ 27 KSVG) bedeutsam, wenn es um die Frage geht, welche Zahlungen in die Bemessungsgrundlage für die KSA (§ 25 KSVG) einfließen.
c) Dem Unternehmensbegriff steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin möglicherweise gar keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, sondern die Mieteinnahmen nur ausreichen sollen, sodass dauerhaft kein Verlust erzielt wird und sich der "Treffpunkt Musik" selbst trägt. Für den Unternehmensbegriff der KSVG wird neben der Nachhaltigkeit der Tätigkeit keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern lediglich die Absicht der Erzielung von Einnahmen gefordert (vgl BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 29 mwN). Dabei hat es der Senat stets als ausreichend angesehen, wenn zwischen der Verwertung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen und der Erzielung von Einnahmen nur eine mittelbare Verbindung besteht. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, weil die Klägerin zwar nicht unmittelbar, aber doch mittelbar Einnahmen aus der künstlerischen Tätigkeit der Lehrkräfte erzielt, indem diese den an die Klägerin gezahlten Mietzins ihrerseits aus den Honoraren für den erteilten Musikunterricht generieren. Ohne die Zahlung eines Mietzinses der Lehrkräfte würde die Klägerin die Einrichtung nicht betreiben. Dass die Klägerin dabei im Jahre 2007, also in der Aufbauphase der Einrichtung nach Feststellung des LSG geringere Mieteinnahmen aus den Untervermietungen erzielen konnte als sie selbst an Mietzins zu zahlen hatte, ist im vorliegenden Zusammenhang unschädlich, weil dies der Absicht der Einnahmeerzielung nicht entgegensteht.
d) Auch nach der Art ihrer Vermarktungs- und Verwertungstätigkeit wird die Klägerin vom Katalog abgabepflichtiger Unternehmen in § 24 Abs 1 KSVG erfasst. Der Senat hat bereits im Jahre 1994 entschieden, dass die Abgabepflicht auch dann besteht, wenn sich die unternehmerischen Aktivitäten im Einzelfall auf Kommissions- oder Vermittlungsgeschäfte beschränken (Urteil vom 20.4.1994 - 3/12 RK 33/92 - BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 5). Es ging damals um einen gemeinnützigen, aus Künstlern und Kunstfreunden bestehenden Kunstverein, der in wechselnden Verkaufs- und Präsentationsausstellungen Werke seiner Mitglieder ausstellte und diese in deren Namen unter Einbehalt eines Provisionsanteils von 15 % der Verkaufssumme veräußerte. Der Kunstverein ist wegen des Betriebs eines Kunsthandel-Unternehmens iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 6 KSVG als grundsätzlich zur Abführung der KSA verpflichtet eingestuft worden. Der Abgabepflicht stand auch nicht entgegen, dass der Kunstverein den Verkauf der angestellten Kunstwerke nicht auf eigene Rechnung oder als Kommissionär, also im eigenen Namen auf fremde Rechnung (§ 383 Handelsgesetzbuch ≪HGB≫), betrieb, sondern die ausstellenden Künstler ihre Werke überwiegend selbst verkauften, der Kunstverein nur in wenigen Fällen als Vertreter der Künstler tätig wurde und dann jeweils im Namen der Künstler handelte. Der Unternehmenskatalog des § 24 Abs 1 KSVG erfasst grundsätzlich alle Handelsformen; hierzu zählen ua neben den Kommissiongesellschaften auch Maklergeschäfte (§ 652 BGB, § 93 HGB).
Von der Abgabepflicht nach § 24 KSVG ausgeschlossen bleibt nur die Selbstvermarktung durch den Künstler. Sobald ein Künstler seine Werke nicht selbst vermarktet, sondern sich der vermittelnden Tätigkeit eines Unternehmers bedient, der Organisationsformen zur Verfügung stellt, die Kontakte zwischen Künstlern und Endabnehmern herstellen oder fördern und dadurch Kaufabschlüsse ermöglichen, unterliegt der in die Vermarktung eingeschaltete Unternehmer der Abgabepflicht. Kunsthandel iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 6 KSVG ist damit jede Förderung des Verkaufs von Kunstwerken. Für Kunstvereine bedeutet dies, dass es auf die Organisation des Verkaufs im Einzelnen nicht ankommt. Es ist insbesondere nicht entscheidend, ob die ausgestellten Kunstwerke jeweils durch Mitarbeiter des Vereins im Namen und für Rechnung des Künstlers oder vom Künstler selbst verkauft werden, solange der Verkauf mit einer vom Verein konzipierten und organisierten Ausstellung im Zusammenhang steht. Vermarkter oder Verwerter ist auch in diesen Fällen nicht der einzelne Künstler. Dieser ist vielmehr in die Organisation des Verkaufs durch den Kunstverein eingebunden, der über die beim Verkauf anfallenden Provisionen zudem Einnahmen erzielt (BSGE SozR 3-5425 § 24 Nr 5 S 30; Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 24 RdNr 73).
Diese am Beispiel des Kunsthandels (§ 24 Abs 1 Satz 1 Nr 6 KSVG) entwickelten Grundsätze haben allgemeine Bedeutung für alle Unternehmen, die vom Katalog des § 24 Abs 1 KSVG erfasst werden. Der Betrieb einer Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG unterliegt somit auch der Pflicht zur Abführung der KSA, wenn zwischen dem Einrichtungsträger und dem als Lehrkraft fungierenden selbstständigen Musiker kein direktes Auftragsverhältnis mit einer Lehrverpflichtung als freier Mitarbeiter besteht, sondern sich die Verwertung einer künstlerisch-lehrenden Tätigkeit auf ein "Vermittlungsgeschäft" im Sinne der Bereitstellung einer Organisationsstruktur beschränkt, derer sich die Lehrkräfte bedienen, um Unterrichtsverträge mit den Schülern bzw deren Eltern abzuschließen und aus ihren künstlerisch-lehrenden Tätigkeiten dem Lebensunterhalt dienende Einkünfte zu erzielen.
e) Auch hier kann nicht von einer bloßen Selbstvermarktung der Lehrkräfte gesprochen werden, die eine Künstlersozialabgabepflicht der Klägerin entfallen ließe. Eine Selbstvermarktung liegt - wie bereits ausgeführt - nur dann vor, wenn die künstlerische Leistung ohne jedwede Zwischenschaltung eines Dritten (des Vermarkters) vom Künstler unmittelbar gegenüber dem Endabnehmer erbracht wird, nicht hingegen dann, wenn der Künstler die Organisationsstruktur eines Dritten einschaltet (Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 24 RdNr 129). Hier stellt die Klägerin den Lehrkräften nicht nur Räumlichkeiten im "Treffpunkt Musik" sowie das gesondert anmietbare Klavier zur Verfügung, sondern sie ist auch als Kontaktstelle sowie als Werberin tätig, da sie Telefonkontakte/E-Mail-Kontakte zwischen Musikinteressenten und einzelnen Lehrkräften herstellt, in den "Gelben Seiten" inseriert (vgl Einnahme-/Überschussrechnung vom 18.6.2009) und den Musikunterricht jedenfalls in der Aufbauphase auch mittels Flyer und Internet-Auftritt beworben hat. Ohne diese von der Klägerin zur Verfügung gestellte Organisationsstruktur käme der Musikunterricht in den angemieteten Räumen nicht zustande.
Die Beklagte hat die Klägerin daher zu Recht als Betreiberin einer Musikschule iS des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG eingestuft.
2. Nicht erfüllt ist hingegen der Tatbestand des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KSVG, wonach Unternehmer abgabepflichtig sind, wenn sie eine Theater-, Konzert oder Gastspieldirektion betreiben oder ein sonstiges Unternehmen, das nach seinem wesentlichen Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen. Zwar finden vereinzelt musikalische Aufführungen im "Treffpunkt Musik" statt; dies ist aber nur ein Annex zur instrumentalmusikalischen Lehrtätigkeit und daher nicht "wesentlicher Zweck" der Einrichtung. Zudem tritt die Klägerin nicht als Veranstalterin dieser Aufführungen auf; die Organisation liegt jeweils bei den betroffenen Lehrkräften.
Soweit die Klägerin die Räumlichkeiten an Vereine oder Privatpersonen für einzelne musikalische Veranstaltungen vermietet, unterliegt sie ebenfalls nicht der KSA-Pflicht nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KSVG, weil sie dabei nicht als Veranstalterin fungiert, sondern stets nur die Räumlichkeiten gegen Entgelt zur Verfügung stellt und daher in diesem Bereich nur als reine Vermieterin auftritt.
3. Ferner ist auch nicht der Tatbestand des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG erfüllt, wonach die Abgabepflicht bei der "Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" besteht. Wenn eine Bildungseinrichtung im Internet oder auf Flyern selbstständige Künstler in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Lehrpersonals vorstellt, geht es in der Sache um Eigenwerbung und nicht - oder allenfalls nebenbei - um Werbung für die Künstler und ihr Werk. Zwar sind auch die Eigenwerbung betreibenden Unternehmen nach § 24 Abs 1 Satz 2 KSVG grundsätzlich abgabepflichtig; dies gilt allerdings nur dann, wenn dabei - anders als hier - nicht nur gelegentlich Aufträge zu Werbezwecken an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt werden.
C. Entgegen der Auffassung des LSG ist auch der Abgabenbescheid vom 10.8.2010 rechtmäßig, über den das LSG erstinstanzlich entschieden hat. Die in den Jahren 2007 bis 2009 angefallenen Unterrichtsentgelte, die von den Schülern bzw deren Eltern an die Lehrkräfte gezahlt worden sind, stellen Honorare für künstlerische Leistungen dar, die auf Seiten der Klägerin in die Bemessungsgrundlage für die KSA einzubeziehen sind. Die von der Klägerin mitgeteilten, auf eigenen überschlägigen Berechnungen beruhenden Zahlungen belaufen sich auf 20 640 Euro für 2007, auf 39 440 Euro für 2008 und auf 47 360 Euro für 2009.
1. Bemessungsgrundlage der KSA sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind (§ 25 Abs 1 Satz 1 KSVG). Zur Bemessungsgrundlage zählen auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden (§ 25 Abs 1 Satz 2 KSVG). Entgelt ist nach § 25 Abs 2 Satz 1 KSVG alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ausgenommen hiervon sind die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden sowie steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr 26 des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen (§ 25 Abs 2 Satz 2 KSVG).
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Der Tatbestand des § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG scheidet aus; denn es gab keine direkten Honorarzahlungen der Klägerin an die Lehrkräfte für die Unterrichtstätigkeit. Die Lehrkräfte waren der Klägerin gegenüber auch nicht zur Erteilung des Unterrichts verpflichtet, sondern nur in der Nutzung der angemieteten Räume auf die Lehrtätigkeit beschränkt. Die Lehrkräfte haben auf eigene Rechnung und auf eigenes wirtschaftliches Risiko die Verträge mit den Schülern geschlossen und mit ihnen die Entgelte abgerechnet. Es war mit der Klägerin vereinbart, dass für die Benutzung der Räume ein Mietzins zu zahlen ist. Auch der Tatbestand des § 25 Abs 1 Satz 2 KSVG ist nicht erfüllt. Die Vereinbarung ging nicht dahin, dass die Klägerin Gläubigerin des von den Schülern zu entrichtenden Unterrichtsentgelts sein sollte und die Lehrkräfte lediglich als Einzugsstelle fungieren sollten. Gläubiger des Entgelts waren unmittelbar die Lehrkräfte selbst (§ 611 BGB).
2. Zu Recht beruft sich die Beklagte allerdings auf den Abgabentatbestand des § 25 Abs 3 Satz 2 Nr 2 KSVG. Nach § 25 Abs 3 Satz 1 KSVG ist ein Entgelt iS des § 25 Abs 1 KSVG auch der Preis, der dem Künstler oder Publizisten aus der Veräußerung seines Werkes im Wege eines Kommissionsgeschäfts für die eigene Leistung zusteht. Dies gilt entsprechend, wenn ein nach § 24 Abs 1 KSVG zur Abgabe Verpflichteter den Vertrag im Namen des Künstlers oder Publizisten mit einem Dritten oder im Namen eines Dritten mit dem Künstler oder Publizisten abgeschlossen hat (§ 25 Abs 3 Satz 2 Nr 1 KSVG) oder wenn ein zur Abgabe Verpflichteter den Künstler oder Publizisten an einen Dritten vermittelt und für diesen dabei Leistungen erbringt, die über einen Gelegenheitsnachweis hinausgehen (§ 25 Abs 3 Satz 2 Nr 2 KSVG), es sei denn, der Dritte ist jeweils selbst zur Abgabe verpflichtet (§ 25 Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz KSVG ). Da die Klägerin am Abschluss der Unterrichtsverträge weder auf Seiten der Lehrkräfte noch auf Seiten der Schüler beteiligt ist, kommt lediglich der Abgabentatbestand des § 25 Abs 3 Satz 2 Nr 2 KSVG in Betracht. Mit dieser durch das 2. KSVG-Änderungsgesetz vom 13.6.2001 (BGBl I 1027) mit Wirkung ab 1.7.2001 eingeführten Regelung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass auch Zahlungen Dritter an Künstler oder Publizisten aufgrund von "Vermittlungsgeschäften" für den abgabepflichtigen Vermittler, zB eine Konzertagentur, zur Bemessungsgrundlage gehören. Voraussetzung ist, dass der Abgabepflichtige den Künstler oder Publizisten an einen Dritten vermittelt und für diesen dabei Leistungen erbracht werden, die über einen Gelegenheitsnachweis, also die bloße Benennung einer Kontaktmöglichkeit (vgl Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl 2014, § 652 RdNr 25 mwN zum Begriff des Gelegenheitsnachweises sowie RdNr 27 mwN zum Begriff der Vermittlung) hinausgehen, wie zB Planung, Organisation, Verpflichtung der Künstler und Auszahlung der Honorare (Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 25 RdNr 72). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
a) Die Anwendung des § 25 Abs 3 Satz 1 KSVG setzt grundsätzlich voraus, dass ein als Kommissionär veräußernder Unternehmer ein nach § 24 Abs 1 KSVG abgabepflichtiger Verwerter ist, der den Verkauf im eigenen Namen für Rechnung eines Künstlers getätigt hat. Da sich die Kommission im engeren Sinne des § 383 HGB nur auf Waren und Wertpapiere bezieht, künstlerische oder publizistische Werke dies aber nicht sind, ist der Begriff "Kommissionsgeschäft" weit im Sinne eines jeden Geschäfts im eigenen Namen für fremde Rechnung auszulegen (§ 406 HGB). Gegenstand eines Kommissionsgeschäfts im Sinne des KSVG kann daher auch ein Gemälde oder ein Urheberrecht sein (Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 25 RdNr 70).
Mit der Novellierung des KSVG zum 1.1.1989 durch das Gesetz zur Änderung des KSVG vom 20.12.1988 (BGBl I 2606) wurde § 25 Abs 3 KSVG durch Anfügen von Satz 2 dahin präzisiert, dass zur Abgabepflicht auch jene Kommissionsgeschäfte führen, die ein abgabepflichtiger Unternehmer im Namen des Künstlers und für dessen Rechnung abgeschlossen hat. Diese Erweiterung geht über den allgemein geltenden Kommissionsbegriff hinaus, der ein Handeln des Kommissionärs im eigenen Namen voraussetzt. Die Erweiterung ist als Klarstellung für die Fälle zu verstehen, in denen praktisch die Abwicklung eines Geschäfts durch den Kommissionär erfolgt, aber vertraglich ein Geschäft im Namen und für Rechnung des Künstlers vereinbart ist (Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 25 RdNr 71).
Nach der bis zum 30.6.2001 geltenden Fassung des § 25 Abs 3 Satz 2 KSVG war die Einbeziehung der Entgeltzahlungen nur für den Fall geregelt, dass ein abgabepflichtiger Unternehmer als Vertreter eines Künstlers Geschäfte abwickelte. Diese jetzt als erste Alternative des § 25 Abs 3 Satz 2 Nr 1 KSVG normierte Regelung ("den Vertrag im Namen des Künstlers oder Publizisten mit einem Dritten abgeschlossen") ist zum 1.7.2001 durch das 2. KSVG-Änderungsgesetz auf jene Fälle erweitert worden, in denen ein Abgabepflichtiger im Namen eines Dritten, zB eines Kunden, Verträge mit dem Künstler oder Publizisten abgeschlossen hat (jetzige zweite Alternative des § 25 Abs 3 Satz 2 Nr 1 KSVG). Ferner ist zum 1.7.2001 durch § 25 Abs 3 Satz 2 Nr 2 KSVG bestimmt worden, dass auch Zahlungen an Künstler oder Publizisten aufgrund von "Vermittlungsgeschäften" (mit Ausnahme reiner Gelegenheitsnachweise) für den abgabepflichtigen Vermittler zur Bemessungsgrundlage der KSA gehören (Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 25 RdNr 72), es sei denn, der Dritte als Empfänger der künstlerischen Leistung ist selbst zur Abführung der KSA verpflichtet (§ 25 Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz KSVG).
b) Mit der Regelung des § 25 Abs 3 KSVG steht somit zumindest für die Zeit ab 1.7.2001 fest, dass auch solche Entgelte für künstlerische Werke abgabepflichtig sind, die ein Künstler aufgrund eines Kommissionsgeschäfts oder eines Vermittlungsgeschäfts, das über den reinen Gelegenheitsnachweis hinausgeht, erhält. Dementsprechend unterfällt der Preis, den ein Maler für sein in einer Galerie oder in einer Verkaufsausstellung präsentiertes und dort verkauftes Bild bekommt, der KSA-Pflicht, auch wenn der Kaufvertrag direkt zwischen dem Künstler und dem Käufer und nicht zwischen dem Käufer und dem Galeristen oder dem die Ausstellung organisierenden Kunstverein geschlossen wird (für das Jahr 1994 noch offen gelassen in BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 5, S 30, 31).
Eine entsprechende Konstellation liegt hier vor. Die Musiklehrer und Musiklehrerinnen erhalten Entgelte für den Unterricht von ihren Schülern bzw deren Eltern, die sie ohne die Vermittlungs- und Vermarktungsleistungen der Klägerin, also der von ihr in Form der Musikschule geschaffenen übergeordneten Organisationsstruktur, nicht erzielen könnten. Nach der Zielsetzung des § 25 Abs 3 Satz 2 KSVG soll die Pflicht zur Entrichtung der KSA in typischen Dreier-Konstellationen (Künstler/Vermarkter/Endabnehmer) nicht davon abhängen, ob die eigentlichen Entgelte für die künstlerische Leistung über Konten des Vermarkters geleitet werden. Wenn - aus welchen Gründen auch immer - die Vertragsbeziehungen unmittelbar zwischen dem Künstler und dem Endverbraucher (Käufer) bestehen und der Vermarkter seine Vergütung über eine Provision vom Künstler oder - so hier - über "Mietzahlungen" der Lehrkräfte erhält, stellt § 25 Abs 3 Satz 2 KSVG sicher, dass die Vergütung für die eigentliche künstlerische Leistung für den Vermarkter abgabepflichtig ist.
c) Diese Auslegung und Anwendung des Abgabetatbestandes des § 25 Abs 3 Satz 2 KSVG korrespondiert zur Anwendung des Erfassungstatbestandes des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG. Wenn und soweit die Tätigkeit der Klägerin über eine Untervermietung von Räumen an Musiklehrer hinausgeht und im Kern in der Organisation einer Musikschule besteht, muss dem praktizierten Geschäftsmodell auch bei der Anwendung der Abgabentatbestände des § 25 KSVG Rechnung getragen werden. Die Klägerin ermöglicht die entgeltliche Erbringung von musikalischer Ausbildung und vermietet nicht nur Räume an Untermieter. Dann muss die Vergütung für die eigentliche "musikalische Lehrleistung" abgabepflichtig sein. Die Auffassung des LSG, das von der Klägerin praktizierte Geschäftsmodell führe zwar zur Abgabepflicht dem Grunde nach (§ 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG), strukturell aber nie zur tatsächlichen Verpflichtung zur Abführung der KSA (§ 25 KSVG), ist widersprüchlich und wird dem Sinn und Zweck der zum 1.7.2001 erfolgten Erweiterung des § 25 Abs 3 Satz 2 KSVG nicht gerecht.
3. Der Abgabenbescheid vom 10.8.2010 ist rechtmäßig.
a) Der formellen Rechtmäßigkeit steht nicht entgegen, dass der Bescheid nach den verwandten Formulierungen eine endgültige Festsetzung der KSA für die Jahre 2006 bis 2009 aufgrund einer konkreten Entgeltmeldung der Klägerin vom 27.7.2010 enthält und nach der Erklärung der Beklagten (vgl Sitzungsniederschrift des LSG vom 25.2.2014) dies auch so beabsichtigt war, es aber der Sache nach nur um einen weiteren Schätzungsbescheid geht, der den früheren Schätzungsbescheid vom 7.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.6.2010 ersetzt hat (§ 96 SGG). Die Beklagte hat lediglich eine grobe erste eigene Schätzung durch eine Festsetzung der KSA ersetzt, die auf einer wesentlich genaueren Schätzung der Klägerin über die von den Lehrkräften erzielten Unterrichtsentgelte beruht, die dann von der Beklagten übernommen worden ist, weil sie diese Schätzung als realitätsnah und glaubhaft angesehen hat. Nach § 27 Abs 1 Satz 3 KSVG nimmt die KSK eine Schätzung der KSA vor, wenn der Abgabepflichtige trotz Aufforderung die Meldung (§ 27 Abs 1 Satz 1 KSVG) nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstattet. Diese Vorschrift ist entsprechend anzuwenden, wenn der Abgabepflichtige - wie hier - in der Meldung lediglich Schätz- oder Näherungswerte angibt, weil ihm konkrete Daten nicht bekannt sind und er zur Ermittlung der endgültigen Zahlen - einstweilen oder auf Dauer - auch nicht in der Lage ist. Es liegt im Verantwortungsbereich eines abgabepflichtigen Unternehmers, durch entsprechende Vertragsgestaltung mit den Künstlern sicherzustellen, dass diese ihm zumindest einmal jährlich eine Aufstellung über die von ihnen vereinnahmten Entgelte für künstlerische Leistungen zukommen lassen, um konkrete Meldungen nach § 27 Abs 1 Satz 1 KSVG abgeben zu können.
Da die Voraussetzungen für eine KSA-Schätzung nach § 27 Abs 1 Satz 3 KSVG am 10.8.2010 objektiv vorgelegen haben, kann der auf eine konkrete endgültige Festsetzung der KSA hindeutende Abgabenbescheid vom 10.8.2010 nach § 43 Abs 1 SGB X in einen Schätzungsbescheid umgedeutet werden.
b) Der Abgabenbescheid ist auch der Höhe nach rechtmäßig; denn die Schätzung als solche ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat sich auf die eigenen Angaben der Klägerin zu den in Betracht kommenden Entgeltzahlungen der Schüler an die in ihren Räumen tätigen Lehrkräfte und die vermutete Gesamthöhe aller Entgelte gestützt. Wenn diese Angaben zu Lasten der Klägerin falsch oder missverständlich waren und die Klägerin doch noch in der Lage sein sollte, konkrete Daten nachzuliefern und zu belegen, ist die Beklagte nach Maßgabe des § 44 SGB X verpflichtet, über die Höhe der von der Klägerin zu entrichtenden KSA neu zu entscheiden. Dazu hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 30.9.2015 auch ausdrücklich bereit erklärt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 47 und § 52 Abs 1 bis 3 GKG. Die Korrektur der Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf § 63 Abs 3 GKG.
a) Der Streitwert für die Klage gegen den Erfassungsbescheid vom 7.5.2009, der mangels rückwirkender Feststellung der Abgabepflicht erst ab dem Zeitpunkt seiner Bekanntgabe im Mai 2009 gilt (§ 36a Satz 1 KSVG iVm § 39 Abs 1 SGB X), bemisst sich nach der zu erwartenden KSA in den ersten drei Jahren seiner Geltung (BSG SozR 4-1920 § 52 Nr 5 RdNr 4). Da es hierzu bisher keine konkreten Daten gibt, aber aufgrund der Erfahrungen aus den Jahren 2007 bis 2009 jedenfalls wieder mit einer KSA von jährlich bis zu 2000 Euro ab dem Jahr 2010 zu rechnen ist, muss für das maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Klägerin am Ausgang des Rechtsstreits (§ 52 Abs 1 GKG) auf den Regelstreitwert von 5000 Euro (§ 52 Abs 2 GKG) zurückgegriffen werden.
b) Der Streitwert für die Klage gegen den Abgabenbescheid vom 10.8.2010 beläuft sich entsprechend der Festsetzung der KSA für die Jahre 2007 bis 2009 auf 5069,04 Euro. Die in dem Bescheid ebenfalls festgesetzten KSA-Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 2136,26 Euro (Januar und Februar 2010 jeweils 144,61 Euro, März 2010 bis Februar 2011 jeweils 153,92 Euro) sind streitwertrechtlich nicht zu addieren, weil die Zeit ab Januar 2010 bereits durch den Erfassungsbescheid abgedeckt ist. Der Abgabenbescheid konnte sich zwar nicht auf den Streitwert erster Instanz auswirken, der durch den - nunmehr ersetzten - Schätzungsbescheid vom 16.9.2009 mit seinen deutlich höheren KSA-Ansätzen bestimmt wurde (§ 40 GKG), war dann aber für die Streitwertfestsetzungen in zweiter und dritter Instanz maßgeblich. Dort beträgt der Streitwert aufgrund der Addition der Teilstreitwerte (§ 39 GKG ) 10 069,04 Euro (5000 + 5069,04 Euro).
Fundstellen
Haufe-Index 8700143 |
DStR 2016, 178 |
NZS 2016, 148 |
SGb 2015, 629 |