Leitsatz (amtlich)
1. Der Verlust der Gebrauchshand rechtfertigt für sich allein nicht schlechthin eine Höherbewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach BVG § 30 Abs 1 oder 2.
2. Zu dem Umständen des Einzelfalls, nach denen ein besonderes berufliches Betroffensein (BVG § 30 Abs 2 S 2 Buchst b) zu beurteilen ist, gehören bei einem Beamten des gehobenen Dienstes nicht die Arbeitserschwernisse bei einer Spezialtätigkeit innerhalb seiner Laufbahn (vergleiche BSG 1969-02-19 10 RV 561/66 = BSGE 29, 139 = SozR Nr 37 zu § 30 BVG).
Normenkette
BVG § 30 Abs. 1 Fassung: 1966-12-28, Abs. 2 S. 2 Buchst. b Fassung: 1966-12-28
Tenor
Die Sprungrevision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25. Mai 1972 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der 1926 geborene Kläger bezog seit August 1947 (Umanerkennung: 4. August 1951) wegen "Verlust der rechten Hand nach Granatsplitterverwundung" Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H.. Er trat 1949 in den Dienst der Versorgungsverwaltung, wo er 1955 in das Beamtenverhältnis als Regierungsassistentenanwärter übernommen, 1960 zum Regierungsinspektor, 1964 zum Regierungsoberinspektor und 1970 zum Regierungsamtmann ernannt wurde.
Im Februar 1970 beantragte der Kläger, die Folgen der bei einem Verkehrsunfall vom 22. Juli 1958 erlittenen Verletzung des rechten Ellbogengelenks als mittelbare Schädigungsfolgen anzuerkennen und deshalb sowie wegen Durchblutungsstörungen im Amputationsstumpf, ferner auch im Hinblick auf ein besonderes beruflichen Betroffensein im Sinne des § 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) die MdE höher zu bewerten. Daraufhin wurde der Kläger von dem Chirurgen Dr. K begutachtet. Entsprechend diesem Gutachten erging der Bescheid vom 24. September 1970, worin die Schädigungsfolgen neu formuliert wurden. Wegen der wesentlichen Änderung in den anerkannten Schädigungsfolgen wurde die Rente ab 1. Februar 1970 auf 60 v. H. erhöht. Ein besonderes berufliches Betroffensein (§ 30 Abs. 2 BVG) wurde nicht anerkannt.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, hinsichtlich seines beruflichen Betroffenseins (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG) würde eine genaue Analyse seines Berufsbildes als Prüfstellenleiter ergeben, daß er infolge des Verlustes seiner Gebrauchshand die ständig vorkommenden manuellen Betätigungen nur durch Aufwendung außergewöhnlicher Tatkraft und Energie bewältigen könne. Der gutachtlich gehörte Staatliche Gewerbearzt bemerkte hierzu, aus arbeitsmedizinischer Sicht erscheine der Kläger in seinen Aufgaben als Beamter des gehobenen Dienstes nicht eingeschränkt, da er bei der verwaltungsmäßigen Organisation, Planung, Koordinierung und Leitung durch seine Schädigungsfolgen nicht behindert sei; im Vordergrund des jetzt ausgeübten Berufs stünden geistige Beanspruchungen und Anforderungen an die Intelligenz, die sicherlich von den körperlichen Schäden nicht beeinflußt würden. Die Erschwernis bei der Aktenbearbeitung sei durch die Höhe der zuerkannten MdE ausgeglichen; zum Aufwand außergewöhnlicher Tatkraft oder besonderer Energie sei der Kläger in seinem jetzigen Beruf nicht gezwungen. - Der Widerspruch wurde sodann mit Bescheid vom 30. Dezember 1971 zurückgewiesen.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Gewährung einer höheren Versorgungsrente unter Berücksichtigung des besonderen beruflichen Betroffenseins: Es sei eine grundsätzliche Rechtsfrage, inwieweit die unter der Geltung des Reichsversorgungsgesetzes (RVG) vorgeschriebene Höherbewertung der MdE beim Verlust der Gebrauchshand jetzt bei der Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG zu berücksichtigen sei. Das Sozialgericht (SG) Koblenz hat durch Urteil vom 25. Mai 1972 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen: Die MdE aufgrund der Beeinträchtigung des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sei unter ausreichender Einbeziehung der mittelbaren Schädigungsfolgen zutreffend auf 60 v. H. festgesetzt worden. Ein darüberhinausgehendes besonderes berufliches Betroffensein liege nicht vor, auch wenn der Kläger seine Arbeit nicht mit der Schnelligkeit eines Gesunden verrichten könne. Im Vordergrund seiner Tätigkeit stünden geistige Leistungen, die durch den körperlichen Schaden nicht beeinflußt würden. Das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe keinen Zweifel daran gelassen, daß seine wesentliche Tätigkeit in der Koordination und Leitung des EDV-Ausschusses bestehe; die Anfertigung von sogenannten Grobfluß-Diagrammen komme im Arbeitsbereich des Klägers nur gelegentlich vor, die Niederschrift von Verfügungen gehöre zu den normalen Aufgaben eines Beamten des gehobenen Dienstes. Mit einem beruflichen Abgleiten müsse der Kläger nicht rechnen. Anhaltspunkte dafür, daß er - bei seiner Vorbildung - durch Schädigungsfolgen an einem weiteren Aufstieg in seinem Beruf gehindert worden sei, seien nicht erkennbar. Aus der abweichenden Regelung des § 25 RVG sei nicht auf die vom Kläger versuchten Interpretation des § 30 BVG zu schließen, daß hier eine Lücke entstanden sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht - unter Beifügung einer Einwilligungserklärung gemäß § 161 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - Sprungrevision eingelegt mit dem Antrag,
unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen den Beklagten zu verurteilen, beim Kläger ein besonderes Betroffensein im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG anzuerkennen und die ihm hiernach zustehende Versorgung zu gewähren.
Er rügt eine unrichtige Anwendung des § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG: Der früher rechtshändige Kläger habe nach dem schädigungsbedingten Verlust seiner Gebrauchshand die Funktionsfähigkeit der verbliebenen linken Hand nicht so zu entwickeln vermocht, daß sie als Gebrauchshand fungieren könnte; bei Verrichtung seines Dienstes müsse er erheblich mehr Energie und außergewöhnliche Tatkraft aufwenden, als es beim Verlust der linken Hand oder auch bei einer Berufsausübung ohne ständige manuelle Betätigung der Gebrauchshand nötig sein würde. Die nach § 25 RVG vorgesehene Höherbewertung von Schädigungsfolgen an der Gebrauchshand sei zwar in § 30 BVG, den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften (VV) und auch in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen" nicht übernommen worden. Das bedeute aber nicht - wie in der versorgungsrechtlichen Praxis fälschlich angenommen werde -, daß nach dem BVG besondere Nachteile durch Schädigungsfolgen an der Gebrauchshand unbeachtet bleiben müßten, vielmehr folge aus der gesetzlich gebotenen individuellen Berücksichtigung konkreter Schädigungsfolgen in ihren Auswirkungen auf die berufliche Stellung, daß beim Verlust der Gebrauchshand das besondere berufliche Betroffensein auch nach § 30 BVG zu einer Höherbewertung der MdE führe.
Im bisherigen Verfahren sei nicht hinreichend aufgeklärt worden, in welchem Ausmaß der Kläger durch den Verlust der Gebrauchshand in seiner beruflichen Position besonders betroffen sei. Seine Tätigkeit als Beamter des gehobenen Dienstes erfordere erheblich mehr manuelle Verrichtungen als lediglich das vom Gewerbearzt erwähnte Aufnehmen oder Weglegen von Akten. Als Koordinator bei der Rationalisierung von behördlichen Arbeitsvorgängen durch EDV-Anlagen müsse er ua Protokolle führen, deren Anfertigung Hilfskräften nicht überlassen werden könne; ferner habe er Arbeitsvorgänge durch Diagramme darzustellen, ähnlich wie ein Ingenieur, der am Reißbrett graphische Darstellungen fertige. All dies hätte durch eine genaue Arbeitsplatzbeschreibung im einzelnen aufgeklärt werden müssen.
Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision. Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, eine grundsätzliche Höherbewertung der MdE wegen des Verlustes der Gebrauchshand sei rechtssystematisch nicht geboten. § 25 RVG und die DVO zu § 25 Abs. 3 RVG ließen erkennen, daß dem RVG eine völlig andere Systematik zugrunde gelegen habe als dem heutigen § 30 BVG. Die spezifischen Beeinträchtigungen im Beruf durch Verlust der Gebrauchshand seien nicht bei der summarischen und abstrakten Bewertung gemäß § 30 Abs. 1 BVG, sondern nur im Rahmen des § 30 Abs. 2 BVG zu berücksichtigen. Auch bei Anwendung des § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG sei jedoch der Verlust der Gebrauchshand nicht "grundsätzlich" höher zu bewerten, sondern nur dann, wenn sich nach allen Umständen des Einzelfalles diese Schädigungsfolge bei dem vom Beschädigten ausgeübten Beruf als besonders hinderlich erweise. Die ärztlichen Stellungnahmen zeigten jedoch, daß der Kläger in der Ausübung seines Berufes durch den Verlust der rechten Hand nicht über das Maß hinaus besonders betroffen sei, welches für die MdE-Festsetzung nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebend gewesen sei.
II
Die Sprungrevision ist zulässig (vgl. § 148 Nr. 3 SGG; BSG 12, 134; Urteil vom 28.4.1965, KOV 1965 237 Nr. 1647; §§ 150 Nr. 1, 161, 164 SGG). Sie hat jedoch keinen Erfolg.
Der Kläger begehrt eine Höherbewertung der seiner Beschädigtenrente zugrundeliegenden MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins. Dies könnte er - nach Lage des Falles - gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 BVG nur beanspruchen, wenn er durch die Art der Schädigungsfolgen in dem Beruf eines Versorgungsbeamten besonders betroffen wäre, den er nach Eintritt der Schädigung ergriffen hat und noch weiterhin ausübt. Von den drei in § 30 Abs. 2 Satz 2 BVG beispielhaft angeführten Sachverhalten, die für ein berufliches Betroffensein als besonders typisch gelten, macht der Kläger für sich ausschließlich den unter Buchst. b angeführten Fall geltend; Anhaltspunkte dafür, daß beim Kläger außerdem noch eine Prüfung nach den in Buchst. a oder c angeführten Kriterien in Betracht käme, sind auch nach Meinung des Senats nicht ersichtlich.
In § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG fehlt zwar eine Bezugnahme auf den derzeit ausgeübten Beruf, sofern er nicht vor der Schädigung "nachweisbar angestrebt" worden war. Obwohl keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, daß der Kläger vor der Schädigung die Beamtenlaufbahn angestrebt haben könnte, erscheint eine Anwendung dieser Vorschrift auch in Fällen der hier gegebenen Art unbedenklich, denn die Aufzählung in Satz 2 ist nicht erschöpfend (vgl. BMA, Rundschreiben vom 18.1.1967 BVBl 1967, 34). Nach § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG setzt die Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffenseins voraus, daß der Beschädigte in seinem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Grade als im allgemeinen Erwerbsleben "erwerbsgemindert" ist. Diese allgemein gehaltene Formulierung ist von der Rechtsprechung dahingehend konkretisiert worden, daß eine solche höhere "Erwerbsminderung" dann anzunehmen sei, wenn der Beschädigte seine Berufstätigkeit "nur durch besonderen Energieaufwand und unter Gefährdung seiner Gesundheit" verrichten könne, wozu er also "außergewöhnliche Tatkraft aufwenden und außergewöhnliche Anstrengungen machen", evtl. auch Schmerzen sowie häufigere Arbeitsunfälle und Erkrankungen hinnehmen müsse (vgl. BSG 13, 20, 21, 23; Urteil vom 30.1.1962, KOV 1962, 189 Nr. 1354 zu f).
Der Kläger hat, bevor er zur Rechtfertigung seines Anspruches konkrete Einzelheiten dieser Art geltend macht, allgemein vorausschickt, er sei als früherer Rechtshänder durch den Verlust der rechten Hand von vornherein schwerer beeinträchtigt, als es beim Verlust der linken Hand der Fall gewesen wäre. Dieser Umstand bleibe in § 30 BVG, in Nr. 4 der hierzu ergangenen VV und in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen unberücksichtigt, wogegen früher nach der DVO vom 1. September 1920/21. Dezember 1927 zu § 25 Abs. 3 RVG beim Verlust einer Hand unterschieden worden sei, ob die Gebrauchshand oder die andere Hand betroffen wurde. Eine solche Differenzierung sei aber so einleuchtend, daß sie grundsätzlich nunmehr bei der Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG zum Zuge kommen müsse. - Die dem früheren Recht zugrundeliegende scharfe Unterscheidung zwischen MdE (§ 25 Abs. 1 RVG) und Versehrtheit (§ 25 Abs. 3 RVG) - sie kam insbesondere darin zum Ausdruck, daß von zwei gesonderten Rentenansprüchen die Rede war (vgl. Abs. 2 Satz 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 25 RVG; Arendts RVG 2. Aufl., Anm. 5 zu § 25) - erscheint nach heutigen Erkenntnissen weitgehend überholt (vgl. Wilke, BVG Kommentar, 3. Aufl., Anm. I zu § 30 S. 234), wenngleich sie noch in § 30 Abs. 1 Satz 6 BVG i. V. m. Nr. 4 VV gewisse Nachwirkungen äußert. Während unter der Geltung des RVG beim Verlust einer Hand zwischen der Gebrauchshand (50 v. H.) und der anderen Seite (40 v. H.) unterschieden wurde, fehlte diese Unterscheidung in den "Anhaltspunkten" bereits bei der Ausgabe von 1952; für andere Schädigungsfolgen an den oberen Gliedmaßen - z. B. Fingerverluste, Gelenkversteifungen - wurde zunächst noch in der früher gebräuchlichen Weise differenziert, bis schließlich mit der Ausgabe von 1965 jegliche Differenzierung aufgehört hat. In dieser Entwicklung kann nun aber keineswegs ein Verstoß gegen unbezweifelbare sozialmedizinische Erfahrungssätze erblickt werden. Das hat der erkennende Senat in seinem unveröffentlichten Urteil vom 30. Juli 1964 (9 RV 1122/60, vgl. die Angaben in VersorgB 1964, 127 Nr. 133) unter Abgrenzung zum Unfallversicherungsrecht entschieden; gegenüber § 25 Abs. 3 RVG erscheinen die gleichen Erwägungen angebracht. Wenn somit der Verlust der Gebrauchshand nicht - wovon der Kläger offenbar ausgeht - in jedem Fall zu einer höheren Bemessung der MdE nach § 30 Abs. 1 und auch nicht ohne weiteres zu einer Höherbewertung gemäß § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG führen muß, so kann ein besonderes berufliches Betroffensein infolge des Verlustes der Gebrauchshand doch wegen besonderer Umstände des Einzelfalles durchaus in Frage kommen.
Besondere Umstände seines Falles erblickt der Kläger darin, daß er bei typischen Arbeitsabläufen, denen er in seiner dienstlichen Stellung als Koordinator bei der Rationalisierung von behördlichen Arbeitsvorgängen durch EDV-Anlagen regelmäßig begegnet, in der rein manuellen Betätigung sehr stark behindert sei und diese Erschwernisse nur durch besondere Energie und Tatkraft bewältigen könne. Das Gutachten des Gewerbearztes, worauf sich das SG bei seiner Entscheidung gestützt hat, nimmt zu diesem Tätigkeitsbereich nicht im einzelnen Stellung; in der mündlichen Verhandlung hat zwar der Kläger seine Dienstobliegenheiten genauer beschrieben, jedoch ist hierüber weder in der Sitzungsniederschrift noch im angefochtenen Urteil (vgl. BSG 16, 236) inhaltlich etwas Zusammenhängendes wiedergegeben worden. Eine umfassende Sachaufklärung hinsichtlich der technischen Gestaltung der vom Kläger angeführten Arbeitsvorgänge (vgl. etwa BSG Urteil vom 27.1.1960, BVBl 1960, 139) ist also unterblieben. Der Senat sieht sich indessen hierdurch nicht veranlaßt, die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen und insbesondere die von der Revision geforderte Arbeitsplatzbeschreibung nachholen zu lassen, denn es kommt aus rechtlichen Gründen auf die Feststellung solcher Einzelheiten nicht an. Die Prüfung, ob ein besonderes berufliches Betroffensein im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG vorliegt, darf sich nämlich nicht ausschlaggebend an den besonderen Verhältnissen des Arbeitsplatzes orientieren, den der Kläger in letzter Zeit als EDV-Spezialist eingenommen hat; vielmehr sind hierbei die typischen arbeitsmedizinischen Gegebenheiten seines "Berufes", nämlich einer Beamtentätigkeit in der Laufbahn des gehobenen Dienstes zu berücksichtigen.
Der Kläger, der vor dem Kriege nach Volksschulbesuch eine handwerkliche Lehre durchgemacht hatte, war nach seiner Schädigung in den Beamtenberuf übergewechselt, wo er die Laufbahn des gehobenen Dienstes erreichte und 1964 zum Regierungsoberinspektor befördert wurde. Der gehobene Beamtendienst ist - allgemein betrachtet - dadurch gekennzeichnet, daß er in großem Umfange über Arbeitsplätze verfügt, auf denen der Verlust der Gebrauchshand nicht die in der Rechtsprechung (BSG 13, 20 f) dargelegten einschneidenden Erschwernisse mit sich bringt, die den Beschädigten noch über die MdE im allgemeinen Erwerbsleben hinaus zusätzlich belasten; im Gegenteil kann sogar erfahrungsmäßig angenommen werden, daß diese Berufsarbeit in der Regel von Hand- oder Armamputierten besser und müheloser zu bewältigen ist als solche Tätigkeiten, die typischerweise den ungestörten Gebrauch beider Hände erfordern. Bei der Frage, ob ein besonderes berufliches Betroffensein vorliegt, ist nun aber gerade darauf abzustellen, wie sich die Schädigungsfolge bei Tätigkeiten in anderen Berufen des allgemeinen Erwerbslebens auswirken würde. Ein Vergleich mit dem Leistungsvermögen von gesunden Berufskollegen, wie er der MdE-Bewertung nach § 30 Abs. 1 BVG zugrunde liegt, ist hier nicht am Platze (vgl. BSG Urteil vom 30.1.1962, KOV 1962, 189 Nr. 1354, Leitsätze c und d = VersorgB 1962, 62 Nr. 43). Ein Schwerbeschädigter in der Lage des Klägers ist somit - wenn er als Beamter des gehobenen Dienstes beschäftigt ist - im Vergleich zu seinen etwa in Handwerksberufen tätigen Schicksalsgefährten beruflich nicht besonders betroffen, sondern eher begünstigt. Wenn der Kläger - im Rang eines Oberinspektors - auf einem solchen, ihn nicht über das in § 30 Abs. 1 BVG berücksichtigte Maß hinaus belastenden Verwaltungsposten geblieben wäre, käme mithin ein besonderes berufliches Betroffensein nicht in Betracht, denn er brauchte dann keine außergewöhnliche Tatkraft und Energie aufzuwenden oder gar seine Gesundheit zu gefährden, um einen beruflichen Abstieg zu vermeiden. Sollte später seine Beförderung zum Amtmann nur dadurch möglich gewesen sein, daß er sich auf EDV-Arbeiten mit ihren besonderen technischen Anforderungen spezialisierte, so hätte er eine Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c BVG nicht beanspruchen können, wenn ihm wegen des Verlustes der rechten Hand diese Einarbeitung mißglückt und er deshalb nicht befördert worden wäre (vgl. BSG 29, 139, 145). Angesichts des inneren Zusammenhangs, in dem die Tatbestände des § 30 Abs. 2 Satz 2 gemäß dem Leitgedanken des Satzes 1 untereinander stehen (vgl. BSG 29, 141), wäre es demzufolge sinnwidrig, einen Höherbewertungsanspruch nach § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG im vorliegenden Fall anzuerkennen. Wenn der Kläger - aus eigenem Antrieb oder auf Betreiben seiner Anstellungsbehörde - sich der Spezialisierung auf EDV-Arbeiten zugewandt und hiermit die herausgehobene Position eines Regierungsamtmanns errungen hat, so sind die von ihm geschilderten Unzuträglichkeiten bei den mit dieser Stellung verbundenen manuellen Verrichtungen durch den höher besoldeten Dienstrang so weit ausgeglichen, daß daneben eine Höherbewertung der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins keinesfalls gerechtfertigt ist.
Die Revision ist hiernach unbegründet und muß zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen