Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.05.1959)

 

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Mai 1959 wird mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger legte im November 1952 die Diplomprüfung für Chemie an der Universität Mainz ab; seine Diplomarbeit hatte er über „die Antoxydation des Linolsäuremethylesters” angefertigt. Auf diesem Gebiet wurden Forschungen in dem Organisch-Chemischen Institut der Universität Mainz auf Grund eines Auftrags der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) durchgeführt. Nachdem der Kläger seine Diplomprüfung bestanden hatte, wurde er in dem von Prof. Dr. K. geleiteten Institut auf Grund eines Privatdienstvertrages als wissenschaftliche Hilfskraft weiterbeschäftigt. Seine Forschungsarbeit wurde ihm zugleich als Doktorarbeit angerechnet.

Im Verlauf der Forschungsarbeiten stieß dem Kläger am 23. Juli 1953 ein Unfall zu, der den Verlust der linken Hand sowie Narben im Gesicht und an der Bauchhaut zur Folge hatte. Deswegen gewährte die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) dem Kläger durch Bescheid vom 3. Oktober 1955 eine Dauerrente von zunächst 100 später 50 v.H. der Vollrente. Der Rentenberechnung legte sie das 300-fache des Ortslohnes für Erwachsene – 300 × 3 = 2.400 DM – als Jahresarbeitsverdienst (JAV) zugrunde, weil dies für den Kläger günstiger war als die Zusammenrechnung der Beträge, die er im Jahre vor dem Unfall im Organisch-Chemischen Institut als Vergütung erhalten hatte (1.780,– DM).

Diesen Bescheid hat der Kläger mit der Klage angefochten. Er hat Berechnung der Rente nach einem höheren JAV begehrt und zur Begründung vorgebracht: Die Beklagte hätte den JAV nicht nach § 563 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ermitteln dürfen, weil er als Doktorand kein Arbeitsentgelt, sondern lediglich einen Unterhaltszuschuß erhalten habe. Der JAV hätte nach § 565 RVO berechnet werden müssen; denn im Zeitpunkt des Unfalls habe er als Doktorand noch in der Berufsausbildung gestanden. Für einen Chemiker sei der Doktorgrad unentbehrlich, weil vor allem die chemische Großindustrie grundsätzlich nur promovierte Diplom-Chemiker beschäftige. Das Diplom allein schließe das Studium der Chemie nicht vollgültig ab; die Fähigkeit zur selbständigen Forschung werde erst durch die Dissertation vermittelt. Das Berufsbild des wissenschaftlichen Chemikers schließe somit die Promotion ein. Die Bedeutung der beruflichen Weiterbildung nach Ablegung der Diplomprüfung gehe daraus hervor, daß vorwiegend Doktoranden durch die verschiedensten Institute wirtschaftlich unterstützt würden. Dies sei auch gerechtfertigt, weil der chemische Doktorand für die Dauer seiner etwa zweijährigen experimentellen Tätigkeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Sinn und Zweck des § 565 RVO sei es, den Wert der Berufsausbildung für die Allgemeinheit anzuerkennen und den Personenkreis zu schützen, der die Aneignung gediegener Kenntnisse erstrebe und dadurch auf entsprechendes Einkommen für längere Zeit verzichten müsse. Dementsprechend werde auch nach den Bestimmungen über Ausbildungsbeihilfen nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG) die Promotion eines Chemikers noch zur Berufsausbildung gerechnet. Ebenso verführen die Finanzbehörden hinsichtlich der Gewährung von Kinderermäßigung. – Rechne man die Promotion nicht mehr zur Berufsausbildung, so sei der JAV jedenfalls nach billigem Ermessen nach § 566 RVO festzusetzen, weil die Berechnung nach § 563 RVO zu einem widersinnigen Ergebnis führe. Es sei nicht gerechtfertigt, den Doktoranden mit einer Rente abzufinden, die seinen Kenntnissen, seinen Fähigkeiten und seinem Ausbildungsstand nicht Rechnung trage. Da er für das Institut Arbeit geleistet habe, die der Tätigkeit eines in der industriellen Forschung beschäftigten Chemikers entspreche, müsse der JAV nach dem Gehalt eines Diplom-Chemikers bemessen werden.

Die B. und S. Fabrik AG., in deren Dienste der Kläger nach Ablegung seines Doktorexamens getreten ist, hat am 13. Februar 1956 bescheinigt, daß das Doktorexamen Voraussetzung für die Indienststellung des Klägers gewesen sei. Weiter hat der Kläger einen Auszug aus einer „Stellungnahme der Gesellschaft deutscher Chemiker zum Abschluß des Hochschulstudiums für Chemiker” vorgelegt. Darin wird die Auffassung vertreten, daß beim Studium der Chemie nicht nur das Diplomexamen als Abschluß anzuerkennen sei, sondern auch die Doktorandenzeit als Ausbildungszeit zu gelten habe. Im einzelnen ist ausgeführt: Für die praktische Tätigkeit eines Chemikers in der Klein- und Mittelindustrie könne die Ausbildung zum Diplom-Chemiker ausreichend sein. Für die Tätigkeit eines Chemikers in Wissenschaft und Forschung und auch in chemischen Industriebetrieben, die eigene Forschungslaboratorien unterhalten oder qualifizierte chemische Prozesse durchführen, werde aber stets ein promovierter Chemiker verlangt. Erst im Rahmen einer Doktorarbeit lerne der Studierende der Chemie die Methoden wissenschaftlicher Forschung und die selbständige Bearbeitung chemischer Problemstellungen. Diese Tätigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen könnten im Rahmen der normalen Ausbildung bis zum Diplomexamen nicht Vermittel werden. Für den größten Teil der Chemiestudierenden bestehe der Zwang, ihr Studium mit der Promotion abzuschließen, wenn sie den Wunsch hätten, der deutschen Volkswirtschaft nutzbringend zu dienen, und wenn sie eine einigermaßen aussichtsreiche und entwicklungsfähige Position in der chemischen Industrie oder Wissenschaft anstrebten.

Durch Urteil vom 2. April 1958 hat das Sozialgericht (SG) Speyer die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 3. Oktober 1955 für verpflichtet erklärt, den JAV des Klägers gemäß § 566 RVO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Es hat ausgeführt: Eine Berechnung nach § 565 RVO scheide aus, weil der Kläger am Unfalltage bereits Diplom-Chemiker und damit seine Berufsausbildung beendet gewesen sei. Seine Tätigkeit als Doktorand könne lediglich als berufliche Weiterbildung angesehen werden. Die Voraussetzungen des § 566 RVO seien jedoch erfüllt. Die Berechnung nach § 563 RVO sei insofern undurchführbar, als sie zu einem widersinnigen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führe. Der JAV von 2.400,– DM erscheine zu niedrig, weil der Kläger schon als Student assistiert habe und mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt gewesen sei, die er dann nach der Diplomprüfung fortgesetzt habe. Wenn ihm der Unfall als Student zugestoßen wäre, so wäre er nach § 565 RVO entschädigt worden. Weil sich der Unfall nun zufällig nicht einige Monate früher ereignet habe, dürfe der Kläger nicht wesentlich schlechter gestellt werden. Das Wagnis, das er mit der Doktorandenzeit auf sich genommen habe, dürfe sich nur in dem tatsächlichen Minderverdienst und in dem Zeitverlust erschöpfen. Es sei nicht angebracht, den Kläger dafür zu strafen, daß er nicht sofort nach der Diplomprüfung in das Erwerbsleben eingetreten sei. Es erscheine erforderlich und genügend, den JAV nach dem Verdienst eines unpromovierten Diplom-Chemikers zu ermitteln.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 29. Mai 1959 die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe den JAV des Klägers mit Recht nach § 563 RVO berechnet. § 565 RVO sei nicht anwendbar, weil der Kläger zur Zeit des Unfalls nicht mehr in der Berufsausbildung gestanden habe. Die Berufsausbildung sei mit dem Diplomexamen abgeschlossen gewesen. Nach diesem Examen sei der Kläger berechtigt und in der Lage gewesen, den Beruf eines Chemikers auszuüben. Seine Promotion und wissenschaftliche Weiterarbeit sei nicht mehr die Ausbildung zu einem Beruf, sondern die Weiterbildung auf einem Spezialgebiet der Chemie gewesen. Von Beruf Chemiker seien schon diejenigen, die das Diplomexamen abgelegt hätten. Wenn von größeren Unternehmen als Voraussetzung für die Einstellung eines Chemikers die Promotion verlangt werde, so hänge dies damit zusammen, daß Großbetriebe in der Regel Forschungsarbeiten zwecks Weiterentwicklung von Verfahren auf chemischen Gebiet durchführten und daher nur an Chemikern interessiert sein könnten, die schon selbständig wissenschaftlich gearbeitet hätten, was durchweg erst im Rahmen einer Dissertation und der damit verbundenen experimentellen Arbeiten geschehe. Im übrigen sei § 565 RVO eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sie beziehe sich nur auf die notwendige Grundausbildung für eine berufliche Tätigkeit. Wie der Begriff der Berufsausbildung auf anderen Rechtsgebieten zu verstehen sei, sei bedeutungslos. – § 566 RVO könne ebenfalls nicht angewandt werden. Die teilweise vertretene Auffassung, daß eine Berechnung des JAV nach § 563 RVO auch dann undurchführbar sei, wenn sie zu einem widersinnigen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führe, begegne angesichts des klaren Gesetzeswortlauts Bedenken. Selbst wenn man ihr aber folge, so sei im vorliegenden Falle der nach § 563 RVO ermittelbare JAV nicht auffallend unangemessen. Der Kläger sei in erster Linie damit befaßt gewesen, den Doktorgrad zu erwerben. Die Arbeitsleistung für die DFG sei demgegenüber nur von untergeordneter Bedeutung gewesen. Ein Doktorand erhalte aber in der Regel für seine Tätigkeit keine Vergütung; eine solche habe der Kläger nur deshalb erhalten, weil er gleichzeitig als wissenschaftliche Hilfskraft im Institut tätig gewesen sei. Er hätte sich der für die Promotion notwendigen wissenschaftlichen Tätigkeit auch ohne Anstellung als Hilfsassistent unterzogen. Die dem Kläger gewährte Vergütung sei daher nicht auffallend niedrig gewesen; denn in solchen Fällen sei es nicht üblich, mehr als einen Unterhaltszuschuß zu gewähren. Selbst wenn der Kläger bereits als Student mit wissenschaftlichen Arbeiten im Auftrage des Instituts tätig gewesen sei, könne dies nicht zur Anwendung des § 566 RVO führen. Auch wenn man für diese Tätigkeit Versicherungsschutz annehme, sei es nicht angängig, den vorliegenden Fall so zu behandeln, als ob der Kläger den Unfall als Student erlitten hätte. § 566 RVO dürfe nicht dazu führen, daß § 565 RVO, obwohl seine Voraussetzungen nicht gegeben seien, im Ergebnis doch zur Anwendung komme.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Das Urteil ist dem Kläger am 6. August 1959 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 1. September 1959 durch einen von Assessor Wanders beim Verband angestellter Akademiker der chemischen Industrie e.V. unterzeichneten Schriftsatz Revision eingelegt und diese am 24. September 1959 durch Rechtsanwalt Dr. Hänsel, ebenfalls bei dem angeführten Verband, begründet.

Die Revision führt aus: Da der Begriff der Berufsausbildung in § 565 RVO nicht näher bestimmt sei, müsse zu seiner Auslegung auf andere sozialversicherungsrechtliche Vorschriften zurückgegriffen werden, vor allem auf § 172 RVO, § 1235 Nr. 3 RVO aF und § 12 Abs. 1 Nr. 4 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF. Aus diesen Vorschriften ergebe sich die Versicherungsfreiheit der während der wissenschaftlichen Ausbildung für ihren zukünftigen Beruf gegen Entgelt tätigen Personen. Demnach dürfe auch im Falle des § 565 RVO die Zahlung eines Entgelts der Annahme einer Berufsausbildung nicht entgegenstehen. Es wäre widersinnig, den Kläger im Sinne der Kranken- und Angestelltenversicherung als noch in der Berufsausbildung stehend anzusehen, dagegen nicht im Sinne der Unfallversicherung. Darüber hinaus aber gelte bei Behörden, Wissenschaft und Industrie die Hochschulausbildung eines Chemikers erst mit der Promotion als beendet. Dies sei historisch begründet; denn bis zum Jahre 1939 habe es als regulären Studienabschluß nur die Promotion gegeben. Daß auch in der Folgezeit noch die Promotion als Abschluß der Hochschulausbildung angesehen worden sei, lasse sich beispielsweise dem § 6 Abs. 3 der Weisung des Präsidenten des Bundesausgleichsamts vom 18. Januar 1954 (Mitteilungsblatt BAA S. 65) und dem Schreiben des Bundesministers für Arbeit (BMA) vom 13. April 1959 zu § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG nF (BArbBl 1959, 364) entnehmen. Selbst wenn man aber die Promotion des Klägers nicht mehr als Berufsausbildung anerkennen wolle, sei mit dem SG davon auszugehen, daß der JAV nach § 566 RVO zu berechnen sei. Der Unterhaltszuschuß, den der Kläger während der Promotionszeit erhalten habe, sei nicht als Entgelt im Sinne des § 563 RVO anzusehen, so daß billigerweise von dem Entgelt auszugehen sei, das zu zahlen gewesen wäre, wenn ein anderer den Forschungsauftrag ausgeführt hätte. Hierfür kämen aber nur Professoren oder planmäßig angestellte Assistenten in Betracht. Die Gehälter dieser Personen seien zumindest nach TOA III zu entrichten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 3. Oktober 1955 dahin zu ändern, daß der Jahresarbeitsverdienst nach § 565 RVO, hilfsweise nach § 566 RVO zu berechnen sei.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Meinung, das Revisionsgericht sei gehindert, zum Begriff der Berufsausbildung Stellung zu nehmen, weil es an die auf tatsächlichem Gebiet liegende Feststellung des LSG, die Berufsausbildung des Klägers sei nach Ablegung des Diplomexamens im November 1952 abgeschlossen gewesen, gebunden sei. Die Beklagte führt weiter aus: Der Vortrag des Klägers, sowohl die Behörden als auch Wissenschaft und Industrie sähen als Beendigung der Hochschulausbildung bei einem Chemiker den Zeitpunkt der Promotion an, sei tatsächlicher Art und deshalb in der Revisionsinstanz unbeachtlich. Jedenfalls sei für die Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung allein § 565 RVO maßgebend; außerhalb des Dritten Buches der RVO ergangene Vorschriften könnten zu seiner Auslegung nicht herangezogen werden. § 566 RVO sei vom LSG mit Recht auf den vorliegenden Fall nicht angewandt worden. Im übrigen stelle § 566 RVO eine Ermächtigung an den Versicherungsträger dar, eine Ermessensentscheidung zu treffen, die nur in den Grenzen des § 54 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gerichtlich nachprüfbar sei. Die Beklagte habe das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG); sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die von Amts wegen zu prüfende ordnungsmäßige Vertretung des Klägers durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten steht im Hinblick auf § 166 Abs. 2 Satz 2 SGG insoweit außer Zweifel, als die Revisionsbegründungsschrift durch Rechtsanwalt Dr. H. unterzeichnet ist. Aber auch die Einlegung der Revision durch Assessor W. ist nach der Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Assessor W. ist, wie der Verband angestellter Akademiker der chemischen Industrie e.V. bescheinigt hat, Angestellter dieses Verbandes und durch besondere Vollmacht des Verbandsvorstandes, vertreten durch den 1. Vorsitzenden und den Schatzmeister (§ 14 der Satzung), zur Prozeßvertretung befugt (§ 166 Abs. 2 Satz 1 SGG). Ob der Verband, wie aus § 2 seiner Satzung entnommen werden könnte, als Gewerkschaft anzusehen ist, bedurfte nicht der Entscheidung; er ist jedenfalls eine selbständige Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung im Sinne des § 166 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn nach § 2 seiner Satzung bezweckt er „die Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Interessen seiner Mitglieder”. Die Eigenschaft des Verbandes als einer Vereinigung von Arbeitnehmern wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß auch Assistenten und Studierende an deutschen Hochschulen aufgenommen (§ 3 Abs. 2 der Satzung) sowie ordentliche Mitglieder, die wegen Eintritts in den Ruhestand aus dem Angestelltenverhältnis ausscheiden, inaktive Mitglieder werden können (§ 3 Abs. 3 der Satzung). Zwar sind Studierende noch nicht und inaktive Mitglieder nicht mehr Arbeitnehmer, durch ihre als Ausnahmefälle gekennzeichnete Mitgliedschaft wird jedoch der Charakter des erkennbar von den ordentlichen Mitgliedern als Arbeitnehmern getragenen Verbandes nicht geändert. Während Studierenden, die nach Abschluß ihres Examens in der Regel Arbeitnehmer werden, schon vorher als außerordentlichen Mitgliedern eine „Anwartschaft” auf eine ordentliche Mitgliedschaft eingeräumt wird, sollen inaktive Mitglieder nicht gezwungen werden, ihre bis zum Ende ihres Arbeitslebens als Arbeitnehmer innegehabte Mitgliedschaft aufzugeben. Zweifel an der Eigenschaft des Verbandes als einer selbständigen Vereinigung von Arbeitnehmern könnten sich allerdings daraus ergeben, daß nach § 3 Abs. 4 der Satzung „ordentliche Mitglieder, die in ihrem Betrieb die Stellung eines gesetzlichen Vertreters erlangen, im Verband als außerordentliche Mitglieder verbleiben können”. Solche Personen – dies sind zB die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, wie Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft oder Geschäftsführer einer GmbH – werden nicht nur bei der Besetzung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit den Kreisen der Arbeitgeber zugerechnet (§ 16 Abs. 4 Nr. 2 SGG – BSG 3, 67 –, § 22 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes – ArbGG –), sondern gelten auch zB im Betriebsverfassungsrecht (§ 4 Abs. 2 Buchst. a des Betriebsverfassungsgesetzes) und Kündigungsschutzrecht (§ 12 Buchst. a und § 15 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes –KSchG–) nicht als Arbeitnehmer. Es liegt deshalb nahe, den gesetzlichen Vertretern juristischer Personen im Einklang mit den angeführten gesetzlichen Vorschriften schlechthin die Arbeitnehmereigenschaft abzusprechen. Gleichwohl bedurfte es nicht der Prüfung, ob dem Verband angestellter Akademiker der chemischen Industrie tatsächlich solche Organpersonen angehören und ob sie nach ihrem zahlenmäßigen Verhältnis den Verband in seinem Wesen zu beeinflussen vermögen. Nach § 8 der Satzung besitzt nämlich diese Gruppe der außerordentlichen Mitglieder weder Stimmrecht noch Wählbarkeit. Damit sind ihnen die wichtigsten Mitgliedschaftsrechte vorenthalten, so daß sie die Willensbildung des Verbandes nicht entscheidend beeinflussen und somit auch seine Selbständigkeit bei der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen nicht gefährden können (so auch Eckert/Schraft, Das Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, 3. Band, Erläuterung IV Bl. 9 zu § 4 des Selbstverwaltungsgesetzes; LAG Hamm, Sammlung Arbeitsrechtlicher Entscheidungen, 1957 S. 79; Huggle, Sozialgerichtsbarkeit 1957 S. 69; vgl. ferner BSG 12, 283, 284). Der Senat hatte deshalb keine Bedenken, den Verband angestellter Akademiker der chemischen Industrie e.V. trotz der theoretischen Möglichkeit, gesetzliche Vertreter eines Unternehmens als – außerordentliche – zu seinen Mitgliedern zu zählen, als selbständige Vereinigung von Arbeitnehmern im Sinne des § 166 Abs. 2 SGG anzusehen, dies umso weniger, als der Verband angestellter Akademiker der Chemischen Industrie beim Abschluß von Tarifverträgen als tariffähiger Partner auf der Seite von Arbeitnehmerverbänden auftritt (vgl. Manteltarifvertrag für akademisch gebildete Angestellte der Chemischen Industrie in der Bundesrepublik Deutschland vom 5. November 1959, gültig vom 1. Januar 1960 an).

Die somit zulässige Revision ist jedoch im wesentlichen unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Höhe des für die Berechnung der Rente maßgebenden JAV. Nach § 563 Abs. 2, 1. Halbsatz, 1. Alternative RVO gilt in der Regel als JAV das Arbeitsentgelt, das der Verletzte während des letzten Jahres vor dem Unfall bezogen hat. Die Auffassung des Klägers, daß diese Vorschrift auf den zu beurteilenden Sachverhalt nicht anwendbar sei, weil er lediglich einen Unterhaltszuschuß, aber kein Arbeitsentgelt bezogen habe, trifft nicht zu. Zum Entgelt im Sinne der RVO gehören alle Bezüge, die der Versicherte statt eines Gehalts oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einem Dritten erhält (§ 160 RVO). Die Bezüge, die dem Kläger auf Grund des mit Prof. Dr. K. geschlossenen Privatdienstvertrages – teils von Prof. Dr. K. selbst, teils über ihn aus Mitteln der DFG – zuflossen, waren, auch wenn man sie mit dem Kläger als bloßen Unterhaltszuschuß ansieht, eine Gegenleistung und somit Entgelt für seine Forschungstätigkeit (vgl. hierzu die Entscheidung des BSG – SozR RVO § 165 Bl. Aa 26 Nr. 26 –, nach der die Unterhaltszuschüsse für Beamtenanwärter Entgelt im Sinne der RVO darstellen). Da die Bezüge für das letzte Jahr vor dem Unfall mit insgesamt 1.780,– DM niedriger waren als das Dreihundertfache des für den Kläger maßgeblichen Ortslohns von täglich 8,– DM, hat die Beklagte die für den Kläger günstigere Berechnung nach § 563 Abs. 3 RVO vorgenommen und dementsprechend den JAV auf 2.400,– DM festsetzt.

Die von dem Kläger in erster Linie erstrebte Berechnung des JAV nach § 565 RVO hat das LSG mit Recht abgelehnt, weil der Kläger sich zur Zeit des Unfalls nicht in einer Berufs- oder Schulausbildung befunden hat. Soweit das LSG ausgeführt hat, der Kläger habe sich während seiner Doktorandenzeit nicht mehr in einer Berufsausbildung befunden, hat es entgegen der Auffassung der Beklagten keine – das Revisionsgericht bindende – tatsächliche Feststellung getroffen (§ 163 SGG), sondern über die der Nachprüfung durch das Revisionsgericht zugängliche Rechtsfrage entschieden, ob die Doktorandenzeit der Berufsausbildung zuzurechnen ist. In tatsächlicher Hinsicht hat es lediglich festgestellt, der Kläger habe im November 1952, also vor seinem Unfall vom Juli 1953, sein Examen als Diplom-Chemiker abgelegt.

Nach der Studienordnung für Studierende der Chemie vom 6. April 1939 (Deutsche Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Amtsblatt des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichtsverwaltungen der Länder, 5. Jahrgang / 1939 S. 249 ff) gliedert sich das Studium der Chemie in zwei Ausbildungsabschnitte, eine „einheitliche Grundausbildung” und eine „vertiefte Weiterbildung”. Der erste Abschnitt wird mit der Diplom-Chemiker-Vorprüfung, der zweite Abschnitt und damit das gesamte Studium der Chemie mit der Diplom-Chemiker-Hauptprüfung abgeschlossen. Auch aus § 1 der Diplomprüfungsordnung für Studierende der Chemie vom 6. April 1939 (Deutsche Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung aaO) geht hervor, daß die Diplom(haupt)prüfung den ordnungsmäßigen Abschluß des Studiums der Chemie bildet. Eine auf die Promotion hinzielende weitere wissenschaftliche Arbeit ist nicht Bestandteil des chemischen Studiums, setzt vielmehr dessen Abschluß voraus (Ziff. III der O.a. Studienordnung). Mit der Ablegung der Diplom-Chemiker-Hauptprüfung wird nun nicht nur das Studium der Chemie, sondern – im Unterschied beispielsweise zur Referendarprüfung – die gesamte Berufsausbildung eines Chemikers abgeschlossen; denn die Verleihung des akademischen Grades eines Diplom-Chemikers berechtigt zur Ausübung des Berufs eines Chemikers. Dementsprechend finden, wie die Revision im übrigen nicht in Zweifel zieht, nicht nur promovierte, sondern auch nicht promovierte Diplom-Chemiker ihr berufliches Unterkommen als Chemiker sowohl bei Behörden als auch in der Industrie. Das LSG hat allerdings in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Klägers und der Stellungnahme der Gesellschaft deutscher Chemiker als feststehend angesehen, daß Großbetriebe der Chemie die Einstellung von Diplom-Chemikern in der Regel von der Ablegung des Doktorexamens abhängig machen, weil diese Betriebe Forschungsarbeiten durchzuführen pflegen und deshalb besonders auf solche Diplom-Chemiker angewiesen sind, die – wie dies bei der Anfertigung einer Doktorarbeit geschieht – bereits selbständig wissenschaftlich gearbeitet haben. Hieraus hat das LSG jedoch mit Recht nicht den Schluß gezogen, daß das Berufsbild des promovierten von dem des nicht promovierten Diplom-Chemikers insofern verschieden sei, als nur jener die wissenschaftliche Qualifikation besitze und deshalb die Doktorandenzeit als auf die Erlangung der wissenschaftlichen Qualifikation gerichtete Berufsausbildung anzusehen sei. Wissenschaftlich ausgebildet ist ein Chemiker schon mit der Ablegung der Diplom-Chemiker-Hauptprüfung; denn nach § 1 der o.a. Diplomprüfungsordnung soll der Studierende der Chemie durch diese Prüfung den Nachweis erbringen, daß „er sich gründliche Fachkenntnisse erworben hat und in der Lage ist, Arbeiten auf dem Gebiete der Chemie nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten selbständig durchzuführen”. Demgemäß macht auch beispielsweise der o.a. Manteltarifvertrag vom 5. November 1959 keinen Unterschied zwischen promovierten und nicht promovierten Chemikern. In seinem den persönlichen Geltungsbereich betreffenden Teil ist nur von Angestellten mit abgeschlossener naturwissenschaftlicher oder technischer Hochschulbildung die Rede, und als Beispiele für diese Gruppe sind u. a. Diplom-Chemiker, Diplom-Physiker und Diplom-Ingenieure aufgezählt; Diplom-Chemiker mit Doktorgrad sind an keiner Stelle des Tarifvertrages erwähnt. Den Unterschied zwischen einem promovierten und einem nicht promovierten Chemiker hat das LSG zutreffend lediglich darin gesehen, daß jener sich durch die Anfertigung einer Doktorarbeit erweiterte Kenntnisse auf einem Spezialgebiet der Chemie erworben, durch die Ablegung des Doktorexamens seine Befähigung zu wissenschaftlichen Arbeiten besonders unter Beweis gestellt und sich für den Wettbewerb im Wirtschafts- oder Arbeitsleben eine nach herkömmlicher Bewertung günstigere Position geschaffen hat. Diese Vorteile gegenüber dem nicht promovierten Chemiker sind jedoch nicht das Ergebnis einer „Berufsausbildung” im Sinne des § 565 RVO, sondern einer Weiterbildung in dem bereits erlernten Beruf. Insoweit liegt der vorliegende Streitfall nicht wesentlich anders als die von dem erkennenden Senat bereits entschiedenen Fälle aus dem Gebiet der ärztlichen Tätigkeit vor Erteilung der Facharztanerkennung bezw. der Zulassung zur kassenärztlichen Praxis (BSG 12, 109 und 14, 5). In diesen Entscheidung hat der Senat die Berufsausbildung des Arztes mit dem Zeitpunkt, von dem an der Arztberuf ausgeübt werden kann, nämlich mit der Approbation, als beendet angesehen; die weitere, vor Erteilung der Facharztanerkennung abzuleistende ärztliche Tätigkeit und die Vorbereitungszeit für die Zulassung als Kassenarzt hat er der nicht unter § 565 RVO fallenden beruflichen Weiterbildung oder Qualifizierung zugerechnet. Überträgt man die darin zum Ausdruck gekommenen Gedankengänge auf den vorliegenden Streitfall, so muß auch die Berufsausbildung des Klägers mit dem Ablegen der Diplom-Chemikerprüfung als abgeschlossen bezeichnet werden; denn von diesem Zeitpunkt an war er in der Lage, den erlernten Beruf als Chemiker auszuüben. Daß er aus wirtschaftlichen Gründen zur Promotion mehr oder weniger gezwungen gewesen sein mag, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil es für die Masse der approbierten Ärzte in ähnlich hohem Maße zur Sicherung einer auskömmlichen Existenz geboten erscheint, entweder die Anerkennung als Facharzt oder aber die Zulassung als Kassenarzt anzustreben. Nach der Auffassung des Senats läßt sich eine andere rechtliche Beurteilung auch nicht daraus herleiten, daß ein Doktorand der Chemie den Beruf eines Chemikers in der Regel noch nicht ausübt, während, ein approbierter Arzt während der Vorbereitung für die Facharztanerkennung oder die Kassenarztzulassung bereits ärztlich tätig ist. Versichert war der Kläger nicht in seiner Eigenschaft als Doktorand, sondern auf Grund eines zu dem Leiter der Forschungsarbeiten bestehenden Arbeitsverhältnisses (§ 537 Nr. 1 RVO) und hat dabei nach seinem eigenen Vorbringen eine Tätigkeit ausgeübt, die, wenn nicht er tätig geworden wäre, ein Professor oder ein planmäßig angestellter Assistent, also ein Chemiker, ausgeübt hätte; er ist also – ähnlich wie ein approbierter Arzt – in seinem erlernten Beruf tätig gewesen.

Zu Unrecht meint der Kläger, die unfallbringende Tätigkeit müsse deshalb als Berufsausbildung im Sinne des § 565 RVO angesehen werden, weil anderenfalls ein Widerspruch mit Vorschriften der Krankenversicherung und Rentenversicherung auftrete, nach denen Personen, die zu ihrer wissenschaftlichen Ausbildung für den zukünftigen Beruf tätig sind, nicht der Versicherungspflicht unterliegen bezw. bis zum Inkrafttreten der Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze nicht unterlagen (§§ 172 Nr. 5 und 1235 Nr. 3 RVO, § 12 Abs. 1 Nr. 4 AVG). Mit diesem Gesichtspunkt hat sich der Senat bereits in der angeführten Entscheidung BSG 12, 109, 116 auseinandergesetzt. Die Frage, wie die Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung zu beurteilen ist, hat keine rechtlich erheblichen Berührungspunkte mit der nur in der Unfallversicherung auftretenden Frage, wie – im Falle des Versichertseins – der JAV zu berechnen ist. Dieser ergibt sich grundsätzlich aus der Höhe des Arbeitsentgelts in der Zeit vordem Unfall, seine Berechnung läßt die Berücksichtigung künftiger Erwerbsaussichten nur für die Ausnahmefälle des § 565 RVO zu. Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne dieser Vorschrift ist daher eigenständig und kann nur aus der Vorschrift selbst ausgelegt werden. Aus diesem Grunde läßt sich auch aus dem von der Revision angeführten § 6 Abs. 3 der Weisung des Präsidenten des Bundesausgleichsamts vom 18. Januar 1954 – danach gilt beim Chemie-Studium, sofern nicht das Lehrfach gewählt wird, die Promotion als Abschluß der Ausbildung – und aus dem Schreiben des BMA vom 13. April 1959, das sich mit der Versicherungspflicht und der Nachversicherung von Referendaren, Medizinalassistenten usw. in der Rentenversicherung befaßt, nichts für die Auslegung des § 565 RVO herleiten.

Das LSG hat auch mit Recht die Anwendbarkeit des § 566 RVO auf den vorliegenden Streitfall verneint. Nach dieser Vorschrift ist die Feststellung des JAV nach billigem Ermessen nur vorgesehen, wenn sich die Berechnung nach §§ 563 bis 565 RVO nicht durchführen läßt oder der nach den §§ 564 und 565 RVO berechnete JAV unbillig ist. Die zweite Alternative scheidet ohne weiteres aus, weil der JAV nicht nach §§ 564, 565, sondern nach § 563 RVO berechnet worden ist. Aber auch die erste Alternative vermag nicht zu dem vom Kläger erstrebten Ziel zu führen, weil die Berechnung nach § 563 RVO auf Grund der vorhandenen rechnerischen Unterlagen durchgeführt werden kann. Die von der Revision vertretene Auffassung, die Berechnung sei auch dann undurchführbar, wenn sie zu einem „widersinnigen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis” führt ist, wie der Senat bereits in BSG 14, 5, 9 mit näherer Begründung dargelegt hat, mit dem Gesetz nicht vereinbar. Über die in § 566 RVO klar abgegrenzten Tatbestände hinaus ist für Billigkeitserwägungen nach geltendem Recht kein Raum. Eine weitergehende Regelung sieht allerdings § 577 des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung vor (BT-Drucksache IV/120); er schreibt für alle Berechnungsarten, sofern sie zu einem in erheblichen Maße unbilligen Ergebnis führen, die Feststellung des JAV, nach billigem Ermessen vor. Da die vorgesehene Neuregelung jedoch bisher nicht Gesetz geworden ist und auch nicht zur Auslegung des § 566 RVO herangezogen werden kann, läßt sich hieraus kein für den Kläger günstigeres Ergebnis herleiten.

Da somit §§ 565 und 566 RVO im vorliegenden Streitfall nicht anwendbar sind, ist das LSG bei der Berechnung des JAV mit Recht nach § 563 RVO vorgegangen. Es hat jedoch zu prüfen unterlassen, ob die Berechnungsart der 2. Alternative des § 563 Abs. 1 Halbs. 1 RVO für den Kläger günstiger ist als die Berechnung nach dem Arbeitsentgelt während des letzten Jahres vor dem Unfall bezw. nach dem Dreihundertfachen des Ortslohns. Nach der angeführten 2. Alternative gilt als JAV – wenn dies für den Verletzten günstiger ist – das Dreihundertfache des durchschnittlichen Verdienstes für den vollen Arbeitstag im Unternehmen. Ist ein Versicherter während des letzten Jahres vor dem Unfall ununterbrochen in demselben Unternehmen und bei gleichbleibendem Arbeitsentgelt beschäftigt so ist allerdings das Dreihundertfache des durchschnittlichen Verdienstes ebenso hoch wie das gesamte Arbeitsentgelt dieses Jahres. Der Durchschnittslohn erhöht sich jedoch, wenn der Versicherte im Laufe des Jahres vor dem Unfall infolge einer Änderung seiner betrieblichen Stellung im Unternehmen ein höheres Arbeitsentgelt erzielt hat; in diesem Falle ist für den Durchschnittsverdienst nur das zuletzt bezogene höhere Arbeitsentgelt zu berücksichtigen (vgl. BSG 12, 109, 112). Eine solche Änderung der betrieblichen Stellung könnte darin liegen, daß der Kläger, nachdem er im November 1952 die Diplom-Chemikerprüfung abgelegt hatte, fortan auf Grund eines Privatdienstvertrages als wissenschaftliche Hilfskraft gegen ein Vielfaches der früheren Vergütung beschäftigt wurde. Da es insoweit an einer ausreichenden Feststellung von Tatsachen fehlt, durch deren Subsumtion unter das Gesetz über die Anwendbarkeit der Berechnungsart nach dem Durchschnittslohn entschieden werden könnte, mußte, ohne daß es einer dahingehenden Revisionsrüge bedurfte, das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden. Dieses wird die fehlenden Feststellungen nachzuholen und unter Beachtung der Rechtsprechung des erkennenden Senats in BSG 12, 109, 112 zu prüfen haben, ob im vorliegenden Falle der JAV nach dem Durchschnittsverdienst (§ 563 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative) zu berechnen ist.

Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird im abschließenden Urteil zu entscheiden sein.

 

Unterschriften

Brackmann, Demiani, Schmitt

 

Fundstellen

Haufe-Index 926525

BSGE, 136

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