Beteiligte
…, Klägerin und Revisionsbeklagte |
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte,Berlin 31, Ruhrstraße 2, Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) oder Erwerbsunfähigkeit (EU) erfüllt.
Die im November 1927 geborene Klägerin war zuletzt im Jahre 1974 versicherungspflichtig beschäftigt, und zwar im erlernten Beruf der Erzieherin. Für die nicht mit Pflichtbeiträgen belegten Zeiträume von 1956 bis 1973 sind (308) freiwillige Beiträge entrichtet.
Die Ehe der Klägerin mit einem Beamten wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht (FamG) - R. vom 7. November 1985, rechtskräftig seit 31. Dezember 1985, geschieden und ihr ab Rechtskraft des Urteils ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 2.081,74 DM gegen ihren geschiedenen Ehemann zuerkannt. Das Verbundurteil begründete zudem zur Regelung des Versorgungsausgleichs auf dem Konto der Klägerin bei der Beklagten Rentenanwartschaften in Höhe von 1.630,13 DM monatlich, bezogen auf das Eheende vom 31. Januar 1985, zu Lasten der Beamtenversorgung ihres geschiedenen Ehemannes.
Den am 24. November 1986 gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen BU oder EU lehnte die Beklagte nach vorheriger ärztlicher Begutachtung mit Bescheid vom 3. Februar 1987 mit der Begründung ab, die Klägerin sei zwar seit Antragstellung erwerbsunfähig (eu). Sie erfülle jedoch nicht die weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach den §§ 23 Abs 1 und 2a, 24 Abs 1 und 2a des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Auch die Voraussetzungen der Übergangsvorschriften seien nicht gegeben.
Im hiergegen angestrengten sozialgerichtlichen Verfahren hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf vorgezogenes Altersruhegeld ab 1. Dezember 1987 anerkannt. Durch Urteil vom 30. November 1987 (FamRZ 1988, 882 f) hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, der Klägerin Versichertenrente wegen EU bis 30. November 1987 zu gewähren. Es hat im wesentlichen ausgeführt, zwischen den Beteiligten sei unstreitig, daß die Klägerin seit November 1986 - Rentenantrag - in erster Linie aus fachorthopädischen Gründen - aktivierte Polyarthrose und Perioarthropathie - eu sei. Durch die Vornahme des Versorgungsausgleichs erfülle sie auch die weiteren Voraussetzungen des § 23 Abs 2a Satz 1 Nr 1 AVG idF des Haushaltsbegleitgesetzes (HBeg1G) 1984, wonach während der letzten 60 Monate vor Eintritt der BU mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein müßten. Eine verfassungskonforme, sich am gesamten Sinnzusammenhang orientierende Auslegung gebiete es nämlich, die zugesplitteten Rentenanwartschaften als voll gültige Anwartschaften auf Versichertenrente wegen EU zu behandeln. Unter Berücksichtigung der weiterentwickelten Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sei nicht zu bestreiten, daß Rentenanwartschaften, soweit sie auf eigener Leistung beruhen, Grundrechtsschutz nach Art 14 Abs 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) genießen. Weiter gelte nach Art 6 Abs 1 GG, daß Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Bei der gebotenen Herstellung der praktischen Konkordanz beider Grundrechte seien zugesplittete Rentenanwartschaften im Ergebnis Pflichtbeiträgen zuzuordnen. Die Rentenanwartschaften, die im Verlaufe der Ehe erworben worden seien, würden bei der Scheidung aufgeteilt, als hätten die Ehepartner eine Versicherungsbiographie erarbeitet. Soweit durch den Versorgungsausgleich nur Werteinheiten übertragen würden, handele es sich um eine Berechnungsmodalität in einem fragwürdigen System, das versicherungsmathematischen Überlegungen und dem Umlageprinzip nicht gerecht werde. Somit bedürfe es einer höheren Argumentationsebene. Auf ihr sei die fast 14jährige Zusplittungszeit in Verbindung mit den eigenen Beitragszeiten der Klägerin als anwartschaftsbegründend für eine Rente wegen EU zu werten. Zu einer Beiladung des geschiedenen Ehemannes der Klägerin, der durch das sozialgerichtliche Verfahren im Ergebnis nicht beschwert werden könne, habe keine Notwendigkeit bestanden.
Die Beklagte hat mit Zustimmung der Klägerin die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, bei der Klägerin sei zwar vor dem 1. Januar 1984 eine Versicherungszeit von mehr als 60 Kalendermonaten anzurechnen gewesen. Sie habe aber mit den aus dem Versorgungsausgleich erworbenen Anwartschaften die Voraussetzungen des § 23 Abs 2a AVG nicht erfüllen können. Eine Umrechnung der übertragenen Rentenanwartschaften in Versicherungszeiten sei nur für die Ermittlung der Wartezeiterfordernisse vorgesehen. Gegen eine Gleichstellung dieser Rentenanwartschaften mit Pflichtbeiträgen spreche, daß die im Versorgungsausgleich erworbenen Rentenanwartschaften, die in Werteinheiten umgerechnet werden, nicht aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammen oder ihnen zumindest nicht Pflichtbeiträge zugrunde liegen müßten. Die Werteinheiten ließen sich zudem auch nicht zeitlich zuordnen. Die vom SG vorgenommene Auslegung widerspreche dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sowie dem Willen des Gesetzgebers und lasse sich nicht mit unklaren verfassungsrechtlichen Überlegungen begründen.
Die Beklagte beantragt,das Urteil des SG Stuttgart vom 30. November 1987 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt im übrigen aus, sie sei bereits seit dem Jahre 1974 eu. Einer Entrichtung freiwilliger Beiträge zur Erhaltung des Versicherungsschutzes habe es daher nicht bedurft.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Beklagten ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG begründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das SG die Notwendigkeit einer Beiladung des geschiedenen Ehemannes der Klägerin zum Verfahren nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG verneint. Dieser hatte nach den den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des SG ausschließlich Versorgungsanwartschaften aus seiner Tätigkeit als derzeit noch aktiver Beamter erworben, so daß die Entscheidung über einen Rentenanspruch der Klägerin aus den im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften nicht unmittelbar in Rechtsbeziehungen der Beklagten zum geschiedenen Ehemann eingreift, sie noch nicht einmal berührt (vgl BSGE 61, 271, 272 = SozR 2200 § 1304 c Nr 1). Er ist also an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, daß die Entscheidung ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann.
Dem Senat war eine abschließende Entscheidung über den Anspruch auf Rente wegen BU (§ 23 AVG) oder EU (§ 24 AVG) verwehrt, da das SG keine ausreichenden Feststellungen über den Zeitpunkt getroffen hat, in dem bei der Klägerin der Versicherungsfall der BU oder der EU eingetreten ist. Bereits aus diesem Grunde ist fraglich, ob seine Rechtsausführungen zu den Auswirkungen von im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften für die Entscheidung des Rechtsstreits überhaupt erheblich sind.
Die Ausführungen im angefochtenen Urteil, wonach zwischen den Beteiligten unstreitig sei, daß der Versicherungsfall der EU bei der Klägerin im November 1986 eingetreten sei, ersetzen nicht die dem Gericht gemäß § 103 SGG obliegende Prüfung und Feststellung, wann der Versicherungsfall der BU oder EU tatsächlich eingetreten ist. Hierzu hatte im vorliegenden Fall um so mehr Anlaß bestanden, als die Krankheitsbefunde, die der von der Beklagten im Januar 1987 festgestellten erheblichen Leistungsbeeinträchtigung der Klägerin zugrunde liegen - gewichtige Befunde am Bewegungs- und Stützapparat aus orthopädischer Sicht -, die Prüfung nahelegten, ob nicht zumindest der Versicherungsfall der BU schon bis zum 30. Juni 1984 eingetreten war. Im übrigen ist auch dem Vorbringen der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht zu entnehmen, daß sie von einem Versicherungsfall erst im November 1986 ausgegangen ist. Bei einem Versicherungsfall der BU oder EU bis zum 30. Juni 1984 stünde der Klägerin bereits aufgrund eigener Beitragsleistung Versichertenrente zu. Denn bei einem solchen "Altversicherungsfall" wären die §§ 23, 24 AVG noch in der bis zum Inkrafttreten des HBeglG 1984 am 1. Januar 1984 geltenden - alten - Fassung anzuwenden (Art 2 § 7b Abs 1 Satz 1 und 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG, eingefügt durch Art 5 Nr 5 HBeglG 1984 vom 22. Dezember 1983 - BGBl I S 1532, ber 1 1984 S 107). Einer "zuletzt vor Eintritt der BU oder EU ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit" bedurfte es danach noch nicht. Das SG wird daher den Sachverhalt in dem angegebenen Umfang aufzuklären haben.
Sollte der Versicherungsfall der BU oder EU erst nach dem 30. Juni 1984 eingetreten sein, kommt ein Rentenanspruch der Klägerin auch nicht nach der Übergangsvorschrift des Art 2 § 7b Abs 1 Satz 3 AnVNG in Betracht; die Klägerin hat nicht, wie danach erforderlich, freiwillige Beiträge ab Januar 1984 geleistet.
Kommt mithin das SG zu dem Ergebnis, daß der Klägerin in Anwendung der Übergangsvorschriften ein Rentenanspruch nicht zusteht, so beurteilt sich der Anspruch auf Rente wegen BU nach § 23 Abs 1 AVG idF des am 1. Januar 1984 in Kraft getretenen Art 2 Nr 9 HBeglG. Danach erhält BU-Rente der Versicherte, der - neben BU und Wartezeiterfüllung - zuletzt vor Eintritt der BU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat. Gemäß § 23 Abs 2a Satz 1 Nr 1 AVG ist zuletzt vor Eintritt der BU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden, wenn von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der BU mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind.
Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Rente wegen EU (§ 24 Abs 1 iVm Abs 2a AVG in der Fassung des Art 2 Nr 10 HBeglG 1984).
Bei der Prüfung des Rentenanspruchs der Klägerin, die den letzten Pflichtbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 1974 geleistet hat, an Hand dieser Voraussetzungen wird das SG zu beachten haben (§ 170 Abs 5 SGG), daß im Wege des Versorgungsausgleichs übertragene oder begründete Rentenanwartschaften keine mit Beiträgen "für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit" belegte Zeiten (§ 23 Abs 2a Satz 1 Nr 1; § 24 Abs 2a AVG) sind. Weder die rechtliche Ausgestaltung der Übertragung von Rentenanwartschaften beim Versorgungsausgleich einerseits noch das mit der Einführung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in den §§ 23 Abs 2a, 24 Abs 2a AVG angestrebte Ziel andererseits noch schließlich verfassungsrechtlich gebotene Erwägungen können eine Gleichstellung von im Versorgungsausgleich zugesplitteten Rentenanwartschaften mit Pflichtbeiträgen rechtfertigen.
Durch den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sollen alle in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte als Ergebnis der gemeinsamen Lebensführung der Ehepartner bei Scheidung gleichmäßig aufgeteilt werden. Der Versorgungsausgleich lehnt sich damit an den Grundgedanken des güterrechtlichen Zugewinnausgleichs an und überträgt ihn auf die erworbenen Versorgungsanwartschaften.
Die Aufteilung der Versorgungsanwartschaften geschieht nach dem Recht des Versorgungsausgleichs in der Regel, aber nicht ausnahmslos, als Wertausgleich in öffentlich-rechtlicher Form dadurch, daß in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften übertragen oder begründet werden. Andere zulässige Formen des Versorgungsausgleichs, nämlich die Realteilung von Versorgungsanwartschaften (§ 1 Abs 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich - VAHRG) und der schuldrechtliche Versorgungsausgleich (§ 1587f BGB), verdeutlichen, daß der Versorgungsausgleich auch in den übrigen Fällen nicht zwingend im System der Rentenversicherung hätte vorgenommen werden müssen. Der Gesetzgeber hat an dieses System ua deshalb angeknüpft, weil die meisten Versorgungsanrechte ohnehin in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden (Maier, Münchner Kommentar, Bd 5, 1978, vor § 1587 RdNr 13).
Die Ausgestaltung des Versorgungsausgleichs im einzelnen läßt eine Gleichstellung der Rentenanwartschaften mit Pflichtbeiträgen nicht zu. Im Falle der Klägerin wurde im Hinblick auf die ausschließlich beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaften ihres geschiedenen Ehemannes der Versorgungsausgleich im Wege des sog Quasi-Splittings (§ 1587b Abs 2 Satz 1 BGB) durch Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Klägerin durchgeführt. Diese wiederum werden in Werteinheiten umgerechnet (§ 83b Abs 2 Satz 1 iVm § 83a Abs 1 AVG). Eine - weitere - Umrechnung in Versicherungszeiten findet nach der gesetzlichen Regelung nur in einem Fall statt, nämlich um ermitteln zu können, ob mit den übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften bei dem Ausgleichsberechtigten die für den Rentenanspruch erforderliche Wartezeit (vgl §§ 23 Abs 3, 24 Abs 3 AVG) erfüllt ist (§ 83b Abs 3 iVm § 83a Abs 5 AVG; s dazu BSGE 61, 271, 273 f = SozR 2200 § 1304c Nr 1; 63, 116, 118 = SozR 2200 § 1304a Nr 13). Selbst dann erfolgt keine Zuordnung zu bestimmten Zeiträumen. Abgesehen hiervon wirken sich die durch den Versorgungsausgleich übertragenen bzw begründeten Rentenanwartschaften allein auf die Höhe einer - auch schon laufenden (BSG SozR 2200 1304a Nr 2) - Versichertenrente aus (§§ 83a Abs 4, 83b Abs 3 AVG). Sie sind dagegen nicht geeignet, beim ausgleichsberechtigten Ehegatten insbesondere für die Anrechnung von Ausfall- und Zurechnungszeiten zu sorgen. In dieser - beschränkten - Wirkung der Übertragung bzw Begründung von Rentenanwartschaften im Wege des Versorgungsausgleichs liegt, wie das BVerfG bereits entschieden hat, keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (BVerfGE 53, 257, 305).
Weiter spricht gegen die Gleichsetzung von Rentenanwartschaften aus dem Versorgungsausgleich mit Pflichtbeiträgen, daß die zu übertragenden oder zu begründenden Rentenanwartschaften selbst nicht in vollem Umfang oder überhaupt nicht auf Pflichtbeiträgen des Ausgleichsverpflichteten beruhen müssen. Soweit sich die Rentenanwartschaften - wie hier - aus dem Ausgleich beamtenrechtlicher Versorgungsanwartschaften herleiten (§ 1587a Abs 2 Nr 1 BGB), liegt das auf der Hand. Es gilt aber auch, soweit in der Person des Ausgleichspflichtigen entstandene Rentenanwartschaften übertragen werden. Für ihre Ermittlung sind nämlich gemäß § 1587a Abs 2 Nr 2 BGB die in die Ehezeit fallenden anrechnungsfähigen Versicherungsjahre, somit nicht ausschließlich Versicherungszeiten des Ausgleichspflichtigen zugrunde zu legen. Zu den Versicherungsjahren zählen auch Ersatz- und Ausfallzeiten, ggf auch Zurechnungszeiten. Mithin werden im Versorgungsausgleich auch Zeiten ausgeglichen, die sich gerade nicht auf Pflichtbeiträge gründen. Beruhen die auszugleichenden Rentenanwartschaften schon bei dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten vielfach nicht auf Pflichtbeiträgen, ist es rechtlich nicht zulässig, ihnen diese Eigenschaft allein durch ihre Übertragung auf den Ausgleichsberechtigten im Wege des Versorgungsausgleichs zuzusprechen.
Darüber hinaus stehen Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 23 Abs 2a, 24 Abs 2a AVG idF des HBeglG 1984 der vom SG vorgenommenen Gleichstellung im aufgezeigten Sinne entgegen. Die Neuregelung der Zugangsvoraussetzungen für die BU- und EU-Rente im Sinne einer Verschärfung verfolgt das Ziel, die Lohnersatzfunktion dieser Renten zu stärken, dh die Leistung auf solche Versicherte zu beschränken, die bis zum Eintritt des Versicherungsfalles durch mit Beiträgen belegte Zeiten "für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit" (Abs 2a Nr 1 aaO) persönlich eine ausreichend enge Beziehung zum Kreis der pflichtversicherten Arbeitnehmer und Selbständigen geschaffen hatten (BegrRegEntw BT-Drucks 10/325, S 60 Nr 6, aE; s dazu auch BVerfGE 75, 78, 98, 101 f; BSG SozR 5800 § 4 Nr 5 S 15 f). Diese vom Gesetz geforderte enge Beziehung zum Personenkreis der Pflichtversicherten ist aber nicht hergestellt, wenn und soweit Rentenanwartschaften des geschiedenen Ehegatten im Wege des Versorgungsausgleichs Versicherten übertragen worden sind, selbst wenn ihnen - was hier ohnehin nicht der Fall ist - bei dem ausgleichspflichtigen Ehegatten Pflichtbeiträge zugrunde gelegen hätten (entsprechend zur Erfüllung der Wartezeit BSGE 61, 273). Die in §§ 23 Abs 2a, 24 Abs 2a AVG vorausgesetzten Pflichtbeiträge muß der Versicherte selbst geleistet haben. Die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften im Wege des Versorgungsausgleichs ist hierfür nicht ausreichend (im Ergebnis ebenso: Ruland, Sozialrechtshandbuch, 1988, Nr 16 RdNr 42; VDR-Komm, § 1246 RVO Anm 18, 3; Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, 3. Aufl 1987, § 83 AVG Anm 14).
Entgegen der Auffassung des SG besteht kein Anlaß, das aus den gesetzlichen Vorschriften über den Versorgungsausgleich und über die Gewährung von Versichertenrente wegen BU oder EU gewonnene Ergebnis aufgrund allgemeiner verfassungsrechtlicher Erwägungen zu korrigieren. Insbesondere ist eine vermeintliche verfassungskonforme Auslegung der genannten Vorschriften in der vom SG vorgenommenen Weise nicht geboten. Eine Verletzung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen der Klägerin durch die aufgezeigten Regelungen ist nicht ersichtlich. So läßt sich zunächst aus der Verpflichtung des Staates zum Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) nicht herleiten, daß aufgrund von im Versorgungsausgleich zugesplitteten Rentenanwartschaften ein aktueller rentenrechtlicher Versicherungsschutz auch für den Fall vorzeitig verminderter Erwerbsfähigkeit hätte geschaffen werden müssen, zumal der Klägerin nach den oben dargelegten Übergangsvorschriften die Möglichkeit offengestanden hätte, diesen Versicherungsschutz über den 31. Dezember 1983 hinaus aufgrund eigener Beitragsleistung aufrechtzuerhalten. Daneben steht ihr - was ihre Schutzbedürftigkeit unter sozialstaatlichen Gesichtspunkten weiter mindert - nach den Feststellungen des SG ein Unterhaltsanspruch wegen Alters (§ 1571 BGB) in Höhe von über 2.000,-- DM monatlich gegen ihren geschiedenen Ehemann zu. Bei Krankheit und darauf beruhender Erwerbsunfähigkeit hätte sie gemäß § 1572 BGB ebenfalls einen Unterhaltsanspruch gehabt.
Nicht erkennbar ist, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die vom SG ebenfalls angesprochene Grundrechtsgarantie des Art 14 Abs 1 GG verletzt sein könnte. Das SG hat bei seinen verfassungsrechtlichen Überlegungen im Gegenteil nicht berücksichtigt, daß seine Handhabung der gesetzlichen Regelungen eine nicht gerechtfertigte Privilegierung von Geschiedenen im Verhältnis zu Verheirateten nach sich zöge; denn den ersteren stünde ohne eigene Pflichtbeiträge im Bezugszeitraum der §§ 23a Abs 2a, 24 Abs 2a AVG und ohne die Leistung freiwilliger Beiträge Rente wegen BU oder EU zu, während Verheiratete ab 1. Juli 1984 diesen Versicherungsschutz bei ansonsten gleicher Sachlage nur durch Leistung freiwilliger Beiträge aufrechterhalten konnten.
Nach alledem hat der Senat auf die Revision der Beklagten das Urteil des SG und die ihm zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverwiesen. Das SG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 517969 |
BSGE, 107 |