Entscheidungsstichwort (Thema)
Anmeldefähigkeit von Elternrentenansprüchen
Leitsatz (amtlich)
1. Hat das Sozialgericht einen Versorgungsanspruch nach BVG § 58 Abs 2 , BVG § 59 Abs 2 deshalb abgelehnt, weil die Gesundheitsstörung oder der Tod nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften nicht als Schädigungsfolge anerkannt war, ist die Berufung nach SGG § 148 Abs 1 Nr 1 nicht ausgeschlossen.
2. BVG § 58 Abs 2 gilt auch dann, wenn der Beschäftigte unmittelbar nach der Schädigung gestorben ist. In diesem Fall können Versorgungsansprüche von Hinterbliebenen nur angemeldet werden, wenn der Tod nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften als Schädigungsfolge anerkannt war.
Leitsatz (redaktionell)
Zur Anmeldefähigkeit von Elternrentenansprüchen:
Die unterschiedliche Behandlung der Anmeldung eines Elternrentenanspruchs je nach dem, ob der Tod infolge einer Schädigung sofort oder erst später eingetreten ist, findet im Gesetz keine Stütze. Wenn BVG § 58 Abs 2 von der Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge spricht, so ist dies umfassender als eine Anerkennung des Todes als Schädigungsfolge. Diese Formulierung des BVG § 58 Abs 2 besagt, daß die erste Einwirkung des schädigenden Vorgangs, nämlich die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, als der Tod sofort erfolgt ist, so kann diese Voraussetzung nur erfüllt sein, wenn der Tod selbst als Schädigungsfolge anerkannt gewesen sein muß. Wenn Schädigungsfolge anerkannt war; denn in Fällen des sofortigen Todes besteht für eine getrennte Anerkennung zunächst der Gesundheitsstörung und dann des Todes als deren Folge kein Bedürfnis. In den übrigen Fällen genügt es, wenn eine Gesundheitsstörung anerkannt war; der Tod als deren Folge braucht dann noch nicht anerkannt zu sein, um die Anmeldung zulässig zu machen. BVG § 58 Abs 2 erstreckt sich somit auf alle Fälle, in denen die Schädigung während einer vor dem 1939-09-01 beendeten Dienstleistung bzw vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist, gleichgültig, wann die dadurch verursachte Gesundheitsstörung zum Tode führte.
Normenkette
BVG § 58 Abs. 2 Fassung: 1950-12-20, § 59 Abs. 2 Fassung: 1950-12-20; SGG § 148 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 10. September 1954 wird aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Versorgungsgerichts Berlin vom 12. November 1953 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Sohn der Klägerin, W... M..., ist am 22. März 1916 als Soldat gefallen. Die Klägerin beantragte im September 1950 beim Magistrat von Großberlin Elternversorgung. Das Versorgungsamt Berlin lehnte mit Bescheid vom 18. Februar 1952 Versorgung nach dem Berliner Gesetz über die Versorgung von Kriegs- und Militärdienstbeschädigten sowie ihren Hinterbliebenen (KVG) vom 24. Juli 1950 (VOBl. S. 318) und dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) ab; nach § 37 Abs. 5 KVG und § 58 Abs. 2, § 59 BVG könne ein Anspruch wegen einer Gesundheitsstörung und deren Folgen aus der Zeit vor dem 1. September 1939 nur noch geltend gemacht werden, wenn diese als Leistungsgrund nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften bereits anerkannt war. Dies sei nicht der Fall. Das Landesversorgungsamt wies den Widerspruch aus den gleichen Gründen zurück. Das Versorgungsgericht Berlin hat mit Urteil vom 12. November 1953 die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG.) Berlin mit Urteil vom 10. September 1954 den Beklagten verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenversorgung zu gewähren und die Revision zugelassen. Es hat ausgeführt, § 58 Abs. 2 BVG gehe davon aus, daß der Tod die mittelbare Folge einer Schädigung "mit dazwischenliegender unmittelbarer Ursache einer Gesundheitsstörung" sei. Nur in diesem Fall sei die Anmeldung davon abhängig, daß die Gesundheitsstörung bereits nach altem Recht anerkannt war. Die Anerkennung müsse vor dem Tod des Beschädigten erfolgt, also von ihm selbst betrieben worden sein, er müsse die Gesundheitsstörung überlebt haben. Der Fall, daß die Schädigung den Tod unmittelbar herbeigeführt habe, sei in § 58 Abs. 2 BVG nicht geregelt. Für ihn enthalte das Gesetz keine Ausnahme von der Regel des § 38 BVG. In § 58 Abs. 2 BVG werde der Tod neben der Gesundheitsstörung erwähnt.
Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung gegen die Entscheidung des Versorgungsgerichts vom 12. November 1953 zurückzuweisen. Die Revision rügt unrichtige Auslegung des § 58 Abs. 2 BVG. Diese Vorschrift bedeute, daß Elternversorgungsansprüche nach einem vor dem 1. September 1939 eingetretenen Todesfall jetzt nicht mehr erstmalig geltend gemacht werden könnten. Nach dem Berliner KVG käme eine Versorgung für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1950 nicht in Frage, weil dies durch § 37 Abs. 5 Buchst. b KVG ausgeschlossen sei.
Die Klägerin hat beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Sie ist infolge Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) und daher zulässig. Sie ist auch sachlich begründet.
Das angefochtene Urteil führt nichts über die Zulässigkeit der Berufung aus, doch hat das LSG. mit Recht über die Berufung sachlich entschieden (vgl. BSG. 2 S. 225). Die beim Oberversorgungsgericht Berlin eingelegte Berufung alten Rechts ist mit Inkrafttreten des SGG (1.1.1954) als Berufung auf das LSG. Berlin übergegangen (§ 218 Abs. 6 SGG). Die weitere Zulässigkeit des Rechtsmittels richtet sich allein nach dem SGG (BSG. 1 S. 78, 2 S. 129). Die Berufung war nicht nach § 148 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Über die Anmeldefristen des KVG (§ 37 Abs. 1) und die Vorschriften des KVG bei Schädigungen vor dem 1. September 1939 (§ 37 Abs. 5) hat das Versorgungsgericht im Gegensatz zum angefochtenen Bescheid nichts ausgeführt. In Bezug auf das BVG sagt das Versorgungsgericht zwar, die Klägerin habe eine Ausschlußfrist des BVG versäumt, doch ergibt sich aus seinen Ausführungen nicht, daß es die in § 59 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVG genannte Frist als versäumt angesehen hat, nach der Eltern den Versorgungsanspruch binnen drei Jahren nach dem Tod des Beschädigten anmelden müssen, wobei diese Frist frühestens am 31. Dezember 1952 endet. Das Versorgungsgericht hat vielmehr angenommen, die Ausschlußfrist sei deshalb versäumt, weil die Schädigung auf einer vor dem 1. September 1939 beendeten Dienstleistung beruht und nicht schon als Leistungsgrund anerkannt war (§ 59 Abs. 2, § 58 Abs. 2 BVG). Die frühere Anerkennung ist aber eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung der Anmeldung, die neben die Fristvorschrift des § 59 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVG tritt. Die Klägerin hat an sich die Frist des § 59 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVG eingehalten. Zur wirksamen Anmeldung eines Versorgungsanspruches fehlt aber nach Ansicht des Versorgungsgerichts eine weitere materiell-rechtliche Voraussetzung, nämlich die frühere Anerkennung des Todes als Leistungsgrund. Das Versorgungsgericht hat den Anspruch demnach nicht wegen der Versäumung der Anmeldefrist abgelehnt.
Eine Ablehnung wegen Fristversäumnis kann auch nicht mit der Begründung angenommen werden, die Klägerin habe die Anmeldefristen der vor dem Berliner KVG und dem BVG geltenden Versorgungsgesetze versäumt. Mit Fristversäumnis im Sinne des § 148 Nr. 1 SGG ist nur die Versäumung von Fristen desjenigen Gesetzes gemeint, das zur Zeit der Anmeldung des Anspruches gilt. Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Tatbestand nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit seiner Verwirklichung in Kraft ist, wenn das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. Das BVG und das SGG enthalten für die Beurteilung der Anmeldefristen keine Ausnahme von diesem Grundsatz. Der Tatbestand, hier die Anmeldung des Versorgungsanspruchs, ist daher nach dem zur Zeit der Anmeldung geltenden Recht zu beurteilen, das ist § 37 des KVG und § 59 BVG (zur Gleichstellung der Fristvorschriften des bisherigen Versorgungsrechts mit denen des BVG in § 148 Nr. 1 SGG siehe BSG. vom 12.12.1957 in SozR. SGG § 148 Da 6 Nr. 16). Das Urteil des Versorgungsgerichts betrifft daher unter keinem Gesichtspunkt einen Antrag, der wegen Fristversäumnis abgelehnt wurde, sondern einen Antrag, dem wegen Fehlens einer anderen, materiell-rechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzung nicht stattgegeben wurde (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 10.6.1958 - 9 RV 282/54 -). Die Berufung war daher nicht nach § 148 Nr. 1 SGG ausgeschlossen.
Die Klägerin hat den Antrag auf Gewährung der Elternrente schon vor Inkrafttreten des BVG während der Geltung des Berliner KVG gestellt. Das Versorgungsamt hat ihn nach Inkrafttreten des BVG als auch nach diesem Gesetz gestellt behandelt (vgl. BSG. vom 15.4.1958 - 10 RV 393/56 - S. 7). Er war bis zum 30. September 1950 nach dem Berliner KVG und ab 1. Oktober 1950 nach dem BVG zu beurteilen. Ob ein Elternrentenanspruch nach dem BVG angemeldet werden konnte, war nach § 59 BVG zu entscheiden. Die Auslegung dieser Vorschrift durch die Vorinstanz ist jedoch nicht zutreffend.
Die unterschiedliche Behandlung der Anmeldung eines Elternrentenanspruchs je nach dem, ob der Tod infolge einer Schädigung sofort oder erst später eingetreten ist, findet im Gesetz keine Stütze. Das BVG bezeichnet denjenigen, der von einem schädigenden Vorgang betroffen wurde und dadurch eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, als Beschädigten. Es nennt auch denjenigen, der "sofort" an den Folgen einer Schädigung gestorben ist, einen Beschädigten, wie sich aus § 1 Abs. 5, § 38 BVG ergibt, wobei die Hinterbliebenen des "Beschädigten" Versorgung erhalten, wenn dieser an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Das Gesetz macht keinen Unterschied, wann die Folgen der Schädigung den Tod herbeigeführt haben, auch dem sofortigen Tod geht außer dem schädigenden Vorgang immer eine Gesundheitsstörung (Verletzung der körperlichen Integrität) voraus. Die drei Begriffe, die das LSG. als Besonderheit des § 58 Abs. 2 BVG aufzählt - Schädigung als Ursache einer Gesundheitsstörung, die den Tod herbeigeführt hat - sind stets vorhanden, wenn ein Beschädigter an Schädigungsfolgen stirbt (§ 1 Abs. 5 BVG). Es ist gleichgültig, ob der Tod früher oder später nach der Schädigung eintritt, die Kausalkette lautet in diesen Fällen stets: schädigender Vorgang - Gesundheitsstörung - Tod. Der größere oder geringere Zeitabstand zwischen der Gesundheitsstörung und dem Tod ist rechtlich ohne Bedeutung. Wenn bei "sofortigem" Tod in der versorgungsrechtlichen Anerkennung nur der Tod als Schädigungsfolge genannt wird, so ist darin die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als notwendiges Bindeglied zwischen dem schädigenden Vorgang und dem Tod immer mit eingeschlossen. Es ist daher nicht möglich, zwischen Gesundheitsstörung und Tod einen Gegensatz in dem Sinn zu sehen, daß der Begriff Gesundheitsstörung den Begriff Tod ausschlösse. Wenn § 58 Abs. 2 BVG von der Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge spricht, so ist dies umfassender als eine Anerkennung des Todes als Schädigungsfolge. Diese Formulierung des § 58 Abs. 2 BVG besagt, daß die erste Einwirkung des schädigenden Vorgangs, nämlich die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, als Schädigungsfolge anerkannt gewesen sein muß. Wenn der Tod sofort erfolgt ist, so kann diese Voraussetzung nur erfüllt sein, wenn der Tod selbst als Schädigungsfolge anerkannt war; denn in Fällen des sofortigen Todes besteht für eine getrennte Anerkennung zunächst der Gesundheitsstörung und dann des Todes als deren Folge kein Bedürfnis. In den übrigen Fällen genügt es, wenn eine Gesundheitsstörung anerkannt war; der Tod als deren Folge braucht dann noch nicht anerkannt zu sein, um die Anmeldung zulässig zu machen.
§ 58 Abs. 2 BVG erstreckt sich somit auf alle Fälle, in denen die Schädigung während einer vor dem 1. September 1939 beendeten Dienstleistung bzw. vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist, gleichgültig, wann die dadurch verursachte Gesundheitsstörung zum Tode führte.
Der Vergleich, den das angefochtene Urteil zwischen § 58 Abs. 2 BVG und § 38 BVG dahingehend zieht, daß § 58 Abs. 2 BVG keine Ausnahme zu der Regel des § 38 BVG für die Fälle enthalte, in denen die Schädigung den Tod unmittelbar herbeigeführt hat, ist bei dem Wesensunterschied der beiden Vorschriften nicht möglich. § 38 BVG bestimmt in Verbindung mit § 1 Abs. 5 BVG die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente, die §§ 58, 59 BVG regeln die formalen Voraussetzungen, unter denen die Anmeldung eines solchen Anspruchs zulässig ist. Beide Vorschriften können nicht in das Verhältnis von Regel zu Ausnahme gebracht werden, sie stehen vielmehr gleichwertig nebeneinander. Damit ein Anspruch auf Elternrente begründet ist, müssen die formalen Voraussetzungen der Anmeldung und die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs erfüllt sein.
Abgesehen von dieser rechtlichen Auslegung des § 58 Abs. 2 BVG ist auch kein vernünftiger innerer Grund ersichtlich, weshalb die Anmeldung eines Elternrentenanspruchs verschieden beurteilt werden sollte, je nachdem, ob der Sohn als Soldat nach einer Verwundung sofort gefallen oder erst später an deren Folgen gestorben ist. Der Zeitpunkt des Todes hat nur Bedeutung für die Anmeldefristen nach §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 BVG.
Das LSG. hat durch seine Auslegung des § 58 Abs. 2 BVG das Gesetz verletzt. Auf dieser unrichtigen Auslegung beruht seine Entscheidung, daß Hinterbliebenenversorgung zu gewähren sei (§ 102 Abs. 2 SGG). Die Revision ist demnach begründet. Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden.
Die Anmeldung des Elternrentenanspruchs der Klägerin nach dem BVG war nur zulässig, wenn der Tod ihres Sohnes als Schädigungsfolge anerkannt war. Das BVG schreibt nicht vor, nach welchem der früheren Versorgungsgesetze der Tod anerkannt gewesen sein muß. Es genügt daher jede Anerkennung nach einem Versorgungsgesetz, das vor dem Inkrafttreten des BVG gegolten hat. Der Vorschrift des § 58 Abs. 2 BVG wäre demnach genügt, wenn die Anmeldung des Anspruchs im September 1950 nach dem Berliner KVG zulässig war und zu einer Anerkennung des Todes des Sohnes als Schädigungsfolge geführt hätte. Die Versorgungsdienststellen haben dies geprüft und die Anerkennung des Anspruchs nach § 37 Abs. 5 Berliner KVG abgelehnt. Das LSG. hat zwar festgestellt, daß der Anspruch im September 1950 angemeldet wurde. Es hat aber die Zulässigkeit der Anmeldung nach § 37 Berliner KVG und die Begründetheit eines Rentenanspruchs nach dem KVG (für September 1950) nicht selbst geprüft. Der Urteilstenor bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Versorgungsleistungen nicht und auch die Gründe erwähnen das Berliner KVG nicht. Es ist zwar möglich, daß das LSG. mit seinen Erörterungen zu § 58 Abs. 2 BVG stillschweigend auch nach § 37 Berliner KVG entscheiden wollte; denn Abs. 1 des § 37 Berliner KVG entspricht etwa dem Abs. 1 Satz 1 und 2 des § 59 BVG und Abs. 5 des § 37 Berliner KVG dem Abs. 2 des § 59 bzw. § 58 Abs. 2 BVG. Ein solcher Wille findet aber allein in der Ähnlichkeit der Vorschriften des Berliner KVG und des BVG keinen genügenden Ausdruck. Das LSG. hat demnach über den Klageanspruch insoweit nicht erschöpfend entschieden als es ihn nicht auch nach den Berliner KVG geprüft hat. Der Senat konnte dies im Rahmen seiner eigenen Entscheidung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 SGG selbst nachholen.
Das auf die Anmeldung im September 1950 anzuwendende Berliner KVG ist zwar nichtrevisibles Landesrecht (vgl. BSG. 2 S. 106 und BSG. vom 4.3.1958 in SozR. SGG § 162 Da 23 Nr. 90). In der ordentlichen Gerichtsbarkeit darf aber das Revisionsgericht nach § 565 Abs. 4 Zivilprozeßordnung (ZPO) nichtrevisibles Landesrecht selbst anwenden, wenn es nicht durch die Entscheidung des Berufungsgerichts über Bestehen und Inhalt des nichtrevisiblen Rechts nach § 562 ZPO gebunden ist (siehe BGHZ. 24 S. 159 und die Anmerkung dazu in Lindenmaier-Möhring Nr. 2 zu § 562 ZPO; Rosenberg, ZPO 7. Auflage, § 143 III 2). Ein solcher Fall, in dem auf den Sachverhalt (Anmeldung des Anspruchs im September 1950) das irrevisible Berliner Landesrecht anzuwenden ist und die Vorinstanz darüber auch nicht indirekt entschieden hat, liegt hier vor.
§ 565 Abs. 4 ZPO ist insoweit entsprechend im Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG.) anzuwenden (§ 202 SGG). Die grundsätzlichen Unterschiede des Verfahrens nach dem SGG und der ZPO, wie sie sich insbesondere aus der Offizialmaxime (§ 103 SGG) ergeben, berühren die Frage der Anwendung nichtrevisiblen Rechts durch das Revisionsgericht nicht. Das BSG. hat zur entsprechenden Anwendung des § 562 ZPO bereits entschieden, daß die beiden Verfahrensarten in der Frage der Revisibilität von Rechtsnormen von denselben Grundsätzen ausgehen (BSG. 4 S. 156 [161]). Die Art der Entscheidung des BSG. ist zwar in § 170 SGG eigens und anders geregelt als die des Revisionsgerichts in § 565 Abs. 1 und 3 ZPO, da das BSG. nach § 170 Abs. 2 Satz 1 SGG grundsätzlich in der Sache selbst entscheidet, während nach § 565 Abs. 1 ZPO im Grundsatz an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Nur in den Fällen des § 565 Abs. 3 ZPO hätte das Revisionsgericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in der Sache selbst zu entscheiden. Wenn aber das Revisionsgericht nach der ZPO in der Sache selbst entscheidet, bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede gegenüber der Rechtslage nach dem SGG. Absatz 4 des § 565 ZPO mit der Möglichkeit nichtrevisibles Landesrecht anzuwenden, bezieht sich gerade auf die Fälle, in denen das Revisionsgericht in der Sache selbst entscheidet. Der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift in der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 202 SGG steht somit nichts entgegen (vgl. auch BSG. vom 17.4.1958 in SozR. SGG § 162 Da 29 Nr. 99). Der Senat konnte daher den Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt des § 37 Berliner KVG selbst überprüfen.
Die Klägerin hat die Anmeldefrist von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Berliner KVG eingehalten (§ 37 Abs. 1 KVG). Die weitere Voraussetzung der Anmeldung, daß der Gesundheitsschaden, der den Tod herbeigeführt hat, bereits als Leistungsgrund im Sinn der bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften anerkannt war (§ 37 Abs. 5 KVG), ist, wie sich aus den Feststellungen des LSG. ergibt, nicht erfüllt. Damit war die Anmeldung nach dem Berliner KVG nicht zulässig. Der Anspruch auf Elternrente nach dem KVG ist daher nicht begründet. Dies schließt gleichzeitig eine Anmeldung des Anspruchs nach § 59 BVG aus. Der Elternrentenanspruch ist deshalb auch nach dem BVG nicht gegeben.
Das Urteil des LSG. war danach aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen