Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob die Neufeststellung des Anspruchs auf Pflegezulage davon abhängig ist, daß sich nicht nur die schädigungsbedingte Hilflosigkeit geändert hat, sondern auch die Schädigungsfolgen selbst sich wesentlich geändert haben (zur Kritik an BSG 1969-08-07 8 RV 785/67 = BSGE 30, 45 = SozR Nr 38 zu § 62 BVG).

 

Leitsatz (redaktionell)

Für den Anspruch auf Pflegezulage (hier: erhöhte) ist auf die ursächliche Verknüpfung von Schädigung und Hilflosigkeit abzuheben. Dagegen ist das Gewicht der Schädigungsfolgen im allgemeinen nicht ausschlaggebend. Desgleichen kann eine Verschlechterung des Gesundheits- und Kräftezustandes außerhalb des Ursachenzusammenhanges mit dem Wehrdienstschaden nicht ohne weiteres die Berechtigung für eine Aufbesserung der bis dahin gewährten Pflegezulage begründen (vergleiche BSG 1960-08-25 11 RV 1368/59 = BSGE 13, 40-43). Für diese Rechtsfolge ist selbst ein vermehrtes außergewöhnliches Pflegebedürfnis nur dann maßgebend, wenn auch die stärkere Hilflosigkeit auf der Schädigung beruht. Dies muß im Einzelfall tatsächlich dargetan sein. Daß die Hilflosigkeit minderen Grades einmal als versorgungsrechtlicher Leistungsgrund zugestanden worden war, läßt bei gesteigerter Hilflosigkeit keinen Rechtsfolge-Automatismus eintreten. Es ist dann nicht selbst tätig, ohne neue Kausalitätsermittlung eine höhere Stufe der Pflegezulage zu leisten.

 

Normenkette

BVG § 35 Abs. 1 S. 2, § 62 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1966-12-28

 

Tenor

Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. November 1974 wird aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der 1906 geborene Kläger leidet an chronischem Gelenkrheumatismus. Dieses Leiden hatte sich entwickelt, nachdem der Kläger 1928 an Gonorrhoe (Tripper) erkrankt war. Die spezifisch gonorrhoischen Gelenkveränderungen waren indessen bis zum Kriege latent verlaufen. Sie waren infolge von Witterungseinflüssen während des Krieges und der Kriegsgefangenschaft in Gestalt von Schwellungen und Entzündungen der Kniegelenke erneut aufgeflackert. Mit Rücksicht darauf, daß es in der fraglichen Zeit an ärztlicher Behandlung gemangelt habe, erkannte die Versorgungsverwaltung an, daß das Leiden durch wehrdienstbedingte Umstände verschlimmert worden sei. Mehrere hierüber ergangene Bescheide wurden unter gleichzeitiger Umanerkennung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) durch einen vor dem Oberversicherungsamt M am 1. Oktober 1952 geschlossenen Vergleich bestätigt. Die durch die Verschlimmerung bewirkte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde mit ursprünglich 30, dann 50 und schließlich mit Wirkung vom 1. Januar 1962 an auf 60 v. H. bemessen; letzteres mit Rücksicht darauf, daß auch ein durch überstarke Medikamenteneinnahmen entstandener chronischer Magenkatarrh mit narbigem Ausheilungszustand nach Magengeschwür als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung gewertet worden war (Bescheid vom 16.6.1966). Außerdem gewährte die Versorgungsbehörde dem Kläger in einem Vergleich vor dem Bayerischen Landessozialgericht (LSG) vom 12. September 1962 rückwirkend vom 1. Januar 1960 an Pflegezulage der Stufe I.

Im Dezember 1970 beantragte der Kläger die Erhöhung der Pflegezulage. Inzwischen hatte er wegen des chronischen Gelenkrheumatismus einen künstlichen Ersatz des rechten Kniegelenks erhalten; das linke Kniegelenk war operativ versteift worden. Außerdem war es zu einer Deformierung beider Ellenbogengelenke, der Fingergrundgelenke und der Hände gekommen.

Die Versorgungsverwaltung lehnte es ab, die Pflegezulage aufzustocken. Sie bejahte zwar das außergewöhnliche und gegenüber vorher vermehrte Pflegebedürfnis. Der Kläger konnte sich nur noch mühsam und unsicher mit Krücken im Zimmer fortbewegen; die Bewegung der Schulter- und Ellenbogengelenke war schmerzhaft, die Finger waren kraftlos. Dennoch verneinte die Verwaltung, daß dieser Zustand auf den wehrdienstlichen Verschlimmerungsanteil zurückgehe. Der Verschlimmerungsfaktor sei einmalig, auf die Zeit des Wehrdienstes begrenzt, nicht richtunggebend und "feststehend" gewesen. Für die Zunahme der Hilflosigkeit sei die - versorgungsfremde - vordienstliche Krankheit und die hieraus resultierende schicksalsgemäße Entwicklung überwiegend ursächlich (Bescheid vom 6.12.1971; Widerspruchsbescheid vom 22.2.1972).

Das Sozialgericht (SG) hat dem Kläger den Anspruch auf die Pflegezulage der Stufe III zugesprochen (Urteil des SG München vom 27.9.1973). Es ist von dem Anerkenntnis der Versorgungsverwaltung ausgegangen, daß die insgesamt um 100 v. H. herabgesetzte Erwerbsfähigkeit des Klägers zu 50 v. H. wehrdienstbedingt sei. Dieses Anerkenntnis sei in dem Vergleich vom 12. September 1962 zur Grundlage für eine Aufteilung des Gesamtleidenszustandes überhaupt bestimmt worden. Mithin sei von diesem Verteilungsschlüssel auch in bezug auf die gegenüber damals vermehrte Hilflosigkeit auszugehen. Dies entspreche zudem dem tatsächlichen Geschehen. Denn die Sachverständigen Dr. W und Dr. H hätten aus ihrer medizinischen Sicht heraus angenommen, daß der Anteil des vordienstlich gesetzten Leidens und der wehrdienstbedingte Verschlimmerungsanteil sich annähernd gleichmäßig fortentwickelt hätten. - Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil des Bayerischen LSG vom 14.11.1974). Das Berufungsgericht ist der Ansicht der Verwaltung beigetreten, daß der Leidensteil, für den die Versorgungsverpflichtung bestehe, für den Anstieg der Hilflosigkeit nicht verantwortlich sei. Mit dem Vergleich aus dem Jahre 1962 sei lediglich das seinerzeit bestehende Ausmaß dessen festgelegt worden, was dem Einfluß des Wehrdienstes und der Kriegsgefangenschaft auf das Leiden und seinen weiteren Verlauf zuzurechnen sei. - Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat Revision eingelegt; er beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.

In dem Vergleich sieht er die Grundlage dafür, daß die Quote, mit welcher die Wehrdienstbeschädigung am Gesamtschaden beteiligt sei, auch bei jeder späteren Krankheitsentwicklung maßgebend sei. Des weiteren beanstandet die Revision, daß das LSG die gutachtliche Stellungnahmen der Sachverständigen Dr. W und Dr. H unzutreffend interpretiert habe. Diesen Erklärungen habe das LSG entnehmen müssen, daß die Hinfälligkeit des Klägers gleichermaßen auf dem Grundleiden und auf wehrdienstlichen Momenten beruhe.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er bezieht sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision des Klägers ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

Das LSG ist im wesentlichen von zutreffenden rechtlichen Überlegungen ausgegangen. Die Forderung des Klägers auf eine höhere Stufe der Pflegezulage (§ 35 Abs. 1 Satz 2 BVG) ist nur dann begründet, wenn der Grad der Hilflosigkeit, der bei dem gegenwärtigen Entwicklungsstand der Krankheit außergewöhnliche Pflege verlangt, "infolge der Schädigung" im versorgungsrechtlichen Sinne besteht. Dafür genügt es, daß die durch den Militärdienst bedingten Gesundheitsstörungen mit anderen Krankheitsursachen annähernd gleichwertig zusammenwirken (BSG 13, 40, 42). Ob dies so ist, war im Falle des Klägers konkret zu prüfen. Diese Frage war nicht deshalb vorbeantwortet, weil rechtsverbindlich ausgesprochen worden war, daß der Anteil, um den die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen militärdienstabhängiger Leidensverschlimmerung gemindert ist, 50 bzw. 60 v. H. beträgt. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung über die Anhebung der Pflegezulage nicht an die vorherige Einschätzung der MdE gebunden. Diese Bewertung, die u. a. ein Tatbestandsmerkmal für den Anspruch auf die Versorgungsrente ist, hat keine unmittelbare Bedeutung für die Beurteilung der wehrdienstbedingten Hilflosigkeit, ihren Grund und ihr Ausmaß (BSG, Urteil vom 22.3.1963 - 11 RV 1068/61 = KOV 1963, 172). Die Hilflosigkeit und auch eine gesteigerte Hilflosigkeit sowie ihre Ursachen sind als Voraussetzungen des Anspruchs auf Pflegezulage selbständig zu prüfen. Das Gesetz bringt dies deutlich zum Ausdruck, indem es sich nicht - wie anderenorts z. B. im § 10 Abs. 1, § 31 Abs. 3, 5 BVG - auf das sonst erklärte Anerkenntnis einer Schädigungsfolge bezieht, sondern in § 35 Abs. 1 BVG eigens das Kausalitätserfordernis "infolge der Schädigung ... hilflos" aufstellt. Diese Besonderheit des Anspruchs auf Pflegezulage und seiner Grundlagen ist von der Sache her gegeben. Wer in seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen schwere und schwerste Einbußen erlitten hat, braucht nicht allein deshalb stets hilflos zu sein. Andererseits vermag diesen Tatbestand aber auch zu verwirklichen, wer wegen seiner Wehrdienstbeschädigung eine Rente nach einem niedrigeren Grad der MdE erhält (hierzu m. w. N.: BSG in KOV 1963, 172).

Für den hier zu beurteilenden Anspruch ist mithin speziell auf die ursächliche Verknüpfung von Schädigung und Hilflosigkeit abzuheben. Dagegen ist das Gewicht der Schädigungsfolgen im allgemeinen nicht ausschlaggebend (BSG, Urteile vom 25.4.1961 - 11 RV 660/59; 29.5.1962 - 10 RV 1235/58 - Breithaupt 1962, 1088 = KOV 1962, 277). Desgleichen kann eine Verschlechterung des Gesundheits- und Kräftezustandes außerhalb des Ursachenzusammenhangs mit dem Wehrdienstschaden nicht ohne weiteres die Berechtigung zu einer Aufbesserung der bis dahin gewährten Pflegezulage begründen (BSG 13, 40, 43). Für diese Rechtsfolge ist selbst ein vermehrtes außergewöhnliches Pflegebedürfnis nur dann maßgebend, wenn auch die stärkere Hilflosigkeit auf der Schädigung beruht. Dies muß im Einzelfall tatsächlich dargetan sein. Daß die Hilflosigkeit minderen Grades einmal als versorgungsrechtlicher Leistungsgrund zugestanden worden war, läßt bei gesteigerter Hilflosigkeit keinen Rechtsfolge-Automatismus eintreten. Es ist dann nicht selbsttätig, ohne neue Kausalitätsermittlung eine höhere Stufe der Pflegezulage zu leisten. Vielmehr ist bei Änderung der Verhältnisse, die für die Feststellung des Anspruchs auf Pflegezulage maßgebend gewesen sind, der Anspruch entsprechend neu festzustellen (§ 62 Abs. 1 Satz 1 BVG). Es hätte also untersucht werden müssen, ob das gegenwärtige Bild der Hilflosigkeit mit der Schädigung in ursächliche Verbindung zu bringen ist.

In dieser Hinsicht hält das Berufungsurteil der Kritik, welche die Revision an ihm übt, nicht stand. Das LSG hat den gutachtlichen Stellungnahmen vor allem der Ärzte Dr. W und Dr. H entnommen, daß die Verschlimmerung des chronischen Gelenkrheumatismus durch die besonderen Verhältnisse des Kriegsdienstes und der Gefangenschaft nicht richtunggebend für den ganzen weiteren Ablauf des Leidens bestimmend gewesen sei; die schädigungsbedingte MdE werde nach wie vor mit 50 v. H. bewertet. Damit fehle "schon der Ansatz für eine Neufeststellung der Pflegezulage nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BVG". Hiergegen macht die Revision mit Recht geltend, daß das Gutachten des Dr. W nicht einwandfrei gewürdigt worden ist. Zwar hat dieser Sachverständige - übrigens nur beiläufig - die "Ablehnung" einer "richtunggebenden Verschlimmerung" gutgeheißen; er hat aber andererseits daraus, daß man einen Verschlimmerungsfaktor von 50 % angenommen hatte, gefolgert, daß die dem Kriegsdienst anzulastende Leidenskomponente sich gleichermaßen wie andere Momente auf das jetzige Maß der Hilflosigkeit hin fortentwickelt habe. Dieser Ansicht war ORMR Dr. H gefolgt. Darüber hinaus hat Dr. W sogar den Zweifel geäußert, ob der heutige Gelenkrheumatismus des Klägers gonorrhoischen Ursprungs sei. Auf diese Ausführungen des Sachverständigen vermochte das Berufungsgericht sein Urteil nicht unangreifbar zu stützen. Die erwähnten Erklärungen der Mediziner leiden bereits daran, daß sie - wie denn entgegen seinen ersten theoretischen Erwägungen auch das Berufungsgericht selbst - von der unrichtigen Rechtsauffassung geleitet werden, der Vomhundertsatz der kriegsdienstbewirkten Leistungseinbuße sei zugleich eine Richtmarke für die Stufe der Hilflosigkeit. Vor allem äußerten die Sachverständigen bloß ihre Meinung, gaben aber für diese nicht - was von einem Sachverständigengutachten zu fordern ist - eine wissenschaftlich fundierte und damit nachprüfbare Erläuterung. Diese Erläuterung hätte sich darauf beziehen müssen, inwieweit Umweltfaktoren, wie Kälte, Nässe, Luftzug, vielleicht auch stärkere körperliche Beanspruchung und Belastung, denen der Kläger während seines Militärdienstes und der Kriegsgefangenschaft ausgesetzt gewesen sein mag, die rheumatischen Erscheinungen der doch wohl vorgeschädigten Gelenke hervorgerufen haben können. Ferner wäre zu erkunden gewesen, ob solche exogenen Einflüsse das an sich bereits bestehende Leiden nach einem längeren beschwerdefreien Intervall nur bemerkbar werden ließen und ob die äußeren Momente auch bei engem zeitlichen Zusammenhang und erheblicher Intensität nur eine vorübergehende Verschlimmerung veranlassen konnten, die aber für den gesamten Krankheitsprozeß unerheblich blieb. Freilich hätte auch bedacht werden müssen, daß in der fraglichen Zeit den äußeren Einwirkungen auf die Krankheit nicht oder nicht hinreichend durch die nötigen Heilmaßnahmen, wie Ruhe, Warmhaltung, Einreibungen, Packungen, Bäder, Massagen, Bestrahlungen, begegnet werden konnte. Es hätte geklärt werden müssen, ob ohne diese Tatsachen das Fortschreiten des Leidens nachhaltig hätte vermieden oder verzögert werden können oder ob das gegenwärtige Spätstadium der Krankheit, die durch Therapie nicht wirksam zu mildern war und zur konstanten progressiven Verschlechterung neigte, sowie die heute gesteigerte Hilflosigkeit des Klägers auch unter normalen Alltagsumständen eingetreten wären.

Diese Untersuchungen zur Kausalitätsfrage sind nachzuholen. Deshalb muß der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Bei der neuen Entscheidung kann wichtig werden, welche Bedeutung der in BSG 30, 45, 47 vertretenen Rechtsauffassung (dazu auch: BSG Urteil vom 29.1.1970 - 8 RV 47/68 -) beizumessen ist. Dort ist ausgesprochen worden, daß der Anspruch auf Pflegezulage nur dann gemäß § 62 BVG neu festzustellen sei, wenn sich die Schädigungsfolgen und dadurch die Hilflosigkeit wesentlich geändert hätten. Es reiche nicht aus, daß sich bei unveränderten Schädigungsfolgen die von der Schädigung unabhängigen Leiden wesentlich verschlimmert oder vermehrt hätten. Dies gelte auch, wenn jetzt über den Anspruch auf Pflegezulage zum ersten Mal zu befinden und ein höherer Satz, als bisher festgestellt, angemessen wäre. Begründet wird diese Auffassung mit der Bindungswirkung der vorangegangenen Entscheidung. Diese Bindungswirkung versperre den Zugang zur später uneingeschränkten Prüfung darauf, ob für die nunmehr erhöhte Hilflosigkeit die - als solche unveränderten - Schädigungsfolgen kausal seien. - An dieser Auffassung hat Jansen (Die Praxis 1975, 145, 150 ff) Kritik geübt. Er weist mit immerhin beachtlichen Argumenten darauf hin, daß die angeführte Rechtsprechung zu unbefriedigenden Ergebnissen führe, und meint, dabei werde § 62 BVG - die Vorschrift über die Neufeststellung des Versorgungsanspruches bei wesentlicher Änderung der für die Anspruchsfeststellung maßgebend gewesenen Verhältnisse - unzutreffend angewendet; es müsse genügen, daß die auf der Schädigungsfolge beruhende Hilflosigkeit größer geworden sei. Für die Erwägungen Jansens dürfte nicht zuletzt der Gesichtspunkt sprechen, daß es für die ursächliche Verknüpfung von Hilflosigkeit und Wehrdienstschaden nicht darauf ankommt, wann erstere sich ergeben hat (BSG 17, 114, 119). Dies folgt aus dem Zweck der Vorschrift; die Pflegezulage wird weniger aus dem Motiv der Entschädigung für ein in der Vergangenheit begründetes Gesundheitsopfer als vielmehr zur Hilfe in gegenwärtiger Bedarfssituation gewährt. Die zeitliche Zäsur, daß Umstände, welche sich zeitlich nach dem Eintritt der Schädigungsfolgen ereignen, grundsätzlich - von gesetzlich normierten Ausnahmen abgesehen - den eingetretenen Erfolg und das Ausmaß der MdE nicht mehr beeinflussen können, gilt für die erstmalige Verwirklichung des Tatbestandes der Hilflosigkeit (§ 35 Abs. 1 BVG) nicht und kann grundsätzlich auch nicht für die versorgungsrechtliche Beurteilung einer gesteigerten Hilflosigkeit bedeutsam sein. Hingegen ist in diesem Zusammenhang erheblich, ob und in welchem Ausmaß der Berechtigte in der Zeit, für welche Pflegezulage verlangt wird, infolge der Schädigung hilflos ist. Diese Regel muß sich auch auf die Anwendung des § 62 BVG auswirken (ebenso BSG 13, 40, 42 f). Es wird infolgedessen, wenn die Sachlage dies geboten erscheinen läßt, zu erörtern sein, ob dennoch an der Entscheidung BSG 30, 45 festzuhalten ist. Für die Entscheidung in diesem Rechtszuge ist die angeschnittene Frage nicht abschließend zu beantworten.

Das LSG hat auch über die Pflicht zur Erstattung der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650946

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