Zusammenfassung
Für die vom DAV seit langem geforderte große Reform der Bundesrechtsanwaltsordnung hat das Justizministerium nun ein Eckpunktepapier vorgelegt. Es sieht eine gesetzliche Regelung der Berufsausübungsgesellschaften sowie eine deutliche Liberalisierung der interprofessionellen Zusammenarbeit vor.
Nachdem die sogenannte kleine Reform der BRAO im Jahr 2017 hinter den Erwartungen der Anwaltschaft deutlich zurückgeblieben war, setzt das Bundesjustizministerium nunmehr zum großen Sprung an.
Nach der kleinen BRAO-Reform in 2017 soll nun die große kommen
Das BMJV will diesmal nicht kleckern, sondern klotzen und das Recht der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften komplett neu regeln. Was ist vorgesehen?
- Erheblich erweiterte Kooperationsmöglichkeiten der Anwälte mit anderen Berufsgruppen,
- eine deutliche Ausweitung der erlaubten Rechtsformen sowie
- eine mögliche Lockerung des Fremdkapitalverbots
sind wesentliche Punkte des vom BMJV vorgelegten Eckpunktepapiers.
Justizministerium plant Liberalisierung interprofessioneller Zusammenarbeit
Die interprofessionelle Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen soll deutlich erleichtert werden. Bereits im Jahr 2016 hatte das BVerfG entschieden, das Sozietätsverbot nach § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO verletze das Grundrecht der Berufsfreiheit und Kooperationen von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern gestattet (BVerfG, Beschluss v. 12.1.2016, 1 BvL 6/13).
Im Anschluss an diese Entscheidung will das BMJV den Kreis der sozietätsfähigen Berufe deutlich erweitern.
Gesellschafter und Berufsausübungsgesellschaften sollen künftig Angehörige aller vereinbaren Berufe sein dürfen, die Rechtsanwälte selbst auch als Zweitberuf ausüben dürfen. Die Einhaltung der berufsrechtlichen Regeln soll durch besondere Vorschriften gesichert werden.
Weitgehend freie Wahl der Rechtsform
Den Berufsausübungsgesellschaften sollen sämtliche nationalen und europäischen Rechtsformen zur Verfügung stehen. Umstritten und noch nicht geklärt ist die Frage der Anwalts-GmbH & Co. KG. Die Co. KG steht zurzeit nur gewerblich tätigen Gesellschaften zur Verfügung. Damit ist es der Anwaltschaft verwehrt, in den Genuss einiger erheblicher mit der GmbH & Co. KG verbundener steuerlicher Vorteile zu kommen. Sowohl die BRAK als auch der DAV plädieren daher für die Einführung dieser Gesellschaftsform für Berufsausübungsgesellschaften.
Berufsausübungsgesellschaften als Träger des anwaltlichen Berufsrechts
Die Berufsausübungsgesellschaften selbst sollen Träger des anwaltlichen Berufsrechts sein und Adressat berufsrechtlicher Sanktionen sein können. Die Gesellschaften als solche sollen die Rechtsdienstleistungen erbringen, also die Mandate bearbeiten und unter anderem auch die gerichtliche Vertretung von Mandanten übernehmen (eigene Postulationsfähigkeit).
Gesellschaftsregister zur Erhöhung der Transparenz
Die Berufsausübungsgesellschaften sollen in einem von der BRAK geführten elektronischen Register erfasst werden, einschließlich der Namen aller darin tätigen Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen sowie der nicht-anwaltlichen GesellschafterrInnen. Dies soll auch für ausländische Gesellschaften gelten und damit die erforderliche Transparenz der Berufsausübungsgesellschaften gewährleisten.
Zulassung von Beteiligungsgesellschaften
Die Möglichkeit der Beteiligung von Gesellschaften an der Berufsausübungsgesellschaft soll erweitert werden. Beteiligungsgesellschaften sollen als Gesellschafter zugelassen werden, wenn die Beteiligungsgesellschaft die berufsrechtlichen Anforderungen erfüllt und im Verbund die erforderliche Transparenz gewährleistet wird.
Möglichkeit der Fernkapitalbeteiligung?
Geprüft wird auch die Möglichkeit einer reinen Kapitalbeteiligung mit dem Ziel, Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen alternative Finanzierungswege durch die Inanspruchnahme von Wagniskapital zu ermöglichen.
Dies betrifft insbesondere den Bereich von "legal tech", wo häufig hohe Anfangsinvestitionen in der Gründungsphase erforderlich sind. Besonders dieser Punkt ist heftig umstritten. Sowohl die BRAK als auch zumindest Teile des DAV lehnen die Aufweichung des Verbots von Fremdkapitalbeteiligungen ab, da hierdurch die anwaltliche Unabhängigkeit gefährdet werde.
Der Compliance-Officer kommt nicht
Die an der Gesellschaft beteiligten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie die Berufsausübungsgesellschaften selbst sollen berufsrechtlich verpflichtet werden, die Einhaltung des Berufsrechts in der Berufsausübungsgesellschaft vertraglich abzusichern. Die teilweise geforderte Verpflichtung, einen eigenen Berufsrechtsbeauftragten als Compliance-Officer zu bestellen will das Ministerium aber nicht einführen.
Keine Kammermitgliedschaft für Nicht-Anwälte
Eine Mitgliedschaft nicht-anwaltlicher Gesellschafter und Geschäftsführer in den Rechtsanwaltskammern wird ausdrücklich nicht angestrebt. Die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Anwälte soll nicht über die Gesellschaft als solche, sondern über individuelle Regelungen gesichert werden.
Vertraulichkeit des Anwal...