Verfahrensgang
Tenor
Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. April 2002 – 13 LA 22/02 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Prüfung der Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung in einem Asylrechtsstreit sowie die Reichweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Berufungszulassungsverfahren.
1. Der 1998 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Beschwerdeführer ist der Sohn armenischer Volkszugehöriger, die in Aserbaidschan wohnhaft waren. Seine Eltern waren nach eigenen Angaben 1997 von dort nach Deutschland geflüchtet. Sie betreiben hier ebenfalls ein Asylverfahren, das bei Erhebung der vorliegenden Verfassungsbeschwerde noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war. Den für den Beschwerdeführer gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 21. Januar 1999 ab und drohte ihm die Abschiebung nach Aserbaidschan an. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Klage, mit der er geltend machte, in Aserbaidschan wegen seiner armenischen Volkszugehörigkeit politische Verfolgung zu befürchten. Berg-Karabach sei keine zumutbare inländische Fluchtalternative, da seine Eltern dort nicht beheimatet gewesen seien und Möglichkeiten zum Aufbau einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage nicht bestünden.
2. Das Verwaltungsgericht Lüneburg wies die Klage mit Urteil vom 10. Januar 2002 ab. Es ließ ausdrücklich offen, ob der Beschwerdeführer als faktisch staatenlos anzusehen ist und ob ihm im aserbaidschanischen Kernland eine mittelbare Gruppenverfolgung drohen würde, erklärte allerdings zugleich, zu der Auffassung zu neigen, dass von einer solchen Verfolgungssituation armenischer Volkszugehöriger nach wie vor auszugehen sei. Eine Anerkennung als Asylberechtigter sei jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Berg-Karabach offen stehe. Dieses Gebiet könne er von Armenien aus erreichen; einen aserbaidschanischen Pass benötige er hierfür nicht. Das wirtschaftliche Existenzminimum sei in Berg-Karabach gewährleistet.
3. a) Gegen das Urteil stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 11. Februar 2002 Antrag auf Zulassung der Berufung. Die Frage, ob Berg-Karabach als inländische Fluchtalternative über Armenien zumutbar erreicht werden könne, begründe die grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) des Rechtsstreits. An der zumutbaren Erreichbarkeit sei zu zweifeln, da Armenien nur für eigene Staatsangehörige Pässe ausstelle. Hilfsweise berief der Beschwerdeführer sich auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das Verwaltungsgericht sei auf den Vortrag des Beschwerdeführers zu den Einreisebedingungen nach Armenien nicht eingegangen. Das Urteil weiche überdies von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. September 1999 (BVerwGE 109, 305) ab, indem es bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Existenzmöglichkeiten des Beschwerdeführers von einer gemeinsamen Übersiedlung mit seinen Eltern ausgehe, obwohl deren Asylantrag noch nicht rechtskräftig abgelehnt worden sei. Grundsätzlich klärungsbedürftig sei schließlich die Frage, ob Berg-Karabach auch für armenische Volkszugehörige, die dort nicht beheimatet gewesen seien, eine zumutbare Fluchtalternative darstelle.
b) Das Oberwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 16. April 2002 ab. Mit dem in erster Linie geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache werfe der Beschwerdeführer lediglich Fragen auf, die sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen würden; denn auf die Verfügbarkeit von Berg-Karabach als inländische Fluchtalternative komme es nicht an. Der Senat habe durch Beschluss vom 3. April 2002 in einem Berufungsverfahren zum Az. 13 L 1954/00 – der hiesige Prozessbevollmächtigte war dort ebenfalls Prozessbevollmächtigter – entschieden, dass Armenier in Aserbaidschan landesweit einer mittelbaren staatlichen Verfolgung nicht mehr unterlägen. Davon sei auch im vorliegenden Verfahren auszugehen. Auch sei davon auszugehen, dass der minderjährige Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen Eltern ausreisen werde; denn es sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass seinen Eltern Asyl oder Abschiebungsschutz gewährt worden wäre. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs liege ebenfalls nicht vor.
4. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 16a Abs. 1, Art. 103 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 sowie Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG.
Die im Bescheid des Bundesamtes und in dem angegriffenen Urteil vertretene Auffassung zur Eignung Berg-Karabachs als inländische Fluchtalternative sei nicht tragfähig. Entgegen früheren Auskünften des Auswärtigen Amtes, die sich als definitiv unrichtig erwiesen hätten, habe das Auswärtige Amt nunmehr die Unzuverlässigkeit seiner Auskünfte eingeräumt und erklärt, zu der Frage, ob das Gebiet eine Fluchtalternative darstelle, nicht Stellung nehmen zu können.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1, Art. 16a Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG, soweit er unter Hinweis auf den Beschluss vom 3. April 2002 im Verfahren 13 L 1954/00 die Gefahr einer mittelbaren Gruppenverfolgung armenischer Volkszugehöriger im gesamten aserbaidschanischen Staatsgebiet verneine. Es entspreche anerkannten Grundsätzen, dass die Berufungszulassungsinstanz keine neue Tatsacheninstanz sei; insbesondere dürfe das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung nicht zu Lasten eines Antragstellers neue oder andere Tatsachen als die vom Tatrichter der ersten Instanz festgestellten zugrundelegen. Halte sich das Oberverwaltungsgericht unter Abweichung von diesen Grundsätzen gleichwohl für befugt, zu Lasten des Antragstellers andere als die vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen festzustellen, müsse es dazu einen ausdrücklichen Hinweis geben und eine ergänzende Stellungnahme einschließlich eventueller Beweisanträge ermöglichen.
Gleiches gelte für den Verweis auf den Beschluss vom 3. April 2002 – 13 L 1954/00 –. Hätte das Oberverwaltungsgericht einen entsprechenden Hinweis gegeben, würde der Beschwerdeführer – wie bereits im Klageverfahren – unter anderem Folgendes vorgetragen haben: Geflüchteten aserbaidschanischen Staatsangehörigen armenischer Volkszugehörigkeit würden von aserbaidschanischen Behörden keine Pässe oder Passersatzpapiere ausgestellt, so dass sie keine Aussicht auf Rückkehr nach Aserbaidschan hätten. Diese dauerhafte Einreiseverweigerung wegen der ethnischen Zugehörigkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als politische Verfolgung zu qualifizieren. Im Übrigen leide der vom Oberverwaltungsgericht in Bezug genommene Beschluss vom 3. April 2002 – 13 L 1954/00 – an verfassungsrechtlichen Mängeln. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies nunmehr bestätigt.
Die hier angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sei schließlich auch deshalb verfassungswidrig, weil sie eine gemeinsame Rückkehr des Beschwerdeführers und seiner Eltern nach Aserbaidschan unterstelle. Diese Prämisse sei sachwidrig und willkürlich, solange über den Asylantrag der Eltern des Beschwerdeführers noch nicht rechtskräftig entschieden sei.
5. Die Verfassungsbeschwerde wurde dem Niedersächsischen Justizministerium, dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und dem Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten zugestellt, die eine Stellungnahme nicht abgegeben haben.
Entscheidungsgründe
II.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts richtet, nimmt die Kammer sie zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), und gibt ihr statt. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 16. April 2002 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die für diese Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Danach ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet, so dass die Entscheidungskompetenz der Kammer besteht (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
1. Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Verfahrensbeteiligten, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem dieser zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen. An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrundelegt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 ≪182 f.≫; 19, 32 ≪36≫, stRspr). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann (BVerfGE 84, 188 ≪190≫). Zwar ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 ≪190≫; 86, 133 ≪144 f.≫).
2. Die Annahme, dass die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage deren Entscheidungserheblichkeit in der Berufungsinstanz erfordert und dass sich darauf im Ansatz auch das Darlegungserfordernis gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG erstreckt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass von vornherein zu allen möglichen Fragen, die eventuell entscheidungserheblich sein könnten, unabhängig davon Stellung genommen werden muss, ob sie nach der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine Rolle spielen. Mit derart umfassenden Darlegungslasten wären die Anforderungen in einer mit dem Grundrecht auf wirksamen Rechtsschutz nicht vereinbaren Weise überspannt (Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. August 1994 – 2 BvR 719/93 –, InfAuslR 1995, S. 15 ≪17≫). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einer neueren Entscheidung zu dem in § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO genannten Zulassungsgrund Angriffe ausdrücklich nur gegen die entscheidungstragenden Gründe des angegriffenen Urteils für erforderlich gehalten (BVerwG, NVwZ-RR 2004, S. 542 ≪543≫; vgl. auch Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2000 – 1 BvR 830/00 –, NVwZ 2000, S. 1163 ≪1164≫).
3. Aus dieser Begrenzung der Darlegungsanforderungen folgt, dass das Oberverwaltungsgericht dem Rechtsmittelführer in der Regel rechtliches Gehör gewähren muss, wenn es den Zulassungsantrag mit der Begründung ablehnen will, dass sich die in Anknüpfung an die tragenden Gründe der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufgeworfene Grundsatzfrage aus anderen als den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Gründen im Berufungsverfahren nicht stellen werde (vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Der Rechtsmittelführer muss sich jedenfalls darauf verlassen können, dass das Oberverwaltungsgericht nicht ohne vorherigen Hinweis auf Umstände abstellt, zu denen er nicht verpflichtet ist, von sich aus vorzutragen.
4. Danach war das Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Fall mindestens zur Erteilung eines Hinweises verpflichtet. Ein solcher Hinweis war im vorliegenden Fall nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil die Bedeutung der Frage der Gruppenverfolgung von armenischen Volkszugehörigen in Aserbaidschan für den zur Entscheidung stehenden Rechtsstreit ohne weiteres ersichtlich war. Nicht ersichtlich war nämlich, dass das Oberverwaltungsgericht mit dieser Begründung bereits die Zulassung der Berufung ablehnen würde. Ob das Oberverwaltungsgericht zu einem solchen Vorgehen im Grundsatz berechtigt war, kann offenbleiben; jedenfalls musste der Beschwerdeführer unter den vorliegenden Umständen damit nicht rechnen:
Der Beschwerdeführer durfte davon ausgehen, dass das Zulassungsverfahren nicht die Aufgabe hat, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) kommt eine Ablehnung der Berufungszulassung mit der Begründung, das Ergebnis des Verwaltungsgerichts stelle sich aus anderen, von diesem nicht erörterten (oder offen gelassenen) Gründen als richtig dar, nur dann in Betracht, wenn diese Gründe ohne weiteres auf der Hand liegen bzw. offensichtlich sind (BVerwG, NVwZ-RR 2004, S. 542 ≪543≫ sowie Beschluss vom 11. November 2002 – 7 AV 3/02 – Rn. 9 – JURIS). Übertragen auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) bedeutet dies, dass das Oberverwaltungsgericht die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage unter Abstellen auf eine vom Verwaltungsgericht nicht herangezogene Begründung nur verneinen darf, wenn diese Begründung offensichtlich ist und nicht selbst auf einen Zulassungsgrund führt, z.B. ihrerseits grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen aufwirft (vgl. OVG Berlin, NVwZ 1998, S. 1318 ≪1319≫; Eyermann/Happ, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 124 Rn. 78; Redeker/v.Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 124 Rn. 15b).
Gemessen daran erscheint zumindest fraglich, ob das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung mit der Begründung ablehnen durfte, auf die aufgeworfene Grundsatzfrage hinsichtlich des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative in Berg-Karabach komme es nicht an, weil nach der neueren Auskunftslage Armenier in Aserbaidschan einer mittelbaren (und unmittelbaren) staatlichen Verfolgung nicht mehr unterlägen. Das Verwaltungsgericht hat in der erstinstanzlichen Entscheidung dahin tendiert, die Frage der Gruppenverfolgung armenischer Volkszugehöriger weiterhin zu bejahen. Eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung ist nicht auszumachen. Das erkennende Oberverwaltungsgericht selbst hat diese Frage durch den Beschluss vom 3. April 2002 im Verfahren 13 L 1954/00 und damit nach dem Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung erstmals in einem Berufungsverfahren im verneinenden Sinne entschieden. Vor diesem Hintergrund lag das Fehlen einer Gruppenverfolgung nicht auf der Hand. Auf diesen Aspekt durfte das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung jedenfalls nicht ohne entsprechenden Hinweis an den Beschwerdeführer stützen.
5. Auf dem festgestellten Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör beruht der angegriffene Beschluss. Der vom Beschwerdeführer beabsichtigte weitere Vortrag zur Einreiseverweigerung, der auch im erstinstanzlichen Verfahren bereits vorgebracht worden war, war für die Frage der Gruppenverfolgung armenischer Volkszugehöriger erheblich. Seine Einführung in das Berufungszulassungsverfahren hätte es dem Oberverwaltungsgericht bei verfassungskonformem Vorgehen verwehrt, die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Grundsatzfragen unter Hinweis auf den Beschluss zur Gruppenverfolgung vom 3. April 2002 – 13 L 1954/00 – für entscheidungsunerheblich zu erklären, denn mit der Frage, ob in der behaupteten Einreiseverweigerung eine Gruppenverfolgung liegt, befassen sich die Gründe dieses Beschlusses nicht.
6. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist demnach aufzuheben, ohne dass es einer Entscheidung über die weiteren Rügen des Beschwerdeführers bedarf. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Ob auch die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Bescheid des Bundesamtes gerichteten Rügen, die im Schwerpunkt Verletzungen des Art. 16a Abs. 1 GG geltend machen, berechtigt sind, bleibt offen. Im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde ist zunächst dem Oberverwaltungsgericht Gelegenheit zu geben, über sie zu befinden (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. August 1994 – 2 BvR 719/93 –, InfAuslR 1995, S. 15 ≪18≫).
7. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (vgl. BVerfGE 62, 392 ≪397≫; 71, 122 ≪136 f.≫).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Lübbe-Wolff, Gerhardt
Fundstellen