Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtannahmebeschluß: Mietzinsermittlung durch Mietspiegel. Verfassungsmäßigkeit der Anwendung eines älteren Mietspiegels. Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens zur ortsüblichen Miete

 

Orientierungssatz

1. Es ist mit der Eigentumsgarantie vereinbar und ist keine unzulässige Rechtsfortbildung, wenn die herrschende Rechtspraxis die Ortsüblichkeit des geforderten Mietzinses bei einem Erhöhungsverlangen nach Möglichkeit unter Verwendung ordnungsgemäß aufgestellter Mietspiegel ermittelt, insbesondere beruht ein solcher Mietspiegel in der Regel auf einer erheblich breiteren Tatsachenbasis als sie ein gerichtlich bestellter Sachverständiger mit einem zum Streitwert des Verfahrens noch angemessenen Kostenaufwand ermitteln könnte.

2. Der Vermieteranspruch auf marktorientierte Miete wird nicht dadurch unverhältnismäßig verkürzt, daß ein Mietspiegel zu einem bestimmten Datum aufgestellt wird, welcher in der Regel nicht mit dem für die Erhöhung maßgeblich gehaltenen Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens übereinstimmt, und eine Anpassung mit einer Verzögerung von bis zu zwei Jahren oder sogar darüber (vgl MietHöReglG § 2 Abs 1 S 1 Nr 2) erfolgt. GG Art 14 Abs 1 S 1 garantiert nicht die Möglichkeit, ohne jede Verzögerung sofort und in voller Höhe die Marktmiete zu erhalten (vgl BVerfG, 1985-12-04, 1 BvL 23/84, BVerfGE 71, 230 ≪248ff≫). Daß die Verwendung von Mietspiegeln erst allmählich zum Ziel einer verstärkten Marktorientierung der Mieten führt, hat der Gesetzgeber bei der Inhaltsbestimmung des Eigentums im Interesse der Mieter ausdrücklich in Kauf genommen.

3. Anwendung eines älteren Mietspiegels (Stand 1.4.86) trotz Bestehens eines zeitnäheren Mietspiegels (Stand 1.1.89) bei Erhöhungsverlangen vor Aufstellung des letzteren (8/88), ist verfassungsmäßig nicht zu beanstanden, da das Gericht keine Rückrechnung vom zeitnäheren Mietspiegel vornehmen kann bzw muß.

4. Die Nichteinholung eines beantragten Sachverständigengutachtens zur Ortsüblichkeit der geforderten Miete verletzt den Grundsatz rechtlichen Gehörs nicht, da der Beweisantrag aus Gründen des materiellen Rechts außer acht gelassen wurde (vgl LG Hamburg, 1977-05-27, 11 S 51/77, WuM 1978, 134).

 

Normenkette

GG Art. 14 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1; MietHöReglG § 2 Abs. 5 S. 3, Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 23.01.1990; Aktenzeichen 16 S 161/89)

LG Hamburg (Entscheidung vom 23.01.1990; Aktenzeichen 16 S 162/89)

LG Hamburg (Urteil vom 23.01.1990; Aktenzeichen 16 S 160/89)

 

Fundstellen

Dokument-Index HI543569

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