Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
1. Im Jahre 2005 erwarb die Beschwerdeführerin eine Siedlung in Berlin, die aus Reihenhäusern bestand. Diese Grundstücke teilte die Beschwerdeführerin im Wege der Realteilung in Einzelgrundstücke auf und begann, diese zu veräußern. Nachdem Verkaufsverhandlungen zwischen der Beschwerdeführerin und der Mieterin des Reihenhauses, der Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin), zu keinem Ergebnis geführt hatten, nahm die Beschwerdeführerin Verkaufsgespräche mit einem Kapitalanleger auf.
2. Die Klägerin erhob daraufhin Klage beim Amtsgericht und beantragte festzustellen, dass sie für den Fall, dass die Beschwerdeführerin das Reihenhaus erstmalig verkaufe, nach § 577 BGB vorkaufsberechtigt sei und ihr für den Fall des Verkaufs des Reihenhauses Kündigungsschutz nach § 577a BGB zur Seite stehe.
3. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil wies das Landgericht Berlin als unbegründet zurück. Die Revision ließ das Landgericht nicht zu.
4. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin ließ der Bundesgerichtshof die Revision zu und hob das Urteil des Landgerichts auf, änderte das Urteil des Amtsgerichts ab und stellte fest, dass die Klägerin für den Fall des erstmaligen Verkaufs des Reihenhauses vorkaufsberechtigt sei und dass die Klägerin für den Fall des Verkaufs des Reihenhauses Kündigungsschutz nach Maßgabe des § 577a BGB genieße.
Das Berufungsgericht sei zwar mit Recht davon ausgegangen, dass eine unmittelbare Anwendung der §§ 577, 577a BGB ausscheide, weil die genannten Vorschriften die Begründung von Wohnungseigentum voraussetzten; zu Unrecht habe es aber die entsprechende Anwendung der Vorschriften verneint.
5. Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer am 4. Juli 2008 eingegangenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG durch das Urteil des Bundesgerichtshofs.
Zunächst rügt sie einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Insbesondere habe der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung eine wertende Entscheidung anstelle des Gesetzgebers getroffen und damit gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz und die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Rechtsfortbildung im Wege der Analogie verstoßen.
Die Beschwerdeführerin rügt unter anderem die Annahme des Bundesgerichtshofs, dass eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliege. Es fehle an Anhaltspunkten für die Annahme einer planwidrigen Lücke. Dies ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte der Norm. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wo nach dem vermeintlichen Willen des Gesetzgebers ein Schutzbedarf für die Mieter bestehe.
Der Bundesgerichtshof habe auch unmittelbar gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verstoßen. Unter anderem rügt die Beschwerdeführerin, das Urteil stelle im Ergebnis eine unangemessene Beschränkung der Nutzungs- und Verfügungsbefugnis des Grundeigentümers dar. Der Bundesgerichtshof habe nicht dargetan, dass eine Ausweitung des Vorkaufsrechts und des Schutzes vor Eigenbedarfskündigungen erforderlich sei, um einer Verdrängung der Mieter entgegenzuwirken.
Entscheidungsgründe
II.
Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Beschwerdeführerin ist nicht in ihren Grundrechten verletzt.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeführerin ist beschwerdebefugt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist für jede Verfassungsbeschwerde ein Rechtsschutzinteresse erforderlich (vgl. BVerfGE 9, 89 ≪92 f.≫; 21, 139 ≪143≫; 56, 99 ≪106≫). Dieses Zulässigkeitserfordernis gilt auch für Verfassungsbeschwerden gegen gerichtliche Entscheidungen. Allerdings wird sich in solchen Fällen die gegenwärtige Beschwer eines Beschwerdeführers meist schon daraus ergeben, dass die angegriffene Entscheidung ihn gegenwärtig betrifft; die Anwendung des abstrakten Rechtssatzes auf den konkreten Sachverhalt führt in aller Regel zu einem aktuellen Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen (BVerfGE 72, 1 ≪5≫). Dies ist nicht deshalb anders, weil es sich bei der angegriffenen Entscheidung um ein Feststellungsurteil handelt. Denn auch dieses führt zu einem aktuellen Eingriff in die Rechtssphäre der Betroffenen, weil es bereits aktuell die Möglichkeit der Beschwerdeführerin, das Grundstück an einen anderen Käufer als die Klägerin zu veräußern, einschränkt.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Ein Verstoß gegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte der Beschwerdeführerin ist nicht erkennbar.
a) Die Entscheidung beachtet die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine richterliche Rechtsfortbildung (zuletzt BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 918/10 –, NJW 2011, S. 836).
aa) Der Richter darf sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Er muss die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den Willen des Gesetzgebers auch unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung bringen. Dabei ist den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu folgen (vgl. BVerfGE 84, 212 ≪226≫; 96, 375 ≪395≫). Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder – bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke – stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfGE 118, 212 ≪243≫).
Die fachgerichtliche Beurteilung, ob der Sachverhalt eine Analogie rechtfertigt, unterliegt allerdings nur in eingeschränktem Umfang der verfassungsgerichtlichen Kontrolle. Die Beantwortung der Frage, ob eine Gesetzeslücke oder eine abschließende Regelung vorliegt, erfordert im gleichen Maße eine rechtliche Wertung wie die Lösung des Problems, in welcher Weise die Lücke zu schließen ist (BVerfGE 82, 6 ≪13≫), und setzt eine Betrachtung des einfachen Gesetzesrechts voraus, zu dessen Erforschung das Bundesverfassungsgericht nicht berufen ist (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪93≫). Es darf daher die fachgerichtliche Wertung grundsätzlich nicht durch eine eigene ersetzen. Auch wenn sich bei der Rechtsfortbildung in verstärktem Maße das Problem des Umfangs richterlicher Gesetzesbindung stellt, ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle analoger Rechtsanwendung darauf beschränkt, ob das Fachgericht in vertretbarer Weise eine einfachgesetzliche Lücke angenommen und geschlossen hat und ob diese Erweiterung des Normenbereichs Wertungen der Verfassung, namentlich Grundrechten, widerspricht (BVerfGE 82, 6 ≪13≫).
bb) Insbesondere im Mietrecht hat das Bundesverfassungsgericht die analoge Anwendung mietrechtlicher Vorschriften gebilligt, wenn dadurch gesetzliche Schutzlücken geschlossen wurden (vgl. BVerfGE 82, 6). Der Staat ist verpflichtet, gleichheitswidrige Schutzlücken im Mietrecht zu verhindern (BVerfGE 84, 197 ≪199≫). Für die Fachgerichte kann daraus die Pflicht erwachsen, Lücken mit den herkömmlichen Methoden der Auslegung und Lückenfüllung zu schließen (vgl. BVerfGE 84, 197 ≪203≫).
cc) In Anwendung dieser Maßstäbe ist das angegriffene Urteil nicht zu beanstanden.
(1) Der Bundesgerichtshof hat in vertretbarer Weise das Vorliegen einer Gesetzeslücke angenommen, indem er davon ausgegangen ist, der Gesetzgeber habe bei der Schaffung des § 577 BGB nicht bedacht, dass vermietete Reihenhäuser eines Gesamtgrundstücks nicht nur in Eigentumswohnungen umgewandelt, sondern auch durch Realteilung des Gesamtgrundstücks in einzelne selbständige Grundstücke aufgeteilt werden könnten.
Zwar ist nach dem Wortlaut des § 577 BGB lediglich bei der Begründung von Wohnungseigentum ein Vorkaufsrecht vorgesehen. Dass diese Regelung abschließend sein soll und der Gesetzgeber lediglich die Mieter von Wohnungseigentum schützen wollte, ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien hingegen nicht. Wie die Beschwerdeführerin selbst einräumt, kommt in der Begründung zum Vierten Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (BTDrucks 12/3254, S. 40) nicht zum Ausdruck, dass eine derartige Beschränkung gewollt war.
Soweit die Beschwerdeführerin darauf verweist, Anlass für das Gesetzgebungsverfahren sei die Erleichterung der Umwandlung von Altbauwohnungen durch eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 30. Juni 1992 (NJW 1992, S. 3290) gewesen, mag dies zutreffend sein, verhilft der Verfassungsbeschwerde aber nicht zum Erfolg. Die Verdrängung von Mietern durch Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen ist seit langem ein Problem, dem der Gesetzgeber durch gesetzliche Regelungen beizukommen sucht (vgl. zur Entstehungsgeschichte Heintz, Vorkaufsrecht des Mieters, 1998, S. 6 f.). So wurde zunächst in § 2b WoBindG ein Vorkaufsrecht für Mieter von Sozialwohnungen vorgesehen, deren Sozialmietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt wurden, denn der Gesetzgeber wollte einer Verdrängung der Mieter aus den Wohnungen entgegenwirken (BTDrucks 8/3403, S. 3, 35 f.). Dieses Ziel verfolgte er auch bei der Umwandlung von Wohnraum in Eigentumswohnungen auf dem privaten Wohnungsmarkt. So versuchten die Städte und Gemeinden zunächst, Umwandlungen mit bauordnungsrechtlichen Mitteln zu verhindern, indem sie die für die Anlegung eines Wohnungsgrundbuchs erforderliche Bescheinigung der Abgeschlossenheit der Altbauwohnung verweigerten. Dies endete mit der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschluss vom 30. Juni 1992, NJW 1992, S. 3290), wonach für die Eintragung diese bauordnungsrechtliche Bescheinigung nicht mehr erforderlich war. Die Entscheidung führte auch umgehend zu einer Spekulationswelle (vgl. dazu Heintz, Vorkaufsrecht des Mieters, 1998, S. 7), die ihrerseits Proteste von Städten und Gemeinden auslöste. Darauf folgte das Gesetzgebungsverfahren zu § 570b BGB, in dem das Vorkaufsrecht eines Mieters im sozialen Wohnungsbau auf den frei finanzierten Wohnungsbau ausgedehnt wurde. Zur Begründung führt der Gesetzgeber aus (BTDrucks 12/3254, S. 40):
Für die Ausweitung des Vorkaufsrechts spricht, dass der Schutz des Mieters vor einer Verdrängung im Zusammenhang mit einer Umwandlung bei frei finanzierten Wohnungen nicht weniger dringlich ist, als bei Sozialwohnungen.
Die Gesetzgebungsmaterialien enthalten ansonsten auch keinen Hinweis, dass der Gesetzgeber den Schutzbedarf von der Art des Wohnraums abhängig machen wollte. Vielmehr stellt der Gesetzgeber in erster Linie auf den vergleichbaren Schutzbedarf ab. Eine Differenzierung nach verschiedenen Arten von Wohnraum lässt sich aus der Gesetzesbegründung also nicht entnehmen.
Es ist daher jedenfalls vertretbar, wenn der Bundesgerichtshof vor diesem Hintergrund annimmt, dass der Gesetzgeber den Fall, dass vermietete Reihenhäuser eines Gesamtgrundstücks nicht nur in Eigentumswohnungen umgewandelt, sondern auch durch Realteilung des Gesamtgrundstücks in einzelne selbständige Grundstücke aufgeteilt werden können, nicht bedacht hat.
(2) Der Bundesgerichtshof hat die damit im Gesetz entstandene Lücke auch in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise geschlossen.
Er hat sich an der Wertung des Gesetzgebers orientiert, dass ein besonderer Schutzbedarf für den Mieter besteht, wenn er nach einem Verkauf einem neuen Vermieter gegenübersteht, der sich ihm gegenüber auf Eigenbedarf berufen kann. Dieser Schutzbedarf unterscheidet sich – anders als die Beschwerdeführerin meint – in keiner Weise, wenn ein gemietetes Reihenhaus in Wohnungseigentum umgewandelt wird oder wenn es durch reale Teilung Bestandteil eines selbständigen Grundstücks wird. Vielmehr sind die Interessenlage und der Schutzbedarf der Mieter, worauf der Bundesgerichtshof mit Recht abstellt, identisch. Dasselbe gilt für das Interesse an einer Ausübung des Vorkaufsrechts. Auch dieses ist im Falle einer Realteilung nicht geringer als im Falle einer Umwandlung in Wohnungseigentum.
b) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs erweitert den Normbereich des § 577 BGB auch nicht in einer Weise, die Grundrechten widerspricht. Insbesondere wird der Bedeutung der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Eigentumspositionen und dem Gebot der Gleichbehandlung gleichermaßen schutzwürdiger Personen aus Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung getragen.
aa) Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG schützt nicht nur die Eigentumsposition des Vermieters. Auch das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪6≫). Die Befugnisse von Mieter und Vermieter zuzuordnen und abzugrenzen, ist Aufgabe des Gesetzgebers. Er muss die schutzwürdigen Interessen beider Seiten berücksichtigen und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und hat dabei mehrere Gesichtspunkte zu beachten. Er muss den Vorgaben Rechnung tragen, die sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und andererseits aus der verbindlichen Richtschnur des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben (BVerfGE 25, 112 ≪117≫; 37, 132 ≪140≫) und berücksichtigen, dass sich Vermieter und Mieter gleichermaßen auf das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen können (BVerfGE 89, 1 ≪6 ff.≫).
Auch die allgemein zuständigen Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften des einfachen Rechts diese durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten. Sie müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende, auf Verfassungsrecht beruhende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den beiderseitigen Eigentumsschutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪9≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. März 2000 – 1 BvR 1460/99 –, NJW 2000, S. 2658 ≪2659≫). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist allerdings erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 68, 361 ≪372≫; 79, 292 ≪303≫; 89, 1 ≪9 f.≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. März 2000 – 1 BvR 1460/99 –, NJW 2000, S. 2658 ≪2659≫).
Die angegriffene Entscheidung ist insofern verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Entscheidung folgt dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck der Regelung des § 577 BGB. Der Gesetzgeber hat mit dem Vorkaufsrecht in § 577 BGB zwar die Dispositionsbefugnis des Eigentümers über sein Eigentum eingeschränkt. Er hat dies aber zum Schutz des Besitzrechts des Mieters getan, das seinerseits durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt ist (BVerfGE 89, 1 ≪5 ff.≫). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers dient die Einräumung eines Vorkaufsrechts durch § 577 BGB zugunsten des Mieters einem sachgerechten Ausgleich der beiderseitigen Grundrechtspositionen. Dem Vermieter bleibt die Möglichkeit, sein Eigentum zu veräußern; der Mieter kann sich durch die Ausübung des Vorkaufsrechts vor einer Verschlechterung seiner kündigungsrechtlichen Position durch die Veräußerung schützen, ohne dass er die Veräußerung selbst verhindern könnte. Diese droht, weil immer dann, wenn ein Eigentümer mehrerer Einheiten von Wohnraum diese aufspaltet und einzeln veräußert, regelmäßig jedem Mieter ein Eigentümer gegenübersteht, der sich auf Eigenbedarf berufen kann (Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 577 Rn. 1 f.). Dieses verschärfte Risiko einer Eigenbedarfskündigung hat den Gesetzgeber veranlasst, die §§ 577, 577a BGB zu schaffen, die zwar die Rechtsposition des Mieters verbessert, aber dem verfassungsrechtlich legitimen Zweck dient, dessen Eigentumsposition zu schützen, ohne den Eigentümer des Wohnraums übermäßig in seinen Grundrechten zu beschränken. Denn die Möglichkeit zur Veräußerung seines Eigentums bleibt auch bei Anwendung der §§ 577, 577a BGB grundsätzlich erhalten. Damit trägt der Gesetzgeber den beiderseitigen verfassungsrechtlich geschützten Positionen von Vermieter und Mieter Rechnung.
Der Bundesgerichtshof hält sich im vorliegenden Fall im Rahmen dieser gesetzgeberischen Vorgaben. Er hat sich in vertretbarer Weise auf den Standpunkt gestellt, dass die vergleichbare Interessenlage eine analoge Anwendung des § 577 BGB rechtfertigt, wenn ein gemietetes Reihenhaus durch reale Teilung Bestandteil eines selbständigen Grundstücks wird. Denn solche Mieter sind in gleicher Weise dem erhöhten Risiko einer Eigenbedarfskündigung durch den neuen Vermieter ausgesetzt wie die Mieter, deren Wohnung in Wohnungseigentum umgewandelt wird. Der Bundesgerichtshof hat dabei auch ausdrücklich das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin berücksichtigt und sich auf Grundlage der gesetzgeberischen Wertentscheidung für den Vorrang der Interessen der Mieterin entschieden.
bb) Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichbehandlung von Mietern nach Art. 3 Abs. 1 GG.
Nicht nur bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Mietrechts (vgl. BVerfGE 37, 132 ≪139 f.≫), sondern auch bei gerichtlichen Entscheidungen (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪6≫) ist die grundrechtliche Konfliktlage des sowohl für Vermieter als auch für Mieter garantierten Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 37, 132 ≪140≫; 89, 1 ≪6≫) zu lösen, indem die beiderseitigen Interessen in einen Ausgleich gebracht werden, der dem Schutz des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und der verbindlichen Richtschnur des Art. 14 Abs. 2 GG (BVerfGE 25, 112 ≪117≫) gleichermaßen Rechnung trägt (BVerfGE 37, 132 ≪140≫). Dieser Interessenausgleich muss aufgrund des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG vergleichbaren Personengruppen grundsätzlich in gleicher Weise den Schutz ihres Eigentums zuteil werden lassen. Eine Ungleichbehandlung unterschiedlicher Mietergruppen ist unzulässig, wenn für die verschiedenen Gruppen ein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht und die Ungleichbehandlung nicht durch gewichtige Interessen des Eigentümers gerechtfertigt ist (BVerfGE 84, 197 ≪199, 202≫).
Im vorliegenden Fall ist das Schutzbedürfnis der Mieter identisch, wenn ein gemietetes Reihenhaus in Wohnungseigentum umgewandelt wird und wenn es durch reale Teilung Bestandteil eines selbständigen Grundstücks wird. Gewichtige Interessen des Eigentümers, die eine Differenzierung zwischen einer Umwandlung in Wohnungseigentum oder einer Realteilung rechtfertigen könnten, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan. Solche sind auch nicht ersichtlich. Eine Veräußerung des Eigentums wird unter Umständen in beiden Konstellationen in gleicher Weise erschwert. Es fehlt also an einem sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung dieser beiden Mietergruppen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kirchhof, Schluckebier, Baer
Fundstellen
NJW 2011, 1723 |
MittBayNot 2011, 477 |
NZM 2011, 479 |
ZMR 2011, 702 |
WuM 2011, 355 |
Info M 2011, 166 |
MietRB 2011, 273 |
NJW-Spezial 2011, 385 |