Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der nordrhein-westfälischen Vergnügungssteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 105 Abs. 2a GG begründet eine ausschließliche Landeszuständigkeit für die dort bezeichneten Steuern.
2. Der vom Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung verwendete Begriff der Gleichartigkeit stimmt mit dem in Art. 105 Abs. 2a GG aufgenommenen Begriff inhaltlich nicht überein.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a, Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 Fassung: 1949-05-23, Abs. 2a Fassung: 1969-05-12; BVerfGG § 13 Nr. 8a, § 90
Verfahrensgang
BVerwG (Urteil vom 28.06.1974; Aktenzeichen VII C 2.73; Buchholz, 11) |
VG Münster (Urteil vom 16.11.1972; Aktenzeichen 3 K 593/72) |
Gründe
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Verfassungsmäßigkeit der nordrhein-westfälischen Vergnügungssteuer.
1. Im Ausgangsverfahren wendet sich die Beschwerdeführerin gegen einen Vergnügungssteuerbescheid der Stadt Münster vom 8. Juni 1972, durch den sie, gestützt auf das Gesetz über die Vergnügungssteuer in Nordrhein-Westfalen vom 14. Dezember 1965 (GVBl. S. 361), für Tanzveranstaltungen ab April 1972 zur Vergnügungssteuer (Kartensteuer) herangezogen worden war. Zur Begründung der Klage trug sie vor: Die Erhebung der Vergnügungssteuer durch die beklagte Stadt sei unvereinbar mit Art. 105 Abs. 2a GG. Danach hätten die Länder nur noch die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig seien. Die Vergnügungssteuer sei aber – jedenfalls als Kartensteuer – mit der bundesgesetzlichen Umsatzsteuer gleichartig.
Das Verwaltungsgericht Münster wies mit Urteil vom 16. November 1972 die Klage ab und führte aus: Die Vergnügungssteuer sei nicht gleichartig mit der Umsatzsteuer. Auch nach den Materialien zu Art. 105 Abs. 2a GG habe der Gesetzgeber keine Gleichartigkeit zwischen den bundesgesetzlich geregelten Steuern und den herkömmlichen kleinen Gemeindesteuern angenommen. Zweck der Änderung des Art. 105 GG sei u. a. gewesen, das Bundesrecht gegen eine Aushöhlung durch gleichartige Steuern im Bereich der Länder und Gemeinden abzusichern; der Steuerbestand der Gemeinden habe dagegen nicht angetastet werden sollen.
Selbst wenn man aber die Gleichartigkeit von Umsatzsteuer und Vergnügungssteuer bejahen wollte, wirke sich das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG nicht auf bei Erlaß dieser Vorschrift bereits geltende Gesetze aus. Es enthalte dann eine materielle Einschränkung der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers, die erst eingreife, wenn er von seiner Gestaltungsbefugnis Gebrauch mache.
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision wurde vom Bundesverwaltungsgericht durch das angegriffene Urteil vom 28. Juni 1974 zurückgewiesen. Art. 105 Abs. 2 GG in der Fassung des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 und der gleichzeitig eingefügte Art. 105 Abs. 2a GG hätten an der bisherigen Normsetzungsbefugnis der Länder über die Gemeindevergnügungssteuer nichts geändert und darum das nordrhein-westfälische Vergnügungssteuergesetz vom 14. Dezember 1965 nicht unwirksam gemacht. Unter der Geltung des Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a. F. sei zweifelsfrei gewesen, daß die Länder für den Teilbereich, der dort aus der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes herausgenommen war, das ausschließliche Gesetzgebungsrecht besaßen. Für die Abgrenzung der Länderkompetenz sei es auf das Steuermerkmal „örtlich bedingter Wirkungskreis” angekommen, welches nach der Rechtsprechung – auch des Bundesverfassungsgerichts – darin bestehe, daß die Steuer wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf ein Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen könne. Dieses Merkmal sei bei der gemeindlichen Vergnügungssteuer nach wie vor gegeben.
Durch die Neufassung von Art. 105 Abs. 2 GG und die Einfügung von Art. 105 Abs. 2a GG mit Wirkung vom 1. Januar 1970 seien die Verkehrsteuern dem ausschließlichen Gesetzgebungsrecht der Länder entzogen worden. Für den verbliebenen Bereich der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern – dem die traditionelle Gemeindevergnügungssteuer zuzurechnen sei – sei jedoch das bisher verfassungsrechtlich erhebliche Kompetenz- Abgrenzungsmerkmal der „örtlichen Radizierung” nicht beseitigt worden. Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG n. F., zweiter Halbsatz, habe lediglich klarstellende Bedeutung; es begrenze die Gesetzgebungskompetenz der Länder auf diejenigen Verbrauch- und Aufwandsteuern, die der Kompetenz des Bundes wegen Fehlens der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG verschlossen sind, also auf den Bereich, der durch die „örtliche Radizierung” der Steuern abgesteckt sei. Bei anderer Auffassung könne nicht verstanden werden, warum das Finanzreformgesetz den Absatz 2a in Art. 105 GG eingefügt habe; denn auch ohne diese Vorschrift hätten die Länder das Gesetzgebungsrecht für örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange nicht der Bund von seiner Kompetenz nach Art. 105 Abs. 2, 72 Abs. 2 GG Gebrauch gemacht habe. Art. 105 Abs. 2a GG n. F. garantiere somit eine ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder, die das Gebiet der „Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis” nach altem Recht umfasse und sich hinsichtlich der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern mit diesem decke.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und die vorausgegangenen Entscheidungen rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3, 12, 14 und 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2a GG. Zur Begründung trägt sie vor:
Art. 105 Abs. 2a GG habe im Kompromißwege zwar eine ausschließliche Länderkompetenz für die örtlichen Steuern bestehen lassen, jedoch nur insoweit, als eine Gleichartigkeit mit Bundessteuern nicht gegeben sei. Darin liege die eigenständige Bedeutung des Art. 105 Abs. 2a GG neben Art. 105 Abs. 2 GG.
Bei den Gleichartigkeitsverboten gehe es darum, die Folgen einer Doppel- oder Mehrfachbesteuerung zu vermeiden. Neben dem Zweck zu verhindern, daß andere Körperschaften die einer steuerberechtigten Körperschaft überlassenen Steuerquellen ebenfalls ausschöpfen, ziele das Gleichartigkeitsverbot wesentlich auf den Schutz des Steuerpflichtigen vor übermäßiger unkoordinierter Belastung und damit zugleich auf eine gleichmäßige Besteuerung im Bund. Unter diesem Aspekt sei es sinnvoll, das Gleichartigkeitsverbot auch auf örtliche Steuern auszudehnen; denn für den Steuerpflichtigen sei die Wirkung dieser Steuern nicht anders als bei überörtlichen Steuern.
Danach sei die Vergnügungssteuer mit der Umsatzsteuer gleichartig. Beide Steuern schöpften aus der gleichen Quelle steuerlicher Leistungsfähigkeit, nämlich der Einkommens- oder Vermögensverwendung. Dabei sei es unerheblich, ob es sich um existentiell notwendigen Konsum oder entbehrlichen Luxus handele. Der Bundesgesetzgeber habe durch die unterschiedlichen Steuersätze der Umsatzsteuer zu erkennen gegeben, daß er sich die Entscheidung über die Höhe der Belastung der Einkommensverwendung vorbehalte. In diese Belastungsentscheidung müßten auch die besonderen Bundesverbrauchsteuern mit einbezogen werden. Eine Lücke sei in diesem System nicht vorhanden.
3. Der Bundesminister der Finanzen hat sich für die Bundesregierung geäußert. Er vertritt die Auffassung, daß die örtliche Radizierung der Vergnügungssteuer jedenfalls ausreiche, um im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG eine Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer auszuschließen. Andernfalls liefe die den Ländern zugewiesene Gesetzgebungskompetenz für die den Gemeinden zustehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern weitgehend leer.
Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen trägt vor, die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern seien solange nicht mit bundesgesetzlich geregelten Steuern, insbesondere der Umsatzsteuer, gleichartig, wie sie sich in den Rahmen der örtlichen Radizierbarkeit und darüber hinaus in den ihnen gemäßen ordnungspolitischen Rahmen einfügten.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeführerin kann als Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG rügen, daß das nordrhein-westfälische Vergnügungssteuergesetz vom 14. Dezember 1965 wegen der durch die Einfügung des Art. 105 Abs. 2a GG eingetretenen Begrenzung der Zuständigkeit des Landes zur Gesetzgebung nach dem 1. Januar 1970 nicht mehr die Grundlage für den gegen sie ergangenen Steuerbescheid vom 8. Juni 1972 abgeben konnte (vgl. BVerfGE 10, 354 [360]).
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet.
1. Art. 105 Abs. 2a GG begründet eine ausschließliche Landeszuständigkeit für die dort bezeichneten Steuern.
Die Herausnahme der „Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis” aus der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes in Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a. F. begründete eine ausschließliche Zuständigkeit der Länder für diese Steuern (BVerfGE 7, 244 [257]; 8, 260 [270]; 16, 306 [317]). Daran hat die Neufassung des Art. 105 GG nichts geändert; denn Art. 105 Abs. 2a GG liefe leer, wenn damit den Ländern nur eine konkurrierende und nicht eine ausschließliche Zuständigkeit zugesprochen würde. Das bestätigt auch die Entstehungsgeschichte; in den Gesetzesberatungen ist immer betont worden, daß die ausschließliche Zuständigkeit der Länder für örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern unberührt bleibe und daß der Bund auf diesem Gebiet keine Befugnis zur Gesetzgebung besitze (BTDrucks. V/2861, S. 95, zu Art. 105 a.E.; zu BTDrucks V/3605, S.7; StenBer. V/204. Sitzung, S. 11060 A).
2. „Örtliche” Verbrauch- und Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG sind begrifflich nichts anderes als „Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis” nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a.F. Die „örtliche” Steuer ist also ebenso an die Voraussetzung der „örtlichen Radizierung”, die sich aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestandes ergeben muß (BVerfGE 16, 306 [327 f.]), gebunden wie die „Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis”. Das ist dem Gang der Gesetzesberatung eindeutig zu entnehmen. Danach sollte die Formulierung „Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis” durch den Begriff „örtliche Steuern” ersetzt werden, ohne daß hiermit eine sachliche Änderung beabsichtigt war (BTDrucks. V/2861, S. 87; zu BTDrucks. V/3605, S. 7). Diese Auslegung steht auch mit dem Wortlaut des Art. 105 Abs. 2a GG in Einklang.
3. Der Zusatz „solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind” schränkt die Befugnis der Länder zur ausschließlichen Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ein. Dabei wird der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern vom Grundgesetz hier erstmalig und nur an dieser Stelle verwandt.
a) Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem angegriffenen Urteil versucht, den Begriff der Gleichartigkeit von der Schranke des „örtlichen” Bereichs her, auf den die Gesetzgebungskompetenz der Länder insoweit bezogen ist, zu erschließen. Dem steht entgegen, daß nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut das Gleichartigkeitsverbot über das Erfordernis der „örtlichen Radizierung” hinaus die Befugnisse des Landesgesetzgebers zusätzlich beschränkt und daher nur als weitere, selbständig neben das Element der „Örtlichkeit” tretende Voraussetzung für die Steuerschöpfung durch die Länder begriffen werden kann.
b) Das Gleichartigkeitsverbot ist ein traditioneller Rechtsbegriff des deutschen Steuerrechts, der schon unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung eindeutig verfassungsrechtlichen Bezug hatte. Wenn § 2 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes vom 27. April 1926 bestimmte: „Die Inanspruchnahme von Steuern für das Reich schließt die Erhebung gleichartiger Steuern durch die Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) aus, wenn nicht reichsgesetzlich ein anderes vorgeschrieben ist”, so war das nur die spezielle Ausprägung des in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 WRV ausgesprochenen allgemeinen Grundsatzes, daß die Länder das Recht der Gesetzgebung behielten, solange und soweit das Reich von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch machte (BVerfGE 7, 244 [259]). Hieran hat das Bundesverfassungsgericht bei der Untersuchung der Frage angeknüpft, wann und in welchem Umfang der Bund im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Steuerrechts die Länder von der Befugnis zur Gesetzgebung dadurch ausgeschlossen hat, daß er von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Es ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß die Inanspruchnahme eines Steuergegenstandes durch den Bund innerhalb der konkurrierenden Gesetzgebung die Erhebung „gleichartiger” Steuern durch die Länder und Gemeinden ebenso ausschließt, wie das seinerzeit in § 2 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes ausgesprochen war (BVerfGE 7, 244 [258 f.]). Im Anschluß daran hat es die Merkmale aufgezeigt, nach denen die Gleichartigkeit von Steuern zu beurteilen ist. Ausgangspunkt der Prüfung ist dabei stets der Vergleich der steuerbegründenden Tatbestände (BVerfGE 7, 244 [260]; 13, 181 [193]). Hierunter hat das Bundesverfassungsgericht ursprünglich vor allem den Steuergegenstand und den Steuermaßstab erfaßt, die wirtschaftlichen Auswirkungen der zu vergleichenden Steuern dagegen mehr am Rande behandelt (BVerfGE 7, 244 [260 ff.]). In späteren Entscheidungen hat es dann auch darauf abgestellt, ob die eine Steuer dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpft wie die andere, und diesem Kriterium gegenüber anderen in Betracht kommenden Gesichtspunkten – Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik (zu letzterem BVerfGE 7, 244 [264]) –, insbesondere soweit diese lediglich eine formale, äußerliche Abweichung der steuerlichen Anknüpfungsmerkmale erkennen lassen, schließlich die für die Kompetenzabgrenzung entscheidende Bedeutung zuerkannt (BVerfGE 13, 181 [193]; 16, 64 [75]).
c) Indessen stimmt der vom Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung verwendete Begriff der Gleichartigkeit mit dem in Art. 105 Abs. 2a GG aufgenommenen Begriff inhaltlich nicht überein. Dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG kommt vielmehr – wie sich aus dem Gesamtzusammenhang, in den die Vorschrift gestellt ist, ergibt – gegenüber dem entsprechenden traditionellen steuerrechtlichen Begriff eine auf die Besonderheiten dieser Norm zugeschnittene und auf ihren Anwendungsbereich beschränkte eigenständige Bedeutung zu.
Hätte der Begriff „gleichartig” in Art. 105 Abs. 2a GG denselben Inhalt wie der herkömmliche Gleichartigkeitsbegriff, so würde die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Länder für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern im praktischen Ergebnis in einem wesentlichen Punkt unter dieselben Voraussetzungen gestellt wie ihre Kompetenz im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung. Das hätte zur Folge, daß die Kompetenznorm des Art. 105 Abs. 2a GG ihrem Zweck zuwider und in einem mit der erkennbaren Intention des Verfassungsgebers nicht mehr zu vereinbarenden Maße leer liefe: Jedenfalls einige der herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern könnten nicht mehr erhoben werden, weil sie dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen wie Bundessteuern und deshalb gegen das Gleichartigkeitsverbot verstießen. Die Länder wären also in diesem Fall an der Regelung solcher Steuern ebenso gehindert, wie wenn es Art. 105 Abs. 2a GG nicht gäbe. Dieses Ergebnis hat der Verfassungsgeber indessen ersichtlich nicht gewollt. Es würde seiner im Gesetzgebungsverfahren wiederholt deutlich zutage getretenen Absicht zuwiderlaufen, mit der Einfügung des Art. 105 Abs. 2a GG, insbesondere auch mit der darin enthaltenen Beschränkung der Gesetzgebungskompetenz der Länder durch das Gleichartigkeitsverbot, die Befugnis der Länder zur Regelung der herkömmlichen, d.h. jedenfalls der bei Inkrafttreten des Finanzreformgesetzes am 1. Januar 1970 üblicherweise bestehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, nicht anzutasten (StenBer. V/204. Sitzung, S. 11060 A; V/222. Sitzung, S. 12058 B/C; zu BTDrucks. V/3605, S. 7). Das zwingt zu dem Schluß, daß der Verfassungsgeber dem Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2a GG einen eigenständigen Inhalt gegeben hat, der von dem Inhalt des Begriffes abweicht, den das Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung der Zuständigkeiten im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung verwendet. Indessen bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung, wie der Begriff „gleichartig” in Art. 105 Abs. 2a GG im einzelnen zu definieren ist; dies wäre erst dann geboten, wenn das Bundesverfassungsgericht zu prüfen hätte, ob eine von einem Land erfundene neue örtliche Steuer gegen das Gleichartigkeitsverbot verstößt. Hier genügt vielmehr die Feststellung, daß nach der erkennbaren, für die Auslegung und Anwendung der Norm maßgeblichen Vorstellung des Verfassungsgebers die herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, zu denen auch die nordrhein-westfälische Vergnügungssteuer gehört, mit bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig sind.
Der Befugnis des nordrhein-westfälischen Gesetzgebers zur Regelung der örtlichen Vergnügungssteuer und ihrer Erhebung durch die zuständigen Körperschaften steht die Bundesumsatzsteuer mithin nicht entgegen.
4. Diese Entscheidung ist im Ergebnis einstimmig ergangen.
Fundstellen
BVerfGE, 56 |
NJW 1976, 101 |