1. Der Beschwerdeführer war Mitglied des Deutschen Bundestages in dessen erster Wahlperiode, die von 1949 bis 1953 dauerte.
2. Der Deutsche Bundestag schuf erstmals mit dem Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Diätengesetz 1968) vom 3. Mai 1968 (BGBl I S. 334) eine Altersversorgung für ausgeschiedene Mitglieder. Die Altersversorgung wurde nach § 4 des Gesetzes auf einer Versicherungsgrundlage geschaffen, zu der die aktiven Mitglieder des Bundestages mit 25 vom Hundert der Aufwandsentschädigung beitrugen. Die Zahlung eines Ruhegeldes setzte nach § 7 eine achtjährige Mitgliedschaft im Bundestag voraus. Gemäß § 22 gewährte der Präsident des Bundestages auf Antrag ehemaligen Mitgliedern, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes aus dem Bundestag ausgeschieden waren, Leistungen aus der Altersversorgung.
Der Bundestag stellte mit dem Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz – AbgG –) vom 18. Februar 1977 (BGBl I S. 297) die Leistungen an ehemalige Mitglieder auf eine neue Grundlage. Neben einem Übergangsgeld (§ 18) erhalten sie unter den Voraussetzungen des § 19 einen Anspruch auf Altersentschädigung nach dem Alimentationsprinzip. Der Anspruch setzte nach der ursprünglichen Gesetzesfassung eine sechsjährige Mitgliedschaft im Bundestag voraus. Gemäß § 21 werden auf Antrag die Zeiten der Mitgliedschaft in einem Landesparlament berücksichtigt. Für Mitglieder, die bei ihrem Ausscheiden weder eine Anwartschaft noch einen Anspruch auf Altersentschädigung erworben hatten, führte § 23 eine Versorgungsabfindung ein. Nach § 37 gewährt der Präsident des Bundestages auf Antrag einem ehemaligen Mitglied, das vor dem 1. Januar 1968 aus dem Bundestag ausgeschieden ist, Leistungen aus dem Diätengesetz 1968.
Mit Gesetz vom 22. September 1980 (BGBl I S. 1752) wurde § 38a AbgG eingefügt, der den Versorgungsempfängern nach § 37 AbgG anstelle ihrer bisherigen Versorgung auf Antrag Versorgung nach dem Fünften Abschnitt (§§ 18-26) des Abgeordnetengesetzes einräumt.
Das Elfte Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2210) änderte neben anderem § 19 mit der Folge, daß nunmehr der Anspruch auf Altersentschädigung eine achtjährige Mitgliedschaft im Bundestag voraussetzt. Für diejenigen ehemaligen Mitglieder, die Versorgungsansprüche oder -anwartschaften nach bisherigem Recht erlangt hatten, wurde mit der Neufassung von § 35 AbgG eine Übergangsregelung geschaffen.
Der Ältestenrat des Deutschen Bundestages beschloß in seiner Sitzung vom 25. Juni 1992 die Einsetzung einer Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Abgeordnetenrechts. Diese legte der Präsidentin des Deutschen Bundestages ihren Bericht und Empfehlungen unter anderem zur Abgeordnetenentschädigung und -versorgung vor. Sie empfahl, Versorgungsanwartschaften aus dem Mandat für jedes Mitgliedsjahr in gleicher Höhe zu begründen (BtDrucks 12/5020 vom 3. Juni 1993, S. 15, 25).
Der Bundestag beschloß das Gesetz zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten vom 15. Dezember 1995 (BGBl I S. 1718), in dessen Artikel 2 sich das Neunzehnte Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes findet. Das Gesetz trat am 22. Dezember 1995 in Kraft. Darin wird der Wortlaut unter anderem der §§ 19, 35, 37, 38a AbgG nicht geändert. Die Änderungen betreffen neben anderem § 20 AbgG (Höhe der Altersentschädigung) und § 21. Nach § 21 Abs. 3 AbgG neuer Fassung gelten bestimmte Zeiten der Mitgliedschaft in der Volkskammer der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik auf fristgebundenen Antrag hin als Mitgliedszeit im Bundestag. Mit § 35a AbgG werden Übergangsregelungen zum Neunzehnten Änderungsgesetz eingeführt. Sie lauten:
(1) Für Mitglieder, die am 22. Dezember 1995 dem Bundestag angehören, ehemalige Mitglieder des Bundestages und ihre Hinterbliebenen gelten die Regelungen des Fünften und des Neunten Abschnitts in der bis zum 22. Dezember 1995 geltenden Fassung fort.
(2) Statt der Abgeordnetenentschädigung nach § 11 gilt in den Fällen des Absatzes 1 ein fiktiver Bemessungsbetrag. Für das Übergangsgeld wird der Bemessungsbetrag mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 auf 10.366 Deutsche Mark festgesetzt. Der fiktive Bemessungsbetrag für die Altersentschädigung wird mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 auf 10.825 Deutsche Mark, vom 1. Juli 1996 auf 11.100 Deutsche Mark, vom 1. April 1997 auf 11.375 Deutsche Mark und vom 1. Januar 1998 auf 11 625 Deutsche Mark festgesetzt. Für spätere Anpassungen gilt das in § 30 geregelte Verfahren.
(3) Bei der Anwendung des § 29 auf Versorgungsansprüche nach diesem Gesetz wird in den Fällen des Absatzes 1 statt der Abgeordnetenentschädigung nach § 11 ebenfalls der fiktive Bemessungsbetrag für die Altersentschädigung nach Absatz 2 zugrunde gelegt.
(4) Mitglieder des 13. Deutschen Bundestages, auf die Absatz 1 Anwendung findet, können sich bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag für eine Anwendung der Regelungen des Fünften Abschnitts in der Fassung des Neunzehnten Änderungsgesetzes entscheiden. Die Entscheidung ist bindend. Verstirbt das Mitglied vor Ausübung des Wahlrechts, findet die jeweils günstigere Fassung Anwendung.
Das Abgeordnetengesetz ist in seiner Neufassung am 21. Februar 1996 bekanntgemacht (BGBl I S. 326) und weiter geändert worden (BGBl I 1996 S. 718, 843 und BGBl I 1997 S. 2998 ≪3034≫).
Die Verfassungsbeschwerde, die gemäß § 93a Abs. 1 BVerfGG der Annahme zur Entscheidung bedarf, ist nicht anzunehmen, weil keiner der Annahmegründe gegeben ist.
Die Annahme ist nicht gemäß § 93a Abs. 2 lit. b BVerfGG geboten, weil sie nicht zur Durchsetzung des in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts aus Art. 38 GG (in Verbindung mit Art. 48 Abs. 3 Sätze 1, 3 GG) oder aus einem sonst benannten Recht angezeigt ist. Dieser Annahmegrund ist ausgeschlossen, wenn die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫; daran anschließend BVerfGE 96, 245 ≪248≫). So ist es hier. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des für die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage maßgeblichen Gesetzes erhoben worden ist, wie es § 93 Abs. 3 BVerfGG verlangt (dazu unten 1.).
Die Verfassungsbeschwerde ist auch nicht gemäß § 93a Abs. 2 lit. a BVerfGG zur Entscheidung anzunehmen, weil ihr keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt. Es ist in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt worden, daß eine Verfassungsbeschwerde, die von dem gänzlich untätig gebliebenen Gesetzgeber den Erlaß eines Gesetzes verlangt, gemäß § 93 Abs. 3 BVerfGG – anders als etwa der Organstreit nach § 64 Abs. 3 BVerfGG – nicht an die Einhaltung einer Frist gebunden ist (BVerfGE 56, 54 ≪70-72≫). Ist der Gesetzgeber hingegen tätig geworden und enthält das Gesetz eine – sei es auch ablehnende – Regelung, dann hat er eine Entscheidung nicht “unterlassen” (BVerfGE 56, 54 ≪71 m.w.N.≫). Der vorliegende Fall bietet auch keine Gelegenheit zur weiteren Klärung der mitunter schwierigen Frage, ob das Unterlassen einer Regelung im Zusammenhang mit einer bestimmten Gesetzgebung steht oder nicht (vgl. dazu Christian Mayer, Die Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers, Baden-Baden 1996, S. 166-168, 199). Denn der Gesetzgeber hat hier ausdrücklich Vorschriften für die Altfälle vorgesehen.
Des weiteren ist verfassungsgerichtlich geklärt, daß die Bekanntmachung der Neufassung des Abgeordnetengesetzes mit seinen unveränderten Vorschriften zu den Altfällen die Jahresfrist nicht neu in Gang setzt (vgl. BVerfGE 17, 364 ≪368 f.≫; 43, 108 ≪115 f.≫; Erster Senat, 1. Kammer, Beschluß vom 21. Januar 1994 – 1 BvR 7/94 –, NJW 1994, S. 1525 f.).
Schließlich ist nicht der Ausnahmefall gegeben, in dem die im Grundsatz verfassungsgemäße Jahresfrist verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen könnte. Solche könnten aufkommen (offen gelassen von BVerfG, Erster Senat, 1. Kammer, Beschluß vom 21. November 1996 – 1 BvR 1862/96 –, NJW 1997, S. 650), wenn die Ausschlußfrist dazu führen würde, daß ein Betroffener bei einer erst nach dem Ablauf der Frist eingetretenen Beschwer keine Möglichkeit mehr hätte, die Verfassungswidrigkeit der Norm im Rechtsweg oder mit der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen. Diese Bedenken bestehen hier nicht, denn der Beschwerdeführer war durch die seinen Altfall ausdrücklich regelnde Übergangsvorschrift selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen und hätte sie unter Wahrung der Jahresfrist angreifen können.
1. Das Neunzehnte Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes hat ebensowenig wie die nachfolgende Bekanntmachung der Neufassung und die weiteren Änderungen die dem Beschwerdeführer ungünstige Rechtslage bewirkt oder vertieft. Der Gesetzgeber hat vielmehr mit den Übergangsregelungen zum Neunzehnten Änderungsgesetz (§ 35a AbgG) verdeutlicht, daß er Altfälle wie den des Beschwerdeführers nicht mehr anrühren will. Er hat dies auch tatsächlich nicht getan. Insbesondere eröffnet die Einführung von § 21 Abs. 3 AbgG durch das Neunzehnte Änderungsgesetz nicht aufs neue die Frage einer Altersentschädigung für alle Altfälle (zu dieser Möglichkeit BVerfG, Erster Senat, Beschluß vom 8. April 1998 – 1 BvL 16/90 –, Beschlußabdruck S. 15 f.). Wie § 35a Abs. 1, 4 AbgG zeigt, besteht die Möglichkeit zur Einbeziehung von Zeiten in der Volkskammer der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik nur für diejenigen, die am 22. Dezember 1995 dem Bundestag angehörten. Mithin wird kein Fall einer bereits abgeschlossenen Mitgliedschaft neu geregelt, der die Frage nach der Gleichbehandlung mit anderen abgeschlossenen Fällen aufwerfen könnte (dazu BVerfG, Erster Senat, Beschluß vom 8. April 1998 – 1 BvL 16/90 –, Beschlußabdruck S. 15 f.; vgl. auch BVerfGE 32, 157 ≪167 ff.≫). Die Anpassung der Höhe der Altersentschädigung durch dieses wie durch frühere Änderungsgesetze läßt die Frage der Anspruchsberechtigung unberührt.
Der Gesetzgeber hat eine den Beschwerdeführer betreffende Regelung auch nicht gänzlich unterlassen. Vielmehr regelt § 22 Diätengesetz 1968 den Fall des Beschwerdeführers zu seinem Nachteil. Diese Vorschrift ist – in ihrer Bedeutung unverändert – als § 37 in das Abgeordnetengesetz übernommen und durch § 38a AbgG modifiziert worden. Gegenüber diesen Bestimmungen kommt die Verfassungsbeschwerde zu spät. Die weiteren Änderungen des Abgeordnetengesetzes beziehen die bereits aus der Altersversorgung ausgeschiedenen Fälle nicht mehr nachträglich ein. Insbesondere berührte die mit dem Elften Änderungsgesetz vom 18. Dezember 1989 eingeführte Erhöhung der Mindestzeit von sechs auf acht Jahre Mitgliedschaft im Bundestag nicht mehr den Fall des Beschwerdeführers. Das gilt schon deshalb, weil die dem Gesetz beigefügte Übergangsregelung § 35 AbgG lediglich den Besitzstand der bisher Berechtigten garantiert.
2. Die Verfassungsbeschwerde wäre aber auch unbegründet. Das vom Beschwerdeführer angeführte Gebot formaler Gleichbehandlung, das das Verhältnis von Abgeordneten untereinander bestimmt, läßt bei Vorliegen besonderer Gründe Differenzierungen zu (BVerfGE 93, 195 ≪204≫; 94, 351 ≪369≫). Der Senat hat mit Beschluß vom 21. Oktober 1971 (BVerfGE 32, 157 ≪167 ff.≫) als zulässige Differenzierung anerkannt, daß ein Parlament (damals der Hessische Landtag) in einer Wahlperiode einen Anspruch auf Ruhegeld einführt, von dem alle Abgeordneten ausgeschlossen sind, die spätestens mit Ablauf der vorherigen Wahlperiode ausgeschieden waren. Das entspricht der auch vom Ersten Senat (Beschluß vom 8. April 1998 – 1 BvL 16/90 –, Beschlußabdruck S. 15 f.) geteilten Auffassung, daß die Gesetzgeber bei der Einführung von Neuregelungen, insbesondere von kostenträchtigen Neuregelungen, nicht gehalten sind, abgeschlossene Fälle einzubeziehen.
Die Hoffnung, die der Beschwerdeführer an die Empfehlungen der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Abgeordnetenrechts knüpfte, konnte nach alldem nur in rechtspolitischer Hinsicht tragen. Verfassungsrechtlich ist ihre Erfüllung nicht (mehr) geboten.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.