Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.05.2006; Aktenzeichen 21 VA 5/05) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Nichtanerkennung einer im Iran nach iranischem Recht durchgeführten Ehescheidung.
I.
1. Am 8. Januar 1981 schlossen der Beschwerdeführer und seine Ehefrau, die zu diesem Zeitpunkt die iranische Staatsangehörigkeit besaßen, im Iran die Ehe. Die im Scheidungsnotariat von Teheran durchgeführte Scheidung dieser Ehe wurde am 14. Juli 2000 im iranischen “Hauptamt zur Registrierung von Dokumenten und Immobilien” eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt besaßen sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Ehefrau neben der iranischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit.
2. Die Ehefrau des Beschwerdeführers beantragte im Folgenden die Feststellung der Anerkennung der Ehescheidung nach Art. 7 § 1 des Familienrechtsänderungsgesetzes (FamRÄndG) vom 11. August 1961 (BGBl I S. 1221). Die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 13. September 2005 ab.
3. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Abänderung dieses Bescheids wies das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit dem angegriffenen Beschluss vom 2. Mai 2006 zurück. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, dass im vorliegenden Fall das Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17. Februar 1929 (RGBl 1930 II S. 1002) den Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) nicht nach dessen § 3 Abs. 2 vorgehe, weil das Niederlassungsabkommen nur bei übereinstimmender und ausschließlicher – deutscher oder iranischer – Staatsangehörigkeit der Beteiligten gelte. Da der Beschwerdeführer und seine Ehefrau die iranische und die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen, sei auf das anderweitige Kollisionsrecht zurückzugreifen. Die Anerkennung der Scheidung richte sich daher gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB nach deutschem Recht. Nach § 1564 Abs. 1 BGB könne eine Ehe im Inland nur durch ein gerichtliches Urteil geschieden werden. Im Hinblick auf diese Grundentscheidung des deutschen materiellen Scheidungs- und Scheidungsfolgerechts sei die Anerkennung einer im Ausland nicht durch Urteil erfolgten Ehescheidung ausgeschlossen. So liege der Fall hier, da die Ehe zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau nicht durch ein Urteil, sondern durch eine einseitige Erklärung des Ehemannes geschieden worden sei. Dem vom Beschwerdeführer vorgelegten “Scheidungsurteil” des Justizamts der islamischen Republik Iran vom 14. Juli 2000 komme daher trotz des missverständlichen Wortlauts keine konstitutive Bedeutung zu.
II.
Durch diese Entscheidung sieht sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG verletzt. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts hindere ihn daran, seine Eheschließungsfreiheit wiederzuerlangen, da er gezwungen sei, ein Scheidungsverfahren im Inland durchzuführen. Er werde ohne sachlichen Grund anders behandelt als Deutsche, die nicht die iranische Staatsangehörigkeit besäßen und auf die das erwähnte Niederlassungsabkommen anzuwenden sei.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie nicht in einer den Anforderungen der §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG genügenden Weise begründet ist.
1. Die Frage, ob Art. 6 Abs. 1 GG den Ehegatten das Recht gewährleistet, nach Eintritt der die Scheidung rechtfertigenden Voraussetzungen geschieden zu werden und damit ihre Eheschließungsfreiheit wiederzuerlangen (so BGHZ 97, 304 ≪307≫), bedarf hier keiner Entscheidung. Es erscheint allerdings nicht als grundsätzlich ausgeschlossen, dass die Nichtanerkennung einer im Ausland erfolgten Ehescheidung gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstößt. Dem Grundgesetz liegt das Bild der bürgerlich-rechtlichen Ehe zugrunde, die in ihrem Bestand besonders geschützt ist, zu dem es aber auch gehört, dass die Ehegatten unter den vom Gesetz normierten Voraussetzungen geschieden werden können und damit ihre Eheschließungsfreiheit wiedererlangen (BVerfGE 31, 58 ≪83≫; 53, 224 ≪245≫). Die Ehe ist geschützt als eine frei eingegangene Lebensgemeinschaft von Mann und Frau (vgl. Badura, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand: August 2000, Art. 6 Rn. 4). Sie ist demnach eine Gemeinschaft, die auf freiwilliger Bindung der Ehegatten beruht. Eine gerichtliche Entscheidung, die dieses Prinzip missachtete und dem Betroffenen die Freiheit, eine weitere Ehe einzugehen, gänzlich nähme oder unzumutbar erschwerte, kann deshalb Art. 6 Abs. 1 GG verletzen.
2. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde zeigt jedoch nicht die Möglichkeit auf, dass die angegriffene Entscheidung in dieser Weise Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzen könnte. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Anwendung und Auslegung der hier maßgeblichen Vorschriften des prozessualen und materiellen Rechts durch das Oberlandesgericht mit der Verfassung nicht im Einklang stehen könnten. Dies gilt auch, soweit der Beschwerdeführer darin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sieht, dass das Oberlandesgericht in Übereinstimmung mit der ganz überwiegend vertretenen Meinung (vgl. nur Mankowski, in: Staudinger, BGB, Stand: 2003, Art. 14 EGBGB Rn. 5a) im vorliegenden Fall das Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien für nicht anwendbar hält. Sinn des Niederlassungsabkommens ist es, den Staatsangehörigen des jeweils anderen Vertragsstaates in dem von dem Abkommen geregelten Bereich grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie den eigenen Staatsangehörigen zukommen zu lassen. Wer wie der Beschwerdeführer beide Staatsangehörigkeiten besitzt, bedarf dieser Privilegierung aber nicht, da ihm ohnehin die mit beiden Staatsangehörigkeiten jeweils verbundene Rechtsstellung zusteht (vgl. Schotten/Wittkowski, FamRZ 1995, S. 264 ≪265 f.≫), sodass es sachlich gerechtfertigt erscheint, ihn anders zu behandeln als Personen, die ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit innehaben. Hiermit setzt sich die Begründung der Verfassungsbeschwerde indessen nicht auseinander.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hassemer, Di Fabio, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 1672813 |
FamRZ 2007, 615 |
FuR 2007, 78 |
NJW-RR 2007, 577 |
FPR 2007, 269 |