Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ihr weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt noch ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführer angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Sie ist unzulässig.
I.
Den Ausgangsbescheid, der keine selbständige Beschwer enthält, können die Beschwerdeführer nicht neben den ihn in vollem Umfang überprüfenden gerichtlichen Entscheidungen zum Gegenstand verfassungsgerichtlicher Kontrolle machen (vgl. BVerfG ≪Kammer≫, NJW 1990, S. 501 f.). Inwiefern der Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs rechtsfehlerhaft sein und infolgedessen gegen das Gebot des Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte, wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewähren, legt die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend dar.
II.
Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel steht der Grundsatz der Subsidiarität dieses außerordentlichen Rechtsbehelfs entgegen (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
1. Ein Beschwerdeführer ist über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinn (hier: Stellung eines Antrages auf Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 4 AsylVfG) hinaus zur Wahrnehmung aller bestehenden Möglichkeiten angehalten, eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 16, 1 ≪3≫; 22, 287 ≪290 f.≫; 68, 384 ≪389≫; 69, 122 ≪125 f.≫; 70, 180 ≪185 f.≫; 78, 58 ≪68 f.≫; 81, 22 ≪27 f.≫). Denn die Verfassungsbeschwerde soll letzter, nur auf den Schutz der Grundrechte und bestimmter grundrechtsähnlicher Rechte beschränkter verfassungsrechtlicher Rechtsschutz sein, der lediglich dann eingreift, wenn die sonstigen Möglichkeiten zur allgemeinen richterlichen Nachprüfung bis zur letzten Instanz hin erschöpft sind (vgl. BVerfGE 9, 3 ≪7≫; 10, 89 ≪98≫).
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung kann in den von § 78 Abs. 3 AsylVfG gezogenen Grenzen eine Nachprüfung des verwaltungsgerichtlichen Urteils durch die Berufungsinstanz erreicht und damit insoweit auch ein Grundrechtsverstoß ausgeräumt werden. Aus diesem Grunde müssen die später mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Rügen bereits im Antrag auf Zulassung der Berufung erhoben werden, sofern dies nur irgend möglich und sinnvoll erscheint (vgl. BVerfGE 83, 216 ≪228 f.≫ für die Revisionsnichtzulassungsbeschwerde; BVerfG ≪Kammer≫, InfAuslR 1993, S. 229 ≪234≫; BVerfG ≪Kammer≫, AuAS 1997, S. 6 ≪8≫; grundsätzlich Hänlein, AnwBl 1995, S. 57 ≪61≫).
2. Die Beschwerdeführer haben hier zwar einen Antrag auf Zulassung der Berufung, gestützt auf § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AsylVfG, gestellt. Dabei haben sie aber in einer der Zulässigkeit der nunmehr erhobenen Verfassungsbeschwerde entgegenstehenden Weise versäumt, auch die Gründe geltend zu machen, auf die nunmehr vornehmlich die Verfassungsbeschwerde gestützt wird, obwohl dies möglich und ihnen zumutbar gewesen wäre.
Unter dem Blickwinkel der Rechtswegerschöpfung kann es als nicht ausreichend angesehen werden, wenn lediglich ein Teil der mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Rügen im fachgerichtlichen Verfahren erhoben worden ist, ein anderer Teil hingegen nicht. In einem solchen Fall ist die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig, da im Falle einer für die Beschwerdeführer positiven Entscheidung im fachgerichtlichen Verfahren ihre Beschwer auch hinsichtlich der übrigen verfassungsrechtlichen Rügen, soweit sie den Asylanspruch betreffen, ausgeräumt gewesen wäre.
a) Die Beschwerdeführer haben im Zulassungsantrag unter anderem geltend gemacht, die Frage der sicheren Rückkehr an einen Ort der inländischen Fluchtalternative in der Westtürkei bedürfe wegen des bereits vor der Ausreise gegen den Beschwerdeführer zu 1. bestehenden Verdachts der PKK-Unterstützung einer grundsätzlichen Klärung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG). Insoweit vertrete das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz einen anderen Standpunkt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Frage als grundsätzlich geklärt angesehen und im übrigen auf den jeweiligen Einzelfall verwiesen, wobei der vorliegende Fall keine Möglichkeit einer weiteren grundsätzlichen Klärung biete. Der abweichende Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz begründe – so der Verwaltungsgerichtshof weiter – keine Divergenz im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG.
Demgegenüber greifen die Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde nunmehr vornehmlich die Auffassung des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Vorverfolgung und die dazu angeführten einzelnen Begründungselemente an, insbesondere dessen Auffassung zum Begriff der politischen Verfolgung und zur fehlenden Asylerheblichkeit der gegen den Beschwerdeführer zu 1. ergriffenen Maßnahmen. Entsprechende Rügen fehlen aber im Antrag auf Zulassung der Berufung. Solche Rügen hätten indes möglicherweise zur Bejahung einer Vorverfolgung und aus diesem Grunde zu einem anderen Prognosemaßstab für die Zumutbarkeit der Rückkehr auch an einen Ort der Fluchtalternative geführt. Dabei hätte den Beschwerdeführern im Falle einer negativen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über einen entsprechenden Zulassungsantrag nicht etwa eine Versäumung der Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG entgegengehalten werden können, da nur ein offensichtlich unzulässiger Rechtsbehelf die Monatsfrist für die Verfassungsbeschwerde nicht offen hält (vgl. BVerfG ≪Kammer≫, InfAuslR 1994, S. 156 ≪157≫; BVerfG ≪Kammer≫, NVwZ Beil. 1996, S. 66 ≪67≫).
b) Die mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Rügen zur Vorverfolgung hätten – nicht von vornherein aussichtslos und deshalb zumutbarerweise – über eine verallgemeinerungsfähige Rechts- bzw. Tatsachenfrage im Antrag auf Zulassung der Berufung oder auch über eine Divergenzrüge in bezug auf die eigene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs an diesen herangetragen werden können. Mit einem hiernach möglicherweise erfolgreichen, weil nicht notwendig allein auf den Einzelfall abstellenden Antrag auf Zulassung der Berufung hätten die gerügten Grundrechtsverstöße im verwaltungsgerichtlichen Urteil hinsichtlich des Asylanspruchs der Beschwerdeführer insgesamt in einem Berufungsverfahren (vgl. § 128 VwGO) ausgeräumt werden können. So hätten die Beschwerdeführer beispielsweise im Antrag auf Zulassung der Berufung rügen können – und dies unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde auch tun müssen –, das Verwaltungsgericht habe der Sache nach zum Begriff der politischen Verfolgung und zur Asylerheblichkeit von Folter von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu etwa BVerfGE 81, 142 ≪151≫; BVerwGE 67, 184 ≪194≫) abweichende Maßstäbe zugrunde gelegt. Denkbar wäre insoweit auch gewesen, aufgrund einer im angegriffenen Urteil zum Ausdruck kommenden Abweichung von der obergerichtlichen Rechtsprechung hierzu verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfragen zu formulieren. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof – als hier zuständiges Obergericht – verneint nämlich in ständiger Rechtsprechung die Möglichkeit einer sicheren Rückkehr an den Ort der inländischen Fluchtalternative für Kurden aus dem Osten der Türkei, die – wie zumindest der Beschwerdeführer zu 1. – vor ihrer Ausreise bei den heimatlichen Sicherheitsbehörden konkret in den Verdacht geraten waren, die PKK zu unterstützen, und die deswegen Repressalien erleiden mußten (vgl. z.B. HessVGH, Urteile vom 8. August 1994 – 12 UE 2936/93 – , vom 26. September 1994 – 12 UE 170/94 und 12 UE 684/94 – und vom 22. April 1996 – 12 UE 502/95 –).
Derartige Rügen enthält der Antrag auf Zulassung der Berufung jedoch nicht. Dementsprechend hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß unter anderem ausgeführt, daß mögliche Abweichungen des Verwaltungsgerichts von obergerichtlichen Entscheidungen in bezug auf die Feststellungen zur Vorverfolgung, die Asylrelevanz staatlicher Maßnahmen gegen PKK-Sympathisanten und den Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht weder ausdrücklich noch der Sache nach geltend gemacht worden seien. Dies gelte auch – so der Verwaltungsgerichtshof weiter –, soweit das Verwaltungsgericht rechtlich gebotene Prüfungen tatsächlicher Art unterlassen haben und damit unbewußt von einer oder mehreren höchstrichterlichen Entscheidungen abgewichen sein sollte.
III.
Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Jentsch, Hassemer
Fundstellen