Leitsatz (amtlich)
Ein Freiheitsverlust durch Inhaftierung (hier: Abschiebungshaft) indiziert ein Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen, das ein von Art. 19 Abs. 4 GG umfasstes Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch dann begründet, wenn die Maßnahme erledigt ist.
Die Gewährung von Rechtsschutz kann hier weder vom konkreten Ablauf des Verfahrens und dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch davon abhängen, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann (Ergänzung zu BVerfGE 96, 27).
Verfahrensgang
LG Paderborn (Beschluss vom 25.07.2000; Aktenzeichen 2 T 85/00) |
OLG Hamm (Beschluss vom 06.07.2000; Aktenzeichen 19 W 72/00) |
OLG Köln (Beschluss vom 04.07.2000; Aktenzeichen 9 Wx 33/00) |
AG Paderborn (Beschluss vom 27.04.2000; Aktenzeichen 11 XIV 3585/B) |
LG Aachen (Beschluss vom 10.03.2000; Aktenzeichen 3 T 12/00) |
AG Aachen (Beschluss vom 11.01.2000; Aktenzeichen 41 XVI 4053.B) |
OLG Oldenburg (Oldenburg) (Beschluss vom 12.02.1999; Aktenzeichen 5 W 34/99) |
LG Oldenburg (Beschluss vom 25.01.1999; Aktenzeichen 14 T 88/99) |
AG Vechta (Beschluss vom 13.01.1999; Aktenzeichen 1625-0-15 XIV 6 B) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 12. Februar 1999 – 5 W 34/99 – und des Landgerichts Oldenburg vom 25. Januar 1999 – 14 T 88/99 – verletzen den Beschwerdeführer zu 1. in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Oldenburg zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde verworfen.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 4. Juli 2000 – 9 Wx 33/00 – verletzt den Beschwerdeführer zu 2. in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde verworfen.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. September 2000 – 19 W 111/00 – verletzt den Beschwerdeführer zu 3. in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde verworfen.
Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer zu 1. die notwendigen Auslagen zu erstatten; das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdeführern zu 2. und zu 3. die notwendigen Auslagen zu erstatten. Mit der Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen erledigt sich der Antrag des Beschwerdeführers zu 1. auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Tatbestand
A.
Die zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob dem von der Anordnung von Abschiebungshaft Betroffenen die Rechtsmittel der sofortigen oder der sofortigen weiteren Beschwerde von Verfassungs wegen auch dann eröffnet bleiben, wenn die Haft bereits beendet ist (Fälle der so genannten prozessualen Überholung).
I.
1. a) In dem Verfahren 2 BvR 527/99 ordnete das Amtsgericht durch Beschluss vom 13. Januar 1999 gegen den einen Tag zuvor festgenommenen Beschwerdeführer Abschiebungshaft für die Dauer von drei Monaten an. Zur Begründung führte es aus, der Beschwerdeführer sei vollziehbar zur Ausreise verpflichtet, weil sein Asylverfahren unanfechtbar negativ abgeschlossen sei und der von ihm gestellte Asylfolgeantrag keine aufschiebende Wirkung habe. Die Anordnung der Sicherungshaft sei gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 5 AuslG erforderlich, weil nach dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers der begründete Verdacht bestehe, dass er sich der Abschiebung entziehen wolle. Obwohl er erklärt habe, freiwillig ausreisen zu wollen, und einen Flugkostenzuschuss beantragt habe, habe er dies offensichtlich zu keinem Zeitpunkt vorgehabt. Er habe weder im Asylbewerberheim noch mit seinem Arbeitgeber über eine beabsichtigte Ausreise gesprochen und auch keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen. Als ihm am 16. Dezember 1998 mitgeteilt worden sei, dass der Rückflug demnächst anstehe, habe er einen Asylfolgeantrag gestellt. Aus diesem Verhalten könne gefolgert werden, dass er die Ausreisebereitschaft nur zum Schein erklärt habe.
Nach Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde der Beschwerdeführer am 20. Januar 1999 aus der Haft in sein Heimatland abgeschoben.
b) Mit Beschluss vom 25. Januar 1999 verwarf das Landgericht das Rechtsmittel als unzulässig: Durch die Abschiebung habe sich das Verfahren erledigt; das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers sei damit entfallen.
c) Zur Begründung der hiergegen eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde trug der Beschwerdeführer vor, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei bei Abschiebungshaft nach Erledigung der Hauptsache eine Fortführung des Beschwerdeverfahrens mit dem Ziel einer Feststellungsentscheidung nicht mehr generell ausgeschlossen. Im konkreten Fall sei es nicht möglich gewesen, noch vor Erledigung eine Sachentscheidung des Landgerichts zu bekommen. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe auch deshalb, weil der Betroffene Schadensersatzansprüche wegen widerrechtlicher Inhaftierung nach Art. 5 Abs. 5 EMRK geltend machen könne. Das Landgericht habe ferner das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und das Recht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt.
Das Oberlandesgericht verwarf die sofortige weitere Beschwerde durch Beschluss vom 12. Februar 1999 als unzulässig. Mit der Erledigung der Hauptsache sei das Rechtsschutzinteresse entfallen. Das Abschiebungshaftverfahren sei in seinem typischen Verlauf so angelegt, dass eine Überprüfung im vorgesehenen Rechtsmittelzug regelmäßig erreicht werden könne. Das führe zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Diese Beurteilung bedürfe auch mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG keiner Korrektur, selbst wenn im Einzelfall eine Sachentscheidung nicht zu erreichen gewesen sei.
2. a) Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 1337/00, ein bestandskräftig abgelehnter Asylbewerber, hatte nach seiner Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen am 18. April 1994 eine befristete Aufenthaltserlaubnis inne, die zuletzt bis zum 3. April 1998 verlängert worden war. Über einen 1996 gestellten Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist bislang nicht entschieden worden. Die Ehe des Beschwerdeführers wurde zwischenzeitlich geschieden.
Von Mai 1996 bis zum 8. März 1999 verbüßte der Beschwerdeführer in Belgien eine Freiheitsstrafe. Bereits mit Schreiben vom 8. September 1997 hatte ihm die Ausländerbehörde mitgeteilt, dass seine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG erloschen sei, da er sich seit mehr als sechs Monaten nicht mehr im Bundesgebiet aufgehalten habe. Auch im Falle einer vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft sei er deshalb für die Wiedereinreise in das Bundesgebiet visumspflichtig.
Nach eigenen Angaben reiste der Beschwerdeführer am 9. März 1999 – ohne Visum – wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 10. Januar 2000 wurde er beim Versuch der Einreise in die Niederlande von den niederländischen Behörden fest gehalten und der Grenzschutzinspektion Aachen überstellt.
b) Mit Beschluss vom 11. Januar 2000 ordnete das Amtsgericht gegen den Beschwerdeführer Haft für die Dauer von drei Monaten zur Sicherung der Abschiebung an. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Aufenthaltsgenehmigung und sei damit ausreisepflichtig. Die ihm zuletzt erteilte Aufenthaltsgenehmigung sei spätestens am 3. April 1998 infolge Fristablaufs, möglicherweise bereits schon vorher infolge der Ausreise nach Belgien erloschen. Sein Aufenthalt gelte auch nicht gemäß § 69 Abs. 3 AuslG als erlaubt, da er einen neuen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht im Rahmen eines rechtmäßigen Aufenthalts gestellt habe. Der 1996 gestellte Antrag löse keine Erlaubnisfiktion aus, da über ihn entschieden worden sei. Die Ausreisepflicht sei vollziehbar, da der Beschwerdeführer unerlaubt, nämlich ohne Pass und Aufenthaltsgenehmigung, eingereist sei. Der Beschwerdeführer sei abzuschieben, da eine freiwillige Ausreise nicht gesichert sei. Er sei mittellos, besitze keinen Pass und sei zuletzt unter Aliaspersonalien aufgetreten. Es liege der Haftgrund der unerlaubten Einreise (§ 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG) vor.
c) Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, über seinen 1996 gestellten Antrag auf unbefristete Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis sei bis heute nicht entschieden worden, weshalb die Fiktion erlaubten Aufenthalts fortgelte. Zudem habe er keinerlei Absichten, sich der Abschiebung zu entziehen.
Durch Beschluss vom 10. März 2000 wies das Landgericht die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück. Ergänzend zu den Gründen des amtsgerichtlichen Beschlusses führte es aus: Zwar dürfte dem Beschwerdeführer aufgrund des bislang unbeschiedenen Antrags auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis zunächst die Fiktion erlaubten Aufenthalts gemäß § 69 Abs. 3 AuslG zugute gekommen sein. Diese Erlaubnisfiktion erlösche aber ebenso wie die tatsächlich erteilte Aufenthaltsgenehmigung entsprechend § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG, wenn – wie hier – der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund ausreise, oder entsprechend § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG, wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist sei.
d) In einem zwischenzeitlich vom Beschwerdeführer angestrengten verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren wurde der Ausländerbehörde einstweilen untersagt, den Beschwerdeführer nach Nigeria abzuschieben; ferner wurde ihr aufgegeben, den Beschwerdeführer aus der Abschiebungshaft zu entlassen. Abschiebungshindernisse habe der Beschwerdeführer in einer für das summarische Verfahren ausreichenden Weise dargelegt. Er habe Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG, da seine Abschiebung wegen Fehlens eines Passersatzpapieres tatsächlich sowie wegen Fehlens einer Vollstreckungsgrundlage in Gestalt einer Abschiebungsandrohung rechtlich unmöglich sei.
Daraufhin wurde der Beschwerdeführer am 23. März 2000 aus der Abschiebungshaft entlassen.
e) Mit Beschluss vom 4. Juli 2000 verwarf das Oberlandesgericht die am 29. März 2000 eingelegte sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts als unzulässig. Es fehle an einem rechtlichen Interesse an der Durchführung des Beschwerdeverfahrens, da die Hauptsache durch die Haftentlassung erledigt sei. Allerdings begründe Art. 19 Abs. 4 GG ein Rechtsschutzinteresse in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensverlauf auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz nur schwer erlangen könne. Die mit der Abschiebungshaft verbundene Freiheitsentziehung stelle zwar einen tief greifenden Grundrechtseingriff dar, doch sei die Sicherungshaft nach ihrem typischen Ablauf nicht auf eine so kurze Beeinträchtigung angelegt, dass die Gefahr bestehe, die gegen die Anordnung eröffneten Rechtsmittel könnten „leerlaufen”.
3. a) Gegen den Beschwerdeführer in dem Verfahren 2 BvR 1777/00, einen bestandskräftig abgelehnten Asylbewerber, war erstmals mit Beschluss vom 4. November 1999 Abschiebungshaft angeordnet und sodann durch Beschluss vom 3. Februar 2000 bis zum 4. Mai 2000 verlängert worden. Mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 27. April 2000 verlängerte das Amtsgericht die Abschiebungshaft um weitere drei Monate bis zum 4. August 2000. Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde wies das Landgericht mit Beschluss vom 24. Mai 2000 zurück. Auf die sofortige weitere Beschwerde hob das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 6. Juli 2000 den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück. Mit Beschluss vom 25. Juli 2000 wies das Landgericht nach weiterer Sachaufklärung die sofortige Beschwerde wiederum zurück.
Mit Beschluss vom 4. August 2000 wurde die Sicherungshaft um weitere drei Monate bis zum 4. November 2000 verlängert. Am 3. November 2000 wurde der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen.
b) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 1. September 2000 verwarf das Oberlandesgericht die erneut eingelegte sofortige weitere Beschwerde gegen die Haftanordnung vom 27. April 2000 als unzulässig. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, das Rechtsschutzbedürfnis sei entfallen, weil die mit diesem Beschluss angeordnete dreimonatige Haft inzwischen beendet sei. Damit sei der im Rechtsmittelzug auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfende Verfahrensgegenstand weggefallen. Eine Fortsetzung des Verfahrens zu dem Zweck, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung festzustellen, sei im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht vorgesehen. Hier dienten Rechtsmittel lediglich dazu, eine noch vorhandene Beschwer zu beseitigen. Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur „prozessualen Überholung” (BVerfGE 96, 27) folge nichts anderes. Dies habe der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 25. Juni 1998 (BGHZ 139, 254) bestätigt. Anders als in den Fällen, in denen die Rechtsprechung eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung zugelassen habe, sei der von Abschiebungshaft Betroffene zu allen für die Entscheidung erheblichen Umständen vorher persönlich anzuhören. Zudem sei die Abschiebungshaft – im Gegensatz zur Durchsuchung oder zur präventiven Ingewahrsamnahme – nicht auf eine so kurze Beeinträchtigung angelegt, dass die Gefahr des Leerlaufens der eröffneten Rechtsmittel bestünde. Die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit seien bei typischem Verfahrensablauf in der Lage, über Rechtsmittel gegen die Anordnung der Sicherungshaft innerhalb der Haftdauer zu entscheiden. Dabei sei nicht auf Einzelfälle, sondern darauf abzustellen, ob die Maßnahmen ihrer Natur nach häufig vor gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet seien.
II.
Die Beschwerdeführer wenden sich mit den Verfassungsbeschwerden gegen die Haftanordnungen der Amtsgerichte, die diese bestätigenden landgerichtlichen Entscheidungen und die die Rechtsmittel als unzulässig verwerfenden Beschlüsse des Landgerichts Oldenburg und der Oberlandesgerichte.
1. Alle Beschwerdeführer rügen die Verletzung der Garantie effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. Komme eine gravierende Verletzung von Grundrechten in Betracht, so müsse auch nach Erledigung der Hauptsache konkret mit Bezug auf den Einzelfall festgestellt werden, ob ein Rechtsschutzinteresse fortbestehe. Insbesondere bei tief greifenden Grundrechtseingriffen verlange Art. 19 Abs. 4 GG, dass ein zur Verfügung stehendes Rechtsmittel auch effektiv sei. Dies gelte auch dann, wenn der Eingriff tatsächlich nicht mehr fortwirke, insbesondere in den Fällen, in denen die Verfassung oder das Gesetz den Eingriff vorbeugend dem Richter vorbehalte. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Rechtsmittel, die bei Durchsuchungen, Untersuchungshaft und vorbeugender Polizeihaft zulässig seien, bei Abschiebungshaft unzulässig sein sollten. Soweit der Bundesgerichtshof (BGHZ 139, 254) den Standpunkt vertrete, die Abschiebungshaft sei nach ihrem typischen Ablauf nicht auf eine so kurze Beeinträchtigung angelegt, dass die Gefahr des „Leerlaufens” der gegen ihre Anordnung eröffneten Rechtsmittel bestünde, zeige sich, dass diese Gefahr tatsächlich doch bestehe.
2. a) Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 527/99 trägt ergänzend vor, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Inhaftierung ergebe sich auch daraus, dass er Schadensersatzansprüche gemäß Art. 5 Abs. 5 EMRK geltend machen könne.
Des Weiteren rügt er Verstöße gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG sowie gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
b) Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 1337/00 rügt zudem die Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 3 Abs. 1 und 3 sowie von Art. 103 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 104 GG.
c) Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 1777/00 hebt hervor, dass in seinem Fall die Anerkennung eines Rechtsschutzbedürfnisses auch wegen Wiederholungsgefahr geboten sei. In Abschiebungshaftsachen sei die Prüfung durch die Rechtsbeschwerdeinstanz regelmäßig geeignet, dieser Gefahr zu begegnen. Verlängerungen der zunächst zeitlich begrenzt angeordneten Abschiebungshaft würden relativ häufig erforderlich, bei bestimmten Nationalitäten sei die Abschiebung innerhalb der ersten sechs Wochen oder drei Monate gar die Ausnahme. Bei solchen Verlängerungen werde fast immer auf die vorausgegangenen Entscheidungen inhaltlich Bezug genommen. In seinem Fall habe sich mit der erneuten Verlängerung der Abschiebungshaft die Wiederholungsgefahr bereits realisiert.
Daneben rügt der Beschwerdeführer Verstöße gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 und Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG.
III.
1. Das Niedersächsische Justizministerium hält die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 527/99 für unbegründet. Art. 19 Abs. 4 GG gebiete nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Rechtsmittelgerichten, in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe ein Rechtsschutzinteresse auch dann noch anzunehmen, wenn wegen Beendigung des Eingriffs eine gegenwärtige Beschwer zwar weggefallen, der Eingriff aber einer Fallgruppe zuzurechnen sei, bei der sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen könne. Diese Voraussetzungen habe das Bundesverfassungsgericht für richterliche Durchsuchungsanordnungen und vorläufige Unterbringungen gemäß § 70h Abs. 1 FGG bejaht. Auf die Anordnung von Abschiebungshaft sei diese Rechtsprechung indes nicht übertragbar. Die Abschiebungshaft in der Form der Sicherungshaft gemäß § 57 Abs. 2 AuslG dauere im Regelfall so lange, dass eine Entscheidung über ein Rechtsmittel zu erlangen sei. In der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle sei die Sicherungshaft nicht auf wenige Tage beschränkt. Aus einer vom Landeskriminalamt erstellten Übersicht ergebe sich, dass im Mittel der vergangenen Jahre jeder Abschiebungsgefangene durchschnittlich länger als einen Monat in Abschiebungshaft gewesen sei. Auf den Umstand, dass die Abschiebungshaft im konkreten Fall lediglich acht Tage gedauert habe, komme es nicht an, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf den typischen Verfahrensablauf abzustellen sei.
2. a) Im Verfahren 2 BvR 527/99 hat für den Bundesgerichtshof der Vorsitzende des V. Zivilsenats mitgeteilt, die Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 1998 (BGHZ 139, 254) gingen mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon aus, dass für die Annahme eines fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses maßgeblich sei, ob die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt sei, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in den von der Verfahrensordnung gegebenen Instanzen kaum erlangen könne. Andererseits habe das Bundesverfassungsgericht auch hervorgehoben, dass im Einzelfall ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Maßnahme bestehe könne. Bei dem der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahrensablauf würde der Senat wohl nicht von einem Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses ausgehen. Vergleichbare Sachverhalte hätten bei den Senatsbeschlüssen vom 25. Juni 1998 nicht vorgelegen.
b) In seiner Stellungnahme zum Verfahren 2 BvR 1337/00 hat der Vorsitzende des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs betont, der Senat habe für die Abschiebungshaft die Auffassung vertreten, dass die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei typischem Verfahrensablauf in der Lage seien, die Entscheidung innerhalb der Haftdauer herbeizuführen. Auf Einzelfälle, in denen die Abschiebungshaft nur wenige Tage dauern könne, sei für die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht abzustellen. Sollte das Bundesverfassungsgericht es für notwendig halten, von dem typischen Verfahrensablauf als einem zusätzlichen Kriterium für das Rechtsschutzinteresse Abstand zu nehmen und nur noch auf die Schwere des Grundrechtseingriffs abzustellen, würde auch der Senat an der bisherigen Rechtsprechung nicht festhalten.
3. In den Verfahren 2 BvR 1337/00 und 2 BvR 1777/00 hatten auch die Ausländerbehörden und das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Gelegenheit zur Stellungnahme; letzteres hat von einer Äußerung abgesehen. Die Stadt Aachen hält die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1337/00 für unbegründet.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen des Landgerichts Oldenburg und der Oberlandesgerichte, mit denen diese Rechtsmittel der Beschwerdeführer als unzulässig verworfen haben, sind zulässig. Zwar hat sich die jeweils angeordnete Abschiebungshaft durch Abschiebung, Entlassung aus der Haft oder Ablauf der Haftdauer erledigt. Angesichts des mit der Freiheitsentziehung erlittenen Eingriffs in ein besonders bedeutsames Grundrecht besteht aber ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme auch nach deren Erledigung fort (vgl. für die Verfassungsbeschwerde BVerfGE 9, 89 ≪93 f.≫; 10, 302 ≪308≫; 53, 152 ≪157 f.≫; 58, 208 ≪219≫; 83, 24 ≪29 f.≫; Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 1996 – 2 BvR 927/95 –, NVwZ-Beilage 1996, S. 49 und der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2000 – 2 BvR 453/99 –, NJW 2000, S. 1401; stRspr). Diesem Interesse haben mit Rücksicht auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG) vorrangig die zuständigen Fachgerichte zu genügen. Diese haben hier mit der Verwerfung der Rechtsmittel als unzulässig die von den Beschwerdeführern begehrte Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung abgelehnt. Der Betroffene hat ein berechtigtes Interesse an der Klärung, ob diese Prozessentscheidung ihn in seinem aus Art. 19 Abs. 4 GG garantierten effektiven Rechtsschutz verletzt.
C.
Soweit die Verfassungsbeschwerden zulässig sind, sind sie auch begründet.
I.
1. Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 ≪326≫; 67, 43 ≪58≫; 96, 27 ≪39≫; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 ≪213≫; 96, 27 ≪39≫). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 ≪343≫; 83, 24 ≪31≫; 87, 48 ≪61≫; 92, 365 ≪410≫; 96, 27 ≪39≫; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 ≪274 f.≫; 54, 94 ≪96 f.≫; 65, 76 ≪90≫; 96, 27 ≪39≫; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leerlaufen” lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 ≪98 f.≫; 96, 27 ≪39≫).
2. Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es grundsätzlich vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem vorhandenen und fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪39≫). Es ist ein allgemein anerkanntes Rechtsprinzip, dass jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt (vgl. BVerfGE 61, 126 ≪135≫). Diese allen Prozessordnungen gemeinsame Sachentscheidungsvoraussetzung wird abgeleitet aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB), dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte sowie dem auch für die Gerichte geltenden Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., Vorbemerkung § 40 Rn. 30 m.w.N.). Ein Rechtsschutzinteresse ist zu bejahen, solange der Rechtsschutzsuchende gegenwärtig betroffen ist und mit seinem Rechtsmittel ein konkretes praktisches Ziel erreichen kann. Danach ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte bei Erledigung des Verfahrensgegenstandes einen Fortfall des Rechtsschutzinteresses annehmen. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet nicht, dass die Gerichte generell auch dann noch weiter in Anspruch genommen werden können, um Auskunft über die Rechtslage zu erhalten, wenn damit aktuell nichts mehr bewirkt werden kann. Dies dient auch der Entlastung der Gerichte, die damit Rechtsschutz insgesamt für alle Rechtsschutzsuchenden schneller und effektiver gewähren können.
3. a) Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels kann ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist. Insofern entfällt das Rechtsschutzinteresse nicht, wohl aber ändert sich der Prozessgegenstand. Es ist allgemein anerkannt, dass ein Rechtsschutzinteresse fortbesteht, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪40≫).
b) Darüber hinaus kommt ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe in Betracht. Hierunter fallen vornehmlich solche, die schon das Grundgesetz – wie in den Fällen der Art. 13 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 2 und 3 – unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪40≫). Bei derart schwerwiegenden Grundrechtseingriffen hat das Bundesverfassungsgericht ein durch Art. 19 Abs. 4 GG geschütztes Rechtsschutzinteresse in Fällen angenommen, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Dies hat der Senat für Fälle der Wohnungsdurchsuchung aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung bejaht (vgl. BVerfG, a.a.O.). Im Anschluss hieran haben die Kammern des Bundesverfassungsgerichts ein Rechtsschutzinteresse trotz so genannter prozessualer Überholung etwa bei erledigtem polizeirechtlichen Unterbindungsgewahrsam (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 1997 – 2 BvR 126/91 –, EuGRZ 1997, S. 374 und Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Februar 1999 – 2 BvR 804/97 –, NJW 1999, S. 3773) und bei der vorläufigen gerichtlich angeordneten Unterbringung psychisch auffälliger Personen nach § 70h FGG (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Mai 1998 – 2 BvR 978/97 –, NJW 1998, S. 2432) angenommen. Auch die Verwaltungsgerichte bejahen im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO teilweise ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse (sog. Fortsetzungsfeststellungsinteresse) in Fällen, in denen der angegriffene Verwaltungsakt sich typischerweise kurzfristig erledigt (vgl. die Nachweise bei Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 113 Rn. 145 m.w.N.).
c) Im Bereich der Abschiebungshaft kommt hiernach ein Rechtsschutzinteresse trotz prozessualer Überholung etwa bei Haftanordnungen im Wege der einstweiligen Anordnung (vgl. § 11 FEVG) oder zur Vorbereitung der Ausweisung (vgl. § 57 Abs. 1 AuslG) in Betracht, bei denen die Höchstdauer der Haft auf sechs Wochen begrenzt ist oder werden soll (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Januar 2001, InfAuslR 2001, S. 179; BayObLG, Beschluss vom 1. Juni 2001, InfAuslR 2001, S. 445). Fälle längerfristig angeordneter Sicherungshaft (vgl. § 57 Abs. 2 und 3 AuslG), wie sie hier in Rede stehen, sind davon indes zu unterscheiden. Der Bundesgerichtshof (BGHZ 139, 254) hat insoweit darauf hingewiesen, dass die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei typischem Verfahrensablauf in der Lage seien, über Rechtsmittel gegen die Anordnung von Haft zur Sicherung der Abschiebung innerhalb der Haftdauer zu entscheiden. Hierauf kommt es jedoch bei Eingriffen in das Grundrecht der Freiheit der Person nicht maßgeblich an.
4. a) Das Recht auf Freiheit der Person hat unter den grundrechtlich verbürgten Rechten einen besonders hohen Rang (vgl. BVerfGE 32, 87 ≪92≫; 65, 317 ≪322≫; Grabitz, Freiheit der Person, in HStR VI, § 130 Rn. 1). Jede Inhaftierung greift in schwerwiegender Weise in dieses Recht ein. Schon dies lässt in aller Regel auch nach Erledigung des Eingriffs ein Interesse des Betroffenen an – auch nachträglicher – Feststellung der Rechtswidrigkeit als schutzwürdig erscheinen. Es kommt hinzu, dass ein Rechtsschutzinteresse für eine (nachträgliche) Feststellung der Rechtswidrigkeit, dem im Rahmen von Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung zu tragen ist, anerkanntermaßen auch aus dem diskriminierenden Charakter einer Maßnahme folgen kann (vgl. Schenke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 142 m.w.N.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). In der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird ein Rechtsschutzbedürfnis nach Erledigung einer Maßnahme im Sinn eines Rehabilitierungsinteresses bejaht, wenn die begehrte Feststellung, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war, als „Genugtuung” oder zur Rehabilitierung erforderlich ist, weil der Verwaltungsakt diskriminierenden Charakter hatte und das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigte (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.).
Ein Freiheitsverlust durch Inhaftierung indiziert ein solches Rehabilitierungsinteresse. Eingriffe in die körperliche Bewegungsfreiheit, mit denen der Staat auf festgestelltes, begründeterweise vermutetes oder zu besorgendes rechtswidriges Verhalten des Einzelnen reagiert, berühren den davon Betroffenen, auch wenn sie nicht mit einer strafrechtlichen Unwerterklärung verbunden sind, im Kern seiner Persönlichkeit (vgl. auch BVerwGE 62, 317 ≪322≫).
b) Hiernach ist in den vorliegenden Fällen ein von der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG umfasstes Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Mit der Anordnung von Haft zur Sicherung der Abschiebung, die schwerwiegend in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eingreift, ist – wie sich aus den in § 57 Abs. 2 AuslG angeführten Haftgründen ergibt – notwendig die an das zurechenbare Verhalten des Ausländers anknüpfende Feststellung verbunden, der Betroffene werde ohne die Inhaftierung seine Abschiebung wesentlich erschweren oder vereiteln oder er werde versuchen unterzutauchen. Implizit beinhaltet eine richterliche Haftanordnung damit den Vorhalt, der betroffene Ausländer habe sich in einer Weise gesetzwidrig verhalten – oder drohe sich so zu verhalten –, die seine Inhaftierung rechtfertige. Die Haftanordnung ist damit auch geeignet, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Die Gewährung von Rechtsschutz kann im Hinblick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse weder vom konkreten Ablauf des Verfahrens und dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch davon abhängen, ob in Abschiebungshaftfällen Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann.
5. Besteht hiernach bei Freiheitsentziehungen durch Haft zur Sicherung der Abschiebung ein schutzwürdiges Interesse an der (nachträglichen) Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit auch dann, wenn sie erledigt sind, so müssen die Fachgerichte dies bei Beantwortung der Frage nach einem Rechtsschutzinteresse gemäß Art. 19 Abs. 4 GG beachten. Nach der Funktionenteilung zwischen Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit obliegt es nämlich zuvörderst den Fachgerichten, die Grundrechte zu wahren und durchzusetzen (vgl. BVerfGE 47, 182 ≪191≫; 49, 252 ≪258≫; 63, 77 ≪79≫; 73, 322 ≪327≫; 96, 27 ≪40≫; stRspr). Ein Beschwerdeführer, der von einer Haftanordnung schwerwiegend im Schutzbereich seines Freiheitsgrundrechts betroffen ist, darf nicht darauf verwiesen werden, erst und nur im Wege der Verfassungsbeschwerde effektiven Grundrechtsschutz einzufordern, sofern das Prozessrecht eine weitere fachgerichtliche Instanz eröffnet.
II.
1. Gemäß §§ 3, 7 FEVG, § 103 Abs. 2 AuslG, §§ 19, 22, 27, 29 FGG ist gegen richterliche Abschiebungshaftanordnungen die sofortige und die sofortige weitere Beschwerde statthaft. Die Zulässigkeit dieser Rechtsmittel war von den angerufenen Fachgerichten unter Beachtung der dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beurteilen. Danach durften sie die Beschwerden nicht als unzulässig verwerfen, weil die Haftanordnungen sich durch Vollzug der Abschiebung, Entlassung aus der Abschiebungshaft oder Ablauf der Haftdauer erledigt hatten. Vielmehr hatten sie zu prüfen, ob von Verfassungs wegen ein Rechtsschutzinteresse der Betroffenen fortbesteht. Wegen des Gewichts der Eingriffe in das Grundrecht der Freiheit der Person, das den Inhaftierungen unter Berücksichtigung der mit ihnen verbundenen diskriminierenden Wirkung innewohnt, ist ein solches Interesse zu bejahen.
2. Die Beschlüsse, mit denen das Landgericht Oldenburg und die Oberlandesgerichte die sofortige Beschwerde und die sofortigen weiteren Beschwerden gegen die richterlichen Abschiebungshaftanordnungen wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen haben, verletzen Art. 19 Abs. 4 GG. Jede dieser Beschwerden betraf einen Fall, in dem das Beschwerdegericht entsprechend dem dargelegten Maßstab vom Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses hätte ausgehen müssen.
Inwieweit im Verfahren 2 BvR 527/99 auch aus der beabsichtigten Verfolgung von Ersatzansprüchen gemäß Art. 5 Abs. 5 EMRK und im Verfahren 2 BvR 1777/00 aus einer konkreten Wiederholungsgefahr ein Rechtsschutzbedürfnis abzuleiten war, kann offen bleiben.
Die Beschlüsse sind aufzuheben; die Sachen sind zu erneuter Entscheidung an das Landgericht Oldenburg (2 BvR 527/99), das Oberlandesgericht Köln (2 BvR 1337/00) und das Oberlandesgericht Hamm (2 BvR 1777/00) zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
D.
Soweit die Verfassungsbeschwerden sich gegen die vor der Erledigung ergangenen Haftanordnungsbeschlüsse der Amtsgerichte und die diese in der Sache bestätigenden Beschlüsse der Landgerichte richten, sind sie unzulässig. Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG) gebietet es, dass ein Beschwerdeführer den fachgerichtlichen Rechtsweg ausschöpft, um seine verfassungsrechtliche Beschwer auszuräumen. Nachdem nunmehr feststeht, dass die Beschwerdegerichte die Beschwerden nicht wegen prozessualer Überholung als unzulässig verwerfen durften, steht noch ein fachgerichtlicher Rechtsweg zur Entscheidung über die verfassungsrechtlichen Einwendungen zur Verfügung (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪43≫).
Soweit der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 1777/00 auch den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Juli 2000 angreift, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig. Mit diesem Beschluss hat das Oberlandesgericht den vorangegangenen Beschluss des Landgerichts aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Davon ist der Beschwerdeführer nicht aktuell beschwert.
E.
Da die Beschwerdeführer mit ihren Verfassungsbeschwerden im Wesentlichen Erfolg haben, ist eine Erstattung ihrer notwendigen Auslagen in vollem Umfang angemessen (§ 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG).
Mit dieser Anordnung erledigt sich der Antrag des Beschwerdeführers zu 1. auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (vgl. BVerfGE 62, 392 ≪397≫; 71, 122 ≪136 f.≫).
Unterschriften
Limbach, Sommer, Jentsch, Hassemer, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff
Fundstellen