Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Vorlegungsbeschluss vom 15.02.2006; Aktenzeichen 8 B 2.04) |
Tenor
§ 2 Absatz 8 Satz 2 des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin (Berliner Hochschulgesetz - BerlHG) in der Fassung vom 5. Oktober 1995 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 728), geändert durch Artikel II § 3 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts (Haushaltsstrukturgesetz 1996 - HStrG 96) vom 15. April 1996 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 126), durch Artikel IX des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts (Haushaltsstrukturgesetz 1997 - HStrG 97) vom 12. März 1997 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 69), durch Artikel XI des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts (Haushaltsstrukturgesetz 1998 - HStrG 98) vom 19. Dezember 1997 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 686) und durch Artikel LXV des Gesetzes zur Anpassung landeseigener Gesetze an den Euro (Berliner Euro-Anpassungsgesetz) vom 16. Juli 2001 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 260), ist in den Fassungen der genannten Änderungen mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit den Artikeln 104a ff. des Grundgesetzes sowie mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit danach bei jeder Rückmeldung Gebühren von 100 Deutsche Mark beziehungsweise 51,13 Euro pro Semester erhoben werden.
Tatbestand
A.
Mit den zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Vorlagen im Verfahren der konkreten Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 GG, §§ 80 ff. BVerfGG) ist zur Prüfung gestellt, ob die nach § 2 Abs. 8 Satz 2 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) in den vom 21. April 1996 bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassungen (im Folgenden: BerlHG a.F.) von Studierenden bei der Rückmeldung zu entrichtende Gebühr in Höhe von 100 DM mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
I.
1. a) In der Fassung des Berliner Hochschulgesetzes vom 5. Oktober 1995, die nicht Gegenstand der Vorlagen ist, lautete § 2 Abs. 8 BerlHG:
„Die Hochschulen können durch Satzung Gebühren für die Benutzung ihrer Einrichtungen erheben. Studiengebühren werden nicht erhoben.”
Durch Art. II § 3 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts vom 15. April 1996 (Haushaltsstrukturgesetz 1996 – HStrG 96) wurde die Vorschrift wie folgt neu gefasst:
„Die Hochschulen können durch Satzung Gebühren für die Benutzung ihrer Einrichtungen erheben. Ab dem Wintersemester 1996/1997 werden bei der Immatrikulation und jeder Rückmeldung Gebühren von 100 Deutsche Mark pro Semester erhoben. Die für die Hochschulen zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, die Gebühren nach Satz 2 durch Rechtsverordnung der Preis- und Kostenentwicklung anzupassen.”
Zugleich wurde dem § 2 BerlHG als Absatz 10 der Satz
„Studiengebühren werden nicht erhoben.”
angefügt.
b) Ein vom Senat von Berlin erstellter Entwurf des Haushaltsstrukturgesetzes 1996 hatte anstelle der später in das Abgeordnetenhaus eingebrachten Fassung des § 2 Abs. 8 BerlHG zunächst eine Formulierung enthalten, nach der ab dem Wintersemester 1996/97 „für” die Immatrikulation und „für” jede Rückmeldung Gebühren von 100 DM pro Semester zu erheben waren (vgl. Schreiben der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur vom 8. August 1996, S. 3).
Aufgrund von Bedenken gegen die Bemessung der Gebühren wurde mit Beschluss des Senats vom 6. März 1996 die Senatsverwaltung für Justiz gebeten, zu prüfen, ob die vorgeschlagene Regelung in der vorgesehenen Form erfolgen könne. Das Ergebnis dieser Prüfung ist nicht dokumentiert.
Der unter dem 8. März 1996 in das Abgeordnetenhaus eingebrachte Gesetzentwurf des Haushaltsstrukturgesetzes 1996 enthielt in Art. II § 4 für den geplanten § 2 Abs. 8 BerlHG eine gegenüber der senatsinternen Entwurfsfassung modifizierte Formulierung, die eine Gebührenerhebung „bei” Immatrikulation und Rückmeldung vorsah (Abgeordnetenhaus Drs 13/201, S. 7):
„Ab dem Wintersemester 1996/1997 werden bei der Immatrikulation und jeder Rückmeldung Gebühren von 100 DM pro Semester erhoben. Darüber hinaus können die Hochschulen durch Satzung Gebühren und Entgelte für die Benutzung ihrer Einrichtungen erheben. Die für die Hochschulen zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, die Gebühren nach Satz 1 durch Rechtsverordnung der Preis- und Kostenentwicklung anzupassen.”
Nach der vorgesehenen – und vom Abgeordnetenhaus wie vorgeschlagen beschlossenen – Präambel des Gesetzes machten die sich für den Zeitraum bis zum Jahre 1999 abzeichnenden Finanzierungsdefizite des Landes Berlin umfassende haushaltspolitische Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich, zu denen Hauptverwaltung, Bezirksverwaltungen, landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie Unternehmen des Landes Berlin beizutragen hätten (Abgeordnetenhaus Drs 13/201, S. 3). Danach sollten, wie die Gesetzesbegründung hervorhebt, alle Einrichtungen des Landes zur Konsolidierung beizutragen haben (a.a.O., S. 11).
Der Begründung zur Änderung des § 2 Abs. 8 BerlHG zufolge bezweckte die Regelung die Erhebung von Gebühren „für” die Immatrikulation und Rückmeldung (Abgeordnetenhaus Drs 13/201, S. 15). Die Darstellung der haushaltswirtschaftlichen Konsequenzen war in der Gesetzesbegründung dahin formuliert, dass auf Grund der Einführung einer Gebühr „für” die Immatrikulation und Rückmeldung mit einer Minderung der Zuschüsse für die Hochschulen um rund 13,6 Mio. DM gerechnet werde (a.a.O., S. 27).
2. a) Durch Art. IX Nr. 2 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts (Haushaltsstrukturgesetz 1997 – HStrG 97) vom 12. März 1997 (GVBl S. 69) erhielt § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG folgende Fassung:
„Bei der Immatrikulation und jeder Rückmeldung werden Gebühren von 100 Deutsche Mark pro Semester erhoben; dies gilt nicht für ausländische Studierende, die auf Grund eines zwischenstaatlichen oder übernationalen Abkommens oder einer Hochschulpartnerschaft immatrikuliert sind oder werden, soweit Gegenseitigkeit besteht, sowie für ausländische Studierende im Rahmen von Förderungsprogrammen, die ausschließlich oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln des Bundes oder der Länder finanziert werden.”
b) Mit Art. XI Nr. 1 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts 1998 (Haushaltsstrukturgesetz 1998 – HStrG 98) vom 19. Dezember 1997 (GVBl S. 686) wurden in § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG nach dem Semikolon und den Worten „dies gilt nicht” die Worte
„in Fällen der Beurlaubung vom Studium zur Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes,”
eingefügt. In dieser Fassung galt die Vorschrift bis zum 31. Dezember 2001.
c) Mit Wirkung vom 1. Januar 2002 wurde in § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG die Angabe „100 Deutsche Mark” durch die Angabe „51,13 Euro” ersetzt (Art. LXV des Gesetzes zur Anpassung landeseigener Gesetze an den Euro – Berliner Euro-Anpassungsgesetz – vom 16. Juli 2001, GVBl S. 260; zum Zeitpunkt des Inkrafttretens s. Art. LXVIII).
3. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2003 zur baden-württembergischen Rückmeldegebühr (BVerfGE 108, 1) wurden die gebührenbezogenen Regelungen in § 2 BerlHG durch Art. II Nr. 2 Buchstabe d) des Gesetzes zur Umsetzung des Professorenbesoldungsreformgesetzes und zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 2. Dezember 2004 (GVBl S. 484 ≪485 f.≫, gemäß Art. IV des Gesetzes in Kraft getreten am 15. Dezember 2004) wie folgt neu gefasst:
„(7) Die Hochschulen können durch Satzung Gebühren für die Benutzung ihrer Einrichtungen und für Verwaltungsleistungen erheben. Anlässlich der Immatrikulation und jeder Rückmeldung erheben die Hochschulen Verwaltungsgebühren in Höhe von 50 Euro je Semester für Verwaltungsleistungen, die sie für die Studierenden im Rahmen der Durchführung des Studiums außerhalb der fachlichen Betreuung erbringen. Hierzu zählen Verwaltungsleistungen für die Immatrikulation, Rückmeldung, Beurlaubung und Exmatrikulation. Außerdem zählen hierzu Verwaltungsleistungen, die im Rahmen der allgemeinen Studienberatung sowie durch die Akademischen Auslandsämter und die Prüfungsämter erbracht werden. (…)
(9) Studiengebühren werden nicht erhoben.”
II.
1. Die Kläger der Ausgangsverfahren streiten um die Rückzahlung von Rückmeldegebühren, die sie als Studierende an Berliner Universitäten bei der Rückmeldung für das Wintersemester 1996/97 (Kläger des Ausgangsverfahrens zu 2 BvL 52/06) beziehungsweise für vier Semester ab dem Wintersemester 1996/97 (Klägerin des Ausgangsverfahrens zu 2 BvL 51/06) entrichtet haben.
Das Verwaltungsgericht Berlin wies die Klagen ab. Die Berufungen wurden vom Oberverwaltungsgericht Berlin zunächst zurückgewiesen. Auf die Revisionen der Kläger hob das Bundesverwaltungsgericht durch Urteile vom 3. Dezember 2003 (– 6 C 13/03 –, juris, sowie – 6 C 14/03 –) die Berufungsurteile auf und verwies die Sachen an das Oberverwaltungsgericht zurück. Ob die Gebührenregelung des § 2 Abs. 8 Satz 2 erster Satzteil BerlHG sich innerhalb der Grenzen halte, die dem Gesetzgeber bei der auf Sachkompetenzen gestützten Auferlegung von Abgaben durch die Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung gesetzt seien, könne nicht ohne weitere Feststellungen entschieden werden. Eine Gebührenbemessung sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, wenn sie zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken in grobem Missverhältnis stehe. Mit der Regelung des § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG habe der Gesetzgeber nach den bindenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts den legitimen Gebührenzweck verfolgt, Einnahmen zu erzielen, um die speziellen Kosten für die Bearbeitung jeder Rückmeldung zu decken. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht, wie erforderlich, ermittelt, in welcher Höhe Verwaltungskosten für die Bearbeitung der Rückmeldung entstehen. Weitere Gebührenzwecke, die dies möglicherweise hätten entbehrlich machen können, bestünden nicht. Der zur Rechtfertigung der Gebührenhöhe herangezogene weitere Gebührenzweck der Abschöpfung von Vorteilen, die den Studierenden infolge der Bearbeitung der Rückmeldung und der Aufrechterhaltung ihrer Mitgliedschaft in der Universität oder durch daran anknüpfende Leistungen öffentlicher oder privater Dritter gewährt würden, lasse sich § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG nicht mit der verfassungsrechtlich erforderlichen Deutlichkeit entnehmen.
2. Mit im Wesentlichen gleichlautenden Beschlüssen vom 15. Februar 2006 hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Ausgangsverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 2 Abs. 8 Satz 2 erster Satzteil BerlHG in den jeweils maßgeblichen Fassungen insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach bei jeder Rückmeldung Gebühren von 100 DM pro Semester erhoben werden.
a) Die Entscheidung über die Berufungen hänge von der Gültigkeit des § 2 Abs. 8 Satz 2 erster Satzteil BerlHG (a.F.) ab, soweit danach bei jeder Rückmeldung Gebühren von 100 DM pro Semester zu erheben seien. Dann und nur dann, wenn die Bestimmung insoweit verfassungswidrig und nichtig sei, müsse die Berufung jeweils Erfolg haben, weil den Klägern in diesem und nur in diesem Fall mangels Rechtsgrundes für die Gebührenzahlung ein Erstattungsanspruch zustehe.
b) Die Bestimmung sei nach Überzeugung des beschließenden Senats im genannten Umfang verfassungswidrig und nichtig. Die Bemessung der Gebühr überschreite bei der gewählten Ausgestaltung des gesetzlichen Gebührentatbestands die Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin; sie sei unvereinbar mit den bei der Erhebung und Bemessung nichtsteuerlicher Abgaben zu beachtenden, sich aus der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung ergebenden Anforderungen. Es fehle an der erforderlichen Rechtfertigung durch zulässige und vom Gesetzgeber bei der tatbestandlichen Ausgestaltung erkennbar verfolgte Gebührenzwecke. Neben der Kostendeckung könnten auch andere Gebührenzwecke wie Vorteilsausgleich, Verhaltenslenkung und soziale Zwecke die Gebührenhöhe sachlich rechtfertigen. Der Gesetzgeber habe insoweit einen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum. Die Gebührenbemessung sei jedoch dann nicht sachlich gerechtfertigt, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken stehe.
aa) Der Gebührentatbestand bringe hinreichend klar zum Ausdruck, dass die streitige Rückmeldegebühr die Gegenleistung für die öffentliche Leistung der Hochschulverwaltung darstelle, die in der Bearbeitung jeder Rückmeldung bestehe. § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG (a.F.) bezwecke ausweislich der amtlichen Entwurfsbegründung die Erhebung von Gebühren für Immatrikulation und Rückmeldung. Die Abgabe sei im Gesetzgebungsverfahren von Abgeordneten aller Parteien durchgängig als „Verwaltungsgebühr” und „Gebühr für die Verwaltungsleistungen bei der Einschreibung bzw. Rückmeldung” bezeichnet worden. Damit bestehe zwischen der erhobenen Geldleistung und der Verwaltungsleistung gebührenrechtliche Konnexität. Zwar sei die ursprüngliche Entwurfsfassung, in der eine Gebührenerhebung in Übereinstimmung mit der amtlichen Begründung unter anderem „für … jede Rückmeldung” vorgesehen gewesen sei, nicht Gesetz geworden; die in Kraft getretene Gesetzesfassung bestimme vielmehr, dass die Gebühr „bei … jeder Rückmeldung” erhoben werde. Gründe für diese Wortlautänderung seien jedoch in den Gesetzesmaterialien weder mitgeteilt worden noch sonst ersichtlich. Die Änderung rechtfertige nicht die Annahme, dass damit die ursprünglich beabsichtigte und von Anfang an deutlich zum Ausdruck gebrachte Verknüpfung von Gebührenforderung und individuell zurechenbarer Leistung der Hochschulverwaltung im Kontext der Bearbeitung der Rückmeldung aufgegeben worden sei. Eine solche Auslegung komme, selbst wenn sie nach der Gesetzesformulierung noch möglich wäre, aus Gründen der Entstehungsgeschichte, vor allem aber aus Erwägungen zur Sache nicht in Betracht. Beschriebe nämlich das Tatbestandsmerkmal „Rückmeldung” nicht die Verwaltungsleistung, an die die Gebührenpflicht anknüpfe, sondern nur noch den Anlass der Gebührenerhebung, so bliebe unklar, wofür die Gebühren zu erheben seien. Ein solcher Gebührentatbestand würde den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen der Normenklarheit nicht genügen, denen zufolge für den Gebührenpflichtigen erkennbar sein müsse, für welche öffentliche Leistung die Gebühr erhoben werde und welche Zwecke der Gesetzgeber mit der Gebührenbemessung verfolge. Hinzu kämen gesetzessystematische Gründe. Das Verbot in § 2 Abs. 10 BerlHG (a.F.), Studiengebühren zu erheben, mache deutlich, dass die Rückmeldegebühr jedenfalls keine Kosten im Zusammenhang von Forschung und Lehre zu decken beabsichtigen dürfe. Die ausdrückliche Bezeichnung der Abgabe als Gebühr in § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG (a.F.) stelle klar, dass es sich nicht um einen – bereits für die nur potentielle Inanspruchnahme einer staatlichen Einrichtung oder Leistung zu erhebenden – Beitrag handele. Schließlich ergebe sich aus § 2 Abs. 8 Satz 1 BerlHG (a.F.), dass die Befugnis zur Erhebung von Gebühren und Entgelten für die Benutzung von Hochschuleinrichtungen Gegenstand der Satzungskompetenz sei. Damit drohte die hier in Rede stehende Gebührennorm zu kollidieren, wenn sie gleichfalls die Deckung der Kosten von Hochschuleinrichtungen für studentenbezogene Leistungen zum Gegenstand hätte.
bb) Der Zweck, die den Hochschulen durch die Bearbeitung der Rückmeldungen entstehenden Kosten zu decken, könne die Gebührenhöhe von 100 DM pro Semester nicht rechtfertigen.
Die für die Immatrikulation entstehenden Kosten müssten unberücksichtigt bleiben. Immatrikulation als Ersteinschreibung zur Begründung der Hochschulangehörigkeit und Rückmeldung zu deren Fortführung schlössen sich gegenseitig aus. Normiert worden seien zwei selbständige, an unterschiedliche Verwaltungsleistungen geknüpfte Gebührentatbestände. Der die Gebühr für die Rückmeldung betreffende Normteil sei mit dem die Immatrikulationsgebühr betreffenden nicht derart verflochten, dass beide ein einheitliches, untrennbares Normgefüge bildeten. Die prinzipielle Befugnis des Abgabengesetzgebers zu Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung rechtfertige keine andere Auslegung. Die Immatrikulation unterscheide sich von der Rückmeldung nach Art und Umfang der Prüfung der jeweiligen Voraussetzungen und des Bearbeitungsaufwandes und sei schon deshalb hinsichtlich der Gebührenbemessung verfassungsrechtlich anders zu beurteilen.
Die durch die Rückmeldegebühr zu deckenden Verwaltungskosten ergäben sich als Produkt aus der Multiplikation des Zeitaufwandes für die Bearbeitung einer Rückmeldung mit dem spezifischen Finanzierungsaufwand pro Arbeitszeiteinheit. Für die gebotene Ermittlung und Beurteilung dieser Kosten stelle das dazu auf einen Fragenkatalog des Gerichts hin erstellte Zahlenmaterial der Hochschulen eine hinreichend tragfähige Entscheidungsgrundlage dar. Für eine Rechtskontrolle, die auf den Ausschluss eines groben Missverhältnisses zwischen den Kosten des mit der Gebühr zu deckenden Verwaltungsaufwands und der Bemessung der Gebühr der Höhe nach beschränkt sei, sei die eingeholte Auskunft mit den einschlägigen Angaben und Berechnungen der einzelnen Hochschulen zum Bearbeitungsaufwand der Rückmeldungen ungeachtet einiger Ungenauigkeiten, Pauschalierungen, Vergröberungen und Unstimmigkeiten ohne weitere Aufklärung und insbesondere ohne Einholung eines Gutachtens geeignet.
Danach fielen für Rückmeldungen gebührenfähige Kosten in Höhe von insgesamt 22,41 DM an. Diese würden sich unter der Voraussetzung einer Mitbefassung von Kräften des gehobenen Dienstes bei den Rückmeldungen allenfalls um 0,48 DM pro Rückmeldung erhöhen. Zwischen der Kostendeckung als Gebührenzweck und der Gebührenbemessung nach § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG (a.F.) auf 100 DM bestehe daher ein grobes Missverhältnis.
Die Gebührenbemessung sei auch nicht durch weitere legitime Gebührenzwecke neben dem der Kostendeckung gerechtfertigt, namentlich nicht durch den Gesichtspunkt des Ausgleichs von Vorteilen, die den Studierenden infolge der Bearbeitung der Rückmeldung durch die Aufrechterhaltung ihrer Hochschulmitgliedschaft und die damit verbundenen Nutzungs- und Teilnahmerechte oder durch an die Rechtsstellung als Studierende anknüpfende Leistungen Dritter gewährt würden. Bereits die Bestimmung des § 2 Abs. 10 BerlHG (a.F.), wonach Studiengebühren nicht erhoben werden dürften, und die wiederholten Hinweise im Gesetzgebungsverfahren, dass eine Verwaltungsgebühr und gerade keine versteckte Studiengebühr eingeführt werde, sprächen dagegen, dass die durch die mitgliedschaftlichen Rechte zum Besuch von Lehrveranstaltungen und zur Nutzung der Hochschuleinrichtungen zum Zwecke des Studiums erworbenen Vorteile abgeschöpft werden dürften. Unabhängig davon sei der Gebührenzweck des Vorteilsausgleichs weder hinsichtlich hochschulbezogener Vorteile noch in Bezug auf monetäre Vergünstigungen seitens Dritter in der bundesverfassungsrechtlich geforderten Weise deutlich erkennbar im Gesetz angelegt. Für verfolgte Lenkungs- oder soziale Zwecke sei ebenfalls nichts ersichtlich.
III. …
Zu den Vorlagen haben das Abgeordnetenhaus und der Senat von Berlin, die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts mit einer Äußerung des 6. Revisionssenats sowie die Kläger der Ausgangsverfahren Stellung genommen. Die Humboldt-Universität zu Berlin als Beklagte des Ausgangsverfahrens zu 2 BvL 52/06 hat mitgeteilt, dass sie sich der Stellungnahme des Abgeordnetenhauses und des Senats von Berlin anschließe. Stellungnahmen weiterer Äußerungsberechtigter sind nicht eingegangen.
1. Das Abgeordnetenhaus von Berlin und der Senat von Berlin verteidigen die angegriffene Regelung.
a) Der Gesetzgeber verfüge über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum. Zur Bestimmung der angemessenen Rationalitätsanforderungen an den Gesetzgeber sei es geboten, verschiedene Typen von Gesetzgebern in verschiedenen Entscheidungs- und Regelungssituationen zu unterscheiden. Speziell der Haushaltsstrukturgesetzgeber stehe in besonderem Maße unter Kompromisszwang und unter einem jede Rationalitätsanforderung relativierenden Zeitdruck.
b) Angesichts des extrem breiten Gestaltungsspielraums des Gebührengesetzgebers und vor allem angesichts der Formulierungsänderung von „für” zu „bei” im Gesetzgebungsprozess komme es entscheidend darauf an, was der Haushaltsstrukturgesetzgeber damals gewollt habe und wie die Änderung zu erklären sei. Der erste Gesetzentwurf der Finanzsenatorin (Stand 26. Februar 1996) habe die Erhebung der Gebühr „für die Immatrikulation und für jede Rückmeldung” vorgesehen. Der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur seien Bedenken gegen diese Entwurfsfassung, insbesondere unter Hinweis auf den Grundsatz der Orientierung von Verwaltungsgebühren an den Verwaltungskosten, vorgetragen worden. Diese Bedenken hätten offenbar nach Erörterung in verschiedenen Gremien dazu bewogen, durch Senatsbeschluss vom 6. März 1996 die Senatsverwaltung für Justiz um Prüfung zu bitten, ob die vorgeschlagene Neufassung des § 2 Abs. 8 BerlHG in der vorgesehenen Form erfolgen könne. Aufgrund des erheblichen Zeitdrucks und der intensiven Koordinationskommunikation innerhalb der Senatsverwaltung sei die schriftliche Abfassung des Ergebnisses der Prüfung offenbar unterblieben. Wie sich aus der Stellungnahme der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur vom 8. August 1996 gegenüber dem Verwaltungsgericht Berlin ergebe, die sich der vorliegende Schriftsatz zu eigen mache, habe der Haushaltsstrukturgesetzgeber nicht nur die durch die Verwaltungsvorgänge der Immatrikulation oder Rückmeldung entstehenden Kosten im Auge gehabt; vielmehr habe er einen Teil der bürokratischen Fixkosten der Universitäten auf ihre Benutzer verlagern wollen. Dies sei der Sinn der textlichen Änderung von „für” zu „bei” gewesen, die auf einen in den vorbereitenden Gremien der CDU- und der SPD-Fraktion erarbeiteten Änderungsantrag zurückgehe. Der Nachvollzug der Textänderung in einer aktualisierten Gesetzesbegründung sei nur wegen des besonderen Zeitdrucks der Haushaltskonsolidierung unterblieben.
Angesichts dieses klaren Befundes sei die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, Gründe für die Wortlautänderung seien in den Gesetzesmaterialien nicht mitgeteilt oder sonst ersichtlich und die unterbliebene Anpassung der Gesetzesbegründung spreche für eine lediglich formale Bedeutung der Änderung, nicht nachvollziehbar; das Oberverwaltungsgericht nehme die Realitäten eines komplexen Gesetzgebungsprozesses, vor allem aber die Handlungs- und Entscheidungslogik eines Haushaltsstrukturgesetzgebers nicht zur Kenntnis. In dieser Logik habe es gelegen, die Studenten jedenfalls an denjenigen bürokratischen Kosten zu beteiligen, die durch ihre verwaltungsmäßige Betreuung entstünden. Was damit gemeint sei, habe der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Umsetzung des Professorenbesoldungsreformgesetzes und zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 14. Dezember 2004 nunmehr klargestellt. Diese Gesetzesänderung mache überdies plausibel, dass es sich um eine anlässlich von Immatrikulation oder Rückmeldung zu entrichtende Semestergebühr handele, ohne dass der Gesetzgeber eine Differenzierung zwischen den Gebührentatbeständen für Immatrikulation und Rückmeldung vorgenommen habe. Im Ergebnis sei die eingeführte Semestergebühr als eine Gebühr zu charakterisieren, die Elemente der Verwaltungsgebühr und der Benutzungsgebühr miteinander verbinde. Die Anforderungen an die unmissverständliche Klarstellung des genauen Gebührenzwecks habe das Bundesverfassungsgericht erst in der Entscheidung zur baden-württembergischen Rückmeldegebühr aufgestellt, so dass der Gesetzgeber davon habe ausgehen dürfen, es reiche aus, dass der Gebührenwille des Gesetzgebers ermittelt werden könne. Auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts habe der Gesetzgeber rasch mit einer klarstellenden Regelung reagiert. Der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts herausgearbeiteten Nachbesserungspflicht, die sich erst aktualisiere, wenn die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes erkannt worden oder jedenfalls deutlich erkennbar geworden sei, habe er damit genügt.
c) In der Stellungnahme der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung und Kultur vom 8. August 1996, auf die Senat und Abgeordnetenhaus mit ihrer Stellungnahme Bezug nehmen und die sie sich zu eigen machen, ist unter anderem ausgeführt, die Gesetz gewordene Formulierung, die eine Gebührenerhebung nicht „für” die, sondern „bei” der Immatrikulation beziehungsweise Rückmeldung vorsehe, lasse erkennen, dass keine bloße Abgeltung von Verwaltungsaufwand beabsichtigt sei. Auf den der Senatsverwaltung für Justiz erteilten Prüfauftrag hin habe diese in telefonischen Erörterungen auf Referentenebene zwischen den beteiligten Ressorts die Auffassung vertreten, dass es legitim sei, bei der Festsetzung der Semestergebühr nicht nur die reinen Kosten für Verwaltungsverrichtungen zu berücksichtigen, sondern auch den gesamten für den Universitätsbetrieb notwendigen Verwaltungsapparat. Die parlamentarisch-politische Umsetzung dieser Erkenntnis sei dann, soweit sich dies rekonstruieren lasse, den Koalitionsfraktionen im Abgeordnetenhaus überlassen worden. In den vorbereitenden Gremien der CDU- und der SPD-Fraktion sei Mitte März ein umfangreicher Änderungsantrag zu den einzelnen Entwurfsbestimmungen erarbeitet worden, darunter der Antrag, § 2 Abs. 8 BerlHG die später Gesetz gewordene, eine Gebührenerhebung „bei” Immatrikulation und Rückmeldung vorsehende Fassung zu geben. Die Drucksache 13/201 des Abgeordnetenhauses mit der Beschlussvorlage für das Haushaltsstrukturgesetz 1996 weise den entsprechend veränderten Wortlaut des § 2 Abs. 8 BerlHG aus; die dazugehörige Begründung, die noch von Gebühren „für” Immatrikulation und Rückmeldung spreche, sei dagegen wegen des außergewöhnlichen Zeitdrucks auf dem erkennbar veralteten Stand geblieben. Aus der veränderten Formulierung lasse sich die Absicht des Gesetzgebers ableiten, mit der im Grunde ungewöhnlichen Detaillierung einer Gebühr durch Gesetz einen Sonderfall der in Satz 1 generell beschriebenen Benutzungsgebühr zu regeln. Gleichzeitig sei deutlich gemacht, dass es sich nicht um eine Studiengebühr handele. Es gehe aber im wesentlichen auch um die Vorteile, die ein Student durch die Inanspruchnahme des komplexen und außerordentlich aufwändigen Apparats „Hochschule” in Anspruch nehme, und um die Aufwendungen, die der Hochschule zur Erfüllung ihrer Aufgaben entstünden. Der vordergründig sich abzeichnende Normenkonflikt zwischen der vorgesehenen Rückmeldegebühr und dem Verbot der Erhebung von Studiengebühren werde dadurch gelöst, dass der Aufwand für die eigentliche Lehre nicht in Rechnung gestellt werde. Vielmehr würden die der Hochschule entstehenden Verwaltungskosten, in pauschalierter Form, sowie die sonstigen Vorteile, wie etwa sozial- und krankenversicherungsrechtliche Vorteile sowie Ermäßigungen bei staatlichen und privaten Einrichtungen und Veranstaltungen, abgegolten.
2. Das Bundesverwaltungsgericht verweist zur Frage der Vereinbarkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift mit dem Grundgesetz auf seine in den Ausgangsverfahren ergangenen Urteile vom 3. Dezember 2003.
3. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens zu 2 BvL 51/06 verweist auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2003 und vertritt im Übrigen die Auffassung, eine Wiedereinführung von Studiengebühren verstoße gegen Art. 25 GG in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 lit. c) des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und sei deswegen verfassungswidrig.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens zu 2 BvL 52/06 verweist auf seinen Vortrag im fachgerichtlichen Verfahren. Dort hatte er unter anderem geltend gemacht, mit der Bemessung der Gebühr für die Bearbeitung jeder Rückmeldung in Höhe von 100 DM überschreite der Landesgesetzgeber den durch die Begrenzungs- und Schutzfunktion der föderalen Finanzverfassung gesteckten Rahmen. Die Höhe der Gebühr verletze das Äquivalenzprinzip und stehe in einem groben Missverhältnis zu dem normierten Zweck der Kostendeckung. Weitere Gebührenzwecke seien der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlagen sind zulässig (Art. 100 Abs. 1 GG, §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG).
Die Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung vorgelegten gesetzlichen Regelung sowie die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von ihrer Verfassungswidrigkeit sind in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise (vgl. BVerfGE 127, 335 ≪355 f.≫ m.w.N.) begründet.
C. …
§ 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG in den zur Prüfung gestellten Fassungen ist, soweit danach bei jeder Rückmeldung Gebühren in Höhe von 100 DM zu erheben waren, mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 104a ff. GG sowie mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig.
I.
Es kann offen bleiben, ob das Land Berlin mit der Bemessung der Rückmeldegebühr bereits die ihm für die Regelung einer solchen Gebühr zustehende Gesetzgebungskompetenz überschritten hat (vgl. BVerfG 108, 1 ≪13 ff., 15≫; gegen eine kompetenzielle Bedeutung überhöhter Abgabenbemessung bei Steuern BVerfGE 123, 1 ≪17 f.≫). § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. ist, soweit er die Erhebung einer Rückmeldegebühr betrifft, jedenfalls materiell verfassungswidrig.
1. Die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben bedarf mit Blick auf die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) und zur Wahrung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 124, 235 ≪244≫, stRspr). Dies gilt für die Abgabenerhebung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪17≫; BVerfGE 110, 370 ≪390≫).
a) Die finanzverfassungsrechtliche Verteilung der steuerbezogenen Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen verlöre ihren Sinn und ihre auch den Bürger schützende Funktion, wenn nichtsteuerliche Abgaben beliebig unter Umgehung dieser Verteilungsregeln begründet werden könnten (vgl. BVerfGE 78, 249 ≪266≫; 93, 319 ≪342≫; 108, 1 ≪16≫). Die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe muss zudem berücksichtigen, dass der Schuldner einer nichtsteuerlichen Abgabe regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger ist und bereits als solcher zur Finanzierung der Lasten herangezogen wird, die die Gemeinschaft treffen. Die Gleichheit der Abgabenbelastung wäre nicht gewahrt, wenn Einzelne daneben ohne besondere, die Abgabenerhebung – auch der Höhe nach – rechtfertigende Sachgründe zusätzlich herangezogen werden könnten (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪16 f.≫).
b) Gebühren sind als öffentlichrechtliche Geldleistungen, die in Anknüpfung an eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung erhoben werden, um deren Kosten ganz oder teilweise zu decken (vgl. BVerfGE 7, 244 ≪254≫; 50, 217 ≪226≫; 91, 207 ≪223≫; 108, 1 ≪13≫; 110, 370 ≪388≫), dem Grunde nach durch ihre Ausgleichsfunktion gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 108, 186 ≪216≫). Als sachliche Gründe, die die Bemessung der Gebühr rechtfertigen können, sind neben dem Zweck der Kostendeckung auch Zwecke des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie soziale Zwecke anerkannt (vgl. BVerfGE 50, 217 ≪230 f.≫; 97, 332 ≪345 ff.≫; 107, 133 ≪144≫; 108, 1 ≪18≫, m.w.N.).
Daraus folgt allerdings nicht, dass zur Rechtfertigung der konkreten Bemessung einer gesetzlich vorgesehenen Gebühr jeder dieser Zwecke nach Belieben herangezogen werden könnte. Nur Gebührenzwecke, die von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen werden, sind geeignet, die jeweilige Gebührenbemessung sachlich zu rechtfertigen (BVerfGE 108, 1 ≪19 f.≫). Eine – erforderlichenfalls im Wege der Auslegung gewinnbare – hinreichende Klarheit der Gebührenzwecke ist aus rechtsstaatlichen Gründen wie auch im Hinblick auf die Bedeutung der gesetzlichen Regelung im demokratischen Verantwortungszusammenhang erforderlich. An dem erkennbaren Inhalt getroffener Regelungen muss der Gesetzgeber sich festhalten lassen und der Gesetzesvollzug sich ausrichten können, denn Rechtsnormen dürfen nicht zum Mittel der Desinformation über das politisch Entschiedene und zu Verantwortende werden („Normenwahrheit”, vgl. BVerfGE 107, 218 ≪256≫; 108, 1 ≪20≫; 114, 196 ≪236≫; 114, 303 ≪312≫; 118, 277 ≪366≫). Wählt der Gesetzgeber einen im Wortlaut eng begrenzten Gebührentatbestand, kann daher nicht geltend gemacht werden, er habe noch weitere, ungenannte Gebührenzwecke verfolgt (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪20≫). Die Erkennbarkeit der gesetzgeberischen Entscheidung über die verfolgten Gebührenzwecke ist darüber hinaus Voraussetzung dafür, dass unterschiedliche Gebührenregelungen im Sinne der Vermeidung einer mehrfachen Belastung der Gebührenschuldner für dieselbe Leistung oder denselben Vorteil aufeinander abgestimmt werden können (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪20≫).
Die verfassungsrechtliche Kontrolle einer gesetzgeberischen Gebührenbemessung hat, nicht zuletzt weil maßgebliche Bestimmungsgrößen sich häufig nicht exakt und im Voraus quantifizieren lassen, einen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu wahren. Eine Gebührenregelung ist jedoch dann als sachlich nicht gerechtfertigt zu beanstanden, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken steht (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪19≫; BVerwGE 115, 32 ≪44≫). Der mit der Abgabenerhebung verbundene Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 20, 257 ≪271≫; 20, 271 ≪276≫; 28, 66 ≪87≫) ist in einem solchen Fall unverhältnismäßig (vgl. BVerfGE 83, 363 ≪392≫) und läuft der Begrenzungs- und Schutzfunktion der grundgesetzlichen Finanzverfassung (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪14 ff.≫; 124, 235 ≪244≫, m.w.N.) sowie dem Gleichheitsgrundsatz (vgl. BVerfGE 50, 217 ≪227≫; 97, 332 ≪345≫; 115, 381 ≪389, 392≫) zuwider.
2. Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben wird die Bemessung der bei jeder Rückmeldung zu entrichtenden Gebühr in § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. nicht gerecht. Die Vorschrift lässt mit hinreichender Klarheit lediglich den Gebührenzweck der Deckung der Kosten für die Bearbeitung der Rückmeldung erkennen (a). Die Gebührenhöhe von 100 DM steht in einem groben Missverhältnis zu diesem Zweck (b).
a) aa) Der vom Oberververwaltungsgericht eingehend begründeten Auslegung, nach der § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. keine einheitliche Mischgebühr für die Fälle der Immatrikulation und Rückmeldung, sondern zwei selbständige, an unterschiedliche Verwaltungsleistungen geknüpfte Gebührentatbestände normiert (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪12≫) und die vorgesehene Rückmeldegebühr allein dem Zweck der Deckung der Kosten für die Bearbeitung der Rückmeldungen dient, ist zu folgen.
bb) Die von Abgeordnetenhaus und Senat gegen diese Bestimmung des Gebührenzwecks erhobenen Einwände greifen nicht durch.
(1) Soweit das Abgeordnetenhaus und der Senat von Berlin mit ihrer Stellungnahme geltend machen, aus der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 8 BerlHG a.F. ergebe sich, dass bereits damals die später mit dem Gesetz zur Umsetzung des Professorenbesoldungsreformgesetzes und zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 14. Dezember 2004 klargestellten Gebührenzwecke gemeint gewesen seien, findet dieses Vorbringen weder in der gegebenen Darstellung der Entscheidungsabläufe noch in den Gesetzesmaterialien ausreichenden Rückhalt.
Nach den Angaben des Abgeordnetenhauses und des Senats von Berlin sowie der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, deren Stellungnahme vom 8. August 1996 gegenüber dem Verwaltungsgericht Abgeordnetenhaus und Senat sich zu eigen machen, geht die Änderung von „für” zu „bei” im Wortlaut des § 2 Abs. 8 BerlHG a.F. auf einen Änderungsantrag von an der Entwurfserstellung beteiligten vorbereitenden Gremien der Koalitionsfraktionen zurück, mit dem Konsequenzen aus aufgetretenen Bedenken gegen die Erhebung einer Gebühr von 100 DM „für” die Immatrikulation und jede Rückmeldung gezogen werden sollten. Dass der Wille des Gesetzgebers dahin ging, mit der Verwendung des Wortes „bei” eine Beschränkung des Gebührenzwecks auf die Deckung der Verwaltungskosten von Immatrikulation und Rückmeldungsbearbeitung auszuschließen, lässt sich mit dieser Ablaufschilderung nicht belegen. Unabhängig von der Frage, ob gänzlich undokumentierten Vorgängen, wie sie hier angeführt werden, überhaupt eine ausschlaggebende Bedeutung für die Ermittlung des Willens des historischen Gesetzgebers beigemessen werden kann, ist im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet, dass der Gesetzgeber, um dessen Willen es geht, von den angeführten Vorgängen Kenntnis hatte. Die Darstellung der Hintergründe der Gesetzesformulierung bezieht sich vielmehr auf politische Abstimmungsvorgänge in vorbereitenden Gremien einzelner Fraktionen im Vorfeld der Einbringung des Gesetzentwurfs. Aus dem maßgeblichen in das Abgeordnetenhaus eingebrachten Gesetzentwurf war demgegenüber die Absicht einer Öffnung des Gebührenzwecks über die Deckung der Verwaltungskosten von Immatrikulation und Rückmeldung hinaus nicht ersichtlich. Denn die nach dem Gesetzeswortlaut „bei” Immatrikulation und Rückmeldung zu erhebende Gebühr sollte ausweislich der Gesetzesbegründung gerade „für” die Immatrikulation und Rückmeldung erhoben werden (vgl. Abgeordnetenhaus Drs 13/201, S. 15; s. auch a.a.O., S. 27). Diese in der Entwurfsbegründung mehrfach verwendete Formulierung lässt, wie in den Vorlagebeschlüssen zutreffend ausgeführt, nur den Schluss zu, dass die Kosten der mit Immatrikulation und Rückmeldung verbundenen Verwaltungsleistungen gedeckt werden sollten (vgl. Jobs, LKV 2003, S. 350 ≪352≫).
(2) Selbst wenn sich der Gesetzgebungsgeschichte die Absicht des Gesetzgebers entnehmen ließe, mit der Verwendung des Wortes „bei” im Gesetzestext den Gebührenzweck über die Deckung der Verwaltungskosten von Immatrikulation und Rückmeldung hinaus zu erweitern, bliebe damit ungeklärt, welche weiteren Kostendeckungs- oder sonstigen Zwecke verfolgt werden sollten. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik oder der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 8 BerlHG a.F. sind irgendwelche Anhaltspunkte für weitere der Regelung zugrundeliegende Kostendeckungs- oder sonstige legitime Gebührenzwecke erkennbar.
(3) Erst recht ist nichts dafür ersichtlich, dass, wie Abgeordnetenhaus und Senat geltend machen, bereits § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. der Inhalt zugedacht gewesen wäre, den die Vorschrift später durch das Gesetz zur Umsetzung des Professorenbesoldungsreformgesetzes und zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 2. Dezember 2004 (GVBl S. 484 ≪485 f.≫) erhalten hat. Wortlaut und systematische Bezüge des § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. geben hierfür nichts her. Auch den parlamentarischen Beratungen des Jahres 1996 im Zusammenhang mit den geplanten Immatrikulations- und Rückmeldegebühren sowie späteren parlamentarischen Äußerungen ist lediglich zu entnehmen, dass die in § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. vorgesehenen Gebühren als Verwaltungsgebühren verstanden wurden (vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, PlProt 13/5, S. 270, 271; PlProt 13/10, S. 662 ff.). Dagegen fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass gerade die nunmehr in § 2 Abs. 7 Satz 3 und 4 BerlHG n.F. aufgezählten Verwaltungsleistungen abgegolten werden sollten.
(4) Der Stellungnahme von Abgeordnetenhaus und Senat fehlt es, was den zugeschriebenen Gebührenzweck angeht, auch bereits an innerer Stimmigkeit. Sie macht sich die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgegebene Stellungnahme der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur vom 8. August 1996 zu eigen. Dieser zufolge sollte aber die bei Immatrikulation und Rückmeldung zu erhebende Gebühr nicht die Kosten der später in § 2 Abs. 7 Satz 3 und 4 BerlHG n.F. im Einzelnen aufgeführten Verwaltungsleistungen decken, sondern als Sonderfall der in Satz 1 des § 2 Abs. 8 Satz 1 BerlHG a.F. vorgesehenen Benutzungsgebühr die Kosten des gesamten Verwaltungsapparats der Hochschule entgelten und mit dem Studentenstatus verbundene Vorteile und Vergünstigungen abschöpfen. Diese miteinander unvereinbaren Annahmen bestätigen, dass ein klares Konzept für den Zweck der Gebühr nach § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. und deren Abgrenzung sowohl von der nach Satz 1 der Vorschrift zulässigen Benutzungsgebühr als auch von der nach Abs. 10 verbotenen Studiengebühr nicht existierte und nicht existiert.
(5) Ein solches Konzept war und ist nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die nach jeder der unterschiedlichen in Frage kommenden extensiven Auslegungen abzudeckenden Kosten ihrer Höhe nach ausreichend sein mögen, um eine Bemessung der Gebühr mit 100 DM zu rechtfertigen. Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit die in Betracht gezogenen extensiven Gebührenzwecke sämtlich geeignet gewesen wären, zur Rechtfertigung der vorgesehenen Gebühr beizutragen, ändert jedenfalls der Umstand, dass eine bestimmte Gebühr mit bestimmten Zwecken hätte gerechtfertigt werden können, nichts an dem Erfordernis normenklarer Festlegung des verfolgten Gebührenzwecks. Im vorliegenden Fall ist zudem wegen des Nebeneinanders mehrerer gebührenbezogener Regelungen in § 2 BerlHG a.F. Normenklarheit auch hinsichtlich der Abgrenzung der Gebühren nach Abs. 8 Satz 2 der Vorschrift von der nach Satz 1 desselben Absatzes zulässigen und von der nach Abs. 10 der Vorschrift unzulässigen Gebühr erforderlich, weil anders weder eine finanzverfassungsrechtlich unzulässige Doppelfinanzierung ein und derselben Verwaltungstätigkeit durch Gebühren nach den Sätzen 1 und 2 des Abs. 8 noch ein mit dem Grundsatz der Normenwahrheit unvereinbares Unterlaufen des Studiengebührenverbots nach § 2 Abs. 10 BerlHG a.F. vermeidbar wäre.
(6) Soweit das Abgeordnetenhaus und der Senat von Berlin sich in ihrer Stellungnahme auf den besonderen Zeitdruck berufen, unter dem der Haushaltsstrukturgesetzgeber gestanden habe, kann dies weder das Erfordernis einer normenklaren Bestimmung des Gebührenzwecks (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪19 f.≫, m.w.N.) außer Kraft setzen noch dazu führen, dass dem Gesetzgeber im Wege der historischen Auslegung Willensinhalte zugeschrieben werden, die möglicherweise das Verhalten einzelner Akteure bestimmt, im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren aber keinerlei Ausdruck gefunden haben und im Gegensatz zur Begründung der Gesetzesvorlage stehen.
cc) Als den Anforderungen der Normenklarheit genügende Auslegungsmöglichkeit verbleibt nach alledem nur die vom Oberverwaltungsgericht der Gesetzesbegründung entnommene, nach der die gemäß § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. zu erhebenden Gebühren die Verwaltungskosten der – im Wortlaut der Vorschrift als Erhebungsanlass benannten – Immatrikulation beziehungsweise Rückmeldung decken sollen. Weitere tragfähige Gebührenzwecke können der vorgelegten Norm auch nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung unterstellt werden. Die Anforderung der Erkennbarkeit des Gebührenzwecks bezieht sich nicht auf einen verfassungsrechtlich möglichen, sondern auf den vom Gesetzgeber bestimmten Gebührenzweck. Ein gesetzlicher Gebührenzweck wird daher nicht dadurch in der gebotenen Weise erkennbar, dass einer Gebührenregelung Entgelt- und Abschöpfungszwecke, für die sonst keine Auslegungsmethode einen Anhaltspunkt liefert, allein deshalb zugeschrieben werden, weil sie vom Gesetzgeber verfassungskonform hätten gewählt werden können.
b) Zu dem Zweck der vorgesehenen Rückmeldegebühr, die Kosten für die Bearbeitung der Rückmeldung zu decken, steht die festgesetzte Gebührenhöhe von 100 DM in grobem Missverhältnis. Auch insoweit ist den Vorlagebeschlüssen zu folgen.
aa) Die dortige Berechnung der für die Bearbeitung einer Rückmeldung durchschnittlich entstehenden Kosten beruht auf den nach einem Fragenkatalog des vorlegenden Gerichts bei den einzelnen Berliner Hochschulen erhobenen detaillierten Daten für das Wintersemester 1996/97, die die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur in den Ausgangsverfahren zur Verfügung gestellt hat. Das vorlegende Gericht geht zutreffend davon aus, dass die für den Bearbeitungszeitwert erforderliche Durchschnittsbildung nicht einfach durch Mittelung der Zeitangaben der verschiedenen Hochschulen erfolgen kann, sondern dass angesichts der großen Unterschiede zwischen den einzelnen Hochschulen im Hinblick auf Studentenzahlen und – damit umgekehrt korrellierende – Bearbeitungszeiten der Durchschnittswert unter Berücksichtigung der Anzahl der Studierenden zu bilden ist, für die der jeweils gemeldete hochschulspezifische Bearbeitungszeitwert gilt. Unter dieser Prämisse kommt das vorlegende Gericht auf der angegebenen Datenbasis zu dem Ergebnis, dass die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für eine Rückmeldung 20,69 Minuten beträgt. Ausgehend von den Stundensätzen, die seinerzeit gemäß einem Rundschreiben der Senatsverwaltung für Finanzen vom 24. August 1996 in Übereinstimmung mit dem Bericht Nr. 11/1993 der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung der Bemessung von Gebühren nach dem Zeitaufwand zugrundezulegen waren und im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht von der Senatsverwaltung für Finanzen ausdrücklich bestätigt wurden, errechnet es für die Bearbeitung einer Rückmeldung unter Zugrundelegung des Stundensatzes für einen Beamten des mittleren Dienstes oder vergleichbaren Angestellten Durchschnittskosten von 22,41 DM, die sich unter der Voraussetzung einer Mitbefassung von Kräften des gehobenen Dienstes mit beispielsweise zehn Prozent Zeitanteil nur um 0,48 DM pro Rückmeldung erhöhen würden. Berechnungsmethode und zugrundegelegte Daten sind im vorliegenden Verfahren von keiner Seite in Frage gestellt worden. Gründe, das Berechnungsergebnis als zu niedrig in Zweifel zu ziehen, sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Vergleich mit in anderen Ländern angestellten Berechnungen der Durchschnittskosten für die Bearbeitung einer Rückmeldung (s. etwa für Baden-Württemberg Mitte der 90er Jahre: 8,33 DM, vgl. BVerfGE 108, 1 ≪21 ff.≫, m.w.N.; für Mecklenburg-Vorpommern: 10 Euro, vgl. Siewecke, LKV 2007, S. 404 ≪405, 407≫) bestätigt vielmehr, dass der vom vorlegenden Gericht bezogen auf das Wintersemester 1996/97 für Berlin ermittelte Wert jedenfalls nicht zu niedrig angesetzt ist.
Die in § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. für die Rückmeldungsbearbeitung festgelegte Gebührenhöhe von 100 DM steht danach zu den Kosten, die die Gebühr zu decken bestimmt ist, in einem groben Missverhältnis.
bb) Ein grobes Missverhältnis bestünde im Übrigen selbst dann noch, wenn § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. entgegen der Annahme des vorlegenden Gerichts dahin ausgelegt würde, dass die Vorschrift nicht gesonderte Gebühren für Immatrikulation und Rückmeldung, sondern eine bei Immatrikulation und Rückmeldung zu erhebende einheitliche Gebühr zur Deckung der Kosten beider Verwaltungsvorgänge regelt. Die unter dieser Voraussetzung anzustellende Mischkalkulation auf der Grundlage der im Ausgangsverfahren erhobenen Daten der einzelnen Berliner Universitäten ergäbe unter Berücksichtigung einerseits der im Vergleich zur Bearbeitungszeit bei Rückmeldungen weitaus höheren Bearbeitungszeit für eine Immatrikulation (durchschnittlich 104,15 Minuten) und andererseits der im Verhältnis zu den Rückmeldungen wesentlich geringeren Anzahl von Immatrikulationen (126.503 Rückmeldungen standen 24.715 Immatrikulationen gegenüber) durchschnittliche Kosten von rund 42 DM für den einzelnen Verwaltungsvorgang der Immatrikulation oder Rückmeldung. Die vorgesehene Gebühr in Höhe von 100 DM überstiege auch diese Kosten noch um mehr als hundert Prozent. Jedenfalls bei einer Gebühr, deren Berechnung, wie hier, keine besonderen prognostischen Schwierigkeiten bereitet, läge darin ein grobes Missverhältnis.
3. Das festgestellte grobe Missverhältnis zwischen Gebührenzweck und Gebührenhöhe bleibt für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Rückmeldegebührenregelung des § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. nicht deshalb folgenlos, weil der Berliner Gesetzgeber sich beim Erlass der Norm nicht an dem erst im Jahr 2003 ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2003 zur baden-württembergischen Rückmeldegebühr (BVerfGE 108, 1) orientieren konnte. Dass Gebühren durch einen besonderen Sachzweck gerechtfertigt sein und sich von der voraussetzungslos geschuldeten Steuer durch die Funktion des Ausgleichs des mit einer öffentlichen Leistung empfangenen besonderen Vorteils unterscheiden müssen, stand bereits vor diesem Urteil fest (vgl. BVerfGE 50, 217 ≪226≫; 93, 319 ≪343≫; s. außerdem BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1984 – 3 B 87/82 –, juris). Für die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Hoheitsaktes kommt es zudem allein auf die objektive Verfassungsrechtslage an, nicht darauf, ob deren Verkennung den jeweils handelnden Staatsorganen vorwerfbar ist (vgl. BVerfGE 128, 326 ≪408≫). Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers, auf die Abgeordnetenhaus und Senat von Berlin sich berufen, ergibt sich nichts anderes. Nachbesserungspflichtig ist der Gesetzgeber, sofern die Änderung einer zunächst verfassungskonform getroffenen Regelung erforderlich ist, um diese unter veränderten tatsächlichen Bedingungen oder angesichts veränderter Erkenntnislage mit der Verfassung in Einklang zu halten (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪79≫; 65, 1 ≪56≫; 88, 203 ≪309 f.≫; 95, 267 ≪313≫; 107, 266 ≪296≫; 111, 333 ≪360≫). Eine zunächst verfassungskonforme Regelung kann danach verfassungswidrig werden, sofern der Gesetzgeber dem nicht durch Nachbesserung entgegenwirkt. An der Verfassungswidrigkeit einer einmal getroffenen Regelung ändert es dagegen nichts, wenn der Gesetzgeber später die Verfassungswidrigkeit erkennt und eine andere Regelung trifft.
II. …
Die von Anfang an bestehende Verfassungswidrigkeit führt zur Nichtigerklärung des § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F., soweit danach bei jeder Rückmeldung Gebühren von 100 DM pro Semester erhoben werden (§ 82 Abs. 1, § 78 Satz 1 BVerfGG).
Die Gründe, die zur Verfassungswidrigkeit von § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG in den zur Prüfung gestellten Fassungen führen, treffen auch auf die Fassung zu, die die Vorschrift durch Art. LXV des Gesetzes zur Anpassung landeseigener Gesetze an den Euro (Berliner Euro-Anpassungsgesetz) vom 16. Juli 2001 (GVBl S. 260) erhalten hat und die sich von der vorhergehenden nur dadurch unterscheidet, dass die Gebührenhöhe in Euro statt in Deutscher Mark angegeben ist. Gemäß § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 78 Satz 2 BVerfGG wird daher im Interesse der Rechtsklarheit die Nichtigerklärung auf diese Fassung, soweit danach bei jeder Rückmeldung Gebühren von 51,13 Euro pro Semester erhoben werden, erstreckt (vgl. BVerfGE 104, 126 ≪150≫).
Eine auf den sachlich nicht gerechtfertigten Anteil des Gebührensatzes beschränkte Teilnichtigerklärung scheidet mit Rücksicht auf die weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Gebührentatbestandes aus (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪32 f.≫).
Soweit § 2 Abs. 8 Satz 2 BerlHG a.F. für nichtig erklärt wird, gilt dies rückwirkend vom Zeitpunkt des ersten Inkrafttretens an (vgl. BVerfGE 1, 14 ≪37≫; 7, 377 ≪387≫; 8, 51 ≪71≫).
Eine vom gesetzlichen Regelfall des § 78 Satz 1 BVerfGG abweichende bloße Unvereinbarerklärung (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 3, § 79 Abs. 1 BVerfGG) scheidet hier, wie im Fall der baden-württembergischen Rückmeldegebühr (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪33 f.≫), aus. Zwar liegt der Gesamtbetrag der Gebühren, die aufgrund der für nichtig zu erklärenden Regelung rechtsgrundlos gezahlt wurden, hier deutlich höher. Dies gibt jedoch keinen Anlass, im Hinblick auf bestehende Rückforderungsansprüche von der Regelfolge der Nichtigkeit ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Wahrung einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung (vgl. BVerfGE 87, 153 ≪178 ff.≫; 93, 121 ≪148 f.≫; 105, 73 ≪134≫; 108, 1 ≪33≫; 117, 1 ≪70≫; 120, 125 ≪168≫) abzusehen. Es ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, darüber zu entscheiden, inwieweit und nach welchen Vorschriften der Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen im vorliegenden Fall entgegengetreten werden kann. Nach den vorliegenden baden-württembergischen Erfahrungen und angesichts des Zeitablaufs ist jedoch mit der tatsächlichen Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen, auch soweit sie noch durchsetzbar sein sollten, nur in begrenztem Umfang zu rechnen. Zudem ist es auch im vorliegenden Fall Folge der freien gesetzgeberischen Entscheidung, die Fälligkeit der Gebühr nicht an einen der Bestandskraft fähigen Gebührenbescheid zu binden (§ 2 Abs. 8 Satz 2, § 9 Abs. 2 Satz 2 und § 15 Satz 3 Nr. 3 BerlHG a.F.), dass dem Land Berlin das „Rückabwicklungsverbot” des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG für nicht mehr anfechtbare Entscheidungen nicht zugutekommt (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪33 f.≫).
Unterschriften
Voßkuhle, Lübbe-Wolff, Gerhardt, Landau, Huber, Hermanns, Müller, Kessal-Wulf
Fundstellen
BVerfGE 2013, 334 |
NVwZ 2012, 7 |
NVwZ 2013, 638 |
VR 2013, 67 |
DVBl. 2013, 3 |
BGBl. I 2012, 2669 |