Tenor
Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigen sich die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen § 184c StGB in der seit dem 5. November 2008 geltenden Fassung. Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie vom 31. Oktober 2008 (BGBl I S. 2149) in das Strafgesetzbuch eingefügt worden.
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig.
1. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts voraus, dass der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegriffenen Rechtsnormen in seinen Grundrechten betroffen ist (vgl. nur BVerfGE 1, 97 ≪101 ff.≫). Eine unmittelbar aus dem Gesetz folgende Beschwer hat das Bundesverfassungsgericht unter anderem anerkannt, wenn das Gesetz den Betroffenen schon vor Erlass eines Vollzugsaktes zu entscheidenden Dispositionen veranlasst, die er nach dem späteren Gesetzesvollzug nicht mehr nachholen oder korrigieren könnte (vgl. BVerfGE 90, 128 ≪136≫; 97, 157 ≪164≫), und wenn er erst das Risiko eines Bußgeld- oder Strafverfahrens eingehen müsste, um Rechtsschutz vor den Fachgerichten erwirken zu können (vgl. BVerfGE 20, 283 ≪290≫; 46, 246 ≪256≫; 81, 70 ≪82 f.≫; 97, 157 ≪165≫). Die tatsächlichen Voraussetzungen der gegenwärtigen und unmittelbaren Beschwer hat der Beschwerdeführer substantiiert darzulegen (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).
2. Nach diesen Maßstäben lässt sich nicht feststellen, dass die Beschwerdeführer durch die Strafvorschrift des § 184c StGB beschwert wären.
Es ist nicht absehbar, dass gegen die Beschwerdeführer tatsächlich wegen des Verdachts des Verstoßes gegen § 184c StGB ermittelt werden wird. Überträgt man die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 184b StGB alter Fassung (vgl. BGHSt 47, 55 ≪62≫; Fischer, StGB, 55. Aufl. 2008, § 184b Rn. 6; Schönke-Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, § 184b Rn. 3) auf § 184c Abs. 1 StGB neuer Fassung, so ergibt sich daraus zwar in der Tat, dass das Verbreiten pornographischer Filme, an denen „Scheinjugendliche” – also tatsächlich erwachsene Personen, die jedoch für einen objektiven Beobachter minderjährig erscheinen – mitwirken, unter die neue Strafvorschrift fällt. Danach genügt es aber nicht, dass die Volljährigkeit der betreffenden Person für den objektiven Betrachter zweifelhaft ist; vielmehr müsste der Beobachter umgekehrt eindeutig zu dem Schluss kommen, dass jugendliche Darsteller beteiligt sind. Die Beschwerdeführer tragen selbst vor, dass sich ein solcher Schluss bei jung wirkenden Erwachsenen nicht leicht ziehen lassen wird. Dies wird durch die von den Beschwerdeführern vorgelegten Ausführungen der durch den Rechtsausschuss angehörten Sachverständigen bestätigt. So äußerte die Sachverständige Prof. Dr. Hörnle, in der Regel erlaubten es weder körperliche Merkmale noch eine Analyse von Gesichtszügen, die Unterscheidung zwischen sechzehn- oder siebzehnjährigen Mädchen oder geringfügig älteren Personen mit hinreichender Zuverlässigkeit zu treffen (Stellungnahme vom 18. Juni 2007, S. 9). Auch der Sachverständige Dr. Wehowsky war der Auffassung, die visuelle Ununterscheidbarkeit von jungen Erwachsenen und gereiften Jugendlichen sei die Regel (Stellungnahme vom 14. Juni 2007, S. 6). Hinzu kommt, dass ein Verstoß gegen § 184c StGB auch Vorsatz hinsichtlich des (scheinbaren) Alters der sexuell handelnden Personen voraussetzt.
Ein ernsthaftes Strafbarkeitsrisiko im Zusammenhang mit pornographischen Darstellungen „Scheinjugendlicher” lässt sich danach allenfalls annehmen, wenn und soweit in pornographischen Filmen auftretende Personen ganz offensichtlich noch nicht volljährig sind, etwa dann, wenn sie (fast) noch kindlich wirken und die Filme somit schon in die Nähe von Darstellungen geraten, die als (Schein-) Kinderpornographie unter den Straftatbestand des § 184b StGB fallen. Dass die Beschwerdeführer pornographische Filme solcher Art verleihen oder verkaufen wollen, ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Di Fabio, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 2144225 |
JMSR 2008, 10 |
JMSR 2008, 8 |