Verfahrensgang
OLG Hamburg (Beschluss vom 07.02.2006; Aktenzeichen 1 Ws 249-255/05) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund fehlt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu, und sie dient auch nicht der Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers; denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
Die Bestimmung dessen, was der Beschwerdeführer aus einer Tat im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB erlangt haben könnte, ist eine Frage des einfachen Rechts und unterliegt deshalb vorrangig der Überprüfung durch die Fachgerichte. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist weder objektiv sachfremd noch willkürlich und daher von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫).
1. Die Annahme des Oberlandesgerichts, der Beschwerdeführer habe den Wert der E.-Aktien ohne Berücksichtigung des vorherigen Wertes der I.-Aktien „erlangt”, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Anders als in dem in BGHSt 47, 260 ≪269≫ entschiedenen Sachverhalt sind hier die Vermögensbestandteile des Beschwerdeführers, über deren Wert getäuscht worden sein soll und die unmittelbar zum Erwerb der E.-Aktien eingesetzt wurden, selbst Gegenstand der mutmaßlichen Tathandlung (vgl. auch BGHSt 47, 369 ≪370 ff.≫). Das Bundesverfassungsgericht hat in den Vorschriften über den Verfall (§§ 73 ff. StGB), auch soweit sie bei Anwendung des Bruttoprinzips über die bloße Kondiktion hinaus dem Betroffenen eine wirtschaftliche Einbuße in die Vermögenssubstanz zumuten, eine verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gesehen (vgl. BVerfGE 110, 1 ≪20, 24 ff.≫; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Januar 2004 – 2 BvR 152/04 – ≪Juris≫; vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03 –, StV 2004 S. 409 ≪410≫).
2. Auch die Annahme des Oberlandesgerichts, der Vorteil sei unmittelbar durch die Straftat erlangt worden (vgl. dazu BGHSt 47, 260 ≪268 f.≫; Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl. ≪2006≫, § 73 Rn. 6 Rn. 10; Joecks, in: Münchner Kommentar zum StGB ≪2005≫, § 73 Rn. 32; Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. ≪2006≫, § 73 Rn. 22), ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der keineswegs eindeutige Begriff der „Unmittelbarkeit”, der sich im Übrigen nicht aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, setzt eine wertende Betrachtung voraus, die beanstandungsfrei dazu führen kann, in treuhänderischer Verpflichtung vorgenommene Rechtsgeschäfte direkt dem Treugeber zuzurechnen. Dies kann jeweils nur anhand der Verhältnisse des Einzelfalls beurteilt werden, die dem Bundesverfassungsgericht nicht näher bekannt sind. Weder liegen die zwischen der E. AG und der D. AG geschlossenen Verträge vor, noch ist der Inhalt der zwischen dem Beschwerdeführer und der D. AG getroffenen Vereinbarungen im Einzelnen bekannt. Die in der Anklageschrift vom 26. März 2004 (S. 189 ff.) geschilderte Vertragsabwicklung lässt es jedenfalls nicht abwegig erscheinen, der D. AG oder D. GmbH die Rolle geschäftsbesorgender Treuhänder für die weiteren I.-Aktionäre zuzuweisen.
3. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Annahmen des Oberlandesgerichts zur Höhe des Wertes der E.-Aktien wendet, genügt der Vortrag nicht den Begründungsanforderungen (§ 23 Abs. 1, § 92 BVerfGG). Danach muss der Beschwerdeführer einen Sachverhalt vortragen, nach dem es jedenfalls möglich ist, dass die geltend gemachte Grundrechtsverletzung vorliegt (vgl. BVerfGE 17, 252 ≪258≫). Etwaige Zweifel gehen dabei zu seinen Lasten (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Mai 2002 – 2 BvR 613/02 –, NJW 2002 S. 2773).
Die Durchsicht der vorgelegten Unterlagen führt jedoch zu Unklarheiten, die mit der Verfassungsbeschwerde nicht ausgeräumt werden. Das vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Prof. S. vom 3. November 2005 mit der Ergänzung vom 24. Januar 2006 (Anlage 10) verhält sich nicht ausdrücklich zu den vom Beschwerdeführer erworbenen E.-Aktien, sondern betrifft den Aktientausch insgesamt. Dem Gutachten ist zu entnehmen, dass es drei Gruppen neuer Aktien nach dem 19. Dezember 2000 gab, so genannte A, B und C-Aktien. Die Zuordnung ist lediglich dem Vertrag vom 19. Dezember 2000 zu entnehmen, der hier nicht vorliegt. Soweit ersichtlich, beziehen sich die Ausführungen im Gutachten im Wesentlichen auf E.-Aktien der Gruppen A und B (vgl. S. 14 des Gutachtens). Welcher Gruppe die vom Beschwerdeführer letztlich erworbenen Aktien angehörten, wird aus dem Vortrag nicht deutlich, weil auch die Vereinbarungen zwischen dem Beschwerdeführer und der mit der Geschäftsabwicklung auf Seiten der I. AG befassten D. AG oder D. GmbH nicht vorliegen.
Aus dem vorgenannten Gutachten ergibt sich überdies, dass zwar der „ganz überwiegende Teil” des Aktienpakets durch Haltefristen und das Verbot von Preissicherungsgeschäften beschränkt worden sei (S. 1 des Gutachtens vom 3. November 2005). Dem lässt sich jedoch entnehmen, dass es auch Aktien ohne entsprechende Beschränkung gegeben hat. Im Vermerk der Staatsanwaltschaft vom 26. November 2004, der auf einen hier nicht vorliegenden Bericht des Landeskriminalamtes Bezug nimmt, wird u.a. mitgeteilt, die am 13. März 2001 auf das Depot des Beschwerdeführers eingebuchten Aktien seien am 14. März 2001 mit einem Sperrvermerk versehen worden (Anlage 6 S. 1). Ob auch die bereits am 19. Februar 2001 erlangten Aktien einer Sperrfrist unterlagen, bleibt dagegen offen.
Soweit die Staatsanwaltschaft bezüglich des erstgenannten Aktienpakts von einer umfassenden Verfügungsbefugnis des Beschwerdeführers am Tag der Einbuchung ausgegangen ist, hat der Beschwerdeführer eingewandt, er habe sich gegenüber dem Mitangeklagten F. schon im Vorfeld der Vertragsverhandlungen mit der E. AG dazu verpflichtet, die E.-Aktien nur mit einem entsprechenden Sperrvermerk zu übernehmen. Auch insoweit käme es auf eine Bewertung der entweder mit dem Mitangeklagten F. persönlich oder der D. AG oder D. GmbH geschlossene Verträge an, die jedoch weder vorgelegt noch im Einzelnen mitgeteilt werden. Ohne die genaue Kenntnis von Art, Umfang, Zeitraum des vereinbarten Veräußerungsverbotes kann nicht beurteilt werden, inwieweit sich dem Oberlandesgericht mit Blick auf die die Gesamtheit der ausgetauschten Aktien betreffenden Ausführungen des Sachverständigen eine Herabsetzung des gegenüber dem Beschwerdeführer festgesetzten Arrestbetrages aufdrängen musste.
Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht in seinem die Fortdauer der Untersuchungshaft betreffenden Beschluss vom 31. Januar 2006 (Anlage 14) auch Erwägungen zum objektiven Marktwert der E.-Aktien angestellt und die Aussagekraft des Gutachtens von Prof. S. bezweifelt hat. Ob die dort getroffenen Annahmen des Oberlandesgerichts zutreffend sind, kann ohne Beurteilung der dort in Bezug genommenen Sachverhalte, die sich auch aus der Anklageschrift nicht vollständig ergeben, nicht beurteilt werden.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Osterloh, Mellinghoff
Fundstellen