Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2995/06 und 1 BvR 740/07 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass Rentner seit dem 1. April 2004 mit dem vollen statt wie bisher mit dem halben Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung belastet werden.
I.
Mit Wirkung zum 1. Januar 1995 ist das Pflegeversicherungsgesetz in Kraft getreten, welches als neuen Zweig der Sozialversicherung eine soziale Pflegeversicherung geschaffen hat. Ihr gehören kraft Gesetzes die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung an, also insbesondere die gegen Arbeitsentgelt Beschäftigten, ferner die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentner sowie weitere Personenkreise (vgl. §§ 20 ff. Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – ≪SGB XI≫).
Die Pflegeversicherung wird vor allem durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert. Seit Juli 1996 betrug der Beitragssatz bundeseinheitlich 1,7 % der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder. Für in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Rentner trug der Rentenversicherungsträger die Hälfte des Beitrags zur Pflegeversicherung (§ 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.V.m. § 249a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – ≪SGB V≫).
Durch Art. 6 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB VI-ÄndG) vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3013) ist § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI mit Wirkung zum 1. April 2004 geändert worden. Nunmehr sind die Beiträge aus der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung von dem Mitglied allein zu tragen.
II.
1. Der 1937 geborene Beschwerdeführer zu I bezieht seit dem 1. Januar 2001 eine Altersrente. Als Rentner ist er in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert. Bis zum 31. März 2004 trugen der Beschwerdeführer und der Rentenversicherungsträger den aus der Rente zu zahlenden Pflegeversicherungsbeitrag nach einem Beitragssatz von 1,7 % jeweils zur Hälfte. Ab dem 1. April 2004 behielt der Rentenversicherungsträger von der Rente des Beschwerdeführers zu I. den vollen Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 27,31 € ein.
Vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist der Beschwerdeführer zu I. mit seiner dagegen gerichteten Klage erfolglos geblieben. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil (B 4 R 71/06 R) ausgeführt, ein subjektiv-öffentliches Recht des Rentners gegen seinen Rentenversicherungsträger, ihn über den 31. März 2004 hinaus von den Aufwendungen für seine Pflegeversicherung zur Hälfte freizustellen, sei in keinem Gesetz ausgestaltet und auch nicht ausgestaltet gewesen. Allein daraus, dass eine Rechtsvorschrift Einzelne faktisch (wirtschaftlich) begünstige, könne nicht auf eine gezielte Begünstigung geschlossen werden. Renteneigentum werde dadurch nicht beeinträchtigt.
2. Der 1949 geborene Beschwerdeführer zu II. bezieht seit dem 1. Mai 1999 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Auch in seinem Fall trug bis zum 31. März 2004 der Rentenversicherungsträger den aus der Rente zu bemessenden Pflegeversicherungsbeitrag zur Hälfte. Seit dem 1. April 2004 hat der Beschwerdeführer zu II. den Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 15,90 € allein zu tragen.
Auch der Beschwerdeführer zu II. ist vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit erfolglos geblieben. Das Bundessozialgericht hat im Urteil (B 12 RJ 4/05 R) ausgeführt, selbst wenn die Begünstigung des § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI a.F. dem Eigentumsschutz unterfalle, halte sich die Gesetzesänderung im Rahmen einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Der aufgehobene Rechtsvorteil und die Versicherungsleistung Rente könnten nur insgesamt betrachtet werden. Hiernach genüge § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI n.F. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das 2. SGB VI-ÄndG habe mehrere Maßnahmen getroffen, um den für das Jahr 2004 prognostizierten Beitragssatzanstieg von 19,5 % auf 20,4 % mit seinen negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu verhindern. Zu diesen Maßnahmen hätten auch Verschlechterungen für Rentenbezieher gehört. Die Einbuße halte sich in einem Rahmen, den die Rentner tragen könnten. Der Gesetzgeber knüpfe an die Rechtsentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung an, die in den letzten Jahrzehnten von dem verfassungsrechtlich zulässigen Grundgedanken bestimmt gewesen sei, jüngere Versicherte von der Finanzierung des gestiegenen Aufwands für Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen. Soweit als Konsequenz der Neuregelung Rentner gegenüber pflichtversicherten Beschäftigten, bei denen der Arbeitgeber weiterhin die Hälfte des Beitrags zahle, benachteiligt würden, sei dies sachlich gerechtfertigt. In der sozialen Pflegeversicherung gebe es keinen Grundsatz, dass Rentner die Beiträge aus ihrer Rente im Ergebnis stets nur zur Hälfte tragen müssten. Die Schlechterstellung der Rentner sei durch den sachlichen Grund eines Belastungsausgleichs zwischen Beschäftigten und Rentnern und durch das Ziel gerechtfertigt, Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung einzusparen. Es sei auch nicht geboten gewesen, bei der gesetzlichen Neuregelung zwischen Personen zu differenzieren, die bereits 1995 berentet gewesen seien und damit im Gegensatz zu erst später berenteten Personen während ihrer Erwerbsphase zur Finanzierung der Pflegeversicherungslasten durch Beiträge zur Rentenversicherung nicht beigetragen hätten. Denn bei der Ordnung von Massenerscheinungen könnten typisierende und generalisierende Regelungen notwendig sein, wenn Härten nicht besonders schwer wögen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar seien.
3. Mit ihren gegen die Urteile des Bundessozialgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerden rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, die in § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI a.F. enthaltene Rechtsposition, welche den Rentenversicherungsträger zur Tragung des halben Pflegeversicherungsbeitrages verpflichtet habe, unterfalle der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie. Es handele sich um eine privatnützig zugeordnete Rechtsstellung, die auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung in Form von Beiträgen zur Rentenversicherung beruhe. Sie hätten als Arbeitnehmer über mehrere Jahre hinweg durch Beiträge zur Rentenversicherung die Leistungen der Rentenversicherungsträger mitfinanziert, durch die seinerzeit der Pflegeversicherungsschutz der Rentner gesichert worden sei. Es handele sich bei dieser Beteiligung des Rentenversicherungsträgers auch um eine Leistung mit existenzsichernder Bedeutung, weil die Belastungen der Rentner durch Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag stiegen, während gleichzeitig das Niveau der Rentenleistungen weiter sinke. Der Leistungsberechtigte müsse sich darauf verlassen können, dass er von der Sozialversicherung die für das Recht charakteristischen Vorteile erhalten könne, dessen Lasten er als Beitragszahler selbst mitgetragen habe. Hierzu gehöre der Beitrag zum Pflegeversicherungsschutz. Dieses Sozialversicherungseigentum werde beseitigt. Das politische Ziel, den Beitragssatz für das Jahr 2004 stabil zu halten, könne die vollständige Streichung einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung nicht legitimieren, zumal hier ein kurzfristiges Sparziel als Begründung für die dauerhafte Beseitigung einer Rechtsposition angeführt werde. Widersprüchlich sei die im Gesetzgebungsverfahren angestellte Erwägung, dass die von dem Wegfall der Beitragsbeteiligung betroffenen Rentner während ihrer Erwerbsphase nur kurz oder gar nicht zur Finanzierung der 1995 eingeführten Pflegeversicherung beigetragen hätten. Denn andererseits habe der Gesetzgeber es für richtig befunden, bereits ab Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes Rentenbezieher und selbst die bereits pflegebedürftigen Personen unmittelbar in die Versicherung einzubeziehen und durch Verzicht auf Vorversicherungszeiten ihnen sofort und ohne jede Einschränkung die im Gesetz vorgesehenen Leistungsansprüche zuzuweisen. Ebenso wenig nachvollziehbar sei der in der Gesetzesbegründung angeführte Gesichtspunkt, die Arbeitnehmer hätten bei der Einführung der Pflegeversicherung durch den Verzicht auf einen Feiertag zur Finanzierung beigetragen und die Belastung der Rentner werde nunmehr ähnlich wie bei den Aktiven ausgestaltet. Auch hier werde eine für alle Leistungsberechtigten wirksame Veränderung des Rechts auf Gesichtspunkte gestützt, die sich allenfalls auf die vor oder kurz nach der Einführung der Pflegeversicherung aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Leistungsempfänger beziehen könne.
Jedenfalls verletze die Neuregelung Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Sie hätten sich darauf verlassen können, dass sie hinsichtlich des Pflegefallrisikos mit Hilfe der Rentenversicherung in die Lage versetzt würden, einen ihren Einkommensverhältnissen entsprechenden Versicherungsschutz zu erlangen.
III.
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerden haben keine Aussicht auf Erfolg. Art. 6 Nr. 12 SGB VI-ÄndG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
1. Die durch § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in Verbindung mit § 249a SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung begründete Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, bei dem durch die Beschwerdeführer verkörperten Personenkreis der in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversicherten Rentner den nach der Rente zu bemessenden Beitrag zur Pflegeversicherung zur Hälfte zu tragen, unterfiel nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt ein Eigentumsschutz in Betracht, wenn der ein subjektiv-öffentliches Recht begründende Sachverhalt dem Einzelnen eine Rechtsposition verschafft, die derjenigen eines Eigentümers entspricht (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪289≫; 88, 384 ≪401≫). Sozialversicherungsrechtliche Positionen sind geschützt, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und der Sicherung seiner Existenz dienen (vgl. BVerfGE 69, 272 ≪301≫; 100, 1 ≪32 f.≫; stRspr).
Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI a.F., wie der 4. Senat des Bundessozialgerichts meint, den Beschwerdeführern schon gar kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine Beteiligung des Rentenversicherungsträgers an dem Beitrag zur Pflegeversicherung verschafft hat. Denn es fehlt an den weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung einer von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition.
Zwar steht der Annahme einer “nicht unerheblichen Eigenleistung” nicht von vornherein entgegen, dass die Rechtsposition auch oder sogar überwiegend auf staatlicher Gewährleistung beruht (vgl. BVerfGE 69, 272 ≪301≫). Bei den Leistungen der Sozialversicherung ist die Berechtigung des Inhabers aber in einem direkten Zusammenhang mit seiner eigenen Leistung zu würdigen, die als besonderer Schutzgrund für die Eigentümerposition anerkannt ist. Berechtigung und Eigenleistung müssen sich nicht entsprechen. Je höher indes der einem Anspruch zugrunde liegende Anteil eigener Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪291 f.≫).
Im Fall der Beschwerdeführer fehlt es an einem derartigen wesentlichen personalen Bezug, soweit es die in § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI a.F. enthaltene hälftige Beitragspflicht des Rentenversicherungsträgers zur Pflegeversicherung betrifft. Die Vorschrift ist erst durch das Pflegeversicherungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 1995 in Kraft getreten. Unter der Geltung der Vorschrift war der Beschwerdeführer zu I. sechs Jahre, der Beschwerdeführer zu II. vier Jahre als versicherungspflichtig Beschäftigter mit Beiträgen zur Rentenversicherung belastet. Im Vergleich mit einem so genannten “Eckrentner” mit 45 Versicherungsjahren handelt es sich dabei um kurze Zeiträume. Von einer erheblichen Eigenleistung, die durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten auch nur in annähernd gleicher Weise wie die seiner Rente zugrunde liegende Beitragsleistung mitbestimmt wäre, kann angesichts dessen nicht gesprochen werden.
Ferner entzieht der Wegfall der hälftigen Entlastung bei der Beitragszahlung zur Pflegeversicherung den Rentnern nicht die Möglichkeit, einen ihre Einkommensverhältnisse entsprechenden Pflegeversicherungsschutz zu erlangen. Das Bundesverfassungsgericht setzt für die Einbeziehung sozialversicherungsrechtlicher Positionen in den Eigentumsschutz in ständiger Rechtsprechung voraus, dass sie für den Berechtigten von solcher Bedeutung sind, dass ihr Fortfall oder ihre Einschränkung die freiheitssichernde Funktion der Eigentumsgarantie wesentlich berühren würde. Das ist allerdings nicht auf Versichertenrenten beschränkt. Auch andere sozialversicherungsrechtliche Positionen können für die große Mehrzahl der Bevölkerung eine wichtige Grundlage ihrer Daseinssicherung sein, insbesondere dann, wenn sich eine wesentliche, über lange Zeiträume gewährte Leistung so verfestigt hat, dass die Versicherten sie zu ihrer existentiellen Versorgung rechnen können. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob ein Grundrechtsträger nach seinem Vermögensstand individuell mehr oder weniger auf den Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung angewiesen ist. Es geht vielmehr um die objektive Feststellung, ob eine öffentlich-rechtliche Leistung ihrer Zielsetzung nach der Existenzsicherung der Berechtigten zu dienen bestimmt ist. Nicht das Bedürfnis des Einzelnen, sondern der Umstand ist entscheidend, dass eine Position der großen Mehrzahl der Staatsbürger zur existentiellen Sicherung dient (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪290≫; 69, 272 ≪300≫).
Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht den existenzsichernden Charakter der Versichertenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung bejaht, ebenso des Arbeitslosengeldes sowie bereits zuerkannter Ansprüche auf Unterhalts- und Übergangsgeld (vgl. BVerfGE 76, 220 ≪235≫). Auch der nach dem früheren Recht der Reichsversicherungsordnung begründete Anspruch auf einen Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung der Rentner ist durch das Bundesverfassungsgericht als existenzsichernde Leistung anerkannt worden; denn die Höhe der Krankenkosten und – dadurch bedingt – der Beiträge zur privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung könne ohne diese Leistung dazu führen, dass Rentner nicht mehr oder nur noch mit unverhältnismäßigem Aufwand in der Lage wären, ihren Krankenversicherungsschutz sicherzustellen, wodurch eine ihre wirtschaftliche Existenz gefährdende Situation entstehen könne. Hingegen unterfällt die Aussicht, als Rentner Krankenversicherungsschutz ohne eigene Beitragsleistung erhalten zu können, nicht dem Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 69, 272 ≪304≫).
Hiervon ausgehend wird die von Art. 14 GG geschützte pflegeversicherungsrechtliche Position der berechtigten Rentner durch die Streichung der Beteiligung des Rentenversicherungsträgers an den Pflegeversicherungsaufwendungen nicht berührt. Sie müssen danach zwar den vollen Pflegeversicherungsbeitrag zahlen, dieser ist aber so niedrig und prozentual an den Rentenbezug angepasst, dass hierdurch keine existenzbedrohende Verringerung des Rentenbetrags eingetreten ist und den Rentnern der Zugang zur Pflegeversicherung weiterhin ermöglicht bleibt, die ihnen auch im Pflegefall die Existenz sichert. Es handelte sich um eine Zusatzleistung zu den eigentlichen Versicherungsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die wirtschaftlich für die Versicherten von untergeordneter Bedeutung war. Der vom Rentenversicherungsträger zu tragende Anteil betrug 0,85 % des aus der Rente zu zahlenden Beitrags. Bei einer Bruttorente von 1.606,51 € ist der Beschwerdeführer zu I. seit dem 1. April 2004 damit einer zusätzlichen Beitragslast von 13,65 €, der Beschwerdeführer zu II. bei einer Bruttorente von 935,41 € einer zusätzlichen Beitragslast von rund 8 € ausgesetzt. Hierbei handelt es sich um Beträge, welche für die existenzielle Sicherung des Einzelnen nicht von Bedeutung sind und nicht zu wesentlichen Einschränkungen in der persönlichen Lebensführung zwingen. Dagegen kann nicht, wie die Beschwerdeführer meinen, mit einer zukünftig drohenden Überlastung der Rentner durch insgesamt steigende Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bei perspektivisch sinkenden Rentenleistungen argumentiert werden. Die Frage, ob einer Rechtsposition der Charakter von Eigentum zukommt, lässt sich nur nach den damit im Zeitpunkt der Inanspruchnahme konkret verbundenen Gewährleistungen beurteilen und wird nicht von Annahmen über die von verschiedensten Faktoren abhängige zukünftige wirtschaftliche Situation des Berechtigten bestimmt.
2. Bei der danach am Maßstab von Art. 2 Abs. 1 GG vorzunehmenden Prüfung ist die angegriffene Norm mit dem Grundgesetz vereinbar.
a) Die Streichung der Beteiligung des Rentenversicherungsträgers an den Aufwendungen für die Pflegeversicherung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Dem Gesetzgeber muss eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um das Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten. Selbst die Eigentumsgarantie verfestigt das Rentenversicherungssystem nicht so, dass es starr wird und den Anforderungen unter veränderten Umständen nicht mehr genügen kann (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪293≫; 58, 81 ≪110≫; 69, 272 ≪304≫; 100, 1 ≪37 f.≫). Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb – bei einer am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 GG orientierten Prüfung – keine verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Beschränkung der Rentenanpassung im Jahre 2000 auf die Inflationsrate sowie die Aussetzung der Rentenanpassung im Jahre 2004 gehabt, weil diese Maßnahmen von gewichtigen öffentlichen Interessen getragen waren (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. Juli 2007 – 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07 –, NZS 2008, S. 254). Die dort angestellten Erwägungen gelten für die hier angegriffene Maßnahme in gleicher Weise. Ebenso wie die Aussetzung der Rentenanpassung im Jahr 2004 war die Abschaffung der hälftigen Beitragspflicht des Rentenversicherungsträgers beim Pflegeversicherungsbeitrag von dem gewichtigen öffentlichen Interesse bestimmt, einem Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Rentenversicherung entgegen zu wirken. Die Aussetzung der Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 diente wie die angegriffene Regelung der Stabilisierung des Beitragssatzes von 19,5 % und damit der Stabilisierung des Rentenversicherungssystems insgesamt (vgl. BTDrucks 15/1830, S. 8). Der Einwand der Beschwerdeführer, der Gesetzgeber dürfe nicht für ein kurzfristiges Sparziel dauerhaft eine Versicherungsleistung abschaffen, verkennt insoweit, dass die angegriffene Maßnahme ebenso wie die Aussetzung der Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 auf eine dauerhafte Senkung des Rentenversicherungsbeitrags zielte. Der Wegfall des Finanzierungsanteils der gesetzlichen Rentenversicherung am Beitrag zur Pflegeversicherung der Rentner sollte nach den Schätzungen des Gesetzgebers die Rentenversicherung für das Jahr 2004 um 0,1 Beitragssatzpunkte und für die darauf folgenden Jahre im Umfang von bis zu 0,2 Beitragssatzpunkten entlasten (vgl. BTDrucks 15/1830, S. 11), was nach den Feststellungen des Bundessozialgerichts für die Zeit von April bis Dezember 2004 Minderausgaben von etwa 1,2 Milliarden € und für das Jahr 2005 von etwa 1,6 Milliarden € bedeutete (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2006 – B 12 RJ 4/05 R –, SuP 2007, S. 445 ≪455≫). Der Gesetzgeber durfte unter Ausschöpfung des ihm bei der Gestaltung des Sozialrechts zukommenden Spielraums (vgl. BVerfGE 75, 78 ≪101≫; 76, 220 ≪241≫; 100, 1 ≪37≫) die angegriffene Maßnahme deshalb als geeignet und erforderlich ansehen. Die Einschätzung der von beiden Maßnahmen ausgehenden Entlastungswirkungen zugunsten der öffentlichen Haushalte und der Beitragszahler ist nicht zu beanstanden. Das Auftreten eines erheblichen Finanzierungsdefizits hätte in der gesetzlichen Rentenversicherung entweder die Erhöhung des Beitragssatzes oder die Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung zur Folge gehabt (vgl. § 153, § 158 Abs. 1, § 213 SGB VI). Es liegt innerhalb des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsermessens, wenn er der Stabilisierung oder der Verringerung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung Priorität, insbesondere aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, einräumt. Dabei liegt die Annahme, dass eine Erhöhung des paritätisch vom Arbeitgeber mit zu tragenden Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung den Faktor Arbeit zusätzlich verteuert und zum Wegfall oder zum Nichtentstehen versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse beiträgt, in der Einschätzungsprärogative des zur Gestaltung des Sozialstaats berufenen Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 76, 220 ≪241≫). Er war auch nicht gehalten, angesichts der angespannten Haushaltslage von Bund, Ländern und Kommunen eine Deckung des Finanzierungsdefizits in der gesetzlichen Rentenversicherung über eine Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung sicherzustellen (vgl. zur Lage des Bundeshaushaltes 2004 eingehend: BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 9. Juli 2007 – 2 BvF 1/04 –, BVerfGE 119, 96). Bei der Ausgabenpolitik musste der Gesetzgeber auch die Verpflichtungen zur Einhaltung des europäischen Stabilitätspakts beachten.
Der Einwand der Beschwerdeführer, sie hätten in der Vergangenheit durch ihre Rentenversicherungsbeiträge als Arbeitnehmer die Leistungen, welche nach § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI a.F. erbracht wurden, mitfinanziert, weshalb ihnen nach Eintritt des Versicherungsfalls die entsprechende Begünstigung nicht genommen werden dürfe, ist demgegenüber nicht durchschlagend. Zwar müssen sich bei einer Versicherung die Vorleistungen der Versicherten in adäquaten Leistungsanrechten widerspiegeln. In Bezug auf die Beschwerdeführer beschränkte sich diese Vorleistung aber auf wenige Jahre und hat eine gewisse Kompensation dadurch gefunden, dass sie als Rentner selbst für einige Zeit in den Genuss dieser Leistung gekommen sind. Zudem besteht verfassungsrechtlich kein Anspruch auf Beibehaltung jeder Einzelleistung im System der Sozialversicherung. Ähnlich dem steuerrechtlichen Grundsatz der Trennung von Steuererhebung und haushaltsrechtlicher Verwendungsentscheidung gilt auch im Sozialversicherungsrecht, dass es keinen Anspruch des Bürgers auf eine ganz bestimmte Verwendung der von ihm geleisteten Abgaben gibt. Vielmehr enthält das Äquivalenzprinzip lediglich das Anrecht auf eine adäquate Teilhabe an den Leistungen der Versicherung insgesamt, nicht aber auf konkrete Einzelleistungen. So wie der Gesetzgeber berechtigt ist, aus Gründen des Gemeinwohls die auf entsprechenden Beitragsleistungen beruhenden Rentenanwartschaften und Rentenleistungen in gewissen Grenzen einzuschränken, so ist es ihm im Rahmen der verfassungsrechtlichen Schranken ebenfalls gestattet, Einschränkungen bei versicherungsrechtlichen Zusatzleistungen vorzunehmen, wie dies das Bundesverfassungsgericht bereits in Bezug auf den als Ergänzung zur Rente gewährten Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag ausgeführt hat (vgl. BVerfGE 69, 272 ≪305 f.≫).
Angesichts der erheblichen Gemeinwohlgründe, welche die Abschaffung der Beteiligung des Rentenversicherungsträgers am Pflegeversicherungsbeitrag zum 1. April 2004 rechtfertigen, kann es daher dahinstehen, welche Bedeutung dem im Gesetzgebungsverfahren (vgl. BTDrucks 15/1830, S. 8) zusätzlich herangezogenen Gesichtspunkten zukommt, dass Rentner sowie ältere Versicherte während ihrer Erwerbsphase regelmäßig nicht oder nur kurz durch eigene Beiträge zur Finanzierung der Pflegeversicherung beigetragen haben und sie künftig nicht anders behandelt werden als Aktive, die durch den Verzicht auf einen Feiertag zur Finanzierung der Pflegeversicherung beigetragen haben.
b) Die angegriffene Regelung verstößt auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen (vgl. BVerfGE 95, 64 ≪86≫; 103, 392 ≪403≫) sind solche Regelungen verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfGE 101, 239 ≪263≫; 103, 392 ≪403≫). Zwar begründete die seit 1995 bestehende Beitragstragungsregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ein schutzwürdiges Vertrauen der begünstigten Rentner, insbesondere derjenigen, die – wie die Beschwerdeführer – in der Zeit der aktiven Beschäftigung durch ihre Rentenversicherungsbeiträge zur Finanzierung dieser Leistung beigetragen haben. Angesichts der mit der Maßnahme verfolgten Ziele und der insgesamt verhältnismäßig geringfügigen Belastung der Betroffenen überwiegt aber das öffentliche Interesse an der Regelung.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hohmann-Dennhardt, Gaier, Kirchhof
Fundstellen