Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2007 – 5 StR 116/01 und 5 StR 475/02 – verletzt den Beschwerdeführer zu I. in seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren (Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Der Beschluss wird insoweit aufgehoben, als er die Revision des Beschwerdeführers zu I. als unbegründet verwirft (Tenor Ziffer 3. des Beschlusses). Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Revision des Beschwerdeführers zu I. an einen anderen Strafsenat des Bundesgerichtshofs zurückverwiesen.
Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu II. und zu III. werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer zu I. seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob der Bundesgerichtshof in dem angegriffenen Beschluss seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur Berücksichtigung der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs über die Rechte aus Art. 36 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (WÜK, BGBl 1969 II S. 1585) nachgekommen ist.
A. I.
1. a) Nach Art. 36 Abs. 1 Buchstaben b und c WÜK haben die Behörden im Fall der Festnahme eines Ausländers unverzüglich die konsularische Vertretung seines Heimatstaats zu benachrichtigen. Die Konsularbeamten sind berechtigt, mit dem Festgenommenen Kontakt aufzunehmen und für seine rechtliche Vertretung zu sorgen. Über die in dieser Bestimmung gewährleisteten Rechte ist der Festgenommene nach Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK unverzüglich zu unterrichten. Nach Art. 36 Abs. 2 WÜK muss das innerstaatliche Recht ermöglichen, die Zwecke der in Absatz 1 vorgesehenen Rechte vollständig zu verwirklichen (s. im Einzelnen bereits BVerfGK 9, 174 ≪175 f.≫).
b) Durch Fälle, in denen Ausländer in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) zum Tode verurteilt wurden, ohne dass sie dem Konsularrechtsübereinkommen entsprechend belehrt worden waren und ohne dass die konsularische Vertretung des Heimatstaats benachrichtigt worden war, rückte die Frage, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Konsequenzen aus einem völkerrechtlichen Verstoß gegen das Konsularrechtsübereinkommen für das innerstaatliche Strafverfahren zu ziehen sind, in den Fokus des Interesses. Durch Klagen zunächst Deutschlands (LaGrand-Fall) und später Mexikos (Avena-Fall) gegen die USA vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag (IGH) erhielt dieser Gelegenheit, sich zu Völkerrechtsverletzungen und ihren möglichen innerstaatlichen Konsequenzen zu äußern (IGH, LaGrand Case, Germany v. United States of America, Judgment of 27 June 2001, ICJ Reports 2001, S. 464; IGH, Case concerning Avena and other Mexican Nationals, Mexico v. United States of America, Judgment of 31 March 2004, ICJ Reports 2004, S. 12; vgl. auch die nähere Darstellung in BVerfGK 9, 174 ≪176 f.≫).
2. a) Der Beschwerdeführer zu I. ist türkischer Staatsbürger. Er wurde wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge vom Landgericht Hamburg am 5. April 2002 zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren verurteilt. Im Rahmen der Beweiswürdigung stützte sich das Landgericht auch auf eine im Wesentlichen geständige Einlassung des Beschwerdeführers zu I., die dieser im Anschluss an seine Festnahme bei der Polizei gemacht hatte und die durch zeugenschaftliche Vernehmung des Vernehmungsbeamten in die Hauptverhandlung eingeführt wurde. In der Hauptverhandlung hatte der Beschwerdeführer zu I. später teilweise abweichende Angaben gemacht. Weder bei seiner Festnahme noch zu einem späteren Zeitpunkt war der Beschwerdeführer zu I. nach Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK über seine Rechte aus dem Konsularrechtsübereinkommen belehrt worden; die Belehrungen nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO wurden ordnungsgemäß erteilt (vgl. die nähere Darstellung in BVerfGK 9, 174 ≪181 f.≫).
b) Der Beschwerdeführer zu II. ist deutscher, der Beschwerdeführer zu III. serbischer Staatsangehöriger. Sie wurden vom Landgericht Braunschweig durch Urteil vom 5. Juli 2000 wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. In der Beweiswürdigung stützt sich das Urteil des Landgerichts auch auf Angaben, die einer der in der Hauptverhandlung schweigenden Beteiligten, ein türkischer Staatsangehöriger, im Verlauf des Ermittlungsverfahrens gegenüber der Polizei gemacht hatte und die durch zeugenschaftliche Vernehmung der Vernehmungsbeamten in die Hauptverhandlung eingeführt worden waren. Eine Belehrung dieses Beteiligten nach Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK erfolgte weder vor der polizeilichen Vernehmung noch im weiteren Verlauf des Strafverfahrens; die Belehrungen nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO wurden auch hier ordnungsgemäß erteilt (vgl. die nähere Darstellung in BVerfGK 9, 174 ≪179 f.≫).
c) Die von den Beschwerdeführern gegen die Strafurteile jeweils eingelegten Revisionen blieben in beiden Verfahren ohne Erfolg (BGH, Beschluss vom 7. November 2001 – 5 StR 116/01 –, NStZ 2002, S. 168; BGH, Beschluss vom 29. Januar 2003 – 5 StR 475/02 –; vgl. zu den ersten Revisionsverfahren bereits BVerfGK 9, 174 ≪180 ff.≫).
3. Gemeinsam mit weiteren Verurteilten erhoben die Beschwerdeführer gegen die beiden Revisionsbeschlüsse des Bundesgerichtshofs Verfassungsbeschwerden (vgl. zum damaligen Vortrag BVerfGK 9, 174 ≪182 ff.≫), denen das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. September 2006 (BVerfGK 9, 174 ff.) stattgab, nachdem es die Verfassungsbeschwerden zuvor zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hatte. Die Revisionsbeschlüsse des Bundesgerichtshofs wurden aufgehoben und die Sachen zur erneuten Revisionsentscheidung an ihn zurückverwiesen.
4. Mit nunmehr angegriffenem Beschluss vom 25. September 2007 (BGHSt 52, 48) verband der Bundesgerichtshof die Revisionsverfahren ebenfalls zur gemeinsamen Entscheidung. Er verwarf sämtliche Revisionen erneut als unbegründet, diejenige des Beschwerdeführers zu I., in dessen Person der Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK begangen worden war, mit der Maßgabe, dass von der verhängten elfjährigen Freiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gälten.
a) Der Bundesgerichtshof führte aus, eine Gesetzesverletzung liege darin, dass der Beschwerdeführer zu I. sowie der Mitangeklagte der Beschwerdeführer zu II. und III. nach ihrer Festnahme nicht nach Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK belehrt worden seien. Ein Beruhen der Beweiswürdigung in den angefochtenen Urteilen auf den Ergebnissen der in dieser Situation erfolgten Vernehmungen könne der Senat nicht ausschließen, wenn sie auch in beiden Fällen eher fern liege (vgl. BGHSt 52, 48 ≪52≫). Die Beschwerdeführer zu II. und III. könnten aus der Verletzung des subjektiven Rechts ihres Mitangeklagten für sich allerdings von vornherein keine Verletzung eigener Verfahrensrechte herleiten. Die Belehrungspflicht knüpfe individuell an die fremde Staatsangehörigkeit und Festnahmesituation des unmittelbar Betroffenen an, sodass der Rechtskreis des Mitbeschuldigten von einem Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK nicht berührt werde (vgl. BGHSt 52, 48 ≪52 f.≫). Aber auch für die unmittelbar Verletzten ziehe der Verstoß gegen das Konsularrechtsübereinkommen kein Beweisverwertungsverbot nach sich, welches anzunehmen Völker- oder Verfassungsrecht nicht geböten. Die Rechtslage stelle sich unter Berücksichtigung von Art und Gewicht der Rechtsverletzung anders dar als im Fall des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO, für den von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen werde. Durch letztere Bestimmung würden wesentliche Rechte des Beschuldigten unmittelbar bezogen auf eine Vernehmungssituation zentral geschützt. Dem sei die Belehrungspflicht nach Art. 36 Abs. 1 WÜK nicht hinreichend ähnlich: Diese knüpfe an die Verhaftung und nicht den Beginn einer Vernehmung an, und es werde lediglich ein ergänzender Schutz für den inhaftierten ausländischen Beschuldigten geboten, eine „standardisierte Rechtsposition”, an die angesichts dieses Charakters ein Beweisverwertungsverbot von vornherein nicht geknüpft werden könne. In seinen knappen Ausführungen zur Frage des Beweisverwertungsverbots geht der Bundesgerichtshof nur in seinem letzten Satz kurz auf die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs ein (vgl. BGHSt 52, 48 ≪54 f.≫).
b) Allerdings erachtete es der Bundesgerichtshof für angezeigt, die „Rechtsverletzung zu kompensieren” (BGHSt 52, 48 ≪55 ff.≫): Der Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK dürfe auch bei der Ablehnung eines Beweisverwertungsverbots nicht folgenlos bleiben; denn nach dem Internationalen Gerichtshof sei eine „effektive Revisibilität” sicherzustellen. Dadurch liege – ähnlich wie in den Fällen der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung – ein Grund für eine Kompensation vor, durch die der Verletzte eine Wiedergutmachung erhalte. Die Kompensation sei nicht auf der Strafzumessungsebene, sondern auf der Vollstreckungsebene vorzunehmen; so komme die Kompensation etwa auch dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten zugute. Das Maß der als vollstreckt geltenden Strafe sei für den Beschwerdeführer zu I. mit sechs Monaten zu bestimmen (s. BGHSt 52, 48 ≪58≫). Eine weitere Kompensation sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer überlangen Verfahrensdauer geboten.
II.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer nunmehr gegen die erneute Revisionsverwerfung durch den Bundesgerichtshof.
1. Der Beschwerdeführer zu I. sieht sich durch den angegriffenen Revisionsbeschluss in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sowie aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot verletzt.
Er macht geltend, der Bundesgerichtshof habe in der Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus einer Verletzung von Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK ein Beweisverwertungsverbot folge, erneut die einschlägigen Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs in Sachen LaGrand und Avena nicht hinreichend berücksichtigt und dadurch sein Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzt. Überdies werde die vom Internationalen Gerichtshof festgestellte herausragende Bedeutung der subjektiven Rechtsposition aus Art. 36 Abs. 1 WÜK vom Bundesgerichtshof ebenso verkannt wie die besondere Bedeutung, die der Internationale Gerichtshof bereits in dem LaGrand-Urteil dem Gebot des Art. 36 Abs. 2 WÜK zugemessen habe, wonach die Zwecke der in Art. 36 Abs. 1 WÜK vorgesehenen Rechte vollständig zu verwirklichen seien. Mit diesen Ausführungen des Internationalen Gerichtshofs sei die Feststellung, es handle sich bei dem Recht auf konsularischen Beistand nur um eine „standardisierte Rechtsposition”, welche lediglich ergänzenden Schutz vermittle, unvereinbar. Die Herabstufung der Rechtsposition aus Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK zu einem „pauschalen Sonderrecht” verstoße überdies gegen das Willkürverbot; es sei nicht Aufgabe der Fachgerichte, völkerrechtliche Gebote in ihrem Wesensgehalt herabzustufen, damit einem ausländischen Beschuldigten nicht sämtliche rechtsstaatliche Verteidigungsstandards zugute kämen. Die Kompensationslösung auf der Ebene der Strafvollstreckung finde keine Stütze im Gesetz und sei deshalb ebenfalls als willkürlich anzusehen, zumal es an einer nachvollziehbaren Berücksichtigung des Ausmaßes des kompensierten Verfahrensverstoßes fehle.
Zudem beruft sich der Beschwerdeführer zu I. auf eine rechtsstaatswidrige überlange Verfahrensdauer, aus der der Bundesgerichtshof unter Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip keine weitere Kompensation auf der Rechtsfolgenebene gefolgert habe
2. Die Beschwerdeführer zu II. und zu III. sehen sich durch den angegriffenen Revisionsbeschluss ebenfalls in ihrem Grundrecht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt und rügen überdies Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.
III.
Die Bundesregierung, der Bundesgerichtshof und der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hatten Gelegenheit, sich zu den von den Verfassungsbeschwerden aufgeworfenen Rechtsfragen zu äußern. Das Bundesministerium der Justiz hat namens der Bundesregierung von einer Stellungnahme abgesehen. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat Stellungnahmen der Vorsitzenden des 2., des 3. und des 5. Strafsenats übersandt, die auf ihre Rechtsprechung verweisen und von darüber hinausgehenden Stellungnahmen zu den verfassungsrechtlichen Fragen absehen. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält in seiner ausführlichen Stellungnahme die Verfassungsbeschwerden für unbegründet.
Entscheidungsgründe
B.
Von den zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden gibt die Kammer der Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu I. statt, weil sie teilweise zulässig und insoweit auch offensichtlich begründet ist und die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 (BVerfGK 9, 174 ff.) bereits entschieden ist, § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG (dazu I.). Demgegenüber werden die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu II. und zu III. nicht zur Entscheidung angenommen; sie haben keine Aussicht auf Erfolg (dazu II.).
I.
1. a) Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu I. ist unzulässig, soweit er eine Verletzung seines Grundrechts auf ein faires Verfahren dadurch rügt, dass der Bundesgerichtshof keine rechtsstaatswidrige überlange Verfahrensdauer festgestellt und kompensiert hat. Diese Rüge ist nicht entsprechend den Anforderungen nach § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG hinreichend substantiiert begründet.
Ob die Dauer eines Strafverfahrens noch angemessen ist, muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. nur BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. März 1992 – 2 BvR 1/91 –, NJW 1992, S. 2472 ≪2473≫; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. April 1993 – 2 BvR 1487/90 –, NJW 1993, S. 3254 ≪3255≫). Diese Beurteilung hat dabei nicht absolut, das heißt lediglich durch Verweis auf eine Gesamtverfahrensdauer, zu erfolgen, sondern vielmehr relativ nach den Umständen des konkreten Falles (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Februar 2003 – 2 BvR 29/03 –, juris, Absatz-Nr. 4).
Deshalb gehört es grundsätzlich zu den Begründungsanforderungen einer Rüge überlanger Verfahrensdauer, dass ein Beschwerdeführer nicht nur Angaben zur Verfahrensdauer, sondern auch substantiierte Ausführungen dazu macht, aus welchen Gründen diese Verfahrensdauer nach den konkreten Umständen des Verfahrens als unverhältnismäßig lang angesehen werden muss. Dabei mögen die Anforderungen an den Vortrag des Beschwerdeführers mit steigender Verfahrensdauer sinken, und es mögen auch besonders gelagerte Ausnahmefälle denkbar sein, in denen der bloße Verweis auf eine ganz besonders lange Verfahrensdauer ausreicht; ein solcher Fall liegt hier angesichts einer Verfahrensdauer von weniger als sechs Jahren bis zur angegriffenen Entscheidung aber ersichtlich nicht vor. Macht ein Beschwerdeführer indes – wie hier – überhaupt keine Ausführungen zu der Frage, warum die Verfahrensdauer in Relation zum Tatvorwurf und insbesondere zu den – hier aufgrund der völkerrechtlichen Implikationen des Falles bestehenden – Schwierigkeiten des Falles als nicht mehr angemessen ansehen kann, fehlt es deshalb an einer hinreichend substantiierten Rügebegründung. Deshalb bedarf es hier keiner Entscheidung, ob die Dauer des ersten Revisionsverfahrens (vgl. hierzu insbesondere BVerfGK 7, 21 ≪36 f.≫) beziehungsweise des Verfassungsbeschwerdeverfahrens (vgl. einerseits BVerfGK 8, 260 ≪262≫; andererseits EGMR, Metzger v. Germany, Urteil vom 31. Mai 2001, Beschwerdenr. 37591/97, NJW 2002, S. 2856, Ziff. 34) bei der Bestimmung der Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen wären.
b) Soweit der Beschwerdeführer zu I. im Übrigen einen Verstoß gegen sein Grundrecht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, insbesondere entsprechend den Anforderungen nach § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG begründet.
2. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts auf ein faires Verfahren dadurch rügt, dass der Bundesgerichtshof in seinen Ausführungen zu den aus einer Verletzung von Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK resultierenden Konsequenzen nicht in hinreichender Weise die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs zum Konsularrechtsübereinkommen berücksichtigt habe, ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet.
a) Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 19. September 2006 (BVerfGK 9, 174 ff.) zur verfassungsrechtlichen Pflicht zur Berücksichtigung bestimmter Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs eingehend Stellung genommen. Der in diesem Beschluss entwickelte Maßstab (s. BVerfGK 9, 174 ≪187 ff.≫), der hier erneut zugrunde zu legen ist, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
aa) Das Grundgesetz legt die deutsche öffentliche Gewalt programmatisch auf die internationale Zusammenarbeit (Art. 24 GG) und die europäische Integration (Art. 23 GG) fest und bindet sie darüber hinaus an das Völkervertrags- (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) und Völkergewohnheitsrecht (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 25 GG). Es ist Ausdruck der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes, dass dieses nach Möglichkeit so auszulegen ist, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nicht entsteht. Hieraus ergibt sich eine verfassungsunmittelbare Pflicht der deutschen Gerichte, einschlägige Judikate der für Deutschland zuständigen internationalen Gerichte zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
bb) Eine solche Berücksichtigungspflicht trifft die Fachgerichte auch hinsichtlich der hier relevanten Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs auf dem Gebiet des Konsularrechts. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes in Verbindung mit der Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 59 Abs. 2 GG), welche die Entscheidungen eines völkerrechtlich ins Leben gerufenen internationalen Gerichts nach Maßgabe des Inhalts des inkorporierten völkerrechtlichen Vertrags umfasst. Würde eine Berücksichtigungspflicht hinsichtlich der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs dabei auf den unter deutscher Beteiligung entschiedenen Einzelfall begrenzt, könnte vor dem Hintergrund der jedenfalls faktischen Präzedenzwirkung seiner Entscheidungen regelmäßig nicht verhindert werden, dass Konflikte zwischen den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland und dem nationalen Recht entstehen. Solche Konflikte will das Grundgesetz mit seinen nach außen blickenden Verfassungsbestimmungen jedoch gerade vermeiden (vgl. BVerfGE 74, 358 ≪370≫; 111, 307 ≪318≫). Deshalb muss der Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrags durch den Internationalen Gerichtshof über den entschiedenen Einzelfall hinaus eine normative Leitfunktion beigemessen werden, an der sich die Vertragsparteien zu orientieren haben. Voraussetzung hierfür ist, dass die Bundesrepublik Deutschland Partei des einschlägigen, die in Rede stehenden materiell-rechtlichen Vorgaben enthaltenen völkerrechtlichen Vertrags ist und sich, wie im Fall des Konsularrechtsübereinkommens, der Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs unterworfen hat.
cc) Inhaltlich bedeutet die Pflicht, die einschlägigen Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs zu berücksichtigen, dass sich die Fachgerichte mit seinen Ausführungen auseinandersetzen und gegebenenfalls abweichende eigene Auffassungen offenlegen müssen. Eine solche Abweichung von der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs kann die nach dem Vorstehenden zu vermeidenden Konflikte mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auslösen und widerspricht insoweit dem Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit. Deshalb muss in einem solchen Abweichensfall dargelegt werden, warum Grundrechte Dritter oder sonstige Verfassungsbestimmungen ein Abweichen erforderlich machen (vgl. bereits BVerfGK 9, 174 ≪195 f.≫; BVerfGE 111, 307 ≪329≫).
Dabei ist auch im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle den Schwierigkeiten fachgerichtlicher Auseinandersetzungen mit Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs Rechnung zu tragen. Diese Entscheidungen sind in der Regel umfangreich begründet, doch bringen es nicht zuletzt die Eigenheiten der Völkerrechtsordnung mit sich, dass Zweifel über den genauen Inhalt der gerichtlichen Feststellungen und die aus ihnen zu ziehenden Folgerungen verbleiben können. Eine zusätzliche Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass Urteile des Internationalen Gerichtshofs in der amtlichen Sammlung nur in englischer und französischer Sprache erhältlich sind und es regelmäßig nur auszugsweise und nicht-amtliche deutsche Übersetzungen gibt. Oft wird hinzukommen, dass einschlägige Urteile – wie hier die Entscheidungen in Sachen LaGrand und Avena – zu einer anderen Rechtsordnung ergangen sind und die Frage, wie einzelnen Feststellungen des Internationalen Gerichtshofs gerade in der deutschen Rechtsordnung Rechnung zu tragen ist, nicht immer zweifelsfrei zu beantworten sein wird. Deshalb kann es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein, zunächst eine internationale Entscheidung in all ihren Einzelheiten auszuwerten und die Berücksichtigung dieser Entscheidung durch die Fachgerichte dann an einer solcherart eingehenden Würdigung zu messen. Insofern ist es für die verfassungsrechtliche Berücksichtigungspflicht von zentraler Bedeutung, dass das Fachgericht offenlegt, die einschlägige Judikatur zur Kenntnis genommen und sich mit ihr auseinandergesetzt zu haben. Geht es dann um die Frage, ob ein Fachgericht einer Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs auch den richtigen Inhalt beigemessen hat, kann ein Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Berücksichtigungspflicht nur bei einer erkennbar fehlerhaften Rezeption angenommen werden. Nur so kann den aus der zunehmenden überstaatlichen Einbindung der deutschen Rechtsordnung auch und gerade für die Fachgerichte resultierenden Schwierigkeiten bei der verfassungsgerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden.
dd) Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet in Verbindung mit der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG das Recht des Beschuldigten auf ein rechtsstaatliches, faires Strafverfahren (BVerfGE 26, 66 ≪71≫; 38, 105 ≪111≫; 40, 95 ≪99≫; 65, 171 ≪174≫; 66, 313 ≪318≫; 77, 65 ≪76≫; 86, 288 ≪317 f.≫). Die Ausgestaltung dieses Grundrechts ist zunächst Aufgabe des Gesetzgebers. Die Fachgerichtsbarkeit hat sodann den Schutzgehalt der jeweils in Frage stehenden Verfahrensnorm und anschließend die Rechtsfolgen ihrer Verletzung zu bestimmen. Die Verkennung des Schutzgehalts einer verletzten Verfahrensnorm kann danach ebenso in das Recht des Beschuldigten eingreifen wie eine Überspannung der weiteren Voraussetzungen für die Annahme eines Verwertungsverbots hinsichtlich rechtswidrig gewonnener Beweise. Das faire Verfahren wird allerdings nicht nur durch die Normen der Strafprozessordnung, sondern auch durch völkervertragsrechtliche Vorschriften ausgestaltet. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen völkerrechtliche Verträge wie das Konsularrechtsübereinkommen, denen die Bundesrepublik Deutschland durch Zustimmungsgesetz beigetreten ist, nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 74, 358 ≪370≫; 82, 106 ≪120≫; 111, 307 ≪317≫). Diese Rangzuweisung führt in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dazu, dass deutsche Gerichte das anwendbare Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (vgl. nur BVerfGE 111, 307 ≪317≫). Art. 36 WÜK, der in der deutschen Rechtsordnung damit im Range eines Bundesgesetzes gilt, enthält Vorgaben, die unmittelbar für den deutschen Strafprozess einschließlich des Ermittlungsverfahrens relevant sind, wenn – wie vorliegend – Staatsangehörige eines anderen Vertragsstaats verfolgt werden. Die Norm ist hinreichend bestimmt, um von den Strafverfolgungsbehörden unmittelbar angewendet zu werden; sie bedarf keiner Ausführungsgesetzgebung, sondern ist „self-executing”.
Deshalb kann ein Beschwerdeführer die Missachtung der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, bei der Auslegung und Anwendung des Konsularrechtsübereinkommens die einschlägige Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihr auseinanderzusetzen, als Verstoß gegen sein Grundrecht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip rügen.
b) Gemessen an diesem Maßstab ist der Bundesgerichtshof in dem angegriffenen Beschluss seiner verfassungsunmittelbaren Pflicht zur Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs bei der Frage der aus einer Verletzung von Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK resultierenden Konsequenzen nicht in hinreichender Weise nachgekommen.
aa) In seinem LaGrand-Urteil hat der Internationale Gerichtshof festgestellt, dass es in der Folge eines Verstoßes gegen Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK von Völkerrechts wegen im innerstaatlichen Verfahren möglich sein muss, strafrechtliche Verurteilungen in Schuld- und Strafausspruch unter Einbeziehung der Verletzung des Konsularrechtsübereinkommens einer Überprüfung und Neubewertung zu unterziehen (IGH, a.a.O., Ziff. 125).
Zu der Frage der näheren Ausgestaltung dieser Überprüfung und Neubewertung von Schuldspruch und Strafausspruch hat der Internationale Gerichtshof vor allem in seinem Avena-Urteil näher Stellung genommen (IGH, a.a.O., insbesondere Ziff. 115-143). Mexiko hatte als klagender Staat geltend gemacht, der Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 WÜK müsse in den Strafverfahren gegen die verurteilten mexikanischen Staatsbürger zwingend zur Aufhebung der Verurteilungen führen. Die USA schuldeten restitutio in integrum, welche nur durch Herstellung des status quo ante geleistet werden könne. Ferner sei sicherzustellen, dass der Verstoß gegen das Konsularrechtsübereinkommen sich nicht auf das weitergehende Verfahren auswirke. Deshalb dürften Aussagen aus der Zeit vor der konsularischen Belehrung keinesfalls im späteren Verfahrensverlauf verwertet werden; damit war die Frage eines Beweisverwertungsverbots angesprochen (vgl. IGH, a.a.O., Ziff. 116 f.). Der Internationale Gerichtshof führte hierzu aus, der Inhalt der völkerrechtlich geschuldeten Wiedergutmachung für den Verstoß gegen das Konsularrechtsübereinkommen könne nur mit Blick auf die konkrete Fallkonstellation ermittelt werden. Die zwingende Aufhebung aller Verurteilungen sei völkerrechtlich nicht geschuldet, schon weil nicht diese Verurteilungen, sondern eine Verletzung des Konsularrechtsübereinkommens durch die USA Verfahrensgegenstand seien. In diesem Kontext finden sich mehrere Feststellungen zu den völkerrechtlichen Anforderungen an die Überprüfung und Neubewertung der Verurteilungen (vgl. IGH, a.a.O., Ziff. 121 f. sowie Ziff. 138 ff.).
Der Internationale Gerichtshof stellt insoweit unmissverständlich klar, dass im Rahmen der Überprüfung und Neubewertung von Schuldspruch und Strafausspruch in jedem Einzelfall untersucht werden muss, ob dem Betroffenen aus dem Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 WÜK im weiteren Verfahrensverlauf ein Nachteil entstanden ist (vgl. auch Esser, JR 2008, S. 271). Dabei sind die einzelnen tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles von den Gerichten näher zu prüfen. Der Internationale Gerichtshof lehnt einen Automatismus zugunsten einer Aufhebung von unter Verletzung des Konsularrechtsübereinkommens zustande gekommenen Verurteilungen ab; er will diese Frage einer Einzelfallprüfung überlassen. Danach ist die Überprüfung und Neubewertung der Verurteilung nur dann nach Maßgabe von Art. 36 Abs. 2 WÜK effektiv, wenn dabei die Frage beantwortet wird, ob sich durch die unterbliebene Belehrung die verfahrensrechtliche Stellung des Betroffenen tatsächlich verschlechtert hat, ihm aus dem Verstoß gegen das Konsularrechtsübereinkommen also ein Nachteil erwachsen ist. Dies macht der Internationale Gerichtshof auch in Bezug auf seine Ablehnung eines aus einem Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 WÜK im innerstaatlichen Recht automatisch folgenden Beweisverwertungsverbots deutlich (IGH, a.a.O., Ziff. 127).
bb) Die insoweit völkerrechtlich geforderte Einzelfallkontrolle hinsichtlich der Frage des dem Betroffenen aus der fehlenden Belehrung nach Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK im weiteren Verfahrensverlauf entstandenen Nachteils hat der Bundesgerichtshof nicht gewährleistet.
Er befasst sich im Rahmen der Erörterung eines Beweisverwertungsverbots – wie bereits in seinen durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 aufgehobenen Beschlüssen – ausschließlich mit der Schutzrichtung der konsularrechtlichen Belehrung. Indem er diese als „pauschales Sonderrecht” des Ausländers qualifiziert, welches keine hinreichende Ähnlichkeit mit den in § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Belehrungen habe und insoweit in keiner funktionellen Beziehung zu möglichen selbstbelastenden Aussagen stehe, schließt der Bundesgerichtshof die vom Internationalen Gerichtshof in aller Deutlichkeit geforderte – ergebnisneutrale – Prüfung der Frage, ob dem Betroffenen im konkreten Fall im Verlauf des Strafverfahrens aus der unterbliebenen Belehrung ein Nachteil entstanden ist, gerade aus. Wenn und weil ein Beweisverwertungsverbot bereits auf der vorgelagerten Normebene abgelehnt wird, bleibt für die Frage, ob ein solches aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls, das heißt wegen eines aus der fehlenden Belehrung entstandenen Nachteils im weiteren Verfahrensverlauf, anzunehmen ist, kein Raum (vgl. auch Esser, JR 2008, S. 271 ≪275≫; Kreß, GA 2007, S. 297 ≪305 f.≫; Schomburg/Schuster, NStZ 2008, S. 593 ≪595≫). Im Übrigen hatte das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 19. September 2006 darauf hingewiesen, dass der Internationale Gerichtshof Art. 36 Abs. 1 WÜK als subjektives Recht auf konsularische Unterstützung bei der effektiven Wahrnehmung der eigenen Verteidigungsrechte bezeichnet hat und dass dieses Recht nach den Ausführungen des Internationalen Gerichtshofs insoweit die verfahrensrechtliche Stellung des Beschuldigten konstituiere (vgl. BVerfGK 9, 174 ≪194≫). Diesen Ausführungen hat der Bundesgerichtshof trotz dieser verfassungsgerichtlichen Beanstandung erneut nicht hinreichend Rechnung getragen. Sein bloßer Verweis auf das LaGrand-Urteil vermag eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Feststellung, es handle sich bei Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK um ein „für die Ausgestaltung der Verteidigung nicht zentrales pauschales Sonderrecht” (BGHSt 52, 48 ≪55≫), mit den Ausführungen des Internationalen Gerichthofs vereinbar ist, nicht zu ersetzen.
cc) Zwar mag dieser Widerspruch zwischen den Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs und dem Prüfungsansatz des Bundesgerichtshofs nicht bereits für sich genommen verfassungswidrig sein. Denn das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Beschluss vom 19. September 2006 festgestellt, dass eine Abweichung von den Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs mit Blick auf Grundrechte Dritter oder sonstige Verfassungsbestimmungen erforderlich sein kann (vgl. BVerfGK 9, 174 ≪195 f.≫). Hier ist indes nicht ersichtlich, dass eine Abweichung von den im Avena-Urteil aufgestellten Anforderungen an die Überprüfung und Neubewertung strafgerichtlicher Verurteilungen etwa deshalb zwingend geboten wäre, weil diese Anforderungen sich von vornherein einer Einpassung in das deutsche Strafverfahren entziehen und insofern die Effektivität der Strafrechtspflege beeinträchtigen könnten, auf deren wesentliche Bedeutung im Rahmen eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens das Bundesverfassungsgericht wiederholt hingewiesen hat (vgl. nur BVerfGE 33, 367 ≪383≫; 46, 214 ≪222≫; 109, 279 ≪336≫; 122, 248 ≪272 f.≫). Solche grundlegenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs werden vom Bundesgerichtshof nicht geltend gemacht und sind auch nicht ohne weiteres erkennbar. Den durch einen Verstoß gegen die Belehrungspflicht verursachten Nachteilen kann bereits im Rahmen der Beweiserhebung und Beweiswürdigung Rechnung getragen werden (vgl. Esser, JR 2008, S. 271 ≪276 f.≫). Nach der verfassungsrechtlich unbedenklichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu nicht speziell geregelten Beweisverwertungsverboten hat im Kern eine Abwägung stattzufinden zwischen dem durch den Verfahrensverstoß bewirkten Eingriff in die Rechtsstellung des Beschuldigten einerseits und den Strafverfolgungsinteressen des Staates andererseits. Dabei stellt der Bundesgerichtshof auf den Schutzzweck der verletzten Verfahrensnorm ebenso ab wie auf die Umstände, Hintergründe und Auswirkungen der Rechtsverletzung im Einzelfall (vgl. zu Verstößen gegen Belehrungspflichten BGHSt 47, 172 ≪173 ff.≫; BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 1 StR 117/05 –, NStZ-RR 2006, S. 181 ≪182≫; BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2005 – 1 StR 114/05 –, NStZ 2006, S. 236 ≪237≫; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – 4 StR 455/08 –, NStZ 2009, S. 281 f.). Auf die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Abwägungslösung hatte das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 19. September 2006 verwiesen (vgl. BVerfGK 9, 174 ≪196≫). Danach wäre die Frage nach einem Beweisverwertungsverbot nicht abstrakt mit Blick auf den Schutzzweck von Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK zu beantworten, wobei bereits Ausführungen zum Schutzzweck dieser Bestimmung zukünftig die entsprechenden Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs zu berücksichtigen hätten (vgl. bereits BVerfGK 9, 174 ≪194≫). Vielmehr würde es die Abwägungskonzeption ermöglichen, bei der Frage nach einem aus der Verletzung von Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK folgenden Beweisverwertungsverbot die konkreten Umstände des einzelnen Falls in die Bewertung einfließen zu lassen (vgl. Kreß, GA 2007, S. 296 ≪305 f.≫). Der Generalbundesanwalt hatte dies in seinem Antrag auf Verwerfung der Revision vom 18. Dezember 2008 allgemein und bezogen auf den konkreten Fall ausgeführt. Auch im Revisionsverfahren lassen sich die Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs umsetzen. Gemäß § 337 Abs. 1 StPO kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Wenn und soweit dagegen auszuschließen ist, dass das mit der Revision angegriffene Urteil auf dem Verstoß gegen das Konsularrechtsübereinkommen beruht, hat der Betroffene durch den Verfahrensverstoß im Sinne der Ausführungen des Internationalen Gerichtshofs auch keinen Nachteil erlitten (vgl. BGHSt 52, 110 ≪117 f.≫; BGH, Beschluss vom 27. August 2008 – 2 StR 263/08 –, juris; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 – 2 StR 169/08 –, juris; Esser, JR 2008, S. 271 ≪277 f.≫).
Die Frage nach einer möglicherweise von Verfassungs wegen gebotenen Abweichung von den Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs stellt sich hier letztlich auch deshalb nicht, weil der Bundesgerichtshof sich mit der Unvereinbarkeit seines Ansatzes mit den klaren und mehrfach wiederholten Feststellungen des Internationalen Gerichtshofs in der Avena-Entscheidung jedenfalls hätte auseinandersetzen, seine Abweichung also offenlegen und begründen müssen. Daran fehlt es, weil der Bundesgerichtshof auf die hier in Bezug genommenen zentralen Aussagen der Avena-Entscheidung nicht einmal eingeht. Er stellt im Anschluss an den Internationalen Gerichtshof und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 zwar fest, aus Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK folge ein subjektives Recht des festgenommenen Ausländers, welches durch die fehlende Belehrung des Beschwerdeführers verletzt worden sei. Soweit er sich im weiteren Verlauf der Entscheidung dann der Frage eines aus dieser Verletzung folgenden Beweisverwertungsverbots widmet, geht er auf die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs aber nicht mehr ein, obwohl sich dieser im Avena-Urteil gerade mit der Frage der innerstaatlichen Auswirkungen eines Belehrungsverstoßes auseinandergesetzt hat, weil Mexiko als klagender Staat auch geltend gemacht hatte, ein solches Beweisverwertungsverbot stelle eine allgemeine Regel sowohl im common law als auch im civil law dar (vgl. IGH, a.a.O., Ziff. 126). Der Internationale Gerichtshof war der Auffassung, hierauf wegen seiner Vorgaben für die in jedem Einzelfall vorzunehmende Prüfung, ob der Betroffene durch den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK im Verlauf des Verfahrens einen Nachteil erlitten habe, nicht mehr generell eingehen zu müssen (IGH, a.a.O., Ziff. 127). Durch die unterbliebene Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs hat der Bundesgerichtshof den Beschwerdeführer zu I. erneut in seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzt.
dd) Die sich aus dem Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Berücksichtigungspflicht ergebenden innerstaatlichen Rechtsfolgen sind allerdings von Verfassungs wegen nicht festgelegt (vgl. bereits BVerfGK 9, 174 ≪196≫). Grund für die verfassungsrechtliche Beanstandung der angegriffenen Entscheidung ist nicht ihr Ergebnis, sondern die fehlende Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs bei der Herleitung dieses Ergebnisses. Dass die Berücksichtigungspflicht nicht auf das vom Fachgericht erzielte Ergebnis fokussiert, zeigt sich schon daran, dass eine Abweichung von den Vorgaben der Rechtsprechung eines internationalen Gerichts unter Berücksichtigung der hierfür geltenden verfassungsrechtlichen Vorgaben grundsätzlich möglich bleibt. Insofern kommt es angesichts des dargestellten Prüfungsmaßstabs für die verfassungsrechtliche Berücksichtigungspflicht nicht darauf an, ob die Argumentation aus der Sicht des innerstaatlichen Rechts plausibel erscheint oder ob sie möglicherweise auch unter Berücksichtigung der Anforderungen des Internationalen Gerichtshofs für die Überprüfung und Neubewertung der Verurteilung als Ergebnis Bestand haben kann. Ob Letzteres in Fällen anders zu sehen sein könnte, in denen gesichert erscheint, dass auch bei der geforderten Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs kein anderes Ergebnis erzielt werden könnte, kann dahinstehen, weil dies hier nicht der Fall ist. Es ist nicht von vornherein ersichtlich, dass die vom Internationalen Gerichtshof geforderte Prüfung, ob dem Beschwerdeführer im konkreten Fall im weiteren Verlauf des Verfahrens durch den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK ein Nachteil entstanden ist, im innerstaatlichen Revisionsverfahren nur zur Verneinung eines Beweisverwertungsverbots oder der Beruhensfrage führen kann. Dafür sprechen zwar die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinem Antrag auf Verwerfung der Revision vom 18. Dezember 2008. Es handelt sich jedoch um eine Frage der Anwendung einfachen Rechts, die das Fachgericht zu beantworten hat (vgl. BVerfGK 9, 174 ≪197 f.≫).
ee) An der festgestellten Grundrechtsverletzung vermag die Kompensationslösung auf der Strafvollstreckungsebene, die der Bundesgerichtshof gewählt hat, um den Völkerrechtsverstoß im innerstaatlichen Recht nicht ohne jede Konsequenz sein zu lassen, nichts zu ändern. Ob eine hinreichende Kompensation des Verstoßes gegen Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK auf der völkerrechtlichen Ebene im Einzelfall in der Lage sein könnte, den Verstoß gegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren durch die fehlende Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs bei der Auslegung und Anwendung des Konsularrechtsübereinkommens auszuräumen, bedarf hier keiner Entscheidung.
3. Das Bundesverfassungsgericht macht von der Möglichkeit nach § 95 Abs. 2 BVerfGG Gebrauch, die Sache im Umfang der Aufhebung an einen anderen Strafsenat des Bundesgerichtshofs zurückzuverweisen (vgl. BVerfGE 46, 202 ≪213≫).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Weil die Rüge des Beschwerdeführers zu I. einer Verletzung seines Grundrechts auf ein faires Verfahren zur vollständigen Aufhebung der ihn betreffenden Revisionsentscheidung führt, hält die Kammer es trotz der Unzulässigkeit der Rüge betreffend eine rechtsstaatswidrige überlange Verfahrensdauer für angemessen, auf der Grundlage von § 34a Abs. 2 BVerfGG die volle Auslagenerstattung anzuordnen.
II.
Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu II. und zu III. werden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen hier nicht vor. Die Verfassungsbeschwerden haben keine grundsätzliche Bedeutung, und ihre Annahme zur Entscheidung ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG bezeichneten Rechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerden sind teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
1. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu II. und zu III. sind teilweise mangels Beschwerdebefugnis unzulässig.
Dies betrifft zum einen die Beanstandung der Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Frage des aus der Verletzung von Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK folgenden Beweisverwertungsverbots, in denen die Beschwerdeführer zu II. und zu III. Verstöße gegen ihr Grundrecht auf ein faires Verfahren und gegen das Willkürverbot erkennen. Diese Ausführungen tragen die Verwerfung der Revisionen der Beschwerdeführer zu II. und zu III. nicht, weil der Bundesgerichtshof zu ihren Revisionen auf einer vorgelagerten Ebene festgestellt hat, die Mitangeklagten könnten aus der Verletzung des subjektiven Rechts ihrer Mitbeschuldigten aus dem Konsularrechtsübereinkommen für sich von vornherein keine Verletzung eigener Verfahrensrechte herleiten. Damit sind die Beschwerdeführer zu II. und zu III. von der Ablehnung eines aus der Verletzung von Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK folgenden Beweisverwertungsverbots von vornherein nicht beschwert, sodass eine Verletzung ihrer Grundrechte nicht in Betracht kommt. Gleiches gilt, soweit sich die Beschwerdeführer zu II. und zu III. gegen die Kompensationslösung des Bundesgerichtshofs wenden: Denn diese Lösung wurde auf ihre Revisionen nicht angewendet, sodass auch insoweit eine Beschwer und damit Grundrechtsverletzungen ausscheiden.
2. Soweit die Beschwerdeführer zu II. und zu III. geltend machen, die Feststellung des Bundesgerichtshofs, ihr Rechtskreis sei nicht betroffen, sei willkürliche Dezision, weil jeder Angeklagte einen Anspruch auf ein prozessordnungsgemäßes Verfahren habe, sind ihre Verfassungsbeschwerden jedenfalls unbegründet.
a) Willkürlich ist ein Richterspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen; schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. nur BVerfGE 89, 1 ≪13 f.≫; 96, 189 ≪203≫).
b) Nach diesem Maßstab liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) hier nicht vor. Die Auffassung, eine Verletzung des Belehrungsrechts aus dem Konsularrechtsübereinkommen betreffe nicht den Rechtskreis eines Mitbeschuldigten, für den das Belehrungsrecht selbst nicht gilt, ist mit dem Verweis auf die individuelle Anknüpfung in Art. 36 Abs. 1 WÜK an Staatsangehörigkeit und Festnahmesituation nachvollziehbar begründet und lässt sachfremde Erwägungen nicht erkennen. Daraus zu folgern, dass die Mitbeschuldigten nicht in eigenen Verfahrensrechten verletzt sind, ist jedenfalls plausibel und entspricht der bekannten Rechtsprechungslinie der Strafgerichte, auf die das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 19. September 2006 verwiesen hatte (vgl. BVerfGK 9, 174 ≪197≫). Mit der Frage, ob generelle Belange der Prozessordnungsmäßigkeit des Verfahrens eine andere Betrachtung veranlassen könnten, hat sich der Bundesgerichtshof erkennbar auseinandergesetzt; er hat diese Frage unter Verweis auf seine Rechtsprechung zu den §§ 53, 53a StPO verneint (vgl. BGHSt 33, 148 ≪154≫). Auch dies ist jedenfalls nachvollziehbar und lässt damit Willkür nicht erkennen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Di Fabio, Landau
Fundstellen