Tenor
Die Anträge werden als unzulässig verworfen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
Das mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Organstreitverfahren betrifft insgesamt 20 Anträge von zehn nicht im Bundestag vertretenen Parteien sowie einem bei der letzten Bundestagswahl im Wahlkreis 174 (Gießen) angetretenen Direktkandidaten.
Die Antragsteller machen die Verletzung der verfassungsgemäßen Ordnung sowie die Missachtung internationaler Normen durch die Antragsgegner, die Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien, geltend. Hierzu führen sie 20 Punkte an, in denen ihrer Auffassung nach die gegenwärtige Rechtslage und/oder -praxis mit Vorgaben des Grundgesetzes, der Europäischen Union oder internationaler Organisationen nicht vereinbar sei.
Die Anträge sind bereits deshalb unzulässig, weil die Antragsgegner im Organstreitverfahren nicht passivlegitimiert sind.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat zu der Frage der Passivlegitimation von Fraktionen mit Urteil vom 7. März 1953 (BVerfGE 2, 143 ≪166 f.≫) ausgeführt:
Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht hat zwar in § 64 Organteile ermächtigt, Rechte des Organs selbst geltend zu machen, ihnen also insofern Aktivlegitimation verliehen. Es hat aber nicht den Organteilen eine Prozeßstandschaft auf der Seite der Antragsgegner auferlegt, sie nicht für passiv legitimiert erklärt, wenn es darum geht, Rechte und Pflichten des Organs zu klären. Auf der Seite der Antragsgegner kann ein Organteil nie in Bezug auf Rechte und Pflichten des Organs selbst in Anspruch genommen werden, sondern nur wegen seines eigenen Verhaltens. Ein Organteil, der nicht eigene Rechte verfolgt oder wegen eigenen Verhaltens in Anspruch genommen wird, kann in ein Prozeßrechtsverhältnis vor dem Bundesverfassungsgericht gemäß § 64 BVerfGG nur dadurch verwickelt werden, daß er sich aktiv entschließt, Rechte des ganzen Organs im Verfassungsstreit zu verfolgen. Daß eine Fraktion gemäß § 64 BVerfGG befugt ist, Rechte des Bundestages einzuklagen, kann niemals dazu führen, daß sie gegen ihren Willen zur objektiven Klärung der Zuständigkeit des Bundestages als Antragsgegner vor das Bundesverfassungsgericht gezogen wird.
Passiv legitimiert könnte also eine Fraktion nur sein, wenn sie selbst in ihrer Eigenschaft als Fraktion die verfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten eines Staatsorgans verletzt oder gefährdet hätte.
Für das Vorliegen einer solchen den Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien unmittelbar zuzurechnenden Verletzung oder Gefährdung ihres verfassungsrechtlichen Status als politische Parteien haben die Antragsteller nichts vorgetragen. Sie machen vielmehr im Gegenteil ausschließlich ein Verhalten beziehungsweise eine vermeintliche Untätigkeit des Bundestages als Gesetzgebungsorgan geltend.
Die Antragstellerinnen zu 1. bis 9. sowie der Antragsteller zu 11., der zugleich Vorsitzender der Antragstellerin zu 10. ist, sind durch den Vorsitzenden des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Schreiben vom 20. Februar 2013 auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anträge hingewiesen worden. Ihre Stellungnahme gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
Es kann deshalb dahinstehen, ob die Vertreter der Antragstellerinnen zu 1. bis 10. zur Erhebung der Anträge im Organstreitverfahren ordnungsgemäß bevollmächtigt waren.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 24 Satz 2 BVerfGG abgesehen.
Unterschriften
Voßkuhle, Lübbe-Wolff, Gerhardt, Landau, Huber, Hermanns, Müller, Kessal-Wulf
Fundstellen
Haufe-Index 3707814 |
BVerfGE 2014, 273 |