Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Aberkennung seines Ruhegehalts.
1. Der Beschwerdeführer war Beamter des Bundeskriminalamts im Rang eines Kriminalhauptkommissars. Das Amtsgericht Frankfurt/Main verurteilte ihn am 10. Dezember 1998 wegen Betruges in Tateinheit mit Vortäuschen einer Straftat unter Berücksichtigung der ihm drohenden Entfernung aus dem Dienst zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 70,00 DM. Nach den Feststellungen des Gerichts verbrachte der Beschwerdeführer oder eine von ihm beauftragte Person den Pkw des Beschwerdeführers im Laufe des 6. Oktober 1996 ins Ausland und nahm daran Manipulationen zur Verschleierung der Fahrzeugidentität und zur Vortäuschung eines Diebstahls vor. Am Abend desselben Tages erstattete der Beschwerdeführer Strafanzeige. Die Polizei informierte ihn am 9. Oktober 1996 über das Auffinden des Pkw. Am 11. Oktober 1996 übersandte er seiner Versicherung die schriftliche Schadensanzeige, in der er das Auffinden des Pkw verschwieg, wahrheitswidrig dessen Zustand als “gut” und “sehr gepflegt” beschrieb und wider besseres Wissen angab, für den Wagen sei der TÜV bis August 1998 abgenommen worden. Die Versicherung zahlte an den Beschwerdeführer einen Betrag von 21.390,00 DM.
Im Berufungsverfahren eröffnete das Landgericht Frankfurt/Main die Hauptverhandlung am 6. Oktober 1999 und führte bis zum 25. Februar 2000 22 Verhandlungstermine durch. Sodann setzte es das Verfahren wegen der von April 2000 bis April 2003 dauernden Verhandlungsunfähigkeit des Beschwerdeführers aus und setzte die Hauptverhandlung am 26. April 2004 fort. Mit Urteil vom gleichen Tag sprach es den Beschwerdeführer unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils des Vortäuschens einer Straftat sowie des Betruges schuldig und verwarnte ihn; eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 25,00 € blieb vorbehalten. Das Strafmaß begründete das Gericht insbesondere mit der Dauer des Verfahrens sowie der depressiven Erkrankung des Beschwerdeführers als Folge des Strafverfahrens.
2. Das mit Verfügung vom 14. November 1997 eingeleitete Disziplinarverfahren stellte das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit Urteil vom 17. September 2004 ein. Zuvor war der Beschwerdeführer auf eigenen Antrag am 11. Juni 2001 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Mit Urteil vom 8. März 2005 hob das Bundesverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil auf, erkannte dem Beschwerdeführer das Ruhegehalt ab und bewilligte ihm einen Unterhaltsbeitrag i.H.v. 75 v. H. des erdienten Ruhegehalts für die Dauer von sechs Monaten. Zur Begründung führte das Gericht aus, ein Kriminalbeamter, der vorsätzlich Straftaten begehe, beeinträchtige das für die Ausübung seines Berufs erforderliche Vertrauen auf das Schwerste. Der Beschwerdeführer habe sich nicht nur der Methoden bedient, deren Bekämpfung seine ureigenste Pflicht gewesen sei, sondern auch eine von ihm geführte Vertrauensperson benutzt, um sich für den Tattag ein Alibi zu verschaffen. Er habe sich des Weiteren durch Gebrauchmachen einer verfälschten Urkunde strafbar gemacht, indem er seiner Versicherung eine manipulierte Abmeldebescheinigung – das Datum der Hauptuntersuchung sei abgeändert worden – vorgelegt habe. Es sei ein erheblicher Vermögensschaden entstanden. Durch die falschen Angaben über den Erhaltungszustand des Pkw habe sich der Beschwerdeführer zusätzliche nicht gerechtfertigte geldwerte Vorteile verschafft. Der Umstand, dass er sich auch dadurch nicht von dem geplanten Versicherungsbetrug habe abhalten lassen, dass das Fahrzeug planwidrig vorzeitig aufgefunden worden sei, zeige das Ausmaß seiner kriminellen Energie. Wegen der unterschiedlichen Zweckbestimmung von Straf- und Disziplinarrecht sei die Höhe der Kriminalstrafe grundsätzlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer bislang straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei, könne in Anbetracht der Schwere des Dienstvergehens den Ansehens- und Vertrauensverlust nicht mindern. Die gesundheitliche Belastung als Folge des Strafverfahrens sei jedenfalls dann nicht strafmildernd zu berücksichtigen, wenn durch das Fehlverhalten die disziplinarische Höchststrafe verwirkt sei. Gleiches gelte für die Verfahrensdauer. Schließlich sei die Aberkennung des Ruhegehalts verhältnismäßig: Gebiete der durch das Gewicht des Dienstvergehens eingetretene Vertrauensverlust bei einem aktiven Beamten die Entfernung aus dem Dienst, so sei gegenüber dem Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts angemessen. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beschwerdeführer hierdurch nicht ohne Versorgung bleibe, sondern in der Rentenversicherung nachversichert werde.
Entscheidungsgründe
II.
In seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 33 GG. Er bleibe im Ergebnis nahezu ohne jegliche finanzielle Absicherung. Das Bundesverwaltungsgericht habe bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die Dauer der beanstandungslosen Dienstzeit, die gesundheitlichen Folgen, die vorzeitige Pensionierung und die Verfahrensdauer außer Betracht gelassen. Nicht berücksichtigt habe das Gericht auch, dass es um einen Ruhestandsbeamten gehe.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Sie ist unbegründet.
Die Weiterverwendung eines Beamten im öffentlichen Dienst kommt aus Gründen der Funktionssicherung nicht in Betracht, wenn das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn durch das Dienstvergehen endgültig zerstört ist oder wenn dieses einen so großen Ansehensverlust bewirkt hat, dass eine Weiterverwendung als Beamter die Integrität des Beamtentums unzumutbar belastet. Hiergegen bestehen im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine Bedenken (vgl. BVerwGE 43, 97 ≪98 f.≫). Ausgehend von diesen Grundsätzen hält die verhängte Disziplinarmaßnahme verfassungsrechtlicher Überprüfung stand. Das Bundesverwaltungsgericht hat in verfassungsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass das Fehlverhalten des Beschwerdeführers besonders schwer wiege. Das Gericht hat in seiner Entscheidung die gesundheitlichen Folgen für den Beschwerdeführer berücksichtigt, hat ihnen jedoch gegenüber den erschwerenden Umständen geringeres Gewicht beigemessen. In Anbetracht derer ist es auch nicht unvertretbar, trotz der 22-jährigen beanstandungsfreien Tätigkeit des Beschwerdeführers auf die schärfste Sanktion zu erkennen.
Soweit er die Dauer des Straf- und des Disziplinarverfahrens berücksichtigt wissen möchte, verkennt der Beschwerdeführer die bestehende Rechtsprechung zur überlangen Verfahrensdauer. Hiernach kann eine disziplinarische Maßnahme unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden, wenn das Disziplinarverfahren unverhältnismäßig lange dauert. Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass bereits die mit einem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile auf den Beamten einwirken können mit der Folge, dass das durch das Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis durch die Verfahrensdauer gemindert wird oder sogar ganz entfallen kann. Dementsprechend ist bei der Frage, welche Disziplinarmaßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes erforderlich ist, stets zu prüfen, ob und inwieweit bereits mit einem langen Disziplinarverfahren konkret verbundene Nachteile auf den Beamten positiv eingewirkt haben (vgl. BVerfGE 46, 17 ≪29 f.≫). Bei der Dienstentfernung geht es hingegen darum, das Dienstverhältnis in Fällen besonders schwerwiegender Dienstvergehen zu beenden, weil jedes Vertrauen in den Beamten unwiederbringlich verloren gegangen ist. Auf positive Veränderung zielende Maßnahmen können diesen Vertrauensverlust ebenso wenig beheben wie die aus einer langen Verfahrensdauer dem Beamten entstehenden Nachteile. Ein solcher Beamter ist vielmehr für den öffentlichen Dienst untragbar geworden und muss unabhängig von der Verfahrensdauer aus Gründen der Funktionssicherung aus dem Dienst entfernt werden (vgl. BVerfGE 46, 17 ≪28≫; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. September 1993 – 2 BvR 1517/92 –, NVwZ 1994, S. 574; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. September 1994 – 2 BvR 1989/94 –, NVwZ 1996, S. 1199 ≪1200≫).
Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer im Ruhestand befindet, hat keinen Einfluss auf die Bewertung seiner Verfehlungen. Disziplinarmaßnahmen dienen der Aufrechterhaltung der Integrität des Berufsbeamtentums. Im Hinblick auf diesen Zweck ist neben dem Gesichtspunkt der Generalprävention und dem der gerechten Gleichbehandlung der Ruhestandsbeamten mit den aktiven Beamten auch derjenige der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes von Bedeutung (vgl. BVerwGE 46, 64 ≪66 f.≫; BVerwG, DokBer B 1989, S. 125 ≪126≫). Die finanziellen Folgen können schließlich – auch über die im angefochtenen Urteil ausgesprochene sechsmonatige Unterhaltszahlung hinaus – durch die Neubewilligung eines Unterhaltsbetrages nach § 110 Abs. 2 i.V.m. § 77 BDO, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weiterhin Anwendung finden (vgl. BVerwG, ZBR 2002, S. 436), gemildert werden.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hassemer, Di Fabio, Landau
Fundstellen