Verfahrensgang

OLG Hamburg (Urteil vom 21.12.1993; Aktenzeichen 2 U 43/92)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung eines vorzeitigen Erbausgleichs an seine nichteheliche Tochter und macht geltend, daß § 1934d Abs. 1 und 2 BGB verfassungswidrig sei.

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung, weil sich die aufgeworfenen Fragen ohne weiteres aus dem Grundgesetz und der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beantworten lassen (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24≫). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG bezeichneten Rechte angezeigt, weil eine Verletzung solcher Rechte nicht erkennbar ist.

  • Der Beschwerdeführer hat in der Berufungsinstanz des Ausgangsverfahrens den Klageanspruch in Höhe von 28.000 DM anerkannt. Das verschließt ihm unabhängig davon, ob das Urteil des Oberlandesgerichts insoweit als Anerkenntnisurteil ergangen ist, nach dem Grundsatz der Subsidiarität die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich dieses Betrags.
  • Der vorzeitige Erbausgleich ähnelt nach seiner Zweckrichtung und seiner Ausgestaltung einem familienrechtlichen Ausstattungsanspruch, der allerdings die erbrechtlichen Beziehungen zwischen Vater und nichtehelichem Kind ersetzt (vgl. BVerfGE 58, 377 ≪399≫). Mit diesem Anspruch verfolgte der Gesetzgeber im wesentlichen den Zweck, den nichtehelichen Kindern einen Ausgleich für ein gegenüber den ehelichen Kindern generell bestehendes Lebensdefizit zu geben. Die Prämisse des Gesetzgebers, die dieser Zielrichtung zugrunde liegt, hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1981 nicht für widerlegbar erachtet und deshalb die angegriffene Regelung als durch Art. 6 Abs. 5 GG gerechtfertigt angesehen (vgl. BVerfGE 58, 377 ≪390, 392≫). Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich seither noch nicht so grundlegend geändert, daß die Prämisse des Gesetzgebers nunmehr offensichtlich nicht mehr tragfähig wäre und der Gesetzgeber deshalb von Verfassungs wegen zu einer Änderung der Regelung verpflichtet wäre.
  • Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angegriffene Regelung ergeben sich auch nicht daraus, daß im Einigungsvertrag (Anlage I Kap. III Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 1, Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB) im Beitrittsgebiet auch für (vor dem Beitritt geborene) nichteheliche Kinder die Vorschriften über das Erbrecht des ehelichen Kindes anstelle von §§ 1934a bis 1934e und 2338a BGB gelten. Mit dieser Regelung sollte den nichtehelichen Kindern im Beitrittsgebiet die volle erb-rechtliche Gleichstellung mit ehelichen Kindern, die nach dem Recht der DDR bestand, erhalten bleiben. Das rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung jedenfalls für eine Übergangszeit, die dem Gesetzgeber die geplante Überprüfung der Rechtslage ermöglicht.
  • Ob die angegriffene Regelung von Verfassungs wegen aufgehoben werden müßte, wenn der Gesetzgeber im gesamten Bundesgebiet die nichtehelichen Kinder mit den ehelichen erbrechtlich völlig gleichstellen würde, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Rechtszustand noch nicht besteht.

    Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

    Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Seidl, Seibert, Hömig

 

Fundstellen

Haufe-Index 1084325

NJW 1996, 1884

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