Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Errichtung einer Parabolantenne durch eine Mieterin einer Wohnung.
I.
1. Die Beschwerdeführerin – eine deutsche Staatsangehörige – ist Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Beklagten im Ausgangsverfahren. Die Wohnanlage ist an eine mit einem Breitbandkabelnetz verbundene Verteileranlage angeschlossen. Die Beschwerdeführerin beabsichtigt die Installation einer Parabolantenne im Bereich der überdachten Terrasse ihrer Wohnung. Die Vermieterin – die Beklagte im Ausgangsverfahren – erteilte die von der Beschwerdeführerin erbetene Zustimmung für die Installation nicht. Ein anderer Mieter der Beklagten wohnt in derselben Wohnanlage. Er ist ukrainischer Herkunft. Er installierte mit Zustimmung der Beklagten eine Parabolantenne neben der Terrasse seiner Wohnung.
2. Die Beschwerdeführerin erhob vor dem Amtsgericht Klage auf Zustimmung zur Installation der Parabolantenne, die das Amtsgericht abwies. Die Beschwerdeführerin könne über den Kabelanschluss ihr Interesse, am Medienangebot teilzuhaben, weitgehend realisieren. Besondere Informationsinteressen habe sie nicht dargelegt. Ein Gleichheitsverstoß sei nicht deshalb gegeben, weil der Nachbar die begehrte Zustimmung erhalten habe. Grund für die unterschiedliche Behandlung seien die ukrainische Herkunft des Nachbarn sowie der Umstand, dass er sich seiner Heimat nachhaltig verbunden fühle. Das Landgericht wies die Berufung der Beschwerdeführerin zurück.
3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Zwar hätten deutschsprachige Mieter grundsätzlich keinen Anspruch auf die Installation einer zusätzlichen Parabolantenne. Die Beklagte dürfe bei der Beschwerdeführerin aber keine anderen Maßstäbe anlegen als bei ihrem Nachbarn.
II.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
1. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die zu erörternden Fragen zur Errichtung einer Parabolantenne bei Existenz einer Gemeinschaftsantenne oder eines Breitbandkabels schon entschieden (vgl. BVerfGE 90, 27).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte erforderlich (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
a) Das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) ist nicht verletzt. Es gewährleistet das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (vgl. BVerfGE 103, 44 ≪60≫). Hörfunk- und Fernsehsendungen gehören zu diesen Informationsquellen (vgl. BVerfGE 35, 307 ≪309≫; 90, 27 ≪32≫). Einen Unterschied zwischen in- und ausländischen Informationsquellen macht das Grundgesetz nicht. Allgemein zugänglich sind daher auch alle ausländischen Rundfunkprogramme, deren Empfang in der Bundesrepublik Deutschland möglich ist. Die Einrichtung einer Parabolantenne, die den Empfang von Rundfunkprogrammen ermöglicht, welche über Satellit ausgestrahlt werden, ist von dem Grundrecht der Informationsfreiheit geschützt (vgl. BVerfGE 90, 27 ≪32 f.≫).
b) Die Informationsfreiheit findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen. Dazu gehören die miet- und eigentumsrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, durch die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern festgelegt werden. Bei der Auslegung und Anwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe muss der wertsetzende Gehalt der Grundrechte für die Rechtsordnung zur Geltung kommen (vgl. BVerfGE 7, 198 ≪205 ff.≫; stRspr). In Fällen der hier vorliegenden Art ist neben dem Grundrecht der Informationsfreiheit das Grundrecht des Eigentümers aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu berücksichtigen.
Es ist Aufgabe der Fachgerichte, der Bedeutung der Grundrechte bei der Auslegung und Anwendung des Zivilrechts Rechnung zu tragen. Dementsprechend haben sie und im Zuge der Überprüfung solcher Entscheidungen auch das Bundesverfassungsgericht eine Reihe von Grundsätzen zur rechtlichen Behandlung der Anbringung von Parabolantennen in Mietwohnungen entwickelt. So muss der Vermieter die Zustimmung zur Errichtung regelmäßig erteilen, wenn er keinen Kabelanschluss bereitstellt (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1992, S. 2490 ≪2491 f.≫; vgl. auch OLG Karlsruhe, NJW 1993, S. 2815 ≪2816 f.≫; zur Parabolantenne im Wohnungseigentum vgl. BGH, NJW 2004, S. 937 ≪939≫), wie umgekehrt bei Verfügbarkeit eines solchen Anschlusses regelmäßig ein sachbezogener Grund zur Versagung der Genehmigung einer Parabolantenne gegeben ist (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1992, S. 2490 ≪2491≫). Das Interesse ständig in Deutschland lebender Ausländer am Empfang von Rundfunkprogrammen ihrer Heimatländer ist bei der Abwägung zwischen den Mieter- und Vermieterbelangen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 90, 27 ≪36 f.≫; BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 9. Juni 1994 – 1 BvR 439/93 –, NJW 1994, S. 2143). Die grundlegende Bedeutung des Grundrechts auf Informationsfreiheit wird verkannt, wenn dem Eigentümerinteresse von vornherein ein Vorrang vor dem Mieterinteresse am Empfang von Rundfunkprogrammen des Heimatlandes eingeräumt wird, ohne dass dies durch besondere Umstände zu rechtfertigen ist (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 15. Juni 1994 – 1 BvR 1879/93 –, Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM) 1994, S. 365 ≪366≫).
c) Danach verstoßen die fachgerichtlichen Entscheidungen nicht gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
Die Fachgerichte haben eine an den vorstehenden Maßstäben orientierte verfassungsrechtlich vertretbare Abwägung vorgenommen. Das Amtsgericht hat darauf abgestellt, dass das Anbringen einer Satellitenantenne nicht unter den vertragsmäßigen Mietgebrauch falle. Es bestehe ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Verweigerung der Zustimmung zur Installation einer Parabolantenne, weil das Haus über einen Kabelanschluss verfüge. Die Beschwerdeführerin könne ihr Informationsbedürfnis über das Breitbandkabelnetz weitgehend realisieren. Sie habe besondere berechtigte Informationsinteressen nicht dargelegt. Das Landgericht hat sich dieser Argumentation ausdrücklich angeschlossen. Die Gerichte haben somit mit nachvollziehbarer Begründung dem Eigentumsinteresse als ein das Informationsinteresse überwiegendes Gut den Vorrang gegeben. Die in Hannover wohnende Beschwerdeführerin kann zudem eine Vielzahl von zusätzlichen digitalen Radio- und Fernsehprogrammen über das Kabelnetz empfangen. Teils ist der Empfang kostenlos, teils nur gegen ein zusätzliches Entgelt möglich. Nach Auskunft der Niedersächsischen Landesmedienanstalt vom 6. August 2004 unter Bezugnahme auf das Schreiben der Kabel-Fernsehen Hannover GmbH vom 4. August 2004 besteht für die Beschwerdeführerin zurzeit die Möglichkeit, insgesamt mehr als 90 digitale Fernsehprogramme zu empfangen. Die Beschwerdeführerin möchte sich aber darüber hinaus mittels weiterer deutscher Informationssender und US-amerikanischer Nachrichtensender informieren. Ein besonderes und das Eigentumsinteresse der Beklagten überwiegendes Informationsinteresse legt sie indes nicht schlüssig dar, so dass es nicht darauf ankommt, ob über eine Parabolantenne der Empfang von weiteren Radio- und Fernsehprogrammen möglich ist.
3. Soweit die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) geltend macht, ist diese Rüge nicht unter dem Gesichtspunkt einer willkürlichen Entscheidung begründet. Die Auffassung der Gerichte, die ukrainische Herkunft des Nachbarn rechtfertige eine unterschiedliche Behandlung und somit die Erteilung einer Zustimmung zur Installation einer Parabolantenne, ist nicht willkürlich.
4. Auch die Rüge, dass das Landgericht das Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt habe, weil es die Staatsangehörigkeit des Nachbarn trotz Beweisangebots nicht festgestellt habe, kann keinen Erfolg haben. Denn das Landgericht hat das Vorbringen der Beschwerdeführerin berücksichtigt, geht aber von einem anderen rechtlichen Ansatz als die Beschwerdeführerin aus. Das Landgericht hat auf die ukrainische Herkunft des Nachbarn und auf den Umstand, dass er sich seiner Heimat nachhaltig verbunden fühle, abgestellt. Auf die Erhebung eines Beweises zu der Frage, welche Staatsangehörigkeit der Nachbar der Beschwerdeführerin habe, kam es daher nicht an.
5. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem
Fundstellen