Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer begehrt die Anrechnung von Beschäftigungszeiten auf Fährschiffen der Deutschen Reichsbahn (DR) auf die erforderliche Wartezeit für den Bezug eines Überbrückungsgeldes der Seemannskasse (SmK). Bei der Seemannskasse handelt es sich um eine von der See-Berufsgenossenschaft nach § 891 a RVO (nunmehr § 143 SGB VII) errichtete Einrichtung, deren einziger Zweck in der Gewährung von Überbrückungsgeld für Seeleute und selbständige Küstenschiffer und Küstenfischer nach Vollendung des 55. Lebensjahres oder von Überbrückungsgeld auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt besteht. Näheres, insbesondere zur Leistung und deren Voraussetzungen, regelt die Satzung der Seemannskasse (SSmK) auf der Grundlage des § 891 a Abs. 1 Satz 3 RVO beziehungsweise § 143 Abs. 1 Satz 3 SGB VII. Die Beiträge zur Seemannskasse werden von den Mitgliedsunternehmen der See-Berufsgenossenschaft getragen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Dabei kann offen bleiben, ob sie den Mindestanforderungen des § 92 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG an einen ordnungsgemäßen Vortrag genügt. Jedenfalls hat sie keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Gerichtsentscheidung und die ihr zugrunde liegende Auslegung der Satzung der Seemannskasse verletzt keine Grundrechte des Beschwerdeführers.
1. Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht berührt, weil es nach den hier zugrunde zu legenden einfachrechtlichen Feststellungen des Landessozialgerichts und des Bundessozialgerichts in der Deutschen Demokratischen Republik keine dem Überbrückungsgeld der Seemannskasse entsprechende Leistung gegeben hat (vgl. BVerfGE 100, 1 ≪33≫). Aus diesem Grunde konnte der Beschwerdeführer während seiner Beschäftigungszeit auf Fährschiffen der Deutschen Demokratischen Republik auch nicht erwarten, die begehrte Leistung nach der Deutschen Einheit zu erhalten. Auf Gesichtspunkte des Bestands- und Vertrauensschutzes kann er sich nicht berufen. Das Bundesverfassungsgericht hat für die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme bereits entschieden, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet war, deren Angehörige so zu behandeln, als hätten sie ihre Erwerbsbiographie in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt (vgl. BVerfGE 100, 1 ≪40≫ m.w.N.)
2. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor.
a) Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (vgl. BVerfGE 75, 108 ≪157≫). Er muss allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen (vgl. BVerfGE 53, 313 ≪329≫; 75, 108 ≪157≫). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt dann vor, wenn zwischen Gruppen von Normadressaten, die vom Gesetzgeber nicht gleich behandelt werden, keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 104, 126 ≪144 f.≫; stRspr).
b) Der Gesetzgeber hat die Personengruppe des Beschwerdeführers wie das nicht verbeamtete Fährpersonal der Deutschen Bahn AG und früheren Bundesbahn behandelt, welches die genannte Leistung ebenfalls nicht erhält. Das ist im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Deren Tätigkeit ist – bei allen strukturellen Unterschieden zwischen der Eisenbahn des Bundes und der Deutscher Reichsbahn – am ehesten mit der von dem Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit vergleichbar. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf andere Seeleute, die von der Seemannskasse Nutzen ziehen, stellt die erfolgte Gleichbehandlung verfassungsrechtlich nicht in Frage. Nicht alle im Beitrittsgebiet zurückgelegten Seefahrtszeiten müssen gleichbehandelt werden. Auch innerhalb der alten Bundesländer werden Seeleute auf Fährschiffen der Deutschen Bahn AG und sonstige Seeleute unterschiedlich behandelt. Zu Recht hat das Bundessozialgericht in der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidung darauf abgestellt, ob die See-Berufsgenossenschaft fiktiv in der betroffenen Zeit vom 29. Januar 1974 bis 31. Dezember 1990 der für den Versicherten zuständige Unfallversicherungsträger gewesen wäre, wenn das bundesdeutsche Recht schon gegolten hätte. Das wäre aber nicht der Fall gewesen.
c) Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen für das Überbrückungsgeld nach der Satzung der Seemannskasse bereits festgestellt, es sei im Blick auf Art 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, dass eine nach § 1232 Abs. 3 RVO nachversicherte Zeit der Dienstleistung bei der Bundesmarine bei der Wartezeit für Leistungen der Seemannskasse nicht berücksichtigt werden kann (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juni 1992 – 1 BvR 550/92 – SozR 3-2200 § 891 a RVO Nr. 2). Die hierbei vom Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtete unterschiedliche Behandlung von Beschäftigten der Bundesmarine und der Handelsmarine wurde maßgeblich mit dem Gesichtspunkt der Zugehörigkeit zur See-Berufsgenossenschaft begründet. Dies ist auch im vorliegenden Fall einer fiktiven Zuordnung ein verfassungsrechtlich zulässiger Anknüpfungspunkt.
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt
Fundstellen
Haufe-Index 1262367 |
NJ 2004, 357 |
www.judicialis.de 2004 |