Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Entscheidung vom 24.06.2003; Aktenzeichen Vf. 32-VI-02) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer rügt, der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe über seine Verfassungsbeschwerde in falscher Besetzung entschieden und hierdurch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 2 Nr. 6 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (im Folgenden: VfGHG) entscheidet der Verfassungsgerichtshof über Verfassungsbeschwerden durch den Präsidenten, drei berufsrichterliche und fünf weitere Mitglieder. Der VI. Spruchgruppe, die auch über die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers entschieden hat, gehörte neben den drei berufsrichterlichen Mitgliedern K., H. und D. als weiteres Mitglied der Präsident des VG Würzburg von G. an.
Aus den Vorschriften des Verfassungsgerichtshofgesetzes, die zwischen berufsrichterlichen und weiteren Mitgliedern differenzieren, leitet der Beschwerdeführer her, letztere dürften keine Berufsrichter sein.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Sie ist offensichtlich unbegründet.
1. „Gesetzlicher Richter” i.S.d. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sind sowohl der jeweilige Spruchkörper wie auch jeder an der Entscheidung mitwirkende einzelne Richter (vgl. BVerfGE 40, 356 ≪361≫; 65, 152 ≪154≫). Die Vorschrift bietet jedoch nur Schutz gegen Willkür, nicht gegen jede fehlerhafte Anwendung einer Prozessordnung (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪359 f.≫; stRspr).
2. Die Wahl des Richters von G. zum weiteren Mitglied des Verfassungsgerichtshofs wird von den Vorschriften des Verfassungsgerichtshofgesetzes gedeckt. Dafür, dass mit der Unterscheidung zwischen berufsrichterlichen und weiteren Mitgliedern der Ausschluss von Berufsrichtern bezweckt ist, bestehen keine Anhaltspunkte.
a) Diese Differenzierung war bereits in § 70 der Bayerischen Verfassung von 1919 enthalten. Sie beruhte darauf, dass die richterlichen Mitglieder von den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs und des Obersten Landesgerichts auf die Dauer ihres Hauptamts ernannt, die weiteren Mitglieder hingegen vom Landtag für die Dauer der Legislaturperiode gewählt wurden. Sie erfolgte damit nicht wegen Unterschieden in der Qualifikation oder Herkunft, sondern diente der Kompetenzabgrenzung für die Berufung.
Nach Art. 68 der Verfassung des Freistaates Bayern werden sowohl die berufsrichterlichen als auch die weiteren Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs vom Landtag gewählt. Die berufsrichterlichen Mitglieder können jedoch gemäß Art. 6 VfGHG auch vom Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs und der Staatsregierung, die weiteren Mitglieder hingegen nur vom Landtag vorgeschlagen werden. Die beiden Gruppen unterscheiden sich weiter dadurch, dass gemäß Art. 4 VfGHG die berufsrichterlichen Mitglieder auf acht Jahre, die weiteren Mitglieder und ihre Vertreter hingegen nur für die Dauer der Legislaturperiode und nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts gewählt werden. Mit der Aufspaltung soll dem Gebot der verfassungsgerichtlichen Kontinuität Rechnung getragen und das (partei-)politische Kräfteverhältnis des jeweiligen Landtags berücksichtigt werden.
b) Die Wahl eines Berufsrichters zu einem weiteren Mitglied des Verfassungsgerichtshofs ist mit den vorstehenden Grundsätzen vereinbar. Daraus, dass nach Art. 5 VfGHG auch die weiteren Mitglieder die Befähigung zum Richteramt haben oder Professor an einer juristischen Fakultät sein sollen, folgt, dass Voraussetzung auch ihrer Wahl ihre juristische Qualifikation ist (vgl. Schweiger, in: Nawiasky, Die Verfassung des Freistaats Bayern, Art. 68 Rn. 4c). Gründe, einen Berufsrichter hiervon auszuschließen, sind nicht ersichtlich, zumal der Grund für seine Ernennung als weiteres Mitglied nicht seine berufsrichterliche Stellung, sondern sein (auch) politischer Sachverstand ist (vgl. Knöpfle, Die Verfassung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, S. 51 f.).
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz Inkompatibilitäten in Art. 5 Abs. 2 VfGHG ausdrücklich benennt. Dies begründet die Vermutung, dass weitere Unvereinbarkeitsregelungen, so sie gewollt wären, ebenso eindeutig zum Ausdruck gebracht worden wären. Einer eindeutigen Regelung hätte es auch im Hinblick darauf bedurft, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 3 VfGHG die Wahl von Hochschullehrern ausdrücklich zulässt, obwohl auch diese gemäß Art. 11 Bayerisches Richtergesetz zu Richtern auf Lebenszeit an einem bayerischen Gericht ernannt werden können.
III.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hassemer, Di Fabio, Landau
Fundstellen