Entscheidungsstichwort (Thema)
Fachgerichtliche Würdigung des Vorbringens eines Asylbewerbers
Beteiligte
Rechtsanwältin Martha-Lina Bode und Koll. |
Verfahrensgang
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 22. Februar 1999 – 5 A 1083/96 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Oldenburg zurückverwiesen.
Damit wird der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. April 1999 – 11 L 1643/99 – gegenstandslos.
Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die fachgerichtliche Würdigung des Vorbringens eines Asylbewerbers.
I.
1. Der 1967 geborene Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und alevitischer Religionszugehörigkeit, stammt aus der zur Schwarzmeerregion gehörenden Provinz Amasya. Im Jahr 1989 zog er nach Istanbul, wo er bis zu seiner Ausreise lebte und als Kellner tätig war. Seine Eheschließung mit einer türkischen Staatsangehörigen wurde am 31. Dezember 1992 in seinem Heimatort standesamtlich registriert.
2. a) Seinen Angaben zufolge reiste der Beschwerdeführer im Januar 1996 mit einem gefälschten Pass auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte politisches Asyl. Zum Nachweis seiner Identität legte er einen Arbeitsausweis aus Istanbul vor. In seinem schriftlichen Asylantrag trug er im Wesentlichen vor, er sei aktiver Sympathisant der PSK gewesen und habe in seinem Heimatort und später in Istanbul Publikationen und Flugblätter verteilt, Plakate geklebt und Propaganda gemacht. Bei einem Besuch in seinem Heimatdorf sei er im März 1991 wegen des – zutreffenden – Vorwurfs, Plakate zum Newroz-Fest geklebt zu haben, verhaftet und auf der Gendarmerie misshandelt worden. Nach 13 Tagen sei er in das örtliche Gefängnis verlegt und nach weiteren fünf Wochen freigelassen worden, da ihm eine Beteiligung nicht habe nachgewiesen werden können. Einer Meldeauflage habe er sich entzogen und sich nach Istanbul abgesetzt. In der Folgezeit seien sowohl sein Vater als auch seine in Istanbul lebenden Geschwister von Sicherheitskräften nach ihm befragt worden. Sein Aufenthaltsort und sein Arbeitsplatz seien den Sicherheitskräften nicht bekannt gewesen. Im Dezember 1995 seien jedoch bei einer Razzia an seinem Arbeitsplatz Publikationen gefunden worden, die er zuvor dort versteckt habe. Er sei rechtzeitig von einem Kollegen gewarnt worden und habe flüchten können.
b) Bei seiner persönlichen Anhörung durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gab der Beschwerdeführer u.a. an, sein Nüfus (Personalausweis) sei ihm bereits 1991 abgenommen worden. Seit dieser Zeit habe er sich bei verschiedenen Freunden aufgehalten und in Istanbul keine feste Anschrift gehabt. Nachdem im Dezember 1995 bei seiner Arbeitsstelle einige Zeitschriften und Flugblätter gefunden worden seien, habe er befürchtet, wie 1991 gefoltert zu werden, und sei deshalb mit Hilfe einer Schlepperorganisation ausgereist.
3. Mit Bescheid vom 4. März 1996 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag des Beschwerdeführers als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorlägen und Abschiebungshindernisse im Sinne von § 53 AuslG nicht gegeben seien, und forderte den Beschwerdeführer unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei schon deshalb nicht glaubhaft, weil er offenkundig versuche, seinen Aufenthalt in der Türkei mit einem gefälschten Arbeitsnachweis zu belegen. Sein Verhalten dränge den Schluss auf, dass er mangels eigener Asylgründe mit einem erfundenen Verfolgungsschicksal ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland erreichen wolle. Dafür spreche auch die angebliche Abnahme seines Nüfus im Jahr 1991. Da er am 31. Dezember 1992 die Ehe geschlossen habe, müsse er zu diesem Zeitpunkt noch Personalunterlagen gehabt haben und auch mit Behörden in Verbindung getreten sein.
4. Im März 1996 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Klage und trug zur Begründung u.a. vor, ohne seinen Nüfus habe er als Arbeitnehmer nicht registriert werden können. Der Geschäftsführer eines Hotels, der ihn gemocht habe, habe ihm jedoch einen Arbeitsausweis besorgt, damit wenigstens formal alles in Ordnung gewesen sei. Dieser Arbeitsausweis sei das einzige Papier gewesen, das er bei seiner Flucht und auch in den Jahren zuvor benutzt habe. Deshalb habe er ihn beim Bundesamt mangels eines anderen Identitätsnachweises vorgelegt.
5. In der mündlichen Verhandlung vertiefte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen und erklärte auf Befragen zu seiner Eheschließung, zwar sei in seinen Urkunden eingetragen worden, dass er 1992 geheiratet habe. Diese Eintragungen seien jedoch erst später gemacht worden. Er sei nicht persönlich anwesend gewesen, vielmehr sei ein Verwandter von ihm hingegangen und habe die Formalitäten erledigt. Auch ohne persönliches Erscheinen sei es möglich gewesen, die Ehe zu schließen, weil sie in einem kleinen Ort gewohnt hätten und der zuständige Beamte ihn gekannt habe. Seinen Nüfus habe er nach der Festnahme im März 1991 nicht wieder erhalten.
6. Mit dem angegriffenen Urteil wies das Verwaltungsgericht die Klage des Beschwerdeführers ab: Das Gericht habe die Überzeugung gewonnen, dass die Angaben des Beschwerdeführers, jedenfalls soweit sie den Zeitraum vor dem Dezember 1995 beträfen, in wesentlichen Teilen unschlüssig, ungereimt und widersprüchlich und damit insgesamt nicht glaubhaft seien. Insbesondere stehe seine Behauptung, sein Nüfus sei nach der Verhaftung im März 1991 von der Polizei einbehalten worden, in erheblichem Widerspruch zu den vorgelegten Dokumenten, wonach er im Jahre 1992 offiziell standesamtlich geheiratet habe, wozu in der Türkei ein Ausweis benötigt werde. Gänzlich unglaubhaft sei, dass er bei seiner standesamtlichen Trauung nicht persönlich anwesend gewesen sei. Es sei dem Gericht aus einer Vielzahl anderer Verfahren und der Auswertung der vorliegenden Erkenntnismittel bekannt, dass eine standesamtliche Trauung in der Türkei nur in Anwesenheit der Heiratswilligen vorgenommen werden könne und auch nur so vorgenommen werde. Die Einhaltung dieser formalen Anforderungen werde – auch im Hinblick auf das offizielle Verbot der Mehrfrauenehe – in der Türkei besonders streng gehandhabt. Wenn der Beschwerdeführer 1992 geheiratet habe, müsse er zu diesem Zeitpunkt in seinem Dorf anwesend gewesen sein, was den dortigen Sicherheitskräften angesichts der geringen Größe des Dorfes nicht habe verborgen bleiben können. Daher sei nicht davon auszugehen, dass nach dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt polizeilich gefahndet worden sei. Damit sei aber auch sein übriges Vorbringen nicht mehr glaubhaft, weil sich dann nichts dafür ergebe, weshalb die Polizei nach ihm zu einem späteren Zeitpunkt gefahndet haben sollte und es im Zuge dieser Fahndung zu einer Durchsuchung seiner Arbeitsstelle gekommen sei.
7. Seinen fristgerechten Antrag, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, stützte der Beschwerdeführer auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine standesamtliche Trauung in der Türkei nur in Anwesenheit der Heiratswilligen vorgenommen werde, sei grundsätzlich falsch. Es entspreche zwar der geltenden türkischen Rechtslage, dass eine Ehe nur in Anwesenheit der zukünftigen Ehegatten und nach Vorlage von Ausweisen geschlossen werden könne; das Verwaltungsgericht verwechsele aber die Rechtslage mit der Lebenswirklichkeit in der Türkei. Er – der Beschwerdeführer – habe zu den Umständen seiner Eheschließung die plausible Erklärung abgegeben, gerade unter den von ihm geschilderten Umständen sei es kein Problem, die Ehe ohne Beachtung der gesetzlichen Formalitäten einzugehen. Die fehlerhafte Auffassung des Verwaltungsgerichts sei von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie sich in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle auswirke.
Ihm sei zudem rechtliches Gehör versagt worden, weil das Gericht seine Erklärungen, weshalb er in Abwesenheit und ohne Vorlage eines Nüfus habe heiraten können, nicht zur Kenntnis genommen und in seiner Entscheidung auch nicht erörtert habe. Er habe davon ausgehen dürfen, das Gericht werde seine Erklärungen zu den Umständen der Eheschließung berücksichtigen. Zumindest aber hätte das Gericht seine Auffassung bekannt geben und mitteilen müssen, welches die vorliegenden Erkenntnismittel seien, die die gerichtliche Überzeugung begründeten. Das Verwaltungsgericht habe die Grenzen seines Wertungsrahmens überschritten, wenn es zur Frage der Möglichkeit der Eheschließung in Abwesenheit und ohne Nüfus auf seine eigene Sachkunde vertraut habe, ohne sich dazu der Hilfe eines Sachverständigen zu bedienen.
8. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss lehnte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht den Berufungszulassungsantrag ab. Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage sei in einem Berufungsverfahren nicht klärungsbedürftig, denn es entspreche der Erkenntnislage und sei dem Senat aus verschiedenen Verfahren bekannt, dass in Einzelfällen bei Eheschließungen in der Türkei die gesetzlichen Vorschriften nicht beachtet würden. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund die Angaben des Beschwerdeführers zu Recht insgesamt als unglaubhaft gewürdigt habe, betreffe die Richtigkeit der Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall und gebe der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör sei nicht verletzt.
II.
1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 16a Abs. 1 und 103 Abs. 1 GG durch das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts.
a) Die Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts beruhten auf einer falschen und unzulässig ermittelten Grundlage. Nach den Ausführungen des Gerichts ergebe sich „aus einer Vielzahl anderer Verfahren und der Auswertung der vorliegenden Erkenntnismittel”, dass auch in der türkischen Rechtswirklichkeit eine standesamtliche Trauung nur in Anwesenheit der Ehegatten und unter Vorlage gültiger Ausweispapiere vollzogen werden könne. Diese Erkenntnismittel habe das Gericht jedoch nicht in das Verfahren eingeführt. Dem Beschwerdeführer sei es daher verwehrt gewesen, diese Erkenntnisse zu hinterfragen und den Gegenbeweis anzutreten. Damit habe das Verwaltungsgericht auch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Erst im Urteil sei er damit überrascht worden, dass angeblich vorliegende objektive Erkenntnismittel die Richtigkeit seiner Darstellung ausschlössen und damit seiner gesamten Verfolgungsgeschichte den Boden entzögen. Damit habe er nach dem Gang des Verfahrens nicht rechnen können. Die der Beweiswürdigung zugrunde liegenden Erkenntnisse würden in den Urteilsgründen nicht konkret benannt und könnten auch nicht benannt werden, weil es sie nicht gebe. Zu Recht weise das Oberverwaltungsgericht insoweit auf die entgegengesetzte Erkenntnislage hin. Das angegriffene Urteil nehme mithin seine Sachverhaltsbewertung auf einer nicht verlässlichen Grundlage vor.
b) Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verkürze den Rechtsweg unter Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG. Die Berufung habe zugelassen werden müssen, weil der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung vorgelegen habe. Das Oberverwaltungsgericht habe die aufgeworfene tatsächliche Frage unter Hinweis auf vorliegende Erkenntnisse als geklärt angesehen. Eine Klärung könne jedoch nur durch ober- und höchstrichterliche Entscheidungen erfolgen. Wenn das verwaltungsgerichtliche Urteil auf einer von den übergeordneten Instanzen noch nicht entschiedenen Grundsatzfrage beruhe, sehe § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zwingend die Zulassung der Berufung vor; es reiche nicht aus, die Frage für zukünftige Fälle im Nichtzulassungsbeschluss zu beantworten.
2. Den gemäß § 94 BVerfGG Äußerungsberechtigten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Entscheidungsgründe
B.–I.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und – in einer die Entscheidungszuständigkeit der Kammer begründenden Weise – auch offensichtlich begründet; denn die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Asyl gemäß Art. 16a Abs. 1 GG.
II.
1. Da die Frage der Asylberechtigung die unmittelbare Anwendung der Grundrechtsbestimmung des Art. 16a Abs. 1 GG betrifft, hat das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal „politisch Verfolgter” sowohl hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhalts als auch hinsichtlich seiner rechtlichen Bewertung zu prüfen, ob die tatsächliche und rechtliche Wertung der Gerichte sowie Art und Umfang ihrer Ermittlungen den Anforderungen des Art. 16a Abs. 1 GG gerecht werden (vgl. BVerfGE 54, 341 ≪356≫; 76, 143 ≪162≫). Die Verfassungsbeschwerde eröffnet allerdings auch im Asylverfahren keine weitere Tatsachen- oder Revisionsinstanz. Den Fachgerichten ist vielmehr ein gewisser Wertungsrahmen eröffnet, der sich einerseits auf die rechtliche Bewertung des ermittelten Sachverhalts, andererseits auf die Einschätzung von Sachverhaltselementen selbst bezieht. Die fachgerichtlichen Ermittlungen zum Tatbestand sind vom Bundesverfassungsgericht freilich daraufhin zu überprüfen, ob sie einen hinreichenden Grad an Verlässlichkeit aufweisen und auch dem Umfang nach, bezogen auf die besonderen Gegebenheiten im Asylrecht, zureichend sind (vgl. BVerfGE 76, 143 ≪162≫; 83, 216 ≪234≫). Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist eine fachgerichtliche Beurteilung dann, wenn sie anhand der gegebenen Begründung nicht mehr nachvollziehbar ist und/oder nicht auf einer verlässlichen Grundlage beruht (vgl. nur Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 1990 – 2 BvR 1727/89 –, InfAuslR 1991, S. 85 ≪88≫; vom 12. März 1992 – 2 BvR 721/91 –, InfAuslR 1992, S. 231 ≪233≫; vom 22. Juli 1996 – 2 BvR 1416/94 –, InfAuslR 1996, S. 355 ≪357≫; vom 15. Februar 2000 – 2 BvR 752/97 –, InfAuslR 2000, S. 254 ≪258≫).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen halten die maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Unglaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers der verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Seine Erwägung, aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse sei gänzlich unglaubhaft, dass der Beschwerdeführer bei seiner standesamtlichen Trauung nicht persönlich anwesend gewesen sei, lässt die Erfüllung der gebotenen Ermittlungspflicht nicht erkennen. Mit ihr hat das Verwaltungsgericht den ihm eröffneten fachgerichtlichen Wertungsrahmen überschritten.
Das Gericht hat sich für seine Einschätzung auf Erfahrungen aus anderen Verfahren und die Auswertung der vorliegenden Erkenntnisse berufen, ohne die behaupteten Quellen näher zu bezeichnen. Die insoweit getroffenen Feststellungen sind daher nicht nachprüfbar, so dass es an der Darlegung einer gesicherten und hinreichend verlässlichen Tatsachengrundlage fehlt. Der Offenlegung der vom Gericht in Bezug genommenen Erkenntnisse hätte es insbesondere deswegen bedurft, weil sich die Feststellungen des Gerichts nicht etwa als offensichtlich zutreffend erweisen. Vielmehr ergeben sich erhebliche Zweifel an ihrer Richtigkeit, wie die gerade entgegengesetzte Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts und die vom Beschwerdeführer vorgelegte Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 5. Januar 1998 an das Verwaltungsgericht Bremen, die im Übrigen auch Gegenstand der vom Verwaltungsgericht Oldenburg eingeführten Auskunftsliste war, dokumentieren. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht seine Einschätzung zu den tatsächlichen Möglichkeiten einer Eheschließung und -registrierung in der Türkei in der mündlichen Verhandlung offen gelegt hätte. Dies hätte jedoch insbesondere deswegen geschehen müssen, weil diesem Punkt nach Einschätzung des Gerichts ausschlaggebende Bedeutung beizumessen war. So hat das Verwaltungsgericht aus der Eintragung der Eheschließung nicht nur geschlossen, dass der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt persönlich in seinem Heimatdorf anwesend war und einen Nüfus vorgelegt hat, sondern es hat deshalb auch sowohl eine polizeiliche Fahndung nach dem Beschwerdeführer aufgrund der Ereignisse von 1991 als auch die Durchsuchung seiner Arbeitsstelle 1995 für unglaubhaft gehalten. Damit wurde dem gesamten Asylvorbringen des Beschwerdeführers die Grundlage entzogen, ohne dass das Verwaltungsgericht die dafür maßgeblichen Erkenntnisgrundlagen dargelegt hätte.
III.
1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg ist demnach aufzuheben, ohne dass es auf die zusätzlich erhobene Gehörsrüge ankommt. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht Oldenburg zurückzuverweisen (vgl. § 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG), damit über das Asylbegehren des Beschwerdeführers erneut entschieden werden kann.
2. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist damit gegenstandslos.
3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Broß, Osterloh
Fundstellen