Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Flughafenbau Berlin-Brandenburg International in Schönefeld, insbesondere die ihm zugrunde liegende raumordnungsrechtliche Standortentscheidung in der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung vom 28. Oktober 2003 (LEP FS 2003; GVBl Bbg II S. 594, GVBl Bln S. 521), sowie gegen hierzu ergangene Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts.
Wegen des das Ausgangsverfahren betreffenden Sachverhalts wird auf das angegriffene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 (BVerwG 4 A 1073.04, JURIS) und den angegriffenen Beschluss vom 23. August 2006 (BVerwG 4 A 1066.06 ≪4 A 1073.04≫, JURIS) verwiesen.
Die Beschwerdeführer haben am 17. Juli 2006 Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügen die Verletzung von Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Soweit die Beschwerdeführer von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung betroffen sind, rügen sie auch die Verletzung von Art. 14 Abs. 3 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG hierfür nicht gegeben sind (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫).
Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben sind geklärt. Dies gilt auch für die vom Bevollmächtigten der Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfragen (vgl. BVerfGE 76, 107 ≪122 ff.≫).
Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie hat keine Aussicht auf Erfolg in der Sache. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die geltend gemachte Verletzung von Art. 14 Abs. 1 und 3, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 sowie Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Eine Verletzung von Art. 14 Abs. 3 GG kann nicht festgestellt werden. Dies gilt sowohl mit Blick auf den Planfeststellungsbeschluss und die ihm zugrunde liegende Standortentscheidung des LEP FS 2003 (a bis c) als auch mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (d).
a) Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss ist in Bezug auf die Beschwerdeführer zu 1) bis 4) an Art. 14 Abs. 3 GG zu messen. Mit der in Art. 14 Abs. 3 GG geregelten Enteignung greift der Staat auf das Eigentum des Einzelnen zu. Sie ist darauf gerichtet, konkrete Rechtspositionen, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind, zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben vollständig oder teilweise zu entziehen (vgl. BVerfGE 100, 226 ≪240≫; 104, 1 ≪10≫).
Der hier angegriffene Planfeststellungsbeschluss entzieht den Beschwerdeführern zu 1) bis 4) zwar nicht schon selbst eine Rechtsposition. Er ist jedoch gleichwohl an Art. 14 Abs. 3 GG zu messen, weil er enteignungsrechtliche Vorwirkung hat (vgl. BVerfGE 95, 1 ≪21 f.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 2007 – 1 BvR 300/06, 1 BvR 848/06 –, JURIS). Denn nach dem dem Planfeststellungsbeschluss beigefügten Grunderwerbsplan sollen Grundstücke der Beschwerdeführer für das Planvorhaben in Anspruch genommen werden. Diese Regelungen sind nach § 8 Abs. 2 LuftVG dem anschließenden Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend. Der Planfeststellungsbeschluss entscheidet damit abschließend und für das weitere Verfahren verbindlich über die Zulässigkeit der Enteignungen einzelner Grundstücke. Die eigentumsentziehenden Auswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses sind daher mit Blick auf Art. 14 Abs. 3 GG bereits bei seinem Erlass zu berücksichtigen und folglich im Rahmen seiner Anfechtung zu prüfen.
b) Nach Art. 14 Abs. 3 GG ist eine Enteignung nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Das Gesetz im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG bildet nicht nur die verwaltungsrechtliche Grundlage für konkrete Eingriffe in das Eigentum des Betroffenen, sondern beschränkt zugleich die Enteignungsbefugnis auf die in der jeweiligen Regelung vom Gesetzgeber bestimmten Vorhaben und Zwecke. Eine Enteignung sowie ein mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung ausgestatteter Planfeststellungsbeschluss sind daher nur verfassungsgemäß, wenn sie sich im gesetzlich vorgegebenen Rahmen bewegen und dieser seinerseits verfassungsgemäß ist (vgl. BVerfGE 56, 249 ≪262 f.≫; 74, 264 ≪284 ff.≫).
Einen solchen Rahmen, der dem Erfordernis der Verfassungsmäßigkeit unterliegt, bilden auch die für luftverkehrsrechtliche Planfeststellungen verbindlichen Vorgaben der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 3 Nr. 2 ROG und § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG. Nach der vom Bundesverfassungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Auslegung der genannten Vorschriften durch das Bundesverwaltungsgericht ist nämlich die Wahl des Standorts für einen internationalen Verkehrsflughafen vorrangig eine raumordnungsrechtliche Entscheidung. Wird die Zulassung eines Flughafenvorhabens an dem von der Landesplanung zielförmig festgelegten Standort beantragt, darf nach den genannten Vorschriften die Planfeststellungsbehörde die vorangegangene raumordnerische Abwägung nicht durch eine eigene Abwägung ersetzen, bestätigen oder korrigieren, ohne dass freilich die Planfeststellungsbehörde einer Rechtspflicht zur Zulassung des Flughafenvorhabens unterliegt.
c) Die zielförmige Standortfestlegung durch den LEP FS 2003 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Abwägungsgebot, das in seinem Kern eine Prüfung der Planungsentscheidung auf Willkürfreiheit und Verhältnismäßigkeit fordert (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 209 ≪Bearbeitungsstand: Februar 2003≫; Durner, Konflikte räumlicher Planungen, 2005, S. 301 ff.).
aa) Bei der verfassungsgerichtlichen Überprüfung einer Planungsentscheidung ist zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht die Regelung im Ergebnis nur unter Einschränkungen daraufhin überprüfen kann, ob sie das Willkürverbot beachtet und verhältnismäßig ist. Denn dem Plangeber ist gesetzlich eine Gestaltungsbefugnis und damit die Kompetenz eingeräumt, die erforderliche Abwägung selbst vorzunehmen. Das Bundesverfassungsgericht kann – wie jedes Gericht – seine eigene Abwägung nicht an die Stelle derjenigen des Plangebers setzen; es hat nur zu prüfen, ob sich diese in den verfassungsrechtlich vorgezeichneten Grenzen hält. Hierfür ist maßgebend, ob der erhebliche Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt und ob anhand dieses Sachverhalts alle sachlich beteiligten Belange und Interessen der Entscheidung zugrunde gelegt sowie umfassend und in nachvollziehbarer Weise abgewogen worden sind. Soweit hierbei über Wertungen und Prognosen zu befinden ist, hat das Bundesverfassungsgericht seine Nachprüfungen darauf zu beschränken, ob diese Einschätzungen und Entscheidungen offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen (vgl. BVerfGE 76, 107 ≪121 f.≫; 95, 1 ≪22 f.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2002 – 1 BvR 1402/01 –, JURIS).
Des Weiteren ist hinsichtlich der Überprüfung einer raumordnungsrechtlichen Abwägungsentscheidung der lediglich rahmensetzende Charakter der Raumordnung im Blick zu behalten. Raumordnungspläne bedürfen in aller Regel der weiteren Konkretisierung – etwa durch eine fachplanungsrechtliche Entscheidung –, um zu genauen Festlegungen für einzelne raumbedeutsame Maßnahmen zu gelangen, durch die grundrechtlich geschützte Belange konkret betroffen werden können. Je konkreter raumordnungsrechtliche Festlegungen sind, umso größer sind die Anforderungen, die an die Ermittlungstiefe und die Abwägungsdichte einer raumplanerischen Zielfestlegung zu stellen sind. Vor diesem Hintergrund ist es im Hinblick auf das rechtsstaatliche Abwägungsgebot nicht zu beanstanden, wenn die Maßstäbe der Abwägungskontrolle ebenenspezifisch bestimmt werden und dem Plangeber einer höherstufigen Planung – wie bei der Raumordnung nach § 7 Abs. 7 ROG – ein größerer administrativer Gestaltungsspielraum eingeräumt wird (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 209 ≪Bearbeitungsstand: Februar 2003≫; Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky (Hrsg.), Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, K. § 3 Rn. 70 ff. ≪Bearbeitungsstand: November 2006≫).
Schließlich ist – jedenfalls in Fällen, in denen zuvor ein fachgerichtliches Verfahren stattgefunden hat – zu beachten, dass die Feststellung und Würdigung des Tatbestands, auf dessen Grundlage die Abwägungsentscheidung verfassungsgerichtlich kontrolliert wird, Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte ist und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen ist. Das Bundesverfassungsgericht greift hier nicht schon ein, wenn eine Entscheidung am einfachen Recht gemessen falsch ist, sondern nur, wenn die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes selbst gegen Grundrechte verstößt (vgl. stRspr seit BVerfGE 1, 418 ≪420≫).
bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze greifen die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Standortfestlegung in Z 1 des LEP FS 2003 nicht durch.
(1) Dies gilt zunächst soweit gerügt wird, bei der Aufstellung von Z 1 LEP FS 2003 sei die Zahl der an den Standorten Schönefeld und Sperenberg tatsächlich durch Fluglärm betroffenen Anwohner unzureichend oder nicht zutreffend ermittelt worden.
Zwar weist der Bevollmächtigte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 100, 313 ≪376≫) zu Recht darauf hin, dass es im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer grundrechtsbeeinträchtigenden Maßnahme von Bedeutung ist, wie viele Personen von ihr betroffen sind. Aus dieser Entscheidung lässt sich für die vorliegende Konstellation jedoch nichts herleiten, da die Entscheidung – anders als hier – unmittelbar in Grundrechte eingreifende Maßnahmen, nämlich Beschränkungen des Telekommunikationsverkehrs, betraf. Dagegen ist es bei einer raumordnungsrechtlichen Planung im Lichte der Vorgaben des verfassungsrechtlichen Abwägungsgebots nicht zu beanstanden, dass vor der Festlegung eines Standorts für eine Verkehrsinfrastruktureinrichtung die Lärmbetroffenen einer Standortalternative nicht zahlenmäßig genau ermittelt werden. Denn nach den oben genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben ist der Sachverhalt nur insoweit zu ermitteln, als er erheblich ist. Dies ist er nicht mehr, wenn – wie hier – ein alternativer Standort bereits auf der Grundlage einer durch Grobanalyse ermittelten Zahl an Fluglärmbetroffenen abwägungsfehlerfrei ausgeschieden werden kann, weil sich bereits aufgrund dieser abzeichnet, dass der Plangeber seine vorrangig verfolgten planerischen Ziele an diesem Standort nicht wird verwirklichen können.
(2) Es kann kein Fehler darin erkannt werden, dass in die Entscheidung nicht der nach Meinung der Beschwerdeführer für den Betrieb des Flughafens und die von ihm ausgehenden Wirtschaftsimpulse bedeutende Belang eingestellt worden ist, dass im Gegensatz zum Standort Sperenberg in Schönefeld die Nacht nicht intensiv – insbesondere für Frachtverkehr – genutzt werden könne. In dieser Konkretheit müssen die wirtschaftlichen Impulse, die von einem zu planenden Flughafen ausgehen, im Rahmen der raumordnungsrechtlichen Abwägungsentscheidung grundsätzlich nicht ermittelt und berücksichtigt werden. Denn nach der insoweit verfassungsrechtlich unbedenklichen einfachrechtlichen Kompetenzverteilung zwischen Raumordnung und Fachplanung kann – so das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich in der hier angegriffenen Entscheidung (vgl. Rn. 64, 155) – über die Zulässigkeit von Nachtflugverkehr nicht auf der Ebene der Raumordnung, sondern erst im Rahmen der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung entschieden werden (vgl. dazu Deutsch, NVwZ 2006, S. 878 ≪879≫; Barth, ZUR 2006, S. 531 ≪532≫). Danach muss auf der Ebene der Raumordnung nur dann, wenn von einem Nachtflugverkehr erfordernden Verwendungszweck ausgegangen wird, vorausschauend geprüft werden, ob die dadurch entstehenden Lärmprobleme auf Fachplanungsebene beherrschbar sein werden.
Hier ist der Plangeber des LEP FS 2003 jedoch nicht von der Notwendigkeit eines Nachtflugverkehrs ausgegangen. Vielmehr wollte er einen Standort für einen “mittelgroßen Verkehrsflughafen” mit einem modernen “Zwei-Bahnen-System” und nicht mehr wie noch im Rahmen des vom Land Brandenburg im Jahr 1994 durchgeführten Raumordnungsverfahrens einen Standort für einen internationalen Großflughafen mit vier Start- und Landebahnen für 60 Mio. Passagiere festlegen (vgl. Nr. 5.4.1 Abs. 3, Nr. 6 Buchstabe c zu Z 1 des LEP FS 2003). Dass ein Nachtflugverkehr im anschließenden Planfeststellungsverfahren von den Vorhabenträgern und der Planfeststellungsbehörde für erforderlich gehalten wird, führt nicht zur Fehlerhaftigkeit einer auf Ebene der Raumordnung getroffenen Abwägungsentscheidung.
(3) Der Plangeber des LEP FS 2003 hat die Lärmbetroffenheit in der Abwägungsentscheidung über die Standortalternativen Schönefeld und Sperenberg aus verfassungsrechtlicher Sicht auch nicht fehlgewichtet. Der Schutz vor Verkehrslärm, insbesondere auch Fluglärm, ist ein durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪73 ff.≫) und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 79, 174 ≪191 ff., 198≫) verfassungsrechtlich abgesicherter Belang. Daher kommt ihm im Rahmen einer Abwägung hohe Bedeutung zu.
Diese Bedeutung des Schutzes vor Fluglärm hat der Plangeber des LEP FS 2003 nicht verkannt. Zwar ist dem Schutz vor Fluglärm erst im LEP FS 2006 verbal “ein besonders hohes objektives Gewicht” eingeräumt worden (vgl. Ziffer 5.3 der Begründung zu Z 1 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung vom 30. Mai 2006, GVBl Bbg II S. 153), was mit diesen Worten in der vorherigen Fassung nicht geschehen ist. Gleichwohl hat auch der Plangeber des LEP FS 2003 den Fluglärmschutz in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht fehleingeschätzt. Die Planbegründung (Nr. 5.2 Abs. 4 zu Z 1 des LEP FS 2003) hebt ausdrücklich hervor, dass ein Neubaustandort – wie Sperenberg – aufgrund der geringen Besiedlungsdichte des äußeren Entwicklungsraumes in Brandenburg zu einer deutlich geringeren Anzahl der von Fluglärm betroffenen Anwohner führen könne als ein Standort im dichter besiedelten engeren Verflechtungsraum. Auch in der abschließenden Gesamtbetrachtung (Nr. 6 Abs. 2 zu Z 1 LEP FS 2003) stellt die Planbegründung heraus, dass an einem Flughafenstandort außerhalb des engeren Verflechtungsraums eine wesentlich geringere Zahl an Anwohnern durch Fluglärm betroffen wäre. Dennoch hat der Plangeber des Landesentwicklungsplans nach den Begründungen beider Verordnungen andere Belange für ausschlaggebend gehalten.
Es ist nicht erkennbar, dass der Plangeber des Landesentwicklungsplans den verfassungsrechtlich geschützten Belang des Fluglärmschutzes in seiner Relation zu den für vorzugswürdig befundenen Belangen offensichtlich fehlerhaft beurteilt hat. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um eine Abwägungsentscheidung über eine raumordnungsrechtliche Standortfestlegung handelt. Hier wird über die konkrete Belastung durch Fluglärm erst auf der Ebene der Planfeststellung entschieden, die über die Mittel verfügt, konkrete Maßnahmen zum Schutz hiergegen festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht kann auch insoweit keine eigene Abwägungsentscheidung an die Stelle des hierzu gesetzlich legitimierten Plangebers setzen.
d) Die vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführte Überprüfung der für die Planfeststellungsbehörde verbindlichen zielförmigen Festlegung des Flughafenstandorts ist mit Blick auf Art. 14 Abs. 3 GG ebenfalls verfassungsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Wenn wie hier einem mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung ausgestattetem Planfeststellungsbeschluss ein bindender Hoheitsakt vorausgeht, darf dies nicht dazu führen, dass die volle Überprüfbarkeit der Rechtmäßigkeit des vorangehenden Hoheitsakts gehindert oder unzumutbar erschwert ist. Denn sowohl aus Art. 14 GG unmittelbar wie aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Pflicht der Gerichte, bei Eingriffen in das Eigentum einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. BVerfGE 45, 297 ≪333≫; 46, 325 ≪334≫). Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in der hier angegriffenen Entscheidung die zielförmige Standortfestlegung im LEP FS 2003 und die ihr zugrunde liegende raumordnungsrechtliche Abwägungsentscheidung einer inzidenten gerichtlichen Kontrolle unterzogen. Es ist nicht zu beanstanden, dass es dabei den für raumordnungsrechtliche Entscheidungen geltenden materiellrechtlichen Maßstab – ein ebenenspezifisch angepasstes Abwägungsgebot – angewandt hat (vgl. für den Fall der verbindlichen Festlegung des Verkehrbedarfs der Eisenbahn: BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 1998 – 1 BvR 650/97 und 830/98 –, JURIS).
2. Eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG bezüglich der nicht von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses erfassten Beschwerdeführer zu 5) bis 34) sowie von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bezüglich aller Beschwerdeführer durch die für die Planfeststellung verbindliche Standortfestlegung im LEP FS 2003 kann vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht festgestellt werden.
3. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt auch nicht den Anspruch der Beschwerdeführer auf die Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen des einschlägigen Prozessrechts die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (vgl. BVerfGE 50, 32 ≪35≫; 60, 247 ≪249≫). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt daher dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfGE 50, 32 ≪35≫; 60, 247 ≪249≫; 69, 141 ≪143 f.≫).
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die Tatsachengerichte gemäß § 98 VwGO in Verbindung mit § 412 ZPO analog einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach tatrichterlichem Ermessen ablehnen, wenn zu einer Tatsache bereits ein verwertbares Gutachten vorliegt, das von ihnen für genügend erachtet wird. Dies gilt auch für ein im Laufe des Verwaltungsverfahrens eingeholtes Gutachten. Die Einholung eines weiteren Gutachtens ist regelmäßig dann erforderlich, wenn sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung deshalb aufdrängen musste, weil bereits eingeholte Gutachten nicht ihren Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche besondere Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die gerichtliche Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne ist ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts regelmäßig ungeeignet oder doch jedenfalls unzureichend, wenn es offen erkennbare Mängel enthält, insbesondere Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen aufkommen lässt, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder unlösbare Widersprüche enthält (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. September 2002 – 2 BvR 995/02 –, JURIS; BVerwGE 31, 149; BVerwG, Beschluss vom 13. März 1992 – BVerwG 4 B 39.92 –, NVwZ 1993, S. 268; Breunig, in: Posser/Wolff (Hrsg.), BeckOK VwGO, § 86 Rn. 84 ff. ≪Bearbeitungsstand: Juli 2007≫).
c) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Ablehnung der hier zur Prüfung gestellten Beweisanträge mit der Begründung, zu den angesprochenen Fragen stünde bereits genügend gutachterliches Material zur Verfügung, prozessrechtlich vertretbar und daher im Lichte von Art. 103 Abs. 1 GG auch verfassungsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil umfassend begründet, warum es auf der Grundlage der vorhandenen Gutachten der Einschätzung der Plangeber hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung eines stadtnahen Flughafenstandorts folge. Zur Begründung hat es insbesondere darauf verwiesen, dass die vom Plangeber eingeholte Expertise 14 einschlägige Untersuchungen zu deutschen und ausländischen Verkehrsflughäfen ausgewertet habe. Damit genießen die vorliegenden abstrakten Aussagen zur wirtschaftlichen Bedeutung stadtnaher Flughafenstandorte im Vergleich zu stadtfernen besonderes Gewicht, so dass ihre Gültigkeit auch im Hinblick auf die hier konkret in Betracht kommenden Standorte – darunter neben Schönefeld auch Jüterbog und Sperenberg – plausibel ist. An den diesbezüglichen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Anhörungsrügenbeschluss ist verfassungsgerichtlich nichts zu erinnern.
Dies gilt insbesondere auch, soweit die Beschwerdeführer rügen, die beantragte Beweiserhebung habe sich schon deshalb aufgedrängt, weil der Standort Sperenberg insofern wirtschaftlich leistungsfähiger sei, als an ihm Nachtflug möglich sei. Es kann von Verfassungs wegen nicht verlangt werden, dass der Plangeber eines Raumordnungsplans bei der Standortfestlegung die Möglichkeit eines Nachtflugverkehrs in seine Abwägungsentscheidung miteinbezieht. Denn Festlegungen zu dessen Zulässigkeit sind nach dem insoweit verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden einfachen Recht erst auf Fachplanungsebene zu treffen.
Soweit die Beschwerdeführer meinen, die Unzulässigkeit eines Nachtflugverkehrs und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile müssten jedoch später bei der gerichtlichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer raumordnungsrechtlichen Abwägungsentscheidung berücksichtigt werden, wenn sich im Laufe des gerichtlichen Verfahrens abzeichne, dass ein Nachtflugverkehr fachplanungsrechtlich unzulässig sei, können sie nicht aufzeigen, dass es von Verfassungs wegen geboten ist, bei der Kontrolle von Ermessens- und Abwägungsentscheidungen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung anstatt auf den Erlass der betreffenden Maßnahme abzustellen (vgl. dazu etwa § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB sowie Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 113 Rn. 21 ≪Bearbeitungsstand: Mai 1997≫; Schmidt, in: Eyermann (Hrsg.), VwGO, 12. Aufl. 2006, § 113 Rn. 45 ff.; aus europarechtlichen Gründen anders: BVerwGE 121, 297).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen
Haufe-Index 1959791 |
NVwZ 2008, 775 |