Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Beschluss vom 10.08.2006; Aktenzeichen 7 LA 304/04) |
VG Braunschweig (Urteil vom 15.10.2004; Aktenzeichen 1 A 232/03) |
Tenor
1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. August 2006 – 7 LA 304/04 – verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
3. Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
4. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 20.000 € (in Worten: zwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, denen zufolge atomrechtliche Beförderungsgenehmigungen von Anliegern der Beförderungsstrecke mangels Klagebefugnis nicht zulässigerweise vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden können.
1. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1, § 23 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz; im Folgenden: AtG) bedarf die Beförderung von Kernbrennstoffen außerhalb eines abgeschlossenen Geländes, auf dem Kernbrennstoffe staatlich verwahrt werden oder eine nach den § 6 (Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung), § 7 (Atomanlagen) und § 9 AtG (Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb genehmigungspflichtiger Anlagen) genehmigte Tätigkeit ausgeübt wird, der Genehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz.
Die Genehmigungsvoraussetzungen sind in § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 AtG geregelt. Danach muss insbesondere gewährleistet sein, dass die Kernbrennstoffe unter Beachtung der für den jeweiligen Verkehrsträger geltenden Rechtsvorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter befördert werden oder, soweit solche Vorschriften fehlen, auf andere Weise die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Beförderung der Kernbrennstoffe getroffen ist (Nr. 3). Überdies muss der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet sein (Nr. 5).
§ 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG nimmt – soweit hier von Bedeutung – Bezug auf das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBefG) vom 6. August 1975 in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1998 (BGBl I S. 3114), zuletzt geändert durch Art. 294 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl I S. 2407), und die auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 GGBefG erlassenen Rechtsverordnungen.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2004 – offenbar versehentlich – die bereits mit Wirkung vom 1. Juli 2001 außer Kraft getretene Gefahrgutverordnung Straße und die zum selben Zeitpunkt außer Kraft getretene Gefahrgutverordnung Eisenbahn jeweils vom 12. Dezember 1996, wohl jeweils in der Neufassung vom 22. Dezember 1998 (BGBl I S. 3909 und S. 3993), angewendet. Dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts liegt die mit Wirkung vom 1. Juli 2001 in Kraft getretene Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße und mit Eisenbahnen (Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn – GGVSE 2001) vom 11. Dezember 2001 (BGBl I S. 3529) zugrunde, die während des behördlichen Ausgangsverfahrens in ihrer ab dem 1. Januar 2003 geltenden Neufassung am 30. September 2003 bekannt gemacht wurde (BGBl I S. 1913). Die Verordnung wurde seitdem mehrfach geändert und am 6. Dezember 2006 in ihrer ab dem 1. Januar 2007 geltenden (gegenwärtigen) Neufassung bekannt gemacht (BGBl 2006 I S. 2683).
§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GGVSE verweisen für Beförderungen auf der Straße unter anderem auf die Vorschriften der Teile 1 bis 9 der Anlagen A und B zu dem Europäischen Übereinkommen vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) (BGBl 1969 II S. 1489), derzeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. September 2005 (BGBl II S. 1128), zuletzt geändert nach Maßgabe der 18. ADR-Änderungsverordnung vom 8. September 2006 (BGBl II S. 826; vgl. die Bekanntmachung der Neufassung der Anlagen A und B zu dem ADR-Übereinkommen vom 28. August 2007 ≪BGBl II S. 1399, Anlagenband≫). Für Beförderungen mit Eisenbahnen gelten gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 GGVSE unter anderem die Vorschriften der Teile 1 bis 7 der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID), die zunächst in der Anlage I zu Anhang B des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 9. Mai 1980 (COTIF-Übereinkommen) (BGBl 1985 II S. 130) enthalten war und nun in dessen Anhang C enthalten ist (vgl. derzeit die Bekanntmachung der Neufassung des RID vom 16. Mai 2008 ≪BGBl II S. 475, Anlagenband≫). Die in Bezug genommenen Vorschriften wurden ebenso wie die auf sie verweisenden Normen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 GGVSE seit Inkrafttreten der Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn mit Wirkung vom 1. Juli 2001 mehrfach geändert.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2004 offenbar die Vorschriften der Anlagen A und B zu dem ADR-Übereinkommen in der ab 1. Januar 1999 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1998 (BGBl II S. 2731, Anlagenband) und die Vorschriften des RID in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 1993 (BGBl II S. 2044, Anlagenband), zuletzt geändert durch die 7. RID-Änderungsverordnung vom 26. November 1998 (BGBl II S. 2955), angewandt. Die zum Transport von Kernbrennstoffen eingesetzten Behälter müssen demnach eine Zulassung als Versandstück durch das Bundesamt für Strahlenschutz besitzen (vgl. Randnummer 2704 Blatt 12 2. c) der Anlage A zu dem ADR-Übereinkommen in der vorgenannten Fassung, Randnummer 704 Blatt 12 2. c) RID in der vorgenannten Fassung, § 6 Abs. 1 Nr. 3 GGVS beziehungsweise § 6 Nr. 5 GGVE). An dem Verfahren der Bauartzulassung ist auch die Bundesanstalt für Materialforschung beteiligt. Nach den Randnummern 703 3. a) und 12. 2) d) sowie 712 (4) b) RID in der damaligen Fassung darf die höchstzulässige Dosisleistung an der Oberfläche des Versandstücks und des Transportfahrzeuges einen Wert von maximal 2 Millisievert pro Stunde (mSv/h) nicht übersteigen und in einem Abstand von einem Meter von der Oberfläche des Versandstücks beziehungsweise zwei Metern von der Oberfläche des Transportfahrzeuges höchstens 0,1 mSv/h betragen. Entsprechendes gilt nach den Randnummern 2703 3. a) und 12. 2) d) sowie 2712 (4) b) der Anlage A zu dem ADR-Übereinkommen in der damaligen Fassung für Transporte auf der Straße.
Das Oberverwaltungsgericht nennt in seinem Beschluss vom 10. August 2006 als einschlägige Vorschrift ausschließlich die Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn vom 11. Dezember 2001, die gemäß § 11 GGVSE in der ab 1. Januar 2003 gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1913) für bis zum 30. Juni 2003 stattfindende Transporte angewendet werden durfte und auf der offenbar die angefochtenen Bescheide beruhen (vgl. Seite 3 des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2003). Es ist daher davon auszugehen, dass das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung gemäß § 1 Abs. 3 GGVSE 2001 die zum 1. Juli 2001 jeweils grundlegend umstrukturierten Vorschriften der Anlagen A und B zu dem ADR-Übereinkommen in der Fassung der 15. ADR-Änderungsverordnung vom 15. Juni 2001 (BGBl II S. 654, Anlagenband) und des RID in der Fassung der 9. RID-Änderungsverordnung vom 1. Juni 2001 (BGBl II S. 606, Anlagenband) zugrunde gelegt hat. Das Erfordernis einer Zulassung als Versandstück ergibt sich demnach aus Abschnitt 6.4.22 der Anlage A zu dem ADR-Übereinkommen in der vorgenannten Fassung. Gemäß Absatz 2.2.7.8.2 und Abschnitt 7.5.11 CV 33 (3.3) c) der Anlage A zu dem ADR-Übereinkommen darf die höchstzulässige Dosisleistung an der Außenfläche des Versandstücks und des Transportfahrzeuges 2 mSv/h und in einem Abstand von zwei Metern von der Außenfläche des Transportfahrzeuges 0,1 mSv/h nicht überschreiten. Gemäß Absatz 2.2.7.8.1 der Anlage A zu dem ADR-Übereinkommen darf die Transportkennzahl für jedes einzelne Versandstück zehn nicht überschreiten. Die Transportkennzahl ist dabei zu errechnen, indem die höchste Dosisleistung in Millisievert pro Stunde in einem Abstand von einem Meter von der Außenfläche des Versandstücks ermittelt und der ermittelte Wert mit 100 multipliziert wird. Diese Zahl stellt die Transportkennzahl dar (vgl. Absatz 2.2.7.6.1.1 a) der Anlage A zu dem ADR-Übereinkommen). Gleiches gilt nach Abschnitt 6.4.22, Absatz 2.2.7.8.2, Abschnitt 7.5. 11 CW 33 (3.3) c), Absatz 2.2.7.8.1 und Absatz 2.2.7.6.1.1 a) RID in der vorgenannten Fassung.
Die Anlagen A und B zu dem ADR-Übereinkommen sowie das RID jeweils in der in § 1 Abs. 3 GGVSE 2007 genannten Fassung enthalten sowohl in Bezug auf das Erfordernis der Versandstückmusterzulassung als auch die vorgenannten Grenzwerte entsprechende Vorschriften.
2. a) Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in P… im Landkreis L… in N…. Das Wohnhaus wird von der Beschwerdeführerin und ihrer Familie bewohnt. Durch den Ort P… werden nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sämtliche Straßentransporte von Kernbrennstoffen und anderen radioaktiven Substanzen vom Verladebahnhof D… in das nahe gelegene Abfall- und Transportbehälterlager G… geführt. Das Haus der Beschwerdeführerin liegt etwa acht Meter von der Transportstrecke entfernt.
b) Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 30. April 2003 erteilte das Bundesamt für Strahlenschutz auf Antrag der im Ausgangsverfahren beigeladenen N… GmbH die Genehmigung, bis einschließlich 31. Dezember 2003 unter Verwendung von Transport- und Lagerbehältern des Typs “CASTOR HAW 20/28 CG” maximal zwei Schienen- und zwölf Straßentransporte hochaktiver Glaskokillen aus der Wiederaufarbeitungsanlage in L… vom Grenzübergang P…, S…, K…, B… oder einem von der Polizei benannten Grenzübergang auf der Schiene zur Umschlagsanlage auf dem Bahnhofsgelände D… oder zu einem von der Polizei benannten Umschlagsort und von dort auf der Straße zum Transportbehälterlager G… durchzuführen. Den Widerspruch der Beschwerdeführerin wies das Bundesamt für Strahlenschutz mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2003 zurück. Der Widerspruch sei mangels Widerspruchsbefugnis unzulässig. Er wäre zudem auch unbegründet, da die angefochtene Beförderungsgenehmigung rechtmäßig sei.
c) Die Beschwerdeführerin erhob daraufhin Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht, die sie nach Durchführung der Transporte als Fortsetzungsfeststellungsklage fortführte. Diese wurde mit Urteil vom 15. Oktober 2004 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da der Beschwerdeführerin die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehle.
§ 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG seien nicht drittschützend, da sie keine individualisierenden Tatbestandsmerkmale in Bezug auf einen abgrenzbaren Personenkreis enthielten, von denen die Transportgenehmigung abhinge und die der Beschwerdeführerin eine wehrfähige Rechtsposition einräumen würden. Die Transportstrecke werde in der Beförderungsgenehmigung aus Sicherheitsgründen nicht abschließend festgelegt und sei schon deshalb als Anknüpfungspunkt für die Bildung einer Gruppe ungeeignet. Zudem komme es auch nicht allein darauf an, ob sich aufgrund tatsächlicher Umstände ein bestimmter Personenkreis abgrenzen lasse. Vielmehr müsse der Personenkreis rechtlich besonders betroffen sein, was hier nicht der Fall sei. Anlieger einer möglichen Transportstrecke seien im Vergleich zu Passanten, die sich zufällig in der Nähe des Transports aufhielten, nicht in herausgehobener Weise betroffen.
Auch die durch § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG einbezogenen gefahrgutrechtlichen Vorschriften (Randnummern 703 3. a) und 12. 2) d) sowie 712 (4) b) RID für Eisenbahntransporte beziehungsweise Randnummern 2703 3. a) und 12. 2) d) sowie 2712 (4) b) der Anlage A zu dem ADR-Übereinkommen für Straßentransporte) entfalteten keinen Drittschutz.
Aus den Vorschriften der Strahlenschutzverordnung in der Fassung vom 20. Juli 2001 (BGBl I S. 1714) und der Richtlinie 96/29/Euratom vom 13. Mai 1996 (ABl L 159 vom 29. Juni 1996, S. 1) könne die Beschwerdeführerin ebenfalls keine Klagebefugnis herleiten.
Die Beschwerdeführerin könne sich auch nicht unmittelbar auf Grundrechte berufen. Der Gesetzgeber habe in Erfüllung seiner grundrechtlichen Schutzpflicht einfachgesetzliche Regelungen getroffen, die den Grundrechtsschutz konkretisierten und eine unmittelbare Berufung auf die zugrunde liegenden Grundrechtsnormen ausschlössen. Es bestehe kein Anlass für die Annahme, dass die hier anzuwendenden Vorschriften und deren Konkretisierung in Gestalt der Beförderungsgenehmigung mit den dazu ergangenen Nebenbestimmungen einen ausreichenden Schutz grundrechtlich geschützter Rechtspositionen offensichtlich nicht oder nur unzureichend gewährleisteten. Angesichts des einzuhaltenden Dosisgrenzwerts von 0,1 mSv/h in zwei Metern Abstand von dem Transportfahrzeug ergebe sich für eine Person, die sich bei zwei Transportvorgängen im Jahr für die Dauer der Vorbeifahrt in acht Metern Entfernung aufhalte, keine die natürliche Strahlendosis signifikant überschreitende Strahlendosis. Anders als bei stationären Atomanlagen, bei denen durch das gesetzliche Normprogramm und die dazu getroffenen Anordnungen der Vollzugsbehörden Gefahren und Risiken durch Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter praktisch ausgeschlossen sein müssten, könne ein vergleichbarer Schutz für den Transport von Brennelementen auch unter Berücksichtigung des Gewichts der von Art. 2 und Art. 14 GG geschützten Rechtsgüter nicht verlangt werden, weil sich ein solcher Schutz wegen der Ortsungebundenheit des zu schützenden Objekts effektiv nicht mit zumutbaren Mitteln gewährleisten lasse.
d) Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin gestützt auf sämtliche Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO die Zulassung der Berufung. Hinsichtlich § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führte sie zur Begründung unter anderem aus, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, weil § 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Drittschutz vermittelten. Es sei nicht ersichtlich, weshalb insoweit anderes gelten solle als für die unstreitig drittschützenden Vorschriften der § 6 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 sowie § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts sei ein effektiver Grundrechtsschutz durch ein gerichtliches oder behördliches Verfahren nicht gewährleistet.
Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. August 2006 ab. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), da das Verwaltungsgericht eine drittschützende Funktion der der Transportgenehmigung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften zutreffend verneint habe. § 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG beabsichtigten keinen über den Schutz der Allgemeinheit hinausgehenden Schutz der Streckenanlieger. Eine engere räumliche und zeitliche Beziehung zum Genehmigungsgegenstand, die nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 1982 (BVerwG 7 C 50.78, NJW 1983, S. 1507) Voraussetzung für eine Klagebefugnis sei, bestehe nicht. Ein über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes Opfer werde der Beschwerdeführerin nicht abverlangt. Auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum effektiven Grundrechtsschutz begründeten keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung. Anders als die Beschwerdeführerin voraussetze sei sie in ihren Grundrechten nicht anders als die allgemeine Bevölkerung betroffen. Auch die von § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG in Bezug genommenen gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften vermittelten keinen Drittschutz. Die in diesen Vorschriften enthaltenen Grenzwerte stellten auf die Verhältnisse unmittelbar an den Versandstücken und Fahrzeugen und in deren unmittelbarer Umgebung in einem Abstand von maximal zwei Metern ab. Allenfalls in diesem Nahbereich könnte den Beförderungsvorschriften eine drittschützende Wirkung beigemessen werden. Die Beschwerdeführerin sei jedoch Teil der weiter entfernt lebenden Umgebungsbevölkerung und als solche Teil der Allgemeinheit, die durch die Einhaltung der Grenzwerte nur faktisch geschützt werde. Vorsorge zur Abwehr terroristischer Akte auf der Rechtsgrundlage des § 4 Abs. 2 Nr. 5 AtG könne die Beschwerdeführerin nach dem Urteil des Senats vom 8. März 2006 (7 KS 128/02, DVBl 2006, S. 1044) – dieses betrifft den Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb des Bergwerks Konrad als Endlager für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung – im Wege des Individualrechtsschutzes nicht geltend machen. Aus der Strahlenschutzverordnung und der Richtlinie 96/29/Euratom könne die Beschwerdeführerin ebenfalls keine Klagebefugnis herleiten.
Die Sache weise keine tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Ob der Beschwerdeführerin eine Klagebefugnis zustehe, sei eine Rechtsfrage, die anhand der durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entschiedenen Fälle ohne weiteres beantwortet werden könne, ohne dass es dazu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfe.
Die Rechtssache habe auch keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Eine derartige Bedeutung habe eine Rechtssache nur, wenn in Bezug auf die Rechtslage oder die Tatsachenfeststellungen eine unmittelbar aus dem Gesetz nicht beantwortbare, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich noch nicht beantwortete konkrete Frage aufgeworfen und erläutert werde, warum diese im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Fortentwicklung des Rechts der obergerichtlichen Klärung bedürfe. Eine Rechtsfrage sei nicht immer schon dann als ungeklärt anzusehen, wenn zu ihr noch keine berufungs- oder revisionsgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Der Klärungsbedarf hänge in solchen Fällen von dem Gewicht der Zweifel ab, die gegen die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung (fort-)bestünden. Sei die vom Verwaltungsgericht zu der Rechtsfrage vertretene Ansicht überzeugend begründet und bestünden daran keine vernünftigen Zweifel – etwa in Form ebenfalls plausibler Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte im jeweiligen Gerichtsbezirk, die zu einem abweichenden Ergebnis gelangten – könne ein vom Oberverwaltungsgericht durchgeführtes Verfahren nicht zur Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung beitragen, weil beides nicht in Frage stehe.
Auch die Zulassungsgründe der § 124 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 VwGO lägen nicht vor.
3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
Die fachgerichtliche Auslegung des § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG in Verbindung mit den einschlägigen gefahrgutrechtlichen Vorschriften und des § 4 Abs. 2 Nr. 5 AtG verletze die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Zum einen bleibe das Urteil des Verwaltungsgerichts hinter dem grundrechtlich gebotenen materiellen Schutzniveau des praktischen Ausschlusses von Schäden an Leben, Gesundheit oder Sachgütern durch die Nutzung der Kernenergie zurück. Zum anderen hätten Drittbetroffene aufgrund der Verneinung des Drittschutzcharakters der einschlägigen Vorschriften keine Möglichkeit, eine Gefährdung ihrer Rechte in einem gerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Dies sei mit dem verfahrensrechtlichen Gehalt der Grundrechte nicht vereinbar.
Die angegriffenen Entscheidungen verstießen auch gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. § 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG dienten zumindest auch dem Schutz der Streckenanlieger und räumten damit der Beschwerdeführerin subjektive öffentliche Rechte ein. Indem die Gerichte ihr den Schutz dieser subjektiven Rechte in Gestalt einer Überprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht verweigert hätten, hätten sie gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verstoßen. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verstoße zudem auch insofern gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, als das Oberverwaltungsgericht die Anforderungen an die Zulassung der Berufung in unzumutbarer Weise überspannt habe.
4. Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesverwaltungsgericht und die Bundesregierung Stellung genommen.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Der Gesetzeber könne seine grundrechtlichen Schutzpflichten auch durch einfachgesetzliche Normen rein objektivrechtlichen Charakters erfüllen. Dies sei hier geschehen. Der staatliche Schutz der Grundrechte Dritter aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 GG sei in Bezug auf die Transporte radioaktiver Stoffe durch die gesetzlichen und untergesetzlichen Normen insbesondere des Atomrechts und des Gefahrgutrechts hinreichend gewährleistet.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mitgeteilt, die Frage, ob seine Rechtsprechung zum Drittschutz gegen die Genehmigung atomrechtlicher Anlagen trotz der gleichlautenden Formulierungen der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4, § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG) nicht übertragen werden könne, sei eine nicht einfach zu beantwortende Frage, deren Klärung einem Revisionsverfahren vorbehalten bleiben müsse.
Entscheidungsgründe
II.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an und gibt ihr statt, soweit die Beschwerdeführerin den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 10. August 2006 angreift (1.). Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2004 richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen (2.).
1. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen vor, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 10. August 2006 richtet.
Die für die Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Rechtsfragen zu der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 77, 275 ≪284≫; 78, 88 ≪99≫; 84, 366 ≪369 f.≫; 104, 220 ≪232≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Juni 2005 – 1 BvR 2615/04 –, NVwZ 2005, S. 1176 ≪1177≫; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2007 – 1 BvR 382/05 –, NVwZ 2007, S. 805 ≪806≫; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2007 – 1 BvR 2228/02 –, NVwZ-RR 2008, S. 1 f.; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Februar 2008 – 2 BvR 2575/07 –, juris). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist im dargelegten Umfang zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig und offensichtlich begründet.
a) Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 10. August 2006 verletzt das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
aa) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Einrichtung eines bestimmten Rechtszuges (vgl. BVerfGE 92, 365 ≪410≫; 104, 220 ≪231≫; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 77, 275 ≪284≫; 78, 88 ≪99≫; 84, 366 ≪369 f.≫; 104, 220 ≪232≫). Dies bedeutet für die Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO, dass die Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrages nicht überspannt werden dürfen, so dass die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. März 2001 – 1 BvR 1653/99 –, NVwZ 2001, S. 552 ≪553≫; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Juni 2005 – 1 BvR 2615/04 –, NVwZ 2005, S. 1176 ≪1177≫; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2007 – 1 BvR 2228/02 –, NVwZ-RR 2008, S. 1 ≪2≫; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Februar 2008 – 2 BvR 2575/07 –, juris). Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise ebenso für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2007 – 1 BvR 382/05 –, NVwZ 2007, S. 805 ≪806≫).
bb) Hier hat das Oberverwaltungsgericht den Zugang der Beschwerdeführerin zum Berufungsrechtszug dadurch in unzumutbarer Weise erschwert, dass es die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (dazu (1)) und wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (dazu (2)) abgelehnt hat.
(1) (a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Sie sind nicht erst gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfGE 110, 77 ≪83≫). Das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 – 1 BvR 830/00 –, NVwZ 2000, S. 1163 ≪1164≫).
(b) Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verstößt nach diesen Maßstäben gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, soweit er das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) verneint.
Die Beschwerdeführerin hatte in ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung geltend gemacht, § 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG könnten mit Blick auf die Drittschutzfrage nicht anders behandelt werden als die unstreitig drittschützenden Vorschriften der § 6 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 sowie § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG (dazu (aa)). Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts sei ein effektiver Grundrechtsschutz durch ein behördliches oder gerichtliches Verfahren nicht gewährleistet (dazu (bb)). Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts lässt eine an dem vorstehenden Maßstab orientierte, sachlich nachvollziehbare Auseinandersetzung mit diesen zentralen Punkten des Zulassungsvorbringens der Beschwerdeführerin vermissen und genügt daher nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Dies gilt auch für die Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf seine Rechtsprechung zu § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu (cc)).
(aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG, der zufolge eine atomrechtliche Anlagengenehmigung nur erteilt werden darf, wenn der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist, drittschützenden Charakter (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1982 – BVerwG 7 C 54.79 –, NVwZ 1982, S. 624). Die insoweit geltenden Grundsätze können auf die gleichlautende Vorschrift des § 6 Abs. 2 Nr. 4 AtG, die insbesondere für die Lagerung von Kernbrennstoffen in Standortzwischenlagern einschlägig ist, übertragen werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem – nach der Beschlussfassung durch das Oberverwaltungsgericht ergangenen – Urteil vom 10. April 2008 (BVerwG 7 C 39.07, DVBl 2008, S. 853 ≪856≫) ausdrücklich festgestellt. Auch die Vorgabe der bestmöglichen Gefahrenabwehr gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 und § 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG entfaltet Drittschutz (vgl. zu § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1997 – BVerwG 11 C 7.95 –, NVwZ 1998, S. 623 ≪627≫; zu § 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2005 – BVerwG 7 B 135.04 –, NVwZ 2005, S. 817 ≪818≫; vgl. zuletzt auch BVerwG, Urteil vom 10. April 2008 – BVerwG 7 C 39.07 –, DVBl 2008, S. 853 ≪856≫).
Angesichts der Tatsache, dass § 4 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 und Nr. 5 AtG gleichlautend formuliert sind, drängt sich die – vom Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Drittschutzfrage nicht thematisierte – Frage der Übertragbarkeit der für § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 sowie § 6 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 AtG geltenden Grundsätze geradezu auf. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung ist geeignet, die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts nach dem oben dargestellten Maßstab in Frage zu stellen, ohne dass es darauf ankäme, wie die Drittschutzfrage im Ergebnis zu entscheiden sein wird. Dies hat das Oberverwaltungsgericht verkannt. Anstelle der gebotenen summarischen Prüfung des Zulassungsvorbringens auf die schlüssige Infragestellung der Auffassung des Verwaltungsgerichts stellt das Oberverwaltungsgericht abschließende Erwägungen zu dem (nach seiner Auffassung) rein objektivrechtlichen Charakter von § 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG an (vgl. S. 2 f. des Entscheidungsumdrucks).
Diese Erwägungen (vgl. insbesondere S. 3 des Entscheidungsumdrucks) genügen auch insoweit nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, als das Oberverwaltungsgericht eine Klagebefugnis der Beschwerdeführerin verneint, ohne sich mit den von der Beschwerdeführerin behaupteten spezifischen Risiken der Beförderung von Kernbrennstoffen im Einzelnen auseinanderzusetzen. Die Beschwerdeführerin hatte in der Begründung ihres Zulassungsantrages geltend gemacht, die Transporte seien mit beträchtlichen Risiken für Leben, Gesundheit und Eigentum der Streckenanlieger verbunden. Insbesondere bei Unfällen sei mit gravierenden Folgen (Tote, Verseuchung des Erdreichs) zu rechnen. Das Oberverwaltungsgericht nimmt ungeachtet dessen auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 1982 (BVerwG 7 C 50.78, NJW 1983, S. 1507) Bezug, das eine Nachbarklage gegen einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid (vgl. § 9 BImSchG) betraf. Hieraus leitet das Oberverwaltungsgericht ab, dass eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO eine engere räumliche und zeitliche Beziehung zum Genehmigungsgegenstand voraussetze, wobei letztere nur gegeben sei, wenn der klagende Dritte infolge der Genehmigung Einwirkungen, denen er sich nicht oder jedenfalls nicht nachhaltig entziehen könne, auf eine gewisse Dauer ausgesetzt sei und somit ein über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes Opfer zu erbringen habe. Hieran fehle es im zu entscheidenden Fall.
Das Oberverwaltungsgericht überträgt damit unbesehen die vom Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung aufgestellten Anforderungen an die Klagebefugnis bei der Anfechtung immissionsschutzrechtlicher Vorbescheide für ortsfeste Anlagen auf die atomrechtliche Beförderungsgenehmigung gemäß § 4 AtG. Dabei verkennt es, dass das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung (Urteil vom 22. Oktober 1982 – BVerwG 7 C 50.78 –, NJW 1983, S. 1507 ≪1508≫) ausdrücklich ausführt, die von einer genehmigungsbedürftigen Anlage ausgehenden Immissionen würden vor allem dadurch zu schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne von § 5 Nr. 1 BImSchG, dass sie fortlaufend abgegeben würden und damit auf Dauer die Umgebung belasteten. Das von der Beschwerdeführerin geltend gemachte spezifische Gefährdungspotential der Beförderung von Kernbrennstoffen ist demgegenüber von anderer Qualität. Es ergibt sich gerade aus den erheblichen Gesundheits- und Eigentumsbeeinträchtigungen, die sich nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bei Nichteinhaltung des gebotenen Schutzstandards auch bei nur kurzzeitiger, aber massiver Strahlenexposition für “Dritte” ergeben können. Das Oberverwaltungsgericht hätte sich ausgehend hiervon nicht ausschließlich mit der Frage auseinandersetzen dürfen, ob die Betroffenheit der Beschwerdeführerin die im Falle der Anfechtung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides an die Klagebefugnis zu stellenden Anforderungen erfüllt. Vielmehr wäre auch und gerade zu prüfen gewesen, ob diese Anforderungen angesichts des vorstehend skizzierten spezifischen Gefährdungspotentials der Beförderung von Kernbrennstoffen auf die Anfechtung einer atomrechtlichen Beförderungsgenehmigung überhaupt übertragen werden können.
Das Bundesverwaltungsgericht weist in der zitierten Entscheidung (Urteil vom 22. Oktober 1982 – BVerwG 7 C 50.78 –, NJW 1983, S. 1507 ≪1508≫) weiter darauf hin, § 5 Nr. 1 BImSchG wolle nur vor dem über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehenden Risiko schützen, nicht “an sich zumutbare Lebensverhältnisse noch risikoloser machen”. Auch mit der Frage, ob die von den “Castor-Transporten” ausgehenden Risiken und Gefahren unter Zugrundelegung der in § 4 Abs. 2 AtG geregelten Genehmigungsvoraussetzungen und unter Berücksichtigung des technisch und organisatorisch gewährleistbaren Sicherheitsstandards “an sich zumutbar” sind, setzt sich das Oberverwaltungsgericht in keiner Weise auseinander.
(bb) Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin zu der Erforderlichkeit eines effektiven Grundrechtsschutzes führt das Oberverwaltungsgericht in Anknüpfung an seine (einfachrechtlichen) Ausführungen zu der vergleichbaren Betroffenheit von Streckenanliegern und Passanten (vgl. S. 3 des Entscheidungsumdrucks) lediglich aus, die Grundrechte der Beschwerdeführerin seien nicht anders betroffen als die der allgemeinen Bevölkerung (vgl. S. 4 des Entscheidungsumdrucks). Eine Risikoermittlung und Risikobewertung nimmt das Oberverwaltungsgericht – wie vorstehend dargestellt – nicht vor.
Dieser knappe Hinweis auf die mangelnde herausgehobene Grundrechtsbetroffenheit der Beschwerdeführerin lässt nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlichen Einwände der Beschwerdeführerin am oben dargestellten Maßstab des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO überprüft und damit den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt hätte. Die vom Oberverwaltungsgericht offenbar – ohne jegliche Begründung – vertretene These, aufgrund einer (angeblich) kollektiven Betroffenheit der “allgemeinen Bevölkerung” könne die Beschwerdeführerin sich nicht auf ihre Grundrechte berufen, beziehungsweise könnten Grundrechte der Beschwerdeführerin von vornherein nicht verletzt sein, findet in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts keine Grundlage. In seinem Urteil vom 10. April 2008 geht das Bundesverwaltungsgericht im Gegenteil davon aus, dass das Individualrisiko des Einzelnen durch die Zahl der von diesem Risiko betroffenen Personen weder erhöht noch vermindert werde (vgl. auch BVerwGE 61, 256 ≪266≫) und daher nicht in einem möglichen, seinerseits nicht wehrfähigen Kollektivrisiko untergehe (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2008 – BVerwG 7 C 39.07 –, DVBl 2008, S. 853 ≪856≫). Auch aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich für die These des Oberverwaltungsgerichts nichts herleiten. Das Bundesverfassungsgericht stellt die individuelle Grundrechtsrelevanz einer belastenden hoheitlichen Maßnahme nicht mit dem Hinweis auf eine große Zahl Mitbetroffener beziehungsweise eine gleichartige Betroffenheit der Allgemeinheit in Frage (vgl. beispielsweise BVerfGE 77, 170 ≪Lagerung chemischer Waffen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland≫; 115, 320 ≪Rasterfahndung≫; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. März 2008 ≪automatisierte Kennzeichenerfassung≫ – 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07 –, NJW 2008, S. 1505).
(cc) Soweit das Oberverwaltungsgericht hinsichtlich des Schutzes vor terroristischen Angriffen auf sein Urteil vom 8. März 2006 betreffend das Endlager “Schacht Konrad” für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (7 KS 128/02, DVBl 2006, S. 1044) verweist, dem zufolge die erforderliche Vorsorge gegen terroristische Akte gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nicht im Wege des Individualrechtsschutzes geltend gemacht werden könne, genügen auch diese offenbar als Hilfsbegründung gedachten Erwägungen den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht. Denn die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Erwägungen hatten – soweit sie die Frage des Drittschutzes der erforderlichen Schadensvorsorge in Bezug auf terroristische Angriffe betreffen – im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist eine Rechtssache nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. März 2005 – BVerwG 1 B 11.05 –, NVwZ 2005, S. 709 m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2007 – 1 BvR 382/05 –, NVwZ 2007, S. 805 ≪807≫).
Die – zwischenzeitlich durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. April 2008 (BVerwG 7 C 39.07, DVBl 2008, S. 853 ≪856≫) höchstrichterlich entschiedene – Frage, ob § 6 Abs. 2 Nr. 4 AtG Drittschutz auch mit Blick auf terroristische Angriffe gewährt, erfüllte diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch das Oberverwaltungsgericht. Zum damaligen Zeitpunkt lagen Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 30. Oktober 1996 – 21 D 2/89.AK –, juris Rn. 239), des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 11. Mai 2004 – 10 S 1291/01 –, juris Rn. 37 und 48) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 2. Januar 2006 – 22 A 04.40016 –, juris Rn. 49 f.) vor, denen zufolge Drittbetroffene die erforderliche Schadensvorsorge gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 AtG grundsätzlich auch in Bezug auf die Gefahr terroristischer Angriffe einfordern können. Angesichts der neuen Dimensionen terroristischer Gefährdung konnte diese Frage auch nicht als durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juli 1982 (BVerwG 7 C 54.79, NVwZ 1982, S. 624 ≪626≫) abschließend geklärt angesehen werden (so auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31. Januar 2007 – 4 KS 2/04, 4 KS 6/04 –, juris Rn. 167, 176). Die für § 6 Abs. 2 Nr. 4 AtG geltenden Grundsätze sind uneingeschränkt auf die wortlautgleiche Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG übertragbar. Die Frage, ob die erforderliche Schadensvorsorge auch im Hinblick auf terroristische Angriffe drittschützenden Charakter hat, war zum damaligen Zeitpunkt daher auch in Bezug auf diese Vorschrift von grundsätzlicher Bedeutung.
Die Heranziehung derartiger Erwägungen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur Ablehnung des Zulassungsgrundes ernstlicher Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO widerspricht sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch dem System der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO geregelten Zulassungsgründe. Insbesondere wird der vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehene Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verkürzt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2007 – 1 BvR 382/05 –, NVwZ 2007, S. 805 ≪806≫). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts genügt daher auch insoweit den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht.
(2) Der angegriffene Beschluss verstößt darüber hinaus auch insoweit gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, als das Oberverwaltungsgericht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (vgl. zum Begriff oben 1. a) bb) (1) (b) (cc)) verneint.
Das Oberverwaltungsgericht hat – wie vorstehend ausgeführt – bei der Prüfung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den anzulegenden Prüfungsmaßstab verkannt und die maßgeblichen Rechtsfragen in verfassungswidriger Weise als in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachteil der Beschwerdeführerin geklärt angesehen. Auf diesen Verfassungsverstößen beruht auch die Verneinung der Grundsatzbedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO durch das Oberverwaltungsgericht, die an dessen Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO anknüpft.
Die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Rechtsschutz Drittbetroffener gegen atomrechtliche Aufbewahrungsgenehmigungen (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 AtG) und Anlagengenehmigungen (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG) auf die atomrechtliche Beförderungsgenehmigung (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG) zu übertragen ist, erfüllt die oben dargestellten Voraussetzungen der Grundsatzbedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 beziehungsweise § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat – soweit ersichtlich – über diese Frage bislang nur in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes oder in Berufungszulassungsverfahren entschieden. Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte zu § 4 AtG liegt ebenfalls nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht war mit Anfechtungsklagen Drittbetroffener gegen atomrechtliche Beförderungsgenehmigungen noch nicht befasst. Die Klärung der Frage des Drittschutzcharakters von § 4 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG, die sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt und der über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die Fortbildung des Rechts zukommt, erfordert die Durchführung eines Berufungsverfahrens sowie gegebenenfalls eines anschließenden Revisionsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht.
b) Ob der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts gegen die weiteren als verletzt bezeichneten Grundrechte der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 GG verstößt, kann nach alledem offenbleiben.
2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2004 richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen insoweit nicht vor.
Nach Aufhebung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts ist die Beschwerdeführerin nach dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. BVerfGE 84, 203 ≪208≫) gehalten, zunächst die erneute Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Zulassungsantrag abzuwarten. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird es Gelegenheit haben, das verwaltungsgerichtliche Urteil gemäß § 128 VwGO umfassend zu prüfen und aufgrund einer abweichenden rechtlichen Würdigung gegebenenfalls abzuändern (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Januar 2000 – 2 BvR 2125/97 –, DVBl 2000, S. 407 ≪408≫ m.w.N.; vgl. auch BVerfGE 104, 220 ≪237≫).
3. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 10. August 2006, der auf den dargestellten Verfassungsverstößen beruht, ist aufzuheben; die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG).
4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG, die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen