Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung am politischen Strafrecht der DDR als Hindernis für die Rechtsanwaltszulassung
Verfahrensgang
BGH (Zwischenurteil vom 18.11.1996; Aktenzeichen AnwZ (B) 19/96) |
Sächsischer AGH (Zwischenurteil vom 10.06.1995; Aktenzeichen 1 EGH 6/94) |
Tenor
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18. November 1996 – AnwZ (B) 19/96 – und der Beschluss des Anwaltsgerichtshofs des Landes Sachsen-Anhalt vom 10. Juni 1995 – 1 EGH 6/94 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Im Kostenpunkt wird der Beschluss des Bundesgerichtshofs aufgehoben und das Verfahren an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Beteiligung an politischen Strafverfahren in der Deutschen Demokratischen Republik der Berufstätigkeit als Rechtsanwalt entgegensteht.
Verfahrensgegenstand sind gerichtliche Entscheidungen, durch die einem ehemaligen Richter wegen seiner Mitwirkung an der Strafverfolgung aufbegehrender und ausreisewilliger Bürger der Deutschen Demokratischen Republik der Zugang zur Rechtsanwaltschaft von vornherein versperrt worden ist. Hier geht es allein um die Frage, wann die Mitwirkung im politischen Strafrecht einen Richter unwürdig für den Beruf des Rechtsanwalts macht, auch wenn der Tatbestand der Rechtsbeugung von ihm nicht verwirklicht worden ist.
1. Der 1949 geborene Beschwerdeführer war seit 1974 Richter der Deutschen Demokratischen Republik und stand nach der Wiedervereinigung noch bis Mitte 1991 im Justizdienst. 1977 wurde er Direktor eines Kreisgerichts und 1986 Richter am Bezirksgericht. Dort hatte er als Angehöriger eines politischen Strafsenats über Berufungen gegen Entscheidungen aus dem 3. und 8. Kapitel des StGB/DDR zu entscheiden. 1990 wurde er Vorsitzender Richter am Bezirksgericht und von da an nur noch mit gewöhnlichem Strafrecht befasst. Eineinhalb Jahre nach dem Beitritt ist der Beschwerdeführer aus der Justiz ausgeschieden, nachdem ihm bedeutet worden war, dass er nicht in den Justizdienst übernommen werde. Dienstliche Beurteilungen aus der Zeit vor der Wende sind im Wesentlichen nicht mehr vorhanden; der Beschwerdeführer hat sie vernichtet, weil er sie eigenen Angaben zufolge als belanglos eingestuft hat. In der nach dem Ausscheiden aus der Justiz erteilten Beurteilung wird ihm bescheinigt, dass er sich unter den Bedingungen des neuen Rechts intensiv um dessen Aneignung bemüht und unter komplizierten Arbeitsbedingungen die Senate, deren Vorsitzender er gewesen sei, umsichtig geleitet hat. Er habe einen anerkennenswerten Beitrag zur Aufrechterhaltung der Rechtsprechung des Bezirksgerichts geleistet.
Wegen der von ihm mit zu verantwortenden Verurteilungen von DDR-Bürgern wegen politischer Straftaten wurde gegen den Beschwerdeführer ein Strafverfahren eingeleitet, das eingestellt worden ist. Mit seinem Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft hatte der Beschwerdeführer 1991 keinen Erfolg. Die Rechtsanwaltskammer hielt ihn in ihrem gemäß § 7 Nr. 2 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl I S. 1504; im Folgenden: RAG) erstatteten Gutachten noch für unwürdig. Dem Interesse an der mit der Zulassung verbundenen beruflichen und sozialen Eingliederung komme zwar ein hoher Stellenwert zu. Andererseits müsse die Integrität des Anwaltsstandes berücksichtigt werden. Der Rechtsanwalt habe die Rechtssphäre des Mandanten zu wahren und seinen Anspruch auf Rechtsschutz zu verwirklichen. Das setze seine innere Unabhängigkeit voraus, die nach so kurzer Zeit noch nicht gewährleistet sei. Der Beschwerdeführer habe ausweislich der von ihm zu verantwortenden Strafurteile dem Strafinteresse des Staates den Vorrang vor den Interessen der Angeklagten eingeräumt und in eklatanter Weise eine Berücksichtigung der Individualinteressen vermissen lassen. Diese Beurteilung solle aber nach Ablauf von zwei Jahren unter dem Aspekt der Bewährung überprüft werden. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nahm der Beschwerdeführer im Juli 1993 zurück, stellte aber kurz darauf einen neuen Zulassungsantrag.
Dieser zweite Antrag fand die Zustimmung der Rechtsanwaltskammer, nicht jedoch die der Landesjustizverwaltung, die den Beschwerdeführer weiterhin wegen seiner strafrichterlichen Tätigkeit für unwürdig befand. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung blieb auf der Grundlage einer Auswahl von zehn aus 150 vom Beschwerdeführer verhängten Strafurteilen mit politischem Bezug, in denen Strafen zwischen zwei und drei Jahren ausgeworfen worden waren, beim Anwaltsgerichtshof und beim Bundesgerichtshof erfolglos. Wegen der Vielzahl von Fällen, in denen der Beschwerdeführer Angeklagten, denen im Kern nur vorgeworfen worden sei, ihr Grundrecht auf Freizügigkeit auszuüben, erhebliche Strafen verhängt habe, habe er fortdauernd gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder der Menschlichkeit verstoßen. Er habe drastische Freiheitsstrafen von meist deutlich mehr als einem Jahr ohne Strafaussetzung zur Bewährung gebilligt und damit die weitere Verhängung solch exzessiv unverhältnismäßiger Strafen durch die Vorinstanzen unterstützt und stabilisiert. Daran treffe ihn auch ein persönliches Verschulden. Er habe sich dem DDR-Unrechtsstaat über viele Jahre hinweg freiwillig als Richter zur Verfügung gestellt. Niemand habe ihn gezwungen, Richter zu werden, und niemand habe ihn gezwungen, an der Verfolgung politischer Straftaten – noch dazu an exponierter Stelle – mitzuwirken. Er habe auch erkennen können, dass er gegen die Menschenrechte der Betroffenen verstoßen habe, weil der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte seit 1974 in der Deutschen Demokratischen Republik geltendes Recht gewesen sei. Der Unwürdigkeitsvorwurf sei immer noch gerechtfertigt. Die vergangenen sieben Jahre seien zu kurz, um seinem Interesse an beruflicher Eingliederung den Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Integrität des Anwaltsstandes zu geben. Nach Ablauf von insgesamt zehn Jahren könnte das Fehlverhalten an Gewicht verloren haben.
Inzwischen ist der Beschwerdeführer seit September 1999 als Rechtsanwalt zugelassen.
2. Der Beschwerdeführer rügt, die angegriffenen Entscheidungen verletzten Art. 12 Abs. 1 GG, weil ein zehn Jahre andauerndes Berufsverbot die Berufsfreiheit unverhältnismäßig einschränke. Der an sein Verhalten angelegte Maßstab entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil er für die Zulassung zur Anwaltschaft in derselben Weise überprüft werde, als begehre er die Übernahme in den Richterdienst. Auch sein Verhalten in der Nachwendezeit sei ungenügend berücksichtigt worden. Seinen Richterkollegen sei er 1990 nicht besonders belastet erschienen, sonst hätten sie ihn nicht ins Präsidium des Bezirksgerichts und als Mitglied des Personalrats gewählt.
Seine Schuld bestehe letztlich nur darin, dass er in einem Unrechtsstaat Richter gewesen sei. Als Richter habe er sich auf das politische System der Deutschen Demokratischen Republik verpflichten müssen. Ein Abweichen sei aufgrund der permanenten Kontrolle durch verschiedene Gremien, insbesondere der Leitung des Bezirksgerichts und des zuständigen Senats des Obersten Gerichts, nur unter Aufgabe des Berufs mit allen damit verbundenen sozialen Folgen möglich gewesen. Er habe in der Deutschen Demokratischen Republik nicht die freie Wahl gehabt, ob er Anwalt oder Richter habe werden wollen. Ihm sei der Zugang zur Anwaltschaft versperrt gewesen. Die Versetzung in das Bezirksgericht habe er angestrebt, um nicht nur mit Routineaufgaben befasst zu sein. Dabei habe er zunächst nicht gewusst, in welchem Senat er tätig werden sollte.
Die Wende sei für ihn überraschend gekommen und mit der Enttäuschung darüber verbunden, dass der Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, den er mit seinem früheren schmalen Blickwinkel als Alternative zum Kapitalismus durchaus gut gefunden habe, vielfach auf Lug und Trug aufgebaut gewesen sei. Diese Erkenntnis sei einschneidend; er habe sich missbraucht gefühlt, auch weil er Bürger verurteilt habe, die den Staat und seine Ordnung, den er selbst damals für erhaltens- und verteidigungswert gehalten habe, angegriffen hätten. Andere Auffassungen habe er allerdings zuvor auch nie kennen gelernt. Deshalb habe er nach der Wende einen Wandel im Denken und Handeln vorgenommen. Im Herbst 1989 bis zum Frühjahr 1990 habe eine so genannte Selbstreinigung der Justiz stattgefunden, in der Leitungskader und verantwortliche Richter des politischen Strafbereichs ausgeschieden seien. Dies sei für ihn eine Zeit der Bewährung gewesen, weil er als Senatsvorsitzender der Öffentlichkeit habe zeigen können, dass auch Richter, die es eigentlich nicht gelernt hatten, durchaus in der Lage gewesen seien, nach rechtsstaatlichen Maximen zu verhandeln und zu entscheiden.
Im Übrigen verweist der Beschwerdeführer darauf, dass die Rechtsanwaltskammer selbst keine Bedenken mehr gehabt habe, ihn als Anwalt zuzulassen.
3. a) Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Länder Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen rechtstatsächliche Äußerungen abgegeben, wonach die persönliche Unabhängigkeit der Richter in der Deutschen Demokratischen Republik gering gewesen sei und das Recht der Deutschen Demokratischen Republik keine Möglichkeit vorgesehen habe, gegen einen Geschäftsverteilungsplan oder die Anordnung des Direktors eines Kreisgerichts vorzugehen. Die Spruchpraxis des Beschwerdeführers habe sich in dem allgemein vom Obersten Gericht vorgegebenen Rahmen gehalten. 90 bis 95 vom Hundert der Ausreiseantragsteller seien nach Teilverbüßung ihrer Freiheitsstrafe über den Weg des Freikaufs in die Bundesrepublik Deutschland gelangt.
b) Die Bundesrechtsanwaltskammer, der ergänzende Äußerungen der Rechtsanwaltskammern Brandenburg und Thüringen sowie eine persönliche Äußerung des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern beigefügt waren, sowie der Deutsche Anwaltverein und der Deutsche Richterbund halten die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Die Strafverfahren gegen Ausreisewillige und Republikflüchtige in der Deutschen Demokratischen Republik seien vom Ministerium für Staatssicherheit gesteuerte Diskriminierungsmaßnahmen gewesen. Wer daran mitgewirkt habe, sei unwürdig, alsbald Rechtsanwalt zu sein. Die Rechtsanwaltskammer Thüringen weist ausdrücklich darauf hin, dass es nicht definitiv vermeidbar gewesen sei, an kleineren Gerichten auch politische Strafsachen zu bearbeiten. Es habe in den Bezirksgerichten Kommentare zu diesem Teil des Strafrechts gegeben, die als Verschluss-Sache nicht einmal den Richtern der unteren Gerichte bekannt gewesen seien. Strafaussetzung zur Bewährung habe es bei politischen Strafverfahren nicht gegeben. Dies bestätigt auch der Präsident der Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern, der schon zu DDR-Zeiten als Anwalt praktiziert hat. Auch habe er seinerzeit nicht gewusst, dass ein geplanter Häftlingsfreikauf dem Strafrichter in politischen Strafverfahren, in denen das Ministerium für Staatssicherheit regelmäßig die Ermittlungen durchgeführt habe, durch eine Kennzeichnung mit „Z” auf dem Aktendeckel bekannt gewesen sei. Für die Strafzumessung habe es keine Anleitung des Obersten Gerichts gegeben; bei den Strafrichtertagungen seien die Kriterien jedoch erörtert worden, die in Abhängigkeit von der jeweiligen politischen Lage gewechselt hätten. Auch die Rechtsanwaltskammer Brandenburg betont, dass der Häftlingsfreikauf im Bewusstsein der Bevölkerung eine Rolle gespielt habe. Es habe nicht wenig Fälle gegeben, in denen Straftaten nach § 213 StGB/DDR nur zu dem Zweck begangen wurden, um nach einer Verurteilung freigekauft zu werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93 c Abs. 1 BVerfGG sind gegeben. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
1. Das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers ist nicht durch die zwischenzeitliche Zulassung zur Anwaltschaft entfallen. Schon zu seiner Rehabilitierung hat der Beschwerdeführer ein fortbestehendes Interesse an der getroffenen Feststellung.
2. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Grundsätzliche Fragen wirft der vorliegende Fall auch nach Auffassung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts in der Beratung vom 1. März 2000 nicht auf.
a) Die Verweigerung der Zulassung, die den Betroffenen aus dem gewählten Beruf fern hält, für den er die fachlichen Voraussetzungen mitbringt und den er als Grundlage seiner Lebensführung anstrebt, greift in die Freiheit der Berufswahl ein. Sein Grundrecht auf freie Berufswahl wird in schwerwiegender Weise eingeschränkt. Solche Eingriffe bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits den Anforderungen der Verfassung genügt. Sie sind nur zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (vgl. BVerfGE 97, 12 ≪26≫ m.w.N.).
b) Die mit der im vorliegenden Verfahren angewandten Vorschrift des § 7 Nr. 2 RAG wortgleiche Vorschrift des § 7 Nr. 5 BRAO ist bereits für verfassungsrechtlich unbedenklich befunden worden, soweit die Zulassung zur Anwaltschaft davon abhängig gemacht wird, dass sich ein Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben (vgl. BVerfGE 63, 266 ≪286 ff.≫).
c) Ebenfalls entschieden ist, dass die Rechtsanwaltschaft im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege eine Vertrauensgrundlage benötigt, zu deren Minimalerfordernissen die individuelle Integrität und Zuverlässigkeit des einzelnen Berufsangehörigen zählt, die gefährdet wird, wenn einem Rechtsanwalt Verstöße gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen werden können (vgl. BVerfGE 93, 213 ≪236≫). In dieser Entscheidung sind die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen in Bezug auf Verstöße gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit im Sinne des Gesetzes zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter vom 24. Juli 1992 (BGBl I S. 1386; im Folgenden: RNPG) entschieden worden (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 242 ff.).
d) Im Zusammenhang mit den Sonderkündigungstatbeständen des Einigungsvertrages ist schließlich entschieden worden, in welchem Umfang die frühere Identifikation mit dem SED-Regime, die in der Deutschen Demokratischen Republik übliche Loyalität und Kooperation oder ein hoher Rang im öffentlichen Dienst bei Einschränkungen der Berufswahlfreiheit zu Lasten von Bewerbern Bedeutung gewinnen (vgl. BVerfGE 92, 140 ≪156 f.≫; 96, 152 ≪165≫).
3. Nach der genannten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht zweifelhaft, dass die Grundlage der angegriffenen Entscheidungen, § 7 Nr. 2 RAG, mit der Verfassung in Einklang steht. Danach ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn sich der Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. Nach dem Verständnis des Bundesgerichtshofs von dieser Vorschrift, das auch der angegriffenen Entscheidung zu Grunde liegt, lassen sich unverhältnismäßige Entscheidungen im Allgemeinen vermeiden, wenn auf die Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Bewerbers im Zeitpunkt der Entscheidung abgestellt und dabei neben seinem Fehlverhalten auch sein früheres und späteres Wohlverhalten im Ganzen gewürdigt wird und die Schwere des jeweiligen Fehlverhaltens durch eine adäquate zeitliche Befristung der Versagung erreichbar ist (vgl. BVerfGE 63, 266 ≪288≫).
4. Auslegung und Anwendung der Vorschrift durch den Anwaltsgerichtshof und durch den Bundesgerichtshof halten einer verfassungsrechtlichen Überprüfung hingegen nicht stand.
a) Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen können vom Bundesverfassungsgericht – abgesehen von Verstößen gegen das Willkürverbot – nur darauf überprüft werden, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen. Das ist der Fall, wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung der Normen die Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt oder im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führt (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f., 96≫; 85, 248 ≪257 f.≫; 87, 287 ≪323≫).
b) So liegt es hier. Die angegriffenen Entscheidungen werden dem Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG nicht gerecht.
aa) Zu Recht gehen die angegriffenen Entscheidungen davon aus, dass die Befassung mit politischem Strafrecht für sich genommen nicht ausreicht, um das Tatbestandsmerkmal eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit zu erfüllen.
(1) Die schlichte Zugehörigkeit zum System gilt nicht einmal als ein ausreichendes Tatbestandsmerkmal im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, obwohl der Gesetzgeber diesen Sachverhalt als einen Indikator für solche Verstöße ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen hat (vgl. BVerfGE 93, 213 ≪241≫). Anders als das bloße Faktum konspirativer Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit hat der Gesetzgeber die Beteiligung an der politischen Strafjustiz der Deutschen Demokratischen Republik nicht als ein Merkmal hervorgehoben, das die Unwürdigkeit für den Rechtsanwaltsberuf oder die mangelnde Eignung für den Notarberuf indizieren kann. Das ist keine unbeabsichtigte Lücke. Denn als das Gesetz zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter erlassen wurde, bereitete der Gesetzgeber – als Nachfolgegesetz zum Rehabilitierungsgesetz vom 6. September 1990 (GBl I S. 1459) – das Erste Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht vom 29. Oktober 1992 (BGBl I S. 1814) vor, das für die Rehabilitierung an den aus westlicher Sicht objektiven Unrechtsgehalt bestimmter genau bezeichneter Strafrechtsnormen anknüpft; die Entscheidungsträger, die diese Normen anwandten, werden aber nicht eben deshalb zur Verantwortung gezogen, obwohl aus heutiger Sicht die Anwendung dieser Straftatbestände rechtsstaatlichem Strafen regelmäßig nicht entsprach. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte können daher Verstöße gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit nur solche Vorfälle betreffen, in denen innerhalb des hierarchisch gebundenen Strafrechtssystems der Deutschen Demokratischen Republik ausufernde Verfolger und willfährige Handlanger parteiinterner Weisungen zum Nachteil der Angeklagten handelten oder in Geheim- oder in Scheinverfahren das Strafrecht zur Beseitigung unbequemer Mitmenschen nutzten.
(2) Ein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit kann nur dann angenommen werden, wenn konkrete Umstände hinzutreten und ein Richter durch schuldhaftes Verhalten entweder selbst fundamentale Schutzgüter verletzt hat oder es für ihn absehbar gewesen ist, dass solche Verletzungen die Folge seines Handelns sein werden (vgl. BVerfGE 93, 213 ≪243≫).
Durch den von der Bundesrepublik Deutschland praktizierten Häftlingsfreikauf war auch im Westen hinlänglich bekannt, dass ein gewisser Anteil der Juristen in der Deutschen Demokratischen Republik an solchen Strafverfahren beteiligt war; sie haben nach den Vorermittlungen durch das Ministerium für Staatssicherheit (vgl. Behlert, in: Rottleuthner, Steuerung der Justiz in der DDR, Einflussnahme der Politik auf Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte, 1994, S. 287 ≪332 ff.≫; Furian, Der Richter und sein Lenker, Politische Justiz in der DDR, 1. Aufl., 1992, S. 22 und S. 147 ff.; vgl. auch die MfS-Dienstanweisung Nr. 2/83 vom 13. Oktober 1983 mit Anlage 6, in: Lochen/Meyer-Seitz ≪Hrsg.≫, Die geheimen Anweisungen zur Diskriminierung Ausreisewilliger, Dokumente der Stasi und des Ministeriums des Innern, 1992, S. 89, 103, 180 ff., 191 ff.; Reuter, NJ 1990, S. 322 ≪323≫) als Staatsanwälte die Anklage vertreten; sie haben als Richter entsprechend den Anleitungen des Staates (vgl. Ministerium der Justiz ≪Hrsg.≫, Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Kommentar zum Strafgesetzbuch, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 5. Aufl., 1987, § 99 Anm. 2 und 4; vgl. näher dazu Gängel, in: Rottleuthner, a.a.O., S. 33 f., 253 ff., 278 ff.) und des Obersten Gerichts (vgl. Informationen des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik, Sonderdruck, Juni 1979, S. 33 f., S. 68 f.; Informationen des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik, Nr. 6/1980, S. 8 f., und die Informationen des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik, Nr. 2/1988, S. 11 ff.) Strafen verhängt, die nach bundesrepublikanischen Maßstäben unverhältnismäßig waren. Als Rechtsanwälte haben sie ihren Mandanten von der Einlegung von Rechtsmitteln angesichts der bestehenden politischen Verhältnisse und der Aussicht auf Freikauf (vgl. Henrich, in: Bundesministerium der Justiz ≪Hrsg.≫, Im Namen des Volkes?, Über die Justiz im Staat des SED, Wissenschaftlicher Begleitband zur Ausstellung des Bundesministeriums der Justiz, 2. Aufl., 1996, S. 209 ≪217≫; Rehlinger, Freikauf: Die Geschäfte der DDR mit politisch Verfolgten 1963 bis 1989, 1991, S. 105; Werkentin, NJ 1992, S. 521 ≪525≫) abgeraten. In Kenntnis dieser Besonderheiten der Strafrechtspflege in der Deutschen Demokratischen Republik hat sich der Gesetzgeber des Einigungsvertrages ein generelles Unwerturteil über die Handelnden versagt. Hiervon ist er auch im Gesetz zur Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen und Berufungen ehrenamtlicher Richter nicht abgegangen.
Deshalb muss das Verhalten eines Richters, sollen Verstöße gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit festgestellt werden, im Einzelfall sorgfältig gewürdigt werden. Ein schwerwiegender individueller Schuldvorwurf ist nur gerechtfertigt, wenn die Handlungen als systembezogene Verfolgungshandlungen zu qualifizieren sind und die fundamentalen Rechte des Menschen sowie den Kernbestand eines rechtsförmig handelnden Staates verletzen. Stets ist zu berücksichtigen, ob nicht die Handlung innerhalb des Systems geboten, zur eigenen Sicherheit erforderlich oder der Loyalität gegenüber der sozialistischen Gesetzlichkeit geschuldet war (vgl. BVerfGE 93, 213 ≪244≫).
bb) Mit diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen verträgt es sich nicht, dass der Bundesgerichtshof die Strafurteile, sowohl bei der tatbestandlichen Subsumtion als auch hinsichtlich des ausgeworfenen Strafmaßes, nach bundesrepublikanischen Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen überprüft. Diese galten in der Deutschen Demokratischen Republik nicht.
(1) Nach dem Verfassungsverständnis der Deutschen Demokratischen Republik (vgl. Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR ≪Hrsg.≫, Staatsrecht der DDR, Lehrbuch, 1. Aufl., 1977, S. 185, 207) und der Entwicklung des DDR-Strafrechts, das kontinuierlich verschärft wurde (vgl. das Strafgesetzbuch der DDR vom 12. Januar 1968 ≪GBl I S. 1≫ und das 3. Strafrechtsänderungsgesetz vom 28. Juni 1979 ≪GBl I S. 139≫), sowie nach den Strafverfolgungsmaximen in Bezug auf aufbegehrende Ausreisewillige, den Steuerungsmechanismen der DDR-Justiz (vgl. die Nachweise unter II. 3. b aa ≪2≫) sowie den in diesem Verfahren eingeholten Stellungnahmen steht fest, dass der Beschwerdeführer die Strafrechtsnormen nicht individuell exzessiv angewandt, sondern Strafaussprüche der ersten Instanz bestätigt hat, die sich im üblichen Mittelfeld bewegten.
Allerdings endeten die im Einzelnen gewürdigten zehn aus 150 geprüften Strafverfahren mit Freiheitsstrafen, die teilweise sogar zwei Jahre überschritten. Aus der Sicht der Deutschen Demokratischen Republik waren die Anlässe auch gravierend. Es handelte sich jeweils um Bürger, deren Ausreisebegehren abgelehnt worden war und die überwiegend unter Kontaktaufnahme mit Stellen im Westen oder – in geringerem Maße – sich in der Deutschen Demokratischen Republik abträglich und provozierend über die Verhältnisse geäußert hatten, um so die Ausreise in den Westen zu erlangen. Sie hatten aus der Sicht der Deutschen Demokratischen Republik in massiver Form gegen die Ausreisebeschränkungen protestiert und im Inneren Aufsehen erregt – etwa durch Suiziddrohungen – oder das Ansehen der Deutschen Demokratischen Republik im Ausland aus der Sicht der Staatsleitung beschädigt. Geht man mit dem Bundesgerichtshof davon aus, dass die Ausreisegesetzgebung selbst und die Strafbewehrung keine Verstöße gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit darstellen, könnte sich der Verstoß nur aus einem überhöhten Strafmaß ergeben.
(2) Insofern ist dem Beschwerdeführer indessen kein persönliches Fehlverhalten von erheblichem Gewicht nachgewiesen. Mit 37 Jahren ist der Beschwerdeführer Mitglied eines Strafsenats geworden. Er selbst hat die Strafen nicht ausgeworfen; sie waren das Ergebnis der vom Ministerium für Staatssicherheit gesteuerten Anklage und der permanenten Kontrolle der Justiz durch Partei und Oberstes Gericht. Der Beschwerdeführer hat zusammen mit zwei Senatskollegen einstimmig – das sah das Gesetz so vor – die Rechtsmittel verworfen. Eine Änderung der eingefahrenen Strafpraxis wäre möglich gewesen, wenn der Beschwerdeführer die Anberaumung von Hauptverhandlungen verlangt und sich der bestehenden Übung versagt hätte. Sein Verhalten beruht damit im Wesentlichen auf der Einbindung in ein Kollegialorgan, seinem Hinzutreten als Jüngster und einer der Hierarchie geschuldeten Loyalität. Letztlich hätte er nur mit Widerstand gegen bestehende Strukturen versuchen können, mildere Strafurteile zu erreichen. Dies unterlassen zu haben begründet keinen schweren Schuldvorwurf. Handlungen von stark repressivem oder schädigendem Charakter sind ihm damit nicht vorzuwerfen (vgl. BVerfGE 92, 140 ≪157≫; 93, 213 ≪242 f.≫). Nicht zuletzt deshalb hat ihn die Rechtsanwaltskammer vier Jahre nach den letzten politischen Strafurteilen auch nicht mehr für unwürdig gehalten, als Rechtsanwalt zugelassen zu werden.
Ein eigenständiges Interesse an hartem Durchgreifen und intensiver Strafverfolgung wird dem Beschwerdeführer in den angegriffenen Entscheidungen nicht angelastet. Hiergegen spricht letztlich auch die Einschätzung der Kollegen, die ihn nicht für so erheblich belastet angesehen haben, dass ihm sofort nach der Wende nahe gelegt worden wäre, den richterlichen Dienst zu quittieren. Er ist für geeignet gehalten worden, noch Aufbauarbeit zu leisten.
cc) Demgegenüber stellen die vom Bundesgerichtshof angelegten Maßstäbe an Richter Erwartungen, denen sie unter den Bedingungen des DDR-Justizsystems nicht gerecht werden konnten und für die sie auch keine der Absicherungen in Anspruch nehmen konnten, die in der Bundesrepublik Deutschland die unabhängige Rechtsprechung sichern.
(1) Im geschriebenen Recht selbst gab es keine Anknüpfung für eine begrenzende Auslegung und Anwendung. Das Strafrecht wurde kontinuierlich verschärft, der Strafrahmen erhöht (vgl. das Strafgesetzbuch der DDR vom 12. Januar 1968 ≪GBl I S. 1≫, das 2. Strafrechtsänderungsgesetz vom 7. April 1977 ≪GBl I S. 100≫ und das 3. Strafrechtsänderungsgesetz vom 28. Juni 1979 ≪GBl I S. 139≫), der Tatbeginn auf Vorbereitungshandlungen vorverlegt (vgl. Ministerium der Justiz ≪Hrsg.≫, Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik, a.a.O., § 213 Rn. 15) und die gemeinschaftliche Begehung als schwerer Fall eingeführt (vgl. Informationen des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik, Nr. 2/1988, S. 11 ff.). In diesem Rechtsverständnis ist der Beschwerdeführer ausgebildet worden; andere Maßstäbe hat er nicht kennen gelernt. Schließlich bestand auf dem Boden der Deutschen Demokratischen Republik schon seit 1933 unter ganz unterschiedlichen politischen Verhältnissen kontinuierlich kein Rechtsstaat mehr. Für die Einhaltung der geltenden Maximen war der Beschwerdeführer als Direktor des Kreisgerichts zwischen 1977 und 1986 verantwortlich (§ 20 GVG/DDR vom 27. September 1974 ≪GBl I S. 457≫) und gemäß § 26 GVG/DDR rechenschaftspflichtig (vgl. Drews u.a., Grundlagen der Rechtspflege, Staatsverlag der DDR, 1. Aufl., 1983, S. 24 ff.).
(2) Für einen menschenrechtsfreundlichen Einsatz zu Gunsten der angeklagten Bürger fehlte es zudem an der Unabhängigkeit der Justiz, die unerlässlich ist, wenn von einem Menschen das Ausscheren aus eingeübten, aber rechtswidrigen Konventionen erwartet werden soll. Dies hat der Bundesgerichtshof in anderen Zusammenhängen ähnlich gesehen (vgl. BGHZ 53, 95). DDR-Richter waren nicht unabhängig, sondern durch die Wiederwahlanforderungen, die ständige Kontrolle und die jederzeitige Absetzbarkeit in hohem Maße vom Wohlwollen der Parteiführung abhängig (vgl. Sorgenicht u.a. ≪Hrsg.≫, Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, Dokumente, Kommentar, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 1969, Bd. 2, S. 427, 460; Drews u.a., Grundlagen der Rechtspflege, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 1. Aufl., 1983, S. 24 ff.; vgl. auch Rottleuthner ≪Hrsg.≫, Das Havemann-Verfahren, 1. Aufl., 1999, S. 273 ff.). Sie hatten zudem fast keine weiteren Möglichkeiten, in andere Berufe auszuweichen, weil insbesondere die frei gewählte Niederlassung als Rechtsanwalt ausschied (vgl. Lorenz, Die Rechtsanwaltschaft in der DDR, 1998, S. 258 ff.). Nach den eingeholten Stellungnahmen war es auch regelmäßig nicht möglich, eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans zu bewirken.
dd) Schließlich ist das Verschulden des Beschwerdeführers auch nicht deshalb erheblich, weil er sich darauf berufen hat, er habe sich dem politischen System der Deutschen Demokratischen Republik verpflichtet gefühlt und erst nach der Wende Erkenntnisse gewonnen, die seine Anschauungen gewandelt hätten. Eine solche Einlassung ist keine mangelnde Distanzierung, sondern eine Konfliktbeschreibung in einer Umbruchsituation, für die das Bundesverfassungsgericht bereits früher angemahnt hat, unter dem Gesichtspunkt von Art. 12 Abs. 1 GG einen Wandel der inneren Einstellung ernsthaft zu prüfen (vgl. BVerfGE 92, 140 ≪155≫).
ee) Eine zehnjährige Bewährungszeit ist angesichts einer allenfalls geringen Schuld bei Handlungen, die innerhalb des Systems folgerichtig und der Loyalität gegenüber der sozialistischen Gesetzlichkeit geschuldet waren (vgl. hierzu BVerfGE 93, 213 ≪244≫), unverhältnismäßig.
Der Beschwerdeführer hat sich nach dem festgestellten Sachverhalt nicht danach gedrängt, als Strafrichter tätig zu sein. Entgegen der Annahme des Deutschen Richterbundes gibt es auch keine Hinweise darauf, dass er sich als Prozess-Staffage missbrauchen ließ, wie dies beispielsweise im Fall Havemann dokumentiert ist (vgl. dazu BGHSt 44, 275 und Rottleuthner ≪Hrsg.≫, Das Havemann-Verfahren, 1. Aufl., 1999). Das die Unwürdigkeit begründende Verhalten wird auch in den angegriffenen Entscheidungen als unterhalb der strafrechtlichen Schwelle liegend angesehen. Unverhältnismäßige Strafen, selbst das Verkennen von Grundrechten in richterlichen Urteilen, sind aber Fehler, die üblicherweise nicht einmal zur Entfernung aus dem Richterberuf führen und der späteren Zulassung ehemaliger Richter als Rechtsanwälte regelmäßig nicht entgegenstehen.
5. Nachdem der Beschwerdeführer inzwischen zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden ist, beschränkt sich die Entscheidung auf die Feststellung der Verfassungsverletzung. Eine Zurückverweisung an die Fachgerichte zur erneuten Sachentscheidung erübrigt sich, weil sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt hat; es ist dort lediglich über die Kosten des Verfahrens zu befinden.
Unterschriften
Kühling, Jaeger, Hömig
Fundstellen
Haufe-Index 565190 |
NStZ 2001, 98 |
MDR 2001, 57 |
NJ 2001, 32 |