Verfahrensgang
BAG (Beschluss vom 12.12.2002; Aktenzeichen 8 AZN 676/02) |
LAG München (Urteil vom 25.07.2002; Aktenzeichen 3 Sa 614/01) |
ArbG Passau (Urteil vom 27.04.2001; Aktenzeichen 2 Ca 667/00 D) |
Tenor
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. Juli 2002 – 3 Sa 614/01 – verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben.
Damit wird der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 2002 – 8 AZN 676/02 – gegenstandslos.
Die Sache wird an das Landesarbeitsgericht München zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Freistaat Bayern hat der Beschwerdeführerin die ihr im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000,00 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Begründung eines Ausbildungsverhältnisses.
I.
1. Die Beschwerdeführerin richtete an die Beklagte des Ausgangsverfahrens im Juni 2000 eine “Bewerbung für eine Lehrstelle zur Eurokauffrau”. Sie bezog sich hierbei auf eine Internetseite des Arbeitsamtes (jetzt: Agentur für Arbeit) im so genannten ASIS-System, über die sie erfahren habe, dass bei der Beklagten eine Ausbildungsstelle zu besetzen sei. Auf dieser Internetseite, die unter der Überschrift “Offene Ausbildungsstellen” mit dem Suchbegriff “Industriekauffrau” aufgerufen werden konnte und die als Ausbildungsbetrieb die Beklagte nannte, wurde darauf hingewiesen, dass männliche Bewerber bevorzugt würden.
Nachdem die Beklagte auf die Bewerbung der Beschwerdeführerin geantwortet hatte, der Ausbildungsplatz sei bereits anderweitig besetzt, erhob die Beschwerdeführerin vor dem Arbeitsgericht Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern gemäß § 611a Abs. 2, Abs. 3 BGB (in der hier maßgeblichen, bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung). Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, dass sie den nach ihrem Vortrag eigenmächtig vom Arbeitsamt aufgenommenen Hinweis auf eine angebliche Bevorzugung männlicher Bewerber nicht veranlasst und das Online-Angebot auch nicht überprüft habe. Die Beschwerdeführerin könne schon deshalb nicht wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sein, weil die Ausbildungsstelle zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung bereits vergeben gewesen sei, und zwar an eine Frau. Außerdem habe sich die Beschwerdeführerin für eine Ausbildung zur “Eurokauffrau” beworben, obwohl eine Ausbildung zur Industriekauffrau angeboten worden sei.
2. Das Arbeitsgericht wies die Klage der Beschwerdeführerin ab. Die Beklagte habe den ihr angelasteten Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nicht in zurechenbarer Weise veranlasst, wie die Zeugenvernehmung eines ihrer Angestellten ergeben habe. Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, die elektronische Stellenbörse oder den Internetauftritt der Bundesanstalt (jetzt: Bundesagentur) für Arbeit zu überprüfen.
3. Die Beschwerdeführerin legte gegen das Urteil Berufung ein und trug unter anderem vor, die Beklagte habe der Berufsberatung einen Vermittlungsauftrag über zwei offene Ausbildungsstellen erteilt. Erst nach Ablehnung ihrer Bewerbung sei das Arbeitsamt informiert worden, dass dieser Vermittlungsauftrag nicht mehr aktuell sei. Die von der Beklagten behauptete Besetzung einer der Ausbildungsstellen mit einer Frau sei deshalb nicht aussagekräftig.
Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung zurück. Die Beklagte sei nicht schon deshalb für den Inhalt der Ausschreibung in der elektronischen Stellenbörse verantwortlich, weil sie die Ausschreibung veranlasst habe. Tatbestandsvoraussetzung eines Anspruchs nach § 611a BGB sei eine Benachteiligung wegen des Geschlechts, also eine diskriminierende Verhaltensweise. Keinesfalls ausreichend sei das Setzen einer Ursache, die nicht hinweggedacht werden könne, ohne dass der (Diskriminierungs-)Erfolg entfiele. Erforderlich sei vielmehr, dass der ausbildende Arbeitgeber den ihm angelasteten Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts in zurechenbarer Weise veranlasst habe. Die Maßnahme, welche unmittelbar oder mittelbar eine Benachteiligung auslöse, müsse vom Benachteiligenden gewollt sein. Bei der Beklagten sei dies nicht der Fall gewesen. Die Maßnahme, an die die diskriminierende Wirkung anknüpfe, sei nicht das Veranlassen der Aufnahme des Angebots in die Stellenbörse gewesen, sondern der Hinweis auf die Bevorzugung männlicher Bewerber. Dieser sei von der Beklagten weder selbst vorgenommen noch veranlasst worden. Aus der Aussage des vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen habe sich ergeben, dass die Veranlassung im Bereich der Bundesanstalt für Arbeit gelegen habe. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten ergebe sich auch nicht aus einer Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfeneigenschaft der Bundesanstalt für Arbeit im Sinne von § 278 oder § 831 BGB. Es könne deshalb dahinstehen, ob die Beklagte das Arbeitsamt um die Ausschreibung eines oder zweier Arbeitsplätze gebeten habe, wann die Besetzungsentscheidung der Beklagten gefallen sei, wann die Beklagte die Herausnahme des ausgeschriebenen Ausbildungsplatzes aus der elektronischen Stellenbörse der Bundesanstalt für Arbeit veranlasst habe und ob sie vom Inhalt der Ausschreibung Kenntnis gehabt habe.
4. Das Bundesarbeitsgericht wies die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Teil als unzulässig und im Übrigen mangels Divergenz als unbegründet zurück.
5. Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde unter anderem die Verletzung von Art. 3 Abs. 2 GG. Der von ihr geltend gemachte Entschädigungsanspruch habe nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfen, die in der Stellenanzeige zum Ausdruck kommende Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sei der Beklagten nicht zuzurechnen.
6. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens und die Bayerische Staatsregierung haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
II.
Die Kammer nimmt die gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts gerichtete Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 2 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die insoweit zulässige Verfassungsbeschwerde erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG.
1. Die Beschwerdeführerin wird durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 2 GG verletzt.
a) Nach Art. 3 Abs. 2 GG sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Über das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG hinaus stellt Art. 3 Abs. 2 GG ein Gleichberechtigungsgebot auf und erstreckt dieses auch auf die gesellschaftliche Wirklichkeit (vgl. BVerfGE 85, 191 ≪207≫; 92, 91 ≪109≫). Das ist durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ausdrücklich klargestellt worden (vgl. BVerfGE 92, 91 ≪109≫). Art. 3 Abs. 2 GG zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse und die Durchsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter (vgl. BVerfGE 85, 191 ≪207≫; 89, 276 ≪285≫; 109, 64 ≪89≫).
Der Erreichung dieser von Art. 3 Abs. 2 GG gesetzten Ziele dient auch § 611a BGB. Er erstreckt das Diskriminierungsverbot auf private Arbeitsbeziehungen und unternimmt es, Frauen gleiche Chancen im Beruf, insbesondere bei der Begründung eines Arbeits- beziehungsweise Ausbildungsverhältnisses, zu sichern (vgl. BVerfGE 89, 276 ≪285≫). § 611a BGB ist danach im Lichte des Art. 3 Abs. 2 GG so auszulegen und anzuwenden, dass Arbeitsuchende bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wirksam vor Benachteiligungen wegen des Geschlechts geschützt werden (vgl. BVerfGE 89, 276). Die Auslegung der Norm darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern wegen ihres Geschlechts so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird (vgl. BVerfGE 89, 276 ≪288≫).
Der Nachweis einer geschlechtsspezifischen Diskriminierung wird durch die Beweislastregel des § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB erleichtert. Diese Beweislastregel bezieht sich auf den Benachteiligungsgrund, also auf die Tatsache der Benachteiligung gerade aus geschlechtsspezifischen Gründen. Wenn die geschlechtsbedingte Benachteiligung nicht offen zu Tage tritt, muss der Arbeitnehmer zunächst Tatsachen glaubhaft machen, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Geschlechtszugehörigkeit und Nachteil. Solche Vermutungstatsachen können in Äußerungen des Arbeitgebers beziehungsweise anderen Verfahrenshandlungen begründet sein, die die Annahme einer Benachteiligung wegen des Geschlechts nahe legen. Ist die Benachteiligung aus geschlechtsspezifischen Gründen nach diesen Grundsätzen überwiegend wahrscheinlich, muss nunmehr der Arbeitgeber den vollen Beweis führen, dass die Benachteiligung aus rechtlich zulässigen Gründen erfolgte (vgl. BAG, Urteil vom 5. Februar 2004 – 8 AZR 112/03 –, EzA § 611a BGB 2002 Nr. 3 mit Anm. Herresthal = AP Nr. 23 zu § 611a BGB mit Anm. Westenberger).
Zur Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers führt beispielsweise die Verletzung des Gebots zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung gemäß § 611b BGB (vgl. BVerfGE 89, 276 ≪287≫; Schlachter, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 6. Aufl. 2006, § 611b BGB Rn. 4). Ein solcher Verstoß begründet grundsätzlich die Vermutung, dass ein Arbeitnehmer eines bestimmten Geschlechts, unabhängig davon, ob noch andere Gründe für die Einstellungsentscheidung maßgeblich waren, wegen seines Geschlechts benachteiligt worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 27. April 2000 – 8 AZR 295/99 –, Juris; Urteil vom 5. Februar 2004 – 8 AZR 112/03 –, a.a.O.).
Die Auslegung und Anwendung der Gesetze ist allerdings zunächst Sache der Fachgerichte und einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Dieses kontrolliert vielmehr nur, ob bei Auslegung und Anwendung einfachen Rechts der Einfluss der Grundrechte grundlegend verkannt ist (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; BVerfGE 89, 276 ≪285≫). Das ist nicht nur bei der Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Normen möglich, sondern auch bei Normen, die der Gesetzgeber zur Ausgestaltung des Grundrechtsschutzes erlassen hat (vgl. BVerfGE 53, 30 ≪57 f., 62 f.≫; 89, 276 ≪286≫). Bei Vorschriften, die wie § 611a BGB grundrechtliche Schutzpflichten erfüllen sollen, ist das maßgebende Grundrecht dann verletzt, wenn ihre Auslegung und Anwendung den vom Grundrecht vorgezeichneten Schutzzweck grundlegend verfehlt. Dagegen ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts zu kontrollieren, wie die Gerichte den Schutz im Einzelnen auf der Grundlage des einfachen Rechts gewähren und ob ihre Auslegung den bestmöglichen Schutz sichert (vgl. BVerfGE 89, 276 ≪286≫).
b) Das Landesarbeitsgericht hat den Schutzzweck von Art. 3 Abs. 2 GG bei der Auslegung und Anwendung des § 611a BGB nicht ausreichend berücksichtigt, sondern grundlegend verfehlt. § 611a BGB gewährt in der Auslegung, die dem angegriffenen Urteil zugrunde liegt, keinen wirksamen Schutz vor einer Diskriminierung wegen des Geschlechts bei der Arbeitsplatzsuche. Eine andere Auslegung, die ein solches Ergebnis vermeidet und dem Diskriminierungsverbot zur Wirksamkeit verhilft, ist aber möglich und mit Wortlaut und Sinn der Vorschrift vereinbar.
Mit der Bezugnahme auf den Text der im Online-Stellendienst der Bundesanstalt für Arbeit erschienenen Anzeige, die auf eine offene Ausbildungsstelle bei der Beklagten und eine Bevorzugung männlicher Bewerber hinwies, hat die Beschwerdeführerin Tatsachen glaubhaft gemacht, die geeignet waren, eine Benachteiligung wegen des Geschlechts gemäß § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB vermuten zu lassen. Es handelte sich hierbei um eine gegen § 611b BGB verstoßende Stellenausschreibung, die die Vermutung begründen konnte, die Beschwerdeführerin sei wegen ihres Geschlechts von der Beklagten abgelehnt und somit bei einer Stellenbesetzung benachteiligt worden.
Das Landesarbeitsgericht hat sich dieser Erkenntnis bereits deshalb verschlossen, weil es als benachteiligende Maßnahme im Sinne des § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB fälschlich nicht die zweifellos der Beklagten zuzurechnende Zurückweisung der Bewerbung der Beschwerdeführerin, sondern die Aufnahme des Hinweises auf eine Bevorzugung männlicher Bewerber in die Stellenanzeige angesehen und geprüft hat, ob die darin liegende geschlechtsbezogene Benachteiligung von der Beklagten veranlasst und gewollt war. Diese Rechtsanwendung beruht auf einem grundlegenden Fehlverständnis der Norm, da die benachteiligende Maßnahme im Sinne des § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB und die Vermutungsbasis für einen geschlechtsbezogenen Benachteiligungsgrund im Sinne des § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB verwechselt wurden.
Ausgehend von diesem fehlerhaften Standpunkt hat das Landesarbeitsgericht den Verantwortungsbereich der Beklagten für die auf ihre Ausbildungsstelle hinweisende Stellenausschreibung zu eng gezogen, indem es davon ausgegangen ist, dass die Beklagte den Zusatz “Männliche Bewerber bevorzugt” nicht gewollt beziehungsweise nicht in zurechenbarer Weise veranlasst habe und dass deshalb der Tatbestand des § 611a BGB nicht erfüllt sei. Diese Sichtweise würde es dem potentiellen Arbeitgeber ermöglichen, die Verantwortung für ein geschlechtsneutrales Verhalten bei Ausschreibungen, die ihm durch § 611b BGB auferlegt ist, durch die Behauptung, andere Personen seien für den Inhalt der Ausschreibung verantwortlich, auf Dritte abzuwälzen. Damit würde der grundsätzlich anerkannte Indizwert einer Stellenausschreibung mit geschlechtsbezogener Formulierung ausgehebelt. Der Bewerber wird in der Regel kaum in der Lage sein zu ermitteln, wie es im Einzelnen zu der Stellenausschreibung gekommen ist und ob Zeugen vorhanden sind, welche die Behauptung des Arbeitgebers, der Text der Anzeige gehe nicht auf seine Veranlassung zurück, widerlegen können. Dadurch wäre die Möglichkeit, sich auf eine vom Arbeitgeber zu verantwortende Stellenausschreibung als Vermutungsbasis für eine geschlechtsbezogene Diskriminierung zu berufen, erheblich eingeschränkt. Der Arbeitgeber kann die Gesetzmäßigkeit der Ausschreibung ohne weiteres überwachen. Ihn trifft im Falle der Fremdausschreibung eine entsprechende Sorgfaltspflicht (vgl. BAG, Urteil vom 5. Februar 2004 – 8 AZR 112/03 –, EzA § 611a BGB 2002 Nr. 3). Das Landesarbeitsgericht hat demgegenüber fälschlich angenommen, es sei nicht Aufgabe der Beklagten gewesen, die Ausschreibungen in der elektronischen Stellenbörse der Bundesanstalt für Arbeit zu überprüfen. Bei einer derartigen Anwendung der §§ 611a, 611b BGB ergäbe sich aus diesen, den Grundrechtsschutz des Art. 3 Abs. 2 GG ausgestaltenden Vorschriften kein ausreichender, wirkungsvoller Schutz vor geschlechtsbezogener Diskriminierung mehr, weil sich der Arbeitgeber seiner Verantwortung unschwer entziehen könnte. Die Auslegung der Norm durch das Landesarbeitsgericht ist daher mit dem Schutzzweck des Art. 3 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren.
c) Das Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts beruht auf der grundlegenden Verkennung der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 2 GG für die Auslegung und Anwendung der §§ 611a, 611b BGB. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Landesarbeitsgericht zu einem für die Beschwerdeführerin günstigen Ergebnis gekommen wäre, wenn es nicht angenommen hätte, dass es bereits an einer dem Arbeitgeber zurechenbaren, geschlechtsbezogenen Benachteiligung der Beschwerdeführerin fehle, weil der Arbeitgeber den Hinweis auf eine Bevorzugung männlicher Bewerber in der Stellenausschreibung weder gewollt noch veranlasst habe. War die vorliegende Stellenausschreibung grundsätzlich geeignet, die Vermutung für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts zu begründen, so kann es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die weiteren, vom Landesarbeitsgericht ausdrücklich offen gelassenen Umstände ankommen, etwa ob das Stellenbesetzungsverfahren zum Zeitpunkt der Bewerbung der Beschwerdeführerin bereits abgeschlossen war, wie viele Ausbildungsplätze welcher Art zu besetzen waren und Bewerber welchen Geschlechts letztlich eingestellt wurden. Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, diese Tatsachen nicht weiter aufgeklärt und die vom Arbeitsgericht erhobenen Beweise, soweit sie sich auf diese Tatsachen bezogen, nicht gewürdigt.
2. Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG). Mit der Aufhebung des Urteils wird der angegriffene Beschluss des Bundesarbeitsgerichts gegenstandslos.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Arbeitsgerichts richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen. Im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde ist zunächst dem Landesarbeitsgericht Gelegenheit zu geben, über die Sache erneut zu befinden und dabei auch etwaige Grundrechtsverstöße des Arbeitsgerichts zu beseitigen (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 2. März 2006 – 2 BvR 767/02 –, Juris).
3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2, Abs. 3 BVerfGG. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe (vgl. BVerfGE 62, 392 ≪397≫; 71, 122 ≪136 f.≫).
Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren beträgt, wenn der Verfassungsbeschwerde durch die Entscheidung einer Kammer stattgegeben wird, in der Regel 8.000,00 € (vgl. Kunze, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 34a Rn. 82; zuletzt BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 18. April 2006 – 2 BvR 1019/01 –). Weder die objektive Bedeutung der Sache noch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit weisen hier Besonderheiten auf, die eine Abweichung veranlassen würden.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Haas, Bryde, Eichberger
Fundstellen